OGH 10Os117/77 (RS0095963)

OGH10Os117/7718.5.1978

Rechtssatz

Amtsgeschäfte im Sinne § 302 StGB sind ohne Rücksicht auf den damit verbundenen intellektuellen Einsatz alle Verrichtungen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines der dort bezeichneten Rechtsträger dienen, also auch Verrichtungen rein tatsächlicher Art ohne Befehlsgewalt oder Zwangsgewalt, nicht aber bloße Hilfstätigkeiten.

Normen

StGB §302

10 Os 117/77OGH18.05.1978

Verstärkter Senat; Veröff: EvBl 1978/136 S 403 = SSt 49/32 = JBl 1979,43 (mit kritischer Anmerkung von Liebscher) = RZ 1978,134 = ÖJZ-LSK 1978/236

13 Os 54/78OGH29.06.1978

Beisatz: Der bestimmungsgemäße Einsatz amtseigener Budgetmittel (hier: Gehaltsaufwand) gehört zum eigentlichen Gegenstand des Amtsbetriebes (Postverwaltung und Telegraphenverwaltung). (T1) <br/>Veröff: EvBl 1979/59 S 161 = SSt 49/38 = RZ 1978/113 S 222

13 Os 170/78OGH21.12.1978

nur: Amtsgeschäfte im Sinne § 302 StGB sind ohne Rücksicht auf den damit verbundenen intellektuellen Einsatz alle Verrichtungen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines der dort bezeichneten Rechtsträger dienen. (T2) <br/>Veröff: EvBl 1979/153 S 408

10 Os 90/79OGH12.09.1979

Veröff: SSt 50/49

12 Os 44/80OGH04.09.1980

Ähnlich; nur T2; Veröff: SSt 51/41

11 Os 91/81OGH10.02.1982

Ähnlich; nur T2; Beisatz: Hier: Zu § 307 Z 1 StGB. (T3) <br/>Veröff: SSt 53/7

13 Os 138/81OGH29.04.1982

Beisatz: Eine Handlung die sich nicht einmal äußerlich als Amtshandlung darstellt (zB Diebstahl, vorsätzliche Körperverletzung, Drohung, Verführung zur Unzucht), ist nicht Missbrauch der Amtsgewalt, mag die Handlung auch während der Amtsbesorgung oder unter Ausnützung der durch das Amt gebotenen Möglichkeit verübt worden sein. Der gegen den Beamten erhobene Vorwurf der Erzwingung eines (richtigen oder falschen) Geständnisses ist darum der Vorwurf der Nötigung nach § 105 StGB (ausdrückliche Ablehnung von ÖJZ-LSK 1978/219). (T4) <br/>Veröff: EvBl 1982/198 S 666 = JBl 1982,548

13 Os 88/82OGH01.07.1982

Vgl auch; Beisatz: Hier: Zu § 304 StGB. (T5) <br/>Veröff: EvBl 1983/45 S 165 = SSt 53/40

12 Os 133/82OGH03.12.1982

Vgl; Verstärkter Senat; Beisatz: Gerade bei bloß manuellen Verrichtungen ist aber die Frage, ob die in einem engen (äußeren und inneren) Zusammenhang mit den von Beamten (als Organ des betreffenden Rechtsträgers) zu besorgenden Aufgabe stehen strikt einzelfallbezogen zu prüfen. (T6) <br/>Veröff: EvBl 1983/44 S 164 = SSt 53/77 = JBl 1983,331 (mit zustimmender Anmerkung von Liebscher) = RZ 1983/33 S 127

12 Os 23/83OGH14.04.1983

Vgl auch; Beisatz: "Amtsgeschäfte" im Sinne des § 304 StGB sind nicht bloß Rechtshandlungen der Beamten, sondern auch Verrichtungen tatsächlicher Art. (T7)

9 Os 27/83OGH10.05.1983

Vgl auch; nur: Amtsgeschäfte im Sinne § 302 StGB sind alle Verrichtungen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines der dort bezeichneten Rechtsträger dienen. (T8)

11 Os 4/84OGH02.05.1984

Vgl auch; Beisatz: Hier: Zum (bloßen) Abdruck von Stempeln und Siegeln auf Formularen. (T9) <br/>Veröff: RZ 1984/96 S 283

10 Os 123/84OGH11.09.1984

Vgl auch; Veröff: RZ 1985/20 S 70

9 Os 162/84OGH11.12.1984

Vgl auch; Veröff: SSt 55/85

10 Os 141/86OGH24.02.1987

Veröff: EvBl 1987/152 S 539

11 Os 4/87OGH24.03.1987

Beisatz: Verrichtungen tatsächlicher Art, die der Beamte nicht als Organ des Rechtsträgers vornimmt, scheiden jedoch aus der strafrechtlichen Haftung des § 302 Abs 1 StGB aus. (T10) <br/>Veröff: EvBl 1987/153 S 540 = JBl 1987,735 = RZ 1987/56 S 204

14 Os 56/88OGH28.09.1988

Vgl auch; Beis wie T6; Beis wie T10; Beisatz: Solche Verrichtungen tatsächlicher Art müssen aber, um dem für jedes Amtsgeschäft geltenden Erfordernis eines Organhandelns namens des Rechtsträgers zu entsprechen, Rechtshandlungen qualitativ annähernd gleichwertig sein. (T11) <br/>Veröff: SSt 59/68 = JBl 1989,260

13 Os 29/89OGH18.05.1989

Vgl auch; Veröff: SSt 60/32 = JBl 1990,195

13 Os 58/89OGH06.07.1989

Vgl aber; Beisatz: Sowohl aus der - im Konnex der §§ 74 Z 4 und 302 StGB hergestellten - Zusammenfassung unter einem Oberbegriff als auch aus der Gleichordnung in Zitierweise des § 74 Z 4 StGB als auch aus der Notwendigkeit, einen Wertungswiderspruch zu vermeiden, folgt, dass die sonstigen Aufgaben der Bundesverwaltung, Landesverwaltung oder Gemeindeverwaltung den Rechtshandlungen wenigstens einigermaßen gleichwertig sein müssen (vgl im Ansatz JBl 1989,260). Mit dieser Gleichwertigkeitsthese verzichtet der OGH auf den in der Auslegung des § 302 StGB bisher vielfach verwendeten, verschwommenen Ausdruck "Organhandeln", der nicht als Begriff angesprochen werden kann, weil er sich einer exakten Definition stets entzogen hat. Desgleichen kann auf den infolge seiner terminologischen Überfrachtung letztlich unergiebigen Definitionsversuch des "Amtsgeschäftes" (ÖJZ-LSK 1978/236 ua) verzichtet werden. (T12)<br/>Veröff: EvBl 1990/5 S 24 = SSt 60/45 = RZ 1990/35 S 77

13 Os 123/89OGH23.11.1989

Vgl auch; Beisatz: "Amtsgeschäfte" sind keineswegs auf Rechtshandlungen, schon gar nicht auf die Ausübung einer Entscheidungsbefugnis oder einer Befehlsgewalt oder Zwangsgewalt beschränkt. (T13) <br/>Veröff: SSt 60/83 = JBl 1990,597 = ZVR 1990/114 S 303

14 Os 197/93OGH12.04.1994

nur T8

15 Os 172/94OGH09.02.1995

Vgl auch

13 Os 211/96OGH07.05.1997

Vgl auch; Beisatz: Nicht als Missbrauch der Amtsgewalt zu beurteilen, weil es sich um eine rein manipulative Tätigkeit handelt. (T14)

13 Os 36/04OGH07.04.2004

Vgl auch; Beis wie T13

13 Os 84/04OGH01.12.2004

Auch; nur: Amtsgeschäfte im Sinne § 302 StGB sind auch Verrichtungen rein tatsächlicher Art. (T15)<br/>Beisatz: Hier: Die Tätigkeit des Gemeinderates hängt von der Einberufung durch den Bürgermeister ab, dem auch diesbezüglich Organstellung zukommt. Die für ihn verpflichtende Einberufung und Anberaumung einer Gemeinderatssitzung gemäß § 45 Abs 2 OÖ Gemeindeordnung ist ein Amtsgeschäft, das der Bürgermeister als Gemeindeorgan in Vollziehung der Gesetze vorzunehmen hat. Der Bürgermeister übt bei Einberufung und Anberaumung von Sitzungen des Gemeinderates als dafür zuständiges Organ eine hoheitliche Funktion aus. (T16)

12 Os 70/06wOGH21.09.2006

Auch; nur: Amtsgeschäfte im Sinne des § 302 Abs 1 StGB sind auch Verrichtungen rein tatsächlicher Art ohne Befehlsgewalt oder Zwangsgewalt. (T17)<br/>Beisatz: Sofern sie zur Erreichung der amtsspezifischen Vollzugsziele sachbezogen und relevant sind; hiezu kommt als weitere Anforderung, dass die von einem Beamten vorzunehmenden sonstigen Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung den Rechtshandlungen (wenigstens einigermaßen) gleichwertig zu sein haben. (T18)

14 Os 73/07bOGH28.08.2007

Auch; Beis wie T13; Beis wie T18; Beisatz: Hier: Amtsgeschäft bejaht (Angeklagter erhielt als bestätigter und beeideter Aufsichtsjäger und damit Jagdschutzorgan iSd § 34 Abs 1 Stmk JagdG 1986 von der Bezirkshauptmannschaft den Auftrag, über die Beseitigung einer der Behörde bereits bekannten verbotenen Lockfütterung Bericht zu erstatten). (T19)

11 Os 103/06sOGH29.01.2008

Vgl auch; Beisatz: Hier: Einholung von Auskünften aus der Zulassungsevidenz (§ 47 Abs 2 KFG 1967) in unmittelbarer Erfüllung amtsspezifischer Vollziehungsaufgaben der Gemeinde im hoheitlichen Vollzugsbereich des Meldewesens. (T20)

13 Os 12/11fOGH07.04.2011

Vgl auch; Beisatz: Ein Bürgermeister, der in seiner Funktion als Meldebehörde (§ 13 Abs 1 MeldeG) Gemeindebediensteten Weisungen erteilt, handelt im Rahmen seiner (eigenen) Befugnis, als Organ des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, und ist demnach ‑ bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 302 Abs 1 StGB ‑ unmittelbarer Täter. (T21)

17 Os 21/12kOGH25.02.2013

Vgl auch; Beisatz: Beim Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 14. September 2005, der die Überprüfung der Eignung oder Verlässlichkeit der Dienstnehmer der nach § 4 Abs 1 LSG idF vor BGBl I 2010/111 mit der Durchführung von Sicherheitskontrollen beauftragten Unternehmen regelt, handelt es sich um eine (generelle) Weisung (also einen hoheitlichen Befehl) an die zur Tatzeit zuständigen, nachgeordneten Sicherheitsdirektionen, die ihre Rechtsgrundlage in Art 20 Abs 1 BV-G hat. Soweit die Rechtsrüge diesem Erlass die Basis für hoheitliches Handeln substratlos abspricht, leitet sie diese Konsequenz nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab. (T22)

17 Os 19/12sOGH25.02.2013

Vgl; Beisatz: Hier: Indem § 80 GOG unter anderem der „für die Erledigung der einzelnen Rechtssache nötige(n) Übersicht“ dient, nimmt der zur Eintragung im Register der Verfahrensautomation Justiz Berechtigte in Beamtenfunktion dabei als Organ des Bundes in Vollziehung der einschlägigen, den Vollzug von Gerichtsbarkeit (Art 82 ff B-VG) regelnden Gesetze ein Amtsgeschäft vor. Verfügt oder vollzieht er willentlich eine inhaltlich falsche Eintragung, missbraucht er seine Befugnis zu Amtsgeschäften in Vollziehung dieser Gesetze im Namen des Bundes als dessen Organ und handelt demnach in diesem Umfang tatbildlich im Sinn des § 302 Abs 1 StGB. (T23)<br/>Beisatz: Hier: Strafbarkeit jedoch mangels Rechtsschädigungsvorsatzes verneint. Vgl RS0096270 [T9]. (T24)

17 Os 20/13iOGH26.11.2013

Vgl; Beisatz: „Gesetzgebung“ und Vorgänge, die „zur Gesetzwerdung“ führen (vgl Art 289 AEUV), sind der Kern der in den Kompetenzbereich eines Abgeordneten fallenden „Amtsgeschäfte“. Der Begriff ist nach ständiger Rechtsprechung mitnichten auf den Abstimmungsvorgang beschränkt, sondern erfasst auch Verrichtungen tatsächlicher Art, soweit sie zum Aufgabenbereich des Amtsträgers gehören und demnach von ihm nur vermöge seines Amtes vorgenommen werden können. (T25)<br/>Beisatz: Auch eine faktische (informelle) Einflussnahme von Abgeordneten auf andere Abgeordnete, sei es auch außerhalb durch Ausschüsse geschaffener Zuständigkeitsgrenzen kann ein Amtsgeschäft darstellen. (T26)<br/>Bem: Hier: Mitglied des Europäischen Parlaments; mit ausführlicher Begründung. (T27)

17 Os 1/14xOGH11.08.2014

Auch; Beisatz: Hier: keine hoheitlichen Befugnisse der Gemeinde in Bezug auf regulierte Agrargemeinschaften. (T28)

17 Os 34/14zOGH13.10.2014

Auch; Beis ähnlich wie T21

17 Os 45/14tOGH09.04.2015

Auch; Beisatz: Buchungsvorgänge im Rahmen des Budgetvollzugs durch einen Gemeindebediensteten. (T29)

17 Os 36/15wOGH03.10.2016

Vgl auch

Dokumentnummer

JJR_19780518_OGH0002_0100OS00117_7700000_004

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