Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Abweisung des Antrags des öffentlichen Anklägers gemäß § 20 Abs. 2 StGB. aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Gemäß § 20 Abs. 2 StGB. wird Josef A zur Zahlung eines Geldbetrages von 39.000 (neununddreißigtausend) Schilling verurteilt. Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die Anzahl der Tagessätze auf 300 und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 150 Tage herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Februar 1928 geborene Bundesbeamte Josef A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB.
schuldig erkannt, weil er in Wien als Hilfsbauleiter der Bundesgebäudeverwaltung (BGV.) I für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete C Vermögensvorteile angenommen hat, und zwar 1./ am 14.Juni 1976 8.000 S, 2./ am 2.September 1976 8.000 S, 3./ am 25.Juli 1977 4.000 S, 4./ am 5.November 1977 3.000 S, 5./ am 16. März 1978 2.000 S, 6./ am 29.November 1978
3.000 S, 7./ am 2.Mai 1979 3.000 S, 8./ am 25.Juli 1979 6.000 S und 9./ am 12.Dezember 1979 2.000 S. Der Antrag der Staatsanwaltschaft, ihn gemäß § 20 Abs. 2 StGB. zur Zahlung eines dem Wert der Zuwendungen entsprechenden Geldbetrages zu verurteilen, verfiel der Ablehnung.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Josef A mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Staatsanwaltschaft wendet sich aus der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. gegen die Abweisung des Verfallsantrages. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Rechtliche Beurteilung
Wie dem Urteil unmißverständlich zu entnehmen ist, hat das Erstgericht die Feststellung, daß der Angeklagte die in Rede stehenden Geldzuwendungen, darunter auch am 12.Dezember 1979 einen Barbetrag von 2.000 S von Margarete C angenommen hat, 'auf die Aufzeichnungen der Margarete C (Kassabuch und blaues Schreibheft) in Verbindung mit dem von Margarete C nach der Beschlagnahme dieser Aufzeichnungen gesetzten Reaktionen (Vorsprache bei Mag. D)' gegründet (S. 474). Lediglich illustrativ als ergänzendes Argument dafür, warum es diese Aufzeichnungen für richtig hielt hat es angeführt, daß 'in fast allen Fällen ein auffallender zeitlicher Konnex' im Hinblick auf die Anweisung des Rechnungsbetrages durch die Buchhaltung der BGV. und den laut Kassabuch erfolgten - jeweils aus einem bestimmten Prozentsatz des angewiesenen Betrages bestehenden -
Auszahlungen der Beträge an den Angeklagten gegeben sei, wobei es dem Umstand, daß diese Argumentation für die Zahlung vom 12.Dezember 1979 nicht zutrifft, ausdrücklich Rechnung trug (gleichfalls S. 474). Soweit die Mängelrüge diese beweiswürdigenden überlegungen, die nur als Illustrationsfakten anzusehen sind, als unzureichend begründet bezeichnet, betrifft sie keine entscheidende Tatsachen und ist daher unbeachtlich (SSt. 45/27, 44/3).
In der Rechtsrüge vermißt der Beschwerdeführer Konstatierungen zur äußeren und inneren Tatseite des § 304 Abs. 2 StGB. sowie zu seiner Beamteneigenschaft.
Auch sei dem Urteil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erlangung eines Vermögensvorteils und der vom Empfänger ausgeübten Amtstätigkeit nicht zu entnehmen; weiters auch, wann und auf welche Weise er diese Beträge erhalten habe.
Auch die Rechtsrüge versagt.
Das Erstgericht hat schon im Schuldspruch (Urteilssatz) zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte als Hilfsbauleiter der BGV. I, sohin als Beamter, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften in der Zeit von 1976 bis 1979 an neun datummäßig bezeichneten Tagen von Margarete C Vermögensvorteile angenommen hat. In den Urteilsgründen stellt das Erstgericht sodann ergänzend fest, daß der Angeklagte als Beamter der BGV. I (S. 466) im Rahmen seiner Tätigkeit - als mit der Massenund Qualitätskontrolle befaßter Hilfsbauleiter (S. 466/467) - seit dem Jahre 1974 die Bauarbeiten an den Mittelschulen Wien 21., Ödenburgerstraße, und Wien 21., Franklinstraße, an deren Ausführung auch die Firma C beteiligt war, zu beaufsichtigen und die von den verschiedenen Firmen gelegten Rechnungen - darunter auch die der Firma C - zu überprüfen hatte (S. 467). Entgegen der Meinung des Angeklagten stellt die Tätigkeit eines mit der Massen- und Qualitätskontrolle befaßten und zur diesbezüglichen überprüfung der von den mit der Bauausführung betrauten Firmen vorgelegten Rechnungen eingesetzten Hilfsbauleiters der BGV. ein Amtsgeschäft im Sinne des § 304 StGB. dar, der auch Verrichtungen tatsächlicher Art erfaßt und nicht bloß auf Rechtshandlungen des Beamten beschränkt ist (Leukauf-Steininger2, RN. 7 zu § 304 StGB.). In der Zeit von 1976 bis 1979 wurden dem Angeklagten von Margarete C die den Gegenstand des Schuldspruches bildenden Beträge übergeben (S. 470).
Durch die Bezugnahme des Erstgerichtes auf jene Amtsgeschäfte (Massen- und Qualitätskontrollen der von den bauausführenden Firmen, darunter auch die Firma C, gelegten Rechnungen in Ansehung der Objekte Wien 21., Ödenburgerstraße und Franklinstraße), die Anlaß für die Geldzuwendungen waren, stellt das Erstgericht den im Sinne des Tatbildes nach § 304 Abs. 2 StGB. erforderlichen ursächlichen Zuammenhang zwischen der Annahme des gewährten Vermögensvorteiles und dem konkreten Amtsgeschäft her. Da Margarete C der Bundesgebäudeverwaltung als Partei gegenübertrat und für die erfolgreiche Führung ihres Gewerbebetriebes auf die Auftragserteilung und die beanstandungsfreie Abnahme der geleisteten Arbeiten durch dieses Amt angewiesen war, zeigt schon das Geben und Annehmen solcher Geldgeschenke hinreichend den kausalen Konnex zwischen dem gewährten Vermögensvorteil und der konkreten Amtsführung, zumal jegliche andere Motivierung des Geschenks fehlt (13 Os 128/82; vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 6 zu § 304). Dem Umstand, 'auf welche Weise' der Angeklagte 'die inkriminierten Beträge empfangen hat', kommt dabei keine Bedeutung zu, sodaß es diesbezüglicher Feststellungen des Erstgerichtes nicht bedurfte. Es war daher auch der Rechtsrüge des Angeklagten ein Erfolg zu versagen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Das Erstgericht hielt die Voraussetzungen für einen Verfallsausspruch nach § 20 StGB. deshalb nicht für gegeben, weil Gegenstand eines Verfallsausspruches nach § 20 Abs. 1 StGB. (und sohin auch eines gemäß Abs. 2 an dessen Stelle tretenden Geldbetrages) nur ein vom Täter für die Begehung der Straftat, nicht aber ein ihm daraus zugekommener Vermögensvorteil sein könne. Bei dem dem Angeklagten zur Last liegenden Delikt der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB. erschöpfe sich die strafbare Handlung aber in der Annahme der Geldzuwendung. Gegen diese Argumentation des Erstgerichtes wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. ÖJZ-LSK. 1980/134 = EvBl. 1981/13 =
JBl. 1981/160; 12 Os 109/82; 12 Os 116/82; 13 Os 128/82) ist der Verfall eines Geschenkes oder einer anderen Zuwendung von Geldeswert (und damit in den Fällen des § 20 Abs. 2 StGB. auch die Auferlegung eines Wertersatzes, falls der Täter die Zuwendung nicht mehr besitzt) auch dann auszusprechen, wenn das strafbare Verhalten - wie im Falle des § 304 StGB. - in der Annahme einer Geldzuwendung selbst besteht. Diese Auslegung findet im möglichen Wortsinn des § 20 StGB. durchaus Deckung, sodaß von einem nach § 1 StGB. unzulässigen Analogieschluß keine Rede sein kann (vgl. 9 Os 16/83).
Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft die Abweisung des Verfallsantrages aufzuheben und der Angeklagte Josef A gemäß § 20 Abs. 2 StGB. zur Zahlung eines Geldbetrages von 39.000 S zu verurteilen.
Der Angeklagte wurde nach § 304 Abs. 2 StGB. unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen (für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt und der Tagessatz mit 170 S bestimmt. In ihrer Bemessung wurde als erschwerend die Tatwiederholung, als mildernd hingegen der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Geldstrafe (ohne sich gegen die Bemessung des Tagessatzes zu wenden) und deren bedingte Nachsicht.
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Dem Vorbringen der Berufung zuwider kann zwar angesichts der Wiederholung der Tathandlungen keine Rede davon sein, der Angeklagte habe die Tat nicht mit vorgefaßter Absicht begangen, sondern sei durch eine besonders verlockende Gelegenheit dazu verleitet worden. Die Strafe wurde jedoch im Hinblick auf den Schuld- und Unrechtsgehalt vergleichbarer Taten zu hoch ausgemessen und war daher unter Bedachtnahme auf die vom Erstgericht an sich zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe auf ein der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB.) entsprechendes Maß herabzusetzen.
Die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB. erachtet der Oberste Gerichtshof nach Lage des Falles für nicht vertretbar; ihr würde unter den gegebenen Verhältnissen die nötige Effizienz - namentlich unter dem Aspekt der Generalprävention - fehlen; sie war daher vor allem aus generalpräventiven Erwägungen abzulehnen.
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