OGH 11Os29/73 (RS0090642)

OGH11Os29/738.6.1973

Rechtssatz

Waren die einzelnen Angriffe des Täters nur Teile einer Gesamttat und in Ausführung eines einheitlichen Willensentschlusses unternommen worden, kommt tätige Reue dem Angeklagten nur dann zustatten, wenn er den gesamten aus seinen Straftaten entstandenen Schaden, noch bevor die Obrigkeit von seinem Verschulden erfährt, gutmacht.

Normen

StGB §28 D
StGB §167

11 Os 29/73OGH08.06.1973
11 Os 84/75OGH17.09.1975

Veröff: SSt 46/47

10 Os 62/76OGH13.07.1976
10 Os 181/76OGH19.01.1977
10 Os 13/79OGH07.03.1979

Beisatz: Ein fortgesetztes Delikt (im strengen Sinn) ist nicht nötig. (T1) Veröff: RZ 1979/61 S 208 = SSt 50/18

9 Os 47/79OGH22.05.1979
11 Os 70/79OGH26.06.1979

Beis wie T1

10 Os 95/79OGH19.12.1979

Beisatz: Hier: Fortgesetzte Untreue. (T2) Veröff: EvBl 1980/129 S 405

10 Os 108/79OGH30.09.1980

Beis wie T2; Veröff: SSt 51/46

9 Os 159/80OGH03.02.1981
9 Os 87/82OGH14.09.1982
12 Os 131/82OGH27.01.1983

Beisatz: Andererseits fehlt die Rechtzeitigkeit, wenn der Behörde zur Zeit der Schadensgutmachung auch, nur ein Teilakt der rechtlich eine einzige Tat darstellenden deliktischen Vorgangsweise des Täters bekannt war. (T3)

9 Os 72/83OGH28.06.1983
11 Os 141/83OGH19.09.1983
10 Os 116/83OGH15.11.1983

Vgl; Beisatz: Handelt es sich aber um selbständige (diebische) Angriffe, so steht mangelnde Schadensgutmachung in einem Fall der Annahme tätiger Reue in einem anderen nicht entgegen. (T4)

9 Os 62/83OGH04.10.1983

Veröff: SSt 54/73

10 Os 101/84OGH17.07.1984

Beis wie T1

11 Os 5/84OGH11.04.1984

Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Zur Rechtzeitigkeit von Selbstanzeige beziehungsweise hiedurch bewirkten Rücktritt vom Versuch (§§ 29 und 14 FinStrG). (T5)

12 Os 156/83OGH06.12.1984

Beis wie T1

9 Os 150/86OGH02.12.1987
14 Os 62/88OGH11.05.1988

Vgl auch

15 Os 77/89OGH01.08.1989

Vgl auch; Beis wie T1

13 Os 38/93OGH28.04.1993
11 Os 10/94OGH19.04.1994

Vgl auch

11 Os 80/99OGH14.12.1999

Auch; Beisatz: Die dem Angeklagten als Veruntreuung angelasteten Verkäufe beruhten auf einem einheitlichen Willensentschluss. Liegt aber ein einheitlicher Willensentschluss vor, dann kommt strafaufhebende tätige Reue nur in Betracht, wenn der gesamte Schaden, hier also der durch beide Angriffe verwirklichte, gutgemacht wird. (T6)

13 Os 142/02OGH29.01.2003

Vgl aber; Beisatz: Eine das Erfordernis der Vollständigkeit der Schadensgutmachung betreffende Einheit liegt vor, wenn die Vermögensangriffe von einem Gesamtvorsatz getragene Einzelakte der schrittweisen Verwirklichung eines tatbestandsmäßigen Enderfolges darstellen, oder wenn eine auf einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zurückgehende Faktenmehrheit vorliegt. Gewerbsmäßigkeit für sich allein ist nicht tragfähig, um damit verknüpfte Serientaten im Hinblick auf die Voraussetzungen tätiger Reue auch dem Erfordernis des Gesamtschadenersatzes zu unterwerfen. (T7)

13 Os 1/07gOGH11.04.2007

Verstärkter Senat; Vgl aber; Beisatz: Soweit in früherer Rechtsprechung unter dem Begriff des „fortgesetzten Delikts" (nach Maßgabe zuweilen geforderter, indes uneinheitlich gehandhabter weiterer Erfordernisse) mehrere den gleichen Tatbestand (ob versucht oder vollendet) erfüllende, mit einem „Gesamtvorsatz" begangene Handlungen zu einer dem Gesetz nicht bekannten rechtlichen Handlungseinheit mit der Konsequenz zusammengefasst wurden, dass durch die je für sich selbständigen gleichartigen Straftaten doch nur eine einzige strafbare Handlung begründet würde, hat der Oberste Gerichtshof diese Rechtsfigur der Sache nach bereits mit der Bejahung ihrer prozessualen Teilbarkeit durch die Grundsatzentscheidung SSt 56/88 = EvBl 1986/123 aufgegeben. Seither reduziert er deren Bedeutung auf den unverzichtbaren Kernbereich der der Rechtsfigur zugrunde liegenden Vorstellung, den er als tatbestandliche Handlungseinheit bezeichnet. In der Anerkennung des Fortsetzungszusammenhangs bloß nach Maßgabe tatbestandlicher Handlungseinheiten liegt gezielte Ablehnung einer absoluten Sicht des fortgesetzten Delikts und ein Bekenntnis zur deliktsspezifischen Konzeption. Denn der Unterschied zwischen der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts und der tatbestandlichen Handlungseinheit besteht darin, dass die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts aus dem allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, die der tatbestandlichen Handlungseinheit aber gleichartige Handlungen nach Maßgabe einzelner Tatbestände zusammenfasst. Die Kriterien einer Zusammenfassung können demnach durchaus deliktsspezifisch verschieden sein, ohne dass daraus das ganze Strafrechtssystem erfassende Widersprüche auftreten. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit spricht man im Anschluss an Jescheck/Weigend5 (711 ff) bei einfacher Tatbestandsverwirklichung, also der Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten (tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinn) und dort, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht (SSt 56/88), demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, etwa beim Übergang vom Versuch zur Vollendung oder bei einem Einbruchsdiebstahl in zwei Etappen (tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinn). (T8)

13 Os 83/08tOGH27.08.2008

Vgl aber; Beisatz: Beitragshandlungen sind hinsichtlich jeder Vereinigung und Organisation als tatbestandliche Handlungseinheit zusammenzufassen. (T9)

12 Os 10/09aOGH26.03.2009

Vgl; Beisatz: Bei einer auf einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zurückgehenden Faktenmehrheit kommt dem Täter das Privileg tätiger Reue nach § 167 StGB nur bei Gutmachung des gesamten Schadens zu, sodass selbst bei einer allfälligen Widmung der Überweisung als Gutmachung für einen von mehreren (über einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zusammenhängenden) Schadensfällen dieser Teilzahlung keine strafaufhebende Wirkung zukommen kann. (T10)

15 Os 174/09sOGH17.02.2010

Beisatz: Dabei spielt die Frage, ob die einzelnen Handlungen rechtlich unterschiedlich zu beurteilen sind, keine Rolle. Maßgeblich ist ausschließlich, ob die Angeklagte alle ihr vorgeworfenen Handlungen, durch die sie sich rechtswidrig Geldbeträge ihres Dienstgebers aneignete, aus einem - auf vorausgegangener konkreter Planung des Verhaltens beruhendem (WK-StGB - 2 § 167 Rz 70) - einheitlichen Willensentschluss verübte. (T11)

14 Os 95/11vOGH04.10.2011

Auch

11 Os 101/12fOGH13.11.2012

Auch; Beisatz: Hier: Betrug. (T12)

11 Os 52/15dOGH20.10.2015
14 Os 54/18zOGH03.08.2018

Auch

13 Os 57/20mOGH29.07.2020

Dokumentnummer

JJR_19730608_OGH0002_0110OS00029_7300000_001

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