Rechtssatz
Waren die einzelnen Angriffe des Täters nur Teile einer Gesamttat und in Ausführung eines einheitlichen Willensentschlusses unternommen worden, kommt tätige Reue dem Angeklagten nur dann zustatten, wenn er den gesamten aus seinen Straftaten entstandenen Schaden, noch bevor die Obrigkeit von seinem Verschulden erfährt, gutmacht.
11 Os 84/75 | OGH | 17.09.1975 |
Veröff: SSt 46/47 |
10 Os 181/76 | OGH | 19.01.1977 |
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10 Os 13/79 | OGH | 07.03.1979 |
Beisatz: Ein fortgesetztes Delikt (im strengen Sinn) ist nicht nötig. (T1) Veröff: RZ 1979/61 S 208 = SSt 50/18 |
10 Os 95/79 | OGH | 19.12.1979 |
Beisatz: Hier: Fortgesetzte Untreue. (T2) Veröff: EvBl 1980/129 S 405 |
12 Os 131/82 | OGH | 27.01.1983 |
Beisatz: Andererseits fehlt die Rechtzeitigkeit, wenn der Behörde zur Zeit der Schadensgutmachung auch, nur ein Teilakt der rechtlich eine einzige Tat darstellenden deliktischen Vorgangsweise des Täters bekannt war. (T3) |
10 Os 116/83 | OGH | 15.11.1983 |
Vgl; Beisatz: Handelt es sich aber um selbständige (diebische) Angriffe, so steht mangelnde Schadensgutmachung in einem Fall der Annahme tätiger Reue in einem anderen nicht entgegen. (T4) |
11 Os 5/84 | OGH | 11.04.1984 |
Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Hier: Zur Rechtzeitigkeit von Selbstanzeige beziehungsweise hiedurch bewirkten Rücktritt vom Versuch (§§ 29 und 14 FinStrG). (T5) |
11 Os 80/99 | OGH | 14.12.1999 |
Auch; Beisatz: Die dem Angeklagten als Veruntreuung angelasteten Verkäufe beruhten auf einem einheitlichen Willensentschluss. Liegt aber ein einheitlicher Willensentschluss vor, dann kommt strafaufhebende tätige Reue nur in Betracht, wenn der gesamte Schaden, hier also der durch beide Angriffe verwirklichte, gutgemacht wird. (T6) |
13 Os 142/02 | OGH | 29.01.2003 |
Vgl aber; Beisatz: Eine das Erfordernis der Vollständigkeit der Schadensgutmachung betreffende Einheit liegt vor, wenn die Vermögensangriffe von einem Gesamtvorsatz getragene Einzelakte der schrittweisen Verwirklichung eines tatbestandsmäßigen Enderfolges darstellen, oder wenn eine auf einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zurückgehende Faktenmehrheit vorliegt. Gewerbsmäßigkeit für sich allein ist nicht tragfähig, um damit verknüpfte Serientaten im Hinblick auf die Voraussetzungen tätiger Reue auch dem Erfordernis des Gesamtschadenersatzes zu unterwerfen. (T7) |
13 Os 1/07g | OGH | 11.04.2007 |
Verstärkter Senat; Vgl aber; Beisatz: Soweit in früherer Rechtsprechung unter dem Begriff des „fortgesetzten Delikts" (nach Maßgabe zuweilen geforderter, indes uneinheitlich gehandhabter weiterer Erfordernisse) mehrere den gleichen Tatbestand (ob versucht oder vollendet) erfüllende, mit einem „Gesamtvorsatz" begangene Handlungen zu einer dem Gesetz nicht bekannten rechtlichen Handlungseinheit mit der Konsequenz zusammengefasst wurden, dass durch die je für sich selbständigen gleichartigen Straftaten doch nur eine einzige strafbare Handlung begründet würde, hat der Oberste Gerichtshof diese Rechtsfigur der Sache nach bereits mit der Bejahung ihrer prozessualen Teilbarkeit durch die Grundsatzentscheidung SSt 56/88 = EvBl 1986/123 aufgegeben. Seither reduziert er deren Bedeutung auf den unverzichtbaren Kernbereich der der Rechtsfigur zugrunde liegenden Vorstellung, den er als tatbestandliche Handlungseinheit bezeichnet. In der Anerkennung des Fortsetzungszusammenhangs bloß nach Maßgabe tatbestandlicher Handlungseinheiten liegt gezielte Ablehnung einer absoluten Sicht des fortgesetzten Delikts und ein Bekenntnis zur deliktsspezifischen Konzeption. Denn der Unterschied zwischen der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts und der tatbestandlichen Handlungseinheit besteht darin, dass die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts aus dem allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts abgeleitet wird, die der tatbestandlichen Handlungseinheit aber gleichartige Handlungen nach Maßgabe einzelner Tatbestände zusammenfasst. Die Kriterien einer Zusammenfassung können demnach durchaus deliktsspezifisch verschieden sein, ohne dass daraus das ganze Strafrechtssystem erfassende Widersprüche auftreten. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit spricht man im Anschluss an Jescheck/Weigend5 (711 ff) bei einfacher Tatbestandsverwirklichung, also der Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten (tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinn) und dort, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht (SSt 56/88), demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, etwa beim Übergang vom Versuch zur Vollendung oder bei einem Einbruchsdiebstahl in zwei Etappen (tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinn). (T8) |
13 Os 83/08t | OGH | 27.08.2008 |
Vgl aber; Beisatz: Beitragshandlungen sind hinsichtlich jeder Vereinigung und Organisation als tatbestandliche Handlungseinheit zusammenzufassen. (T9) |
12 Os 10/09a | OGH | 26.03.2009 |
Vgl; Beisatz: Bei einer auf einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zurückgehenden Faktenmehrheit kommt dem Täter das Privileg tätiger Reue nach § 167 StGB nur bei Gutmachung des gesamten Schadens zu, sodass selbst bei einer allfälligen Widmung der Überweisung als Gutmachung für einen von mehreren (über einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zusammenhängenden) Schadensfällen dieser Teilzahlung keine strafaufhebende Wirkung zukommen kann. (T10) |
15 Os 174/09s | OGH | 17.02.2010 |
Beisatz: Dabei spielt die Frage, ob die einzelnen Handlungen rechtlich unterschiedlich zu beurteilen sind, keine Rolle. Maßgeblich ist ausschließlich, ob die Angeklagte alle ihr vorgeworfenen Handlungen, durch die sie sich rechtswidrig Geldbeträge ihres Dienstgebers aneignete, aus einem - auf vorausgegangener konkreter Planung des Verhaltens beruhendem (WK-StGB - 2 § 167 Rz 70) - einheitlichen Willensentschluss verübte. (T11) |
Dokumentnummer
JJR_19730608_OGH0002_0110OS00029_7300000_001
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