OGH 13Os142/02

OGH13Os142/0229.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Habl, Dr. Ratz und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hietler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Damnian P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und weiterer Straftaten, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 5. September 2002, GZ 40 Hv 59/02h-22, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig verkündeten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird aufgehoben:

zu A I. 1. und 2. sowie B 3., demzufolge auch

im Ausspruch, dass der Betrug (A und B) mit einem 2.000 EUR

übersteigenden Schaden begangen wurde,

in der Unterstellung des Betruges auch unter § 147 Abs 2 StGB, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), weiters der gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefasste Widerrufsbeschluss. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Verfahrenskosten zur Last.

Text

Gründe:

Damnian P***** wurde (zu A und B) des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB sowie (zu C) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt. Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz - (zusammengefasst) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit unter Verwendung eines falschen Beweismittels, nämlich einer Bankomatkarte unrichtigen Inhaltes, lautend auf den Aliasnamen Armand T*****, zur Ausfolgung von Waren in einem insgesamt 2.000 EUR übersteigenden Betrag verleitet und sie um diesen Betrag am Vermögen geschädigt, und zwar

(zu A.) in Vösendorf

I. Verfügungsberechtigte der Firma P***** zur Herausgabe

  1. 1. am 23. Mai 2002 von Bekleidungsstücken im Wert von 2.248,80 EUR,
  2. 2. am 27. Mai 2002 einer Lederjacke im Wert von 725 EUR, (zu B.) in Wien

    3. am 27. Mai 2002 von Waren im Wert von 699 EUR,

    des weiteren in Vösendorf bzw Wien zwischen dem 2. und dem 27. Mai 2002,

    (zu A. II. 1. bis 3., III., IV. und B. 1. und 2.) Verfügungsberechtigte anderer Unternehmen zur Herausgabe von Waren im weiteren Wert von 1.314,86 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des mehrfach qualifizierten Betruges richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 sowie 10 (jeweils iVm Z 9 lit b) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche teilweise berechtigt ist.

Im Zusammenhang mit den gegenüber der Firma P***** begangenen betrügerischen Angriffen wird als Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) gerügt, dass die durch Verlesung der Ordnungsnummer "3" (offenbar des Tagebuches der Staatsanwaltschaft, gemeint ON 2 des Hv-Aktes) in der Hauptverhandlung vorgekommene Aussage des Zeugen Radu A***** (wonach bei einem Gesamtschaden der Firma P***** von 3.672,80 EUR vor der telefonischen Anzeigeerstattung der Angeklagte teils durch Warenrückerstattung, teils durch Barrückzahlungen - persönlich aber auch durch seine Freundin über sein Ersuchen - teilweise Schadensgutmachung geleistet hätte, wobei der Restbetrag einschließlich einer Gebühr von 4,36 EUR noch 945,36 EUR betrage [AS 41 und 43]) unberücksichtigt geblieben wäre, wie auch die Verantwortung des Angeklagten hiezu, dass er anlässlich der Warenrückgabe und Schadenszahlungen an den Geschäftsführer (Zeuge T*****) hinsichtlich des Restbetrages eine Ratenzahlung vereinbart hätte, wobei ihm zwei Erlagscheine, einer zahlbar bis 30. Juni 2002 über 500 EUR und der weitere, zahlbar bis 31. Juli 2002 bezüglich der restlichen 445,36 EUR übergeben worden seien.

Ein für den Angeklagten nachteiliger Einfluss durch die unterbliebene Berücksichtigung obige Vorbringen ist nicht auszuschließen, lässt dieses doch das Vorliegen einer tätigen Reue zu den Fakten A I. 1. und 2. sowie B 3., und damit auch den Wegfall des Schuldspruches hinsichtlich einzelner Angriffe und der (Wert-)Qualifikation (ebenso des herangezogenenes Erschwerungsgrundes der zweifachen Qualifikation zum schweren Diebstahl) möglich erscheinen.

Da insoweit die Durchführung einer Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, waren das Urteil im aufgezeigten Umfang (sowie der Widerrufsbeschluss zufolge Wegfalls seiner Grundlage) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde aufzuheben und diesbezüglich die Verfahrenserneuerung sowie eine neue Entscheidung anzuordnen (§ 285e StPO), und der Angeklagte mit seiner Berufung und seiner Beschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen. Im zweiten Rechtsgang wird bei Beurteilung des Vorliegens tätiger Reue nach § 167 StGB nicht nur - im Fall es Zutreffens der aus Z 5 relevierten Aussagen - die zur endgültigen Straffreiheit notwendige Einhaltung der angeblichen Ratenvereinbarung (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 167 Rz 78, 104 ff, 128 ff) zu prüfen, sondern auch zu berücksichtigen sein, ob die in Rede stehenden Vermögensangriffe des Angeklagten (A. I. 1. und 2. sowie B 3.) mit anderen (vgl A. II. 1. bis 3. III., IV. und B. 1. und 2.) aus subjektiven Gründen eine das Erfordernis der Vollständigkeit der Schadensgutmachung betreffende Einheit bilden. Dies wäre nach herrschender Judikatur der Fall, wenn die Vermögensangriffe von einem Gesamtvorsatz getragene Einzelakte der schrittweisen Verwirklichung eines tatbestandsmäßigen Enderfolgs darstellen oder wenn eine auf einen einheitlichen Willensentschluss des Täters zurückgehende Faktenmehrheit vorliegt (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 167 Rz 66-70 mwN). Dabei wird auch zu beachten sein, dass Gewerbsmäßigkeit für sich allein (entgegen der vereinzelt gebliebenen Entscheidung ÖJZ-LSK 1997/138) nicht tragfähig ist, um damit verknüpfte Serientaten im Hinblick auf die Voraussetzungen tätiger Reue auch dem Erfordernis des Gesamtschadenersatzes zu unterwerfen (Kirchbacher/Presslauer aaO Rz 72-75).

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) meint, "dass ein schwerer Betrug im Sinne des § 147 Abs 2 StGB nicht vorliegt, sondern lediglich das Tatbild des § 147 Abs 1 StGB mit der Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren unter Aufrechterhaltung der übrigen Qualifikationen" bzw "hinsichtlich der übrigen Urteilsfakten sich ein Schaden unter 2.000 EUR errechne, sodass ein schwerer Betrug nicht vorliegt", ist sie teils unverständlich und lässt insgesamt eine deutliche und bestimmte Bezeichnung des allenfalls Nichtigkeit begründenden Umstandes vermissen, zum anderen unterlässt sie prozessordnungswidrig die Orientierung am Tatsachensubstrat des Urteils (Benützung eines in § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB genannten Beweismittel) und gewerbsmäßige Begehung solcher Betrügereien [§ 148 zweiter Strafsatz:

Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren]).

Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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