OGH 13Os38/93

OGH13Os38/9328.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Klaus H* wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148, zweiter Fall, und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 10.Feber 1993, GZ 14 Vr 2.037/92‑42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, und der Verteidigerin Dr.Ehrlich‑Rogner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00038.9300000.0428.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre und 4 (vier) Monate herabgesetzt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Klaus H* (A) des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs 1 StGB, (B) des (zu ergänzen: teils vollendeten, teils versuchten) Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148, zweiter Fall, (und 15) StGB, (C) des Vergehens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2, erster Fall, StGB, (D) des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB und (E) des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach dem § 293 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Klagenfurt

A) spätestens seit dem 1.April 1991 bis 21.Oktober 1992 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinem außerehelichen Sohn Christian M* durch Nichtleistung des mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 31.März 1987, P 186/83‑20, rechtskräftig festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeitrages von 1.650 S gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt und die Erziehung des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre;

B) gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über nachangeführte Umstände zu den beschriebenen Tathandlungen, die diese um die genannten, insgesamt 500.000 S übersteigenden Beträge an ihrem Vermögen

I.) schädigten, verleitet, und zwar:

1.) am 9.Mai 1992 den Pejo I* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit einer Wohnung in "An der Walk Nr. 1" zur Leistung einer Provisionsanzahlung von 8.000 S;

2.) am 13.Mai 1992 den Pejo I* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit der zu Punkt 1.) genannten oder einer weiteren in der Schwalbengasse Nr. 9 gelegenen Wohnung zur Anzahlung eines weiteren Provisionsanteiles von 15.000 S;

3.) Anfang Juli 1992 in zwei Angriffen den Mijo M* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit eines Mietobjektes in Köttmannsdorf zur Zahlung eines Provisionsakontos von 3.500 S und einer Provisionszahlung von 12.000 S;

4.) am 10.Juli 1992 die Namka R* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit einer in der Feldkirchner Straße Nr. 41 gelegenen Wohnung zur Anzahlung eines Teiles einer angeblichen Kautionssumme in der Höhe von 20.000 S;

5.) am 22.Juli 1992 die Namka R* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit der zu 4.) genannten Wohnung oder einer in der August‑Jaksch‑Straße gelegenen Wohnung zur Zahlung eines weiteren Betrages von 51.500 S für Provision, Kaution und Investitionsablöse;

6.) im August 1992 den Drago A* durch Täuschung über die veranlaßte Errichtung eines Telefonanschlusses für die angemietete Wohnung zur Ausfolgung eines Betrages von 2.000 S;

7.) am 22.August 1992 die Ana M* durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Objektes "Kärntner Hamatle" und unmittelbar bevorstehende Renovierungsarbeiten zur Zahlung eines Kautionsakontos im Hinblick auf eine Lokalpachtung in der Höhe von 90.000 S;

8.) am 26.August 1992 den Bela H* durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung und Vermietbarkeit einer Wohnung im Objekt "Kärntner Hamatle" zur Leistung einer Kautionszahlung in der Höhe von 5.000 S;

9.) am 28.August 1992 den Wagih A* durch Täuschung über die Vermittelbarkeit der Wohnung Kardinalschütt Nr 5 zur Leistung einer Kautionszahlung in der Höhe von 31.500 S;

10.) Ende August oder Anfang September 1992 den Bela H* durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des zu Punkt 8.) genannten Objektes und der Vermittelbarkeit der zu 9.) genannten Wohnung zur Anzahlung eines weiteren Kautionsbetrages von 15.000 S;

11.) am 3.September 1992 Angestellte der S*Brauerei durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Objektes "Kärntner Hamatle" zur Überweisung eines Teilbetrages von 200.000 S aus einem diesbezüglich am 22.August 1992 abgeschlossenen Bierliefervertrag, indem er zur Täuschung auch eine falsche Urkunde, nämlich den von ihm ohne Kenntnis des außerbücherlichen Eigentümers Heinz W* verfaßten, mit 10.August 1992 datierten Pachtvertrag zwischen diesem und ihm, bei dem er mit "W* Heinz" unterschrieb, benützte;

12.) am 9.September 1992 den Ramo M* durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich einer Wohnung im Objekt "Kärntner Hamatle" zur Leistung einer Akontozahlung von 10.000 S;

13.) Ende September 1992 den Wagih A* durch Täuschung über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich einer Wohnung im Objekt "Kärntner Hamatle" über den zu Punkt 9.) genannten Betrag hinausgehend zu einer weiteren Anzahlung für Kaution von 35.000 S;

14.) am 8.Oktober 1992 die Ana M* durch Täuschung über die zu Punkt 7.) genannten Umstände zur Zahlung eines weiteren "Kautionsbetrages" von 110.000 S, indem er zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich den von ihm ohne Wissen des Heinz W* verfaßten, angeblich zwischen diesem und ihm abgeschlossenen, auf den 27.Juni 1992 rückdatierten Mietvertrag, den er mit "W* Heinz" als Vermieter unterschrieb, benützte;

II.) schädigen sollten, zu verleiten versucht, und zwar

am 22.Oktober 1992 Angestellte der S*Brauerei durch Täuschung über die zu Punkt I./11.) genannten Umstände zur weiteren Auszahlung eines Betrages von 400.000 S;

C) zwischen dem 3.September 1992 und dem 22.Oktober 1992 in wiederholten Angriffen die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er Barbehebungen und Bankomatgeschäfte tätigte, ohne für die ausreichende Deckung des bei der V* eingerichteten Verrechnungskontos Nr. 3093812 zu sorgen, wodurch zum Nachteil der V* ein Schaden von mindestens 115.000 S herbeigeführt wurde;

D) am 12.Oktober 1992 eine falsche Urkunde, nämlich den von ihm verfaßten und mit "Ana M*" als (seiner Nach‑)Pächterin unterfertigten Pachtvertrag durch Vorlage beim Kreditreferenten der V* im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtsverhältnisses gebraucht;

E) vor dem 4.September 1992 ein falsches Beweismittel, nämlich den von ihm für Ramo M* für die Anschrift Tarviser Straße Nr. 3 in 9020 Klagenfurt ("Kärntner Hamatle") ausgefüllten und mit einer Stampiglie der I*Gesellschaft als Unterkunftsgeber versehenen Meldezettel mit dem Vorsatz hergestellt, daß es im verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht werde.

 

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen die Urteilsfakten B/I/3, 9, 12 und 13 des Schuldspruchs wegen gewerbsmäßig schweren Betruges richtet sich die auf den § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er insoweit wegen rechtzeitiger Schadensgutmachung den Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nach dem § 167 StGB beansprucht.

Richtig ist, daß der Angeklagte in den bezeichneten Fällen vor Anzeigeerstattung durch den jeweils Geschädigten Schadensgutmachung geleistet hat:

Nachdem Mijo M* den an ihm begangenen Betrug (B/I/3) erkannt und den Angeklagten zur Rückerstattung der übergebenen Geldbeträge aufgefordert hatte, hielt ihn dieser noch ca. einen Monat lang hin, zahlte aber schließlich auf dessen weiteres Drängen am 10.August 1992 den Betrag von 15.500 S zurück (US 10). Auch der wiederholt geschädigte Wagih A* (B/I/9 und 13) erhielt nach Aufdeckung des Betruges und Androhung einer Anzeige am 8.Oktober 1992 den bezahlten Betrag von 67.000 S wieder zurück (US 16). Desgleichen retournierte der Angeklagte die dem Ramo M* (B/I/12) herausgelockten 10.000 S (US 17).

Der Beschwerdeauffassung zuwider verneinte der Schöffensenat trotz dieser teilweisen Schadensgutmachung das Vorliegen der Voraussetzungen tätiger Reue nach dem § 167 StGB aber zu Recht, weil der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen alle Taten in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 18) und daher von einem einheitlichen Tatentschluß auszugehen ist. Diesfalls ist aber für eine Strafaufhebung infolge tätiger Reue die Gutmachung des gesamten Schadens ‑ also aus sämtlichen Angriffen ‑ vorauszusetzen (SSt 54/73; Leukauf‑Steininger Komm3 § 167 RN 33).

Der weitere Beschwerdeeinwand hingegen, es sei "zumindest im Zweifel" anzunehmen, daß der Schaden in diesen Fällen aus redlich erlangten Mitteln, nämlich mit einem Darlehen der V*, abgedeckt worden sei, geht an der Argumentation des Erstgerichtes vorbei, weil dieses auf die Herkunft der Mittel zur Schadensgutmachung gar nicht abgestellt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer die erforderlichen Mittel redlich erworben oder sich diese ‑ in einer tätige Reue desgleichen ausschließenden Weise (Leukauf‑Steininger Komm3 § 167 RN 34) ‑ durch weitere strafbare Handlungen verschafft hat.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Klaus H* war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend: eine einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall, die Fortsetzung der Betrugshandlungen während des früheren Verfahrens, den hohen Schaden, die mehrfache Qualifikation des Verbrechens des Betruges, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit vier Vergehen und den Umstand, daß der Angeklagte die wirtschaftliche Notlage von Wohnungssuchenden ausgenützt hat; mildernd war hingegen das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist und daß ein Teil der Betrugshandlungen vor dem Zeitpunkt der Vorverurteilung (4.August 1992) begangen wurde. Es verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt.

Die Berufung ist begründet.

Zu Recht macht der Berufungswerber nämlich geltend, daß ihm ein hoher Schaden (beim Betrug) nicht hätte zusätzlich angelastet werden dürfen, weil dieser (von insgesamt etwa 1 Mio S) die Wertgrenze von 500.000 S nicht in einem solchen Maße übersteigt, daß daraus bereits ein besonderer Erschwerungsgrund abgeleitet werden könnte. Die Schadenshöhe war daher nur im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigen (Leukauf‑Steininger Komm3 § 32 RN 19). Von einer nach dem Gesetz (§ 34 Z 10 StGB) als Milderungsgrund normierten drückenden Notlage im Sinn eines bestehenden oder drohenden Mangels am notwendigen Lebensunterhalt (Leukauf‑Steininger Komm3 § 34 RN 10) kann allerdings schon nach dem Berufungsvorbringen, aber auch deshalb keine Rede sein, weil der vom Angeklagten angerichtete Vermögensschaden insgesamt die zur Beseitigung oder Linderung eines derartigen existentiellen Mangels erforderliche Summe bei weitem übersteigt. Bei richtiger Bewertung der im übrigen zutreffend aufgezählten Strafbemessungsgründe erschien dem Obersten Gerichtshof eine Reduktion der Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß geboten, das zur Erreichung der Strafzwecke nach Lage des Falles auch durchaus hinreicht. Dabei wurde im Sinne einer Gesamtregelung der Straffrage auch angemessen berücksichtigt, daß das Erstgericht gemäß dem § 494 a Abs 1 Z 4 StPO den Widerruf einer bedingten Nachsicht von acht Monaten Freiheitsstrafe ausgesprochen hat (vgl. 13 Os 2, 3/93; 12 Os 165, 166/88; Foregger‑Serini MTA7 Anm III zu § 494 a StPO).

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

 

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