Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 50 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Zuständigkeit, Feststellungsbescheid, Übergang der Zuständigkeit, Delegierungsbescheid |
Verweise: | VwGH 11.12.1992, 88/17/0104 |
1.2. Übergang der Zuständigkeit
1.2.1. Delegierung (§ 71 BAO)
Die örtlich zuständige Abgabenbehörde erster Instanz kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens, für die Erhebung einer Abgabe eine andere sachlich zuständige Abgabenbehörde erster Instanz mit Bescheid bestimmen, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen (§ 71 BAO).
Nach § 52a Abs. 3 BAO gilt § 71 BAO sinngemäß für einen Übergang der sachlichen Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde.
Die Erlassung von Delegierungsbescheiden obliegt dem für die betreffende Angelegenheit (zB Erhebung einer Abgabe, Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften) zuständigen Finanzamt.
Würde eine unzuständige Abgabenbehörde einen solchen Bescheid erlassen, so wäre er nicht ungültig. Daher kommt die "Schlichtung" eines Zuständigkeitsstreits (insbesondere bei widersprüchlichen Ermittlungsergebnissen etwa darüber, welche Behörde Wohnsitzfinanzamt im Sinn des § 55 Abs. 2 BAO ist) im Wege eines Delegierungsbescheides in Betracht.
Delegierungen können beispielsweise zweckmäßig (verwaltungsökonomisch) sein im Interesse der Konzentration der Zuständigkeiten bei einem (einzigen) Finanzamt.
Zuständigkeitsübertragungen dürfen überwiegende Interessen der Partei nicht verletzen. Solche Interessen können sich etwa aus höheren Kosten bei größerer Entfernung des Finanzamtes etwa zum Wohnsitz der Partei ergeben.
Das Parteiengehör (§ 115 Abs. 2 BAO) ist vor Erlassung des Delegierungsbescheides zu wahren. Dies ist nur entbehrlich, wenn die Delegierung einer diesbezüglichen Anregung der Partei Rechnung trägt.
Der Zuständigkeitsübergang erfolgt im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides an die Partei (§ 78 BAO), sofern im Bescheidspruch nicht ein anderer Zeitpunkt angeordnet ist.
Der Zuständigkeitsübergang erfolgt unabhängig davon, ob bzw. wann das neu zuständige Finanzamt (zweckmäßigerweise durch Übermittlung einer Abschrift des Delegierungsbescheides) von der Delegierung Kenntnis erlangt.
Delegierungsbescheide sind verfahrensrechtliche Bescheide. Sie sind (abgesondert) mit Berufung anfechtbar. Berufungsbefugt ist der Bescheidadressat (somit die Partei im Sinn des § 78 BAO).
§ 294 BAO (Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft) ist für Delegierungsbescheide nicht anwendbar.
Die Änderung der für die Bescheiderlassung maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (zB neuerliche Verlegung der Geschäftsleitung oder des Wohnsitzes der Partei) beseitigt nicht die Rechtswirkungen des Delegierungsbescheides.
1.2.2. Übergang der sachlichen Zuständigkeit (§ 52a Abs. 1 BAO, § 17b Abs. 5 AVOG)
Die sachliche Zuständigkeit einer Abgabenbehörde für die Erhebung von Abgaben endet mit dem Zeitpunkt, in dem eine andere Abgabenbehörde von den ihre Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen Kenntnis erlangt. Vom Übergang der Zuständigkeit ist der Abgabepflichtige in Kenntnis zu setzen. Solange eine solche Verständigung nicht ergangen ist, können Anbringen auch noch bei der bisher zuständig gewesenen Abgabenbehörde eingebracht werden (§ 52a Abs. 1 BAO).
Diese am Vorbild des § 73 BAO (siehe Abschnitt 1.2.3) orientierte Abgabenvorschrift gilt beispielsweise, wenn sich die sachliche Zuständigkeit als Folge des § 8 Abs. 2 AVOG (Größenmerkmale einer GmbH; siehe Abschnitt 1.3.) ändert.
Nach § 52a Abs. 2 BAO gilt § 75 BAO sinngemäß für den Übergang der sachlichen Zuständigkeit. Demzufolge berührt der Zuständigkeitsübergang nicht die Zuständigkeit der bisher zuständig gewesenen Abgabenbehörde erster Instanz im Berufungsverfahren betreffend von ihr erlassene Bescheide. Dies betrifft beispielsweise die Erlassung von Berufungsvorentscheidungen.
Für Änderungen der sachlichen Zuständigkeit auf Grund von gemäß § 3 Abs. 3 AVOG erlassenen Verordnungen gilt § 17b Abs. 5 zweiter Unterabsatz AVOG. Diese Bestimmung lautet:
"Werden bei einer Abgabenbehörde Anbringen eingebracht, zu deren Behandlung die Abgabenbehörde nur auf Grund der die Zuständigkeit ändernden Bestimmungen nicht mehr zuständig ist, so hat die Weiterleitung an die zuständige Abgabenbehörde nicht auf Gefahr des Einschreiters zu erfolgen, sofern nicht der Einschreiter bereits vor der Einbringung seines Anbringens über die Änderung der Zuständigkeit seitens einer Abgabenbehörde in Kenntnis gesetzt worden ist."
Siehe weiters § 5 der UnternehmensgruppenV (BGBl. II Nr. 50/2005).
1.2.3. Übergang der örtlichen Zuständigkeit nach § 73 BAO
Die Zuständigkeit des Finanzamtes für die Erhebung von Abgaben endet, abgesehen von den Fällen des § 71 BAO, mit dem Zeitpunkt, in dem ein anderes Finanzamt von den seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen Kenntnis erlangt (§ 73 erster Satz BAO).
Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch das neu zuständige Finanzamt ist maßgeblich für den Zuständigkeitsübergang.
Es kommt somit weder auf den Zeitpunkt an, in dem das die Zuständigkeit beeinflussende Ereignis eintritt, noch auf den Zeitpunkt, in dem das bisher zuständige Finanzamt von einem solchen Ereignis Kenntnis erlangt (zB VwGH 17.2.1999, 98/14/0105; VwGH 17.12.2003, 99/13/0032).
Solche Ereignisse sind beispielsweise
- die Verlegung der Geschäftsleitung (zB für § 54 Abs. 1 lit. b BAO und für § 58 BAO),
- der Wohnsitzwechsel (zB für § 55 BAO; vgl zB UFS 21.3.2003, RV/0479-W/06, RV/1806-W/06).
Der Zuständigkeitsübergang betrifft auch
- die Erhebung von Abgaben, wenn der Abgabenanspruch (§ 4 BAO) vor diesem Zeitpunkt entstanden ist (vgl. zB UFS 15.11.2005, RV/1205-W/03),
- die Entscheidungspflicht über Anbringen (zB Abgabenerklärungen, Anträge auf Aussetzung der Einhebung, Anträge auf Aufhebung gemäß § 299 BAO), die vorher eingereicht wurden,
- die Berichtigung (§§ 293 und 293b BAO) von der bisher zuständigen Abgabenbehörde erlassener Bescheide,
- die Wiederaufnahme von Verfahren (§ 303 BAO), die von der bisher zuständigen Abgabenbehörde abgeschlossen sind,
- die Einhebung und zwangsweise Einbringung von Abgabenschuldigkeiten, die durch die bisher zuständige Abgabenbehörde festgesetzt wurden.
§ 73 BAO gilt nicht, wenn ein Finanzamt von Anfang an nicht zuständig war (vgl. VwGH 30.5.2001, 2000/13/0195; UFS 16.3.2005, RV/1872-W/2004).
Der Übergang der Zuständigkeit betrifft nicht die Zuständigkeit der bisher zuständigen Abgabenbehörde im Berufungsverfahren betreffend von ihr erlassene Bescheide (zufolge § 75 BAO). Dies betrifft etwa
- die Erlassung von Berufungsvorentscheidungen
- und von anderen das Berufungsverfahren erledigenden Bescheiden (zB Zurückweisung gemäß § 273 BAO, Zurücknahmebescheid gemäß § 275 BAO) sowie
- die Rechtsstellung als "Amtspartei" (im Sinn des § 276 Abs. 7 BAO).
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betroffene Normen: | § 50 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Zuständigkeit, Feststellungsbescheid, Übergang der Zuständigkeit, Delegierungsbescheid |
Verweise: | VwGH 11.12.1992, 88/17/0104 |