OGH 7Ob143/25t

OGH7Ob143/25t22.10.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und durch die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F* E*, vertreten durch Dr. Christoph Reitmann LL.M., Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch die ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 162.616,93 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. Juli 2025, GZ 7 R 29/25a‑65, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00143.25T.1022.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Zwischen den Parteien besteht ein Versicherungsvertrag für die Sparten Feuer, Sturmschaden, Leitungswasserschaden, Katastrophenhilfe, landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge, Glasbruch sowie Technik- und Haftpflichtversicherung, welcher auszugsweise vorsieht:

0100 Versichert ist/sind

Wohngebäude, 178 qm, überwiegend massiv

0101 Wirtschaftsgebäude, 306 qm, überwiegend massiv

0102 Sonstige Gebäude, Schuppen, 84 qm, überwiegend massiv

[…]

0205 Sturmschaden

[…]

0205 Gebäude EUR 870.000,00

0205 Erntefrüchte, Inventar und Viehbestand auf erstes Risiko EUR 217.500,00

[2] Der Sturmschadenversicherung liegen unter anderem die Ergänzenden Bedingungen für die Sachversicherung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (EBL) Hof & Ernten, Fassung 08/2014 (F637), sowie die Allgemeinen Bedingungen für die Sturmschadenversicherung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Deckungsvariante Optimal (Astheo) Hof & Ernten, Fassung 07/2014 (F671), zugrunde.

[3] Die F671 lauten auszugsweise wie folgt:

Besonderer Teil

Was ist versichert? – Artikel 1

Versichert sind die im Versicherungsschein angeführten Sachen, die im Eigentum des Versicherungsnehmers stehen, ihm unter Eigentumsvorbehalt übergeben oder von ihm in Verwahrung genommen wurden oder von ihm geleast wurden.

[…]

Was ist zusätzlich mitversichert? – Artikel 2

Die in den EBL (F637) unter Punkt 1.3. bzw 1.4. angeführten, nicht zu berücksichtigenden Bauwerke.

2.0. offene Gebäude

Offene Gebäude bis zu einem Betrag von EUR 40.000,- auf erstes Risiko.

[…]

Was ist nicht versichert? – Artikel 3

Nicht versichert sind:

[…]

‑ bewegliche Sachen im Freien, in offenen Gebäuden und in Rohbauten;

[4] Die F637 lauten auszugsweise wie folgt:

4. Regelungen zur Ersatzleistung

Wir ersetzen den Schaden an den versicherten Sachen, der durch die unmittelbare Einwirkung der versicherten Gefahren entsteht.

4.1. Gebäude

(Gemäß Gruppe A, der Gruppierungserläuterungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, F 639)

4.1.1. Ersatzleistung zum Neuwert

Soweit Gebäude gemäß Versicherungsschein zum Neuwert versichert sind, leisten wir bei ständig instand gehaltenen und genutzten Gebäuden den Ersatz zum Neuwert, das sind die ortsüblichen Kosten der Wiederherstellung am Tag des Schadens.

4.1.2. Ersatzleistung zum Zeitwert

Treffen die Voraussetzungen gemäß Artikel 4.1.1. nicht zu und ist der Zeitwert eines Gebäudes niedriger als 40 % des Neuwertes so gilt als Ersatzwert der Zeitwert.

Sind Gebäude gemäß Versicherungsschein ausdrücklich zum Zeitwert versichert erfolgt die Ersatzleistung immer zum Zeitwert.

4.1.3. Anspruch auf den Neuwertersatz, Wiederherstellung

Wir ersetzen die Kosten der Wiederherstellung bzw. der Wiederbeschaffung, am Tag des Schadens.

Besteht Anspruch auf eine Ersatzleistung zum Neuwert, erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des die Zeitwertentschädigung übersteigenden Teiles der Entschädigung nur insoweit, als dieser Teil zusammen mit der Zeitwertentschädigung den Wiederherstellungsaufwand nicht übersteigt, und in dem Umfang, in dem die Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung gesichert ist.

Für die Wiederherstellung genügt es, wenn für zerstörte oder beschädigte Gebäude wieder Gebäude hergestellt werden, die dem gleichen Verwendungszweck dienen.

[…]

[5] Am 18. 8. 2022 wurden durch ein Sturmereignis von den versicherten Gebäuden des Klägers der Schuppen zum Einsturz gebracht, wobei auch ein darin befindlicher Silo zerstört wurde, und das Wirtschaftsgebäude beschädigt. Der Schuppen hatte einen Zeitwert von 24.731,64 EUR. Um die am Wirtschaftsgebäude entstandenen Schäden zu sanieren, ist mit Sanierungskosten von rund netto 18.000 EUR zu rechnen. Die Kosten für die Neuerrichtung der Gebäude belaufen sich auf netto 60.033,03 EUR für den Schuppen und netto 82.369,23 EUR für das Wirtschaftsgebäude. Bislang wurden die Gebäude nicht wiederhergestellt. Nach Schadenseintritt leistete die Beklagte dem Kläger eine auf den Schuppen gewidmete Zahlung von 40.000 EUR.

[6] Der Kläger begehrt die Zahlung von 162.616,93 EUR sA und bringt – soweit für das Revisionsverfahren relevant – vor, er habe Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Neuerrichtung des Schuppens und des Wirtschaftsgebäudes, der Neuanschaffung eines Silos sowie der von ihm in Eigenleistung erbrachten Aufräumarbeiten am eingestürzten Schuppen. Die Ersatzleistungen stünden zum Neuwert zu. Hinsichtlich des Schuppens habe die Beklagte durch ihre außergerichtliche Zahlung auf den Einwand der mangelnden Fälligkeit der Neuwertspitze verzichtet. Die Wiederherstellung des Wirtschaftsgebäudes sei gesichert. Für den Neuwertersatz sei ausschließlich der Neuwert des Gebäudes entscheidend, nicht aber, mit welchem Aufwand der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden könne. Der Aufwand von 18.000 EUR für das Wirtschaftsgebäude beziehe sich nur auf die Sanierung der durch das Sturmereignis entstandenen Schäden, stelle aber nicht den Wert der Wiederherstellung dar.

[7] Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Beim zerstörten Silo handle es sich um eine bewegliche Sache in einem offenen Gebäude, sodass sie nach Art 3 F671 leistungsfrei sei. Da die Wiederherstellung der Gebäude nicht gesichert sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf Neuwertersatz, sondern könne gemäß Art 4.1.3. F637 lediglich den Zeitwertschaden verlangen. Die vorprozessuale Zahlung für den Schuppen decke die Entschädigung des Zeitwerts und die Eigenleistungen des Klägers ab. Die Wiederherstellungskosten für das Wirtschaftsgebäude beliefen sich auf 18.000 EUR. Ein weiterer Anspruch stehe nicht zu.

[8] Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 92.661,05 EUR sA und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab.

[9] Das Berufungsgericht gab den dagegen erhobenen Berufungen beider Parteien teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass die Beklagte zur Zahlung von 21.600 EUR sA verpflichtet und das Mehrbegehren abgewiesen wurde. Der Silo unterliege dem Risikoausschluss nach Art 3 F671. Für den Schuppen seien sämtliche Ansprüche von der vorprozessualen Zahlung abgedeckt. Der Kläger habe jedoch zusätzlich Anspruch auf Ersatz der vollen Sanierungskosten des Wirtschaftsgebäudes.

Rechtliche Beurteilung

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, in welcher er im Wesentlichen seinen im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Rechtsstandpunkt wiederholt.

1. Grundsätzliches

[11] 1.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommenen Gefahren einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert (RS0107031).

[12] 1.2. Der Oberste Gerichtshof ist zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516). Dass die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen nicht bereits höchstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben können (RS0121516 [T6]; 7 Ob 204/20f; 7 Ob 191/21w).

[13] 1.3. Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RS0080166 [T10]; RS0080068).

2. Risikoausschluss für bewegliche Sachen in offenen Gebäuden

[14] 2.1. Art 1 F671 definiert zunächst die in der Sturmschadenversicherung versicherten Sachen, wobei auf den Versicherungsschein verwiesen wird. Durch Art 2 erfolgt eine Deckungserweiterung auf zusätzlich mitversicherte Sachen. Art 3 F671 wiederum nimmt einen Risikoausschluss für bestimmt bezeichnete Sachen, unter anderem für bewegliche Sachen in offenen Gebäuden, vor.

[15] 2.2. Die Revision bestreitet nicht, dass der gegenständliche Schuppen ein „offenes Gebäude“ im Sinn der Versicherungsbedingungen und der darin befindliche Silo eine bewegliche Sache ist. Art 3 F671 sei auf den Silo dennoch nicht anzuwenden, weil sich diese Klausel nur auf jene beweglichen Sachen beziehe, die nicht zum – ausdrücklich versicherten – Inventar zählten und sich zudem in bloß mitversicherten Objekten befänden.

[16] 2.3. Nach seinem klaren und eindeutigen Wortlaut erstreckt sich der Risikoausschluss für bewegliche Sachen in offenen Gebäuden gemäß Art 3 F671 nicht nur auf zusätzlich mitversicherte, sondern auf sämtliche vom Versicherungsschutz erfasste Sachen. Die Klausel enthält weder einen Verweis auf Art 2 F671 noch einen inhaltlichen Bezug auf die dort als zusätzlich mitversichert angeführten Sachen. Dass die Klauseln in den Versicherungsbedingungen unmittelbar aufeinanderfolgen, ändert daran nichts. Soweit das Berufungsgericht daher ausführt, der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer werde die Bedingungslage dahin verstehen, dass der Risikoausschluss für bewegliche Sachen im Freien, in offenen Gebäuden und in Rohbauten nicht nur für die nach Art 2 zusätzlich mitversicherten offenen Gebäude gelte, sondern auch für die im Versicherungsschein angeführten Gebäude, ist dies nicht korrekturbedürftig. Ebenso wenig ist die Beurteilung zu beanstanden, Art 3 F671 erfasse auch das Inventar, sieht diese Klausel doch keine diesbezügliche Einschränkung vor und geht der Kläger selbst davon aus, der gegenständliche Silo stelle eine bewegliche Sache dar.

[17] 2.4. Jedem Versicherungsnehmer muss das Wissen zugemutet werden, dass einem Versicherungsvertrag gewisse Begrenzungsnormen zugrunde liegen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat daher grundsätzlich mit Risikoausschlüssen und ‑einschränkungen zu rechnen (7 Ob 169/17d mwN; vgl RS0016777). Sie sind insoweit grundsätzlich weder ungewöhnlich gemäß § 864a ABGB noch iSd § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend (7 Ob 70/21a; 7 Ob 184/21s; 7 Ob 134/22i mwN).

[18] 2.5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Klausel nach Art 3 F671 verstoße weder gegen § 864a ABGB noch gegen § 879 Abs 3 ABGB, ist angesichts der dargestellten Rechtsprechung nicht korrekturbedürftig. Die Klausel findet sich für den Versicherungsnehmer klar erkennbar an der systematisch richtigen Stelle. Bestimmte Objekte vom Versicherungsschutz auszunehmen, die sich im Versicherungsfall in einem bestimmten, das Schadensrisiko erhöhenden Zustand oder Ort befinden, ist für die Sturmschadenversicherung auch nicht objektiv ungewöhnlich oder branchenunüblich (vgl 7 Ob 17/84; 7 Ob 191/21w; zum Risikoausschluss für Gebäude in einem baufälligen Zustand 7 Ob 274/06d). Dem Versicherer steht es grundsätzlich frei, bestimmte Risiken vom Versicherungsschutz auszunehmen (vgl 7 Ob 155/21a mwN). Das Berufungsgericht weist dabei von der Revision unbeanstandet auf einen faktisch geringeren Schutz gegen Sturmeinwirkungen in den von der Klausel genannten Bereichen hin. Insoweit ist auch die Rechtsansicht vertretbar, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer mit einer daran anknüpfenden Einschränkung des Versicherungsschutzes zu rechnen hat und es zu keiner unsachlichen Benachteiligung führt, wenn danach unterschieden wird, ob sich versicherte Sachen an Orten und in Einrichtungen befinden, die in einem wesentlich größeren Ausmaß der Sturmgefahr ausgesetzt sind als feste, umschlossene Gebäude, und damit ein wesentlich größeres Versicherungsrisiko bieten.

[19] 2.6. Die Vorinstanzen bejahten die Anwendung des Risikoausschlusses nach Art 3 F671 auf den zerstörten Silo somit ohne Korrekturbedarf.

3. Kosten der Wiederherstellung

[20] 3.1. Gemäß Art 4.1.1. F637 leistet der Versicherer bei einer – wie hier – Neuwertversicherung bei ständig instand gehaltenen und genutzten Gebäuden die ortsüblichen Kosten der Wiederherstellung am Tag des Schadens. Der Anspruch auf den Neuwertersatz umfasst nach Art 4.1.3. F637 den Ersatz der Kosten der Wiederherstellung bzw der Wiederbeschaffung am Tag des Schadens. Das Berufungsgericht ging davon aus, der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehe unter „Wiederherstellung“ iSd Art 4.1.1. und 4.1.3. F637 die Schaffung eines Zustands des versicherten Gebäudes, der zu jenem vor Eintritt des Versicherungsfalls gleichartig sei, womit im Fall einer bloßen (Sach‑)Beschädigung bzw einer nicht gänzlichen Zerstörung in der Regel mit einer Reparatur das Auslangen zu finden sei. Eine Versicherung zum Neuwert bedeute in diesem Fall lediglich, dass die notwendigen Reparaturkosten vollständig und nicht bloß im Verhältnis zwischen Zeit- und Neuwert des beschädigten Gebäudes ersetzt werden.

[21] 3.2. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig. Die Versicherungsbedingungen enthalten keine weitergehende Differenzierung, wie die Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Gebäudes erfolgt. Das Wort „Wiederherstellung“ wird allgemein aber unabhängig davon gebraucht, ob es sich um den Neubau von Gebäuden oder um Reparaturen daran handelt (7 Ob 375/98t; 7 Ob 65/05t; 7 Ob 85/05h). In Art 4.1.3. F637 werden auch „zerstörte oder beschädigte Gebäude“ angeführt, womit für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar ist, dass die Versicherungsbedingungen eine „Wieder-herstellung“ des Gebäudes nicht nur bei dessen Zerstörung, sondern auch bei bloßen Beschädigungen vorsehen. Damit deckt sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, in diesem Fall umfassten die zu ersetzenden „Kosten der Wiederherstellung“ die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls. Die Revision zeigt hier keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf. Aus welchen Gründen auch bei bloßer Beschädigung unter „Wiederherstellung“ in jedem Fall eine (vollständige) Neuerrichtung des beschädigten Gebäudes zu verstehen sein soll, legt der Kläger nicht nachvollziehbar dar. Auch ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer rechnet schließlich damit, dass die vom Versicherer zu ersetzenden „ortsüblichen Kosten der Wiederherstellung“ eines beschädigten Gebäudes nicht jedenfalls die Kosten der Neuerrichtung, sondern je nach Einzelfall nur die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur als Wiederherstellung abdecken. Die vom Kläger herangezogene Entscheidung 7 Ob 375/98t steht dem nicht entgegen, lagen dieser doch insofern andere Versicherungsbedingungen zugrunde, dass dort als Ersatzwert der Neubauwert bzw Zeitwert des Gebäudes bestimmt wurde, während die hier zu beurteilenden F637 auf die Kosten der Wiederherstellung als Ersatzleistung zum Neuwert abstellen.

[22] 3.3. Soweit der Kläger behauptet, der ursprüngliche Gebäudezustand vor dem Sturmschaden könne durch Sanierungsmaßnahmen nicht wiederhergestellt werden und werde auch durch die konkreten, mit Kosten von netto 18.000 EUR verbundenen Sanierungsarbeiten nicht erreicht, sondern werde damit lediglich die derzeitige Einsturzgefahr beseitigt, weicht er vom festgestellten Sachverhalt ab, wonach die durch den Sturm entstandenen Schäden in mehreren Arbeitsschritten saniert bzw beseitigt werden, die insgesamt 18.000 EUR netto erfordern. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz, weshalb eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen zu unterbleiben hat (vgl RS0042903 [insb T1, T2]).

[23] 3.4. Die in der Revision behandelte Frage nach der strengen Wiederherstellungsklausel und der Sicherung der Wiederherstellung stellt sich in diesem Zusammenhang nicht, weil das Berufungsgericht dem Kläger die als „Kosten der Wiederherstellung“ qualifizierten Sanierungskosten ohnehin in voller Höhe zugesprochen hat. Nach der konkret gewählten Ausgestaltung der Wiederherstellungsklausel erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des die Zeitwertentschädigung übersteigenden Teils der Entschädigung zudem nur insoweit, als dieser Teil zusammen mit der Zeitwertentschädigung den Wiederherstellungsaufwand nicht übersteigt; maßgebend ist demnach der tatsächliche Aufwand der Wiederherstellung (RS0081820; 7 Ob 7/84; 7 Ob 28/92; 7 Ob 230/07k; vgl 7 Ob 54/24b mwN).

[24] 3.5. Mit seinem Einwand, selbst wenn man der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts folgte, bemesse sich der ohne Sicherung der Wiederherstellung fällige Ersatzwert nach dem Zeitwert des Wirtschaftsgebäudes und sei damit zwangsweise höher als die im Berufungsurteil herangezogenen Sanierungskosten, dringt der Kläger schon deswegen nicht durch, weil er eine konkrete Ersatzleistung zum Zeitwert nicht begehrt hat. Darüber hinaus wird dabei übersehen, dass selbst eine in der Revision behauptete Ersatzleistung nach dem Zeitwert des Wirtschaftsgebäudes nicht uneingeschränkt gebühren würde, sondern eine Anrechnung von Restwerten (Art 4.1.4. F637) vorzunehmen wäre.

4. Vorprozessuale Zahlung

[25] 4.1. Der Kläger wendet sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, aufgrund des Inhalts der Widmungserklärung der Beklagten seien mit der vorprozessualen Zahlung sowohl der Ersatz des Zeitwertschadens für den Schuppen als auch die Eigenleistungen des Klägers abgegolten. Wie die Widmungserklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ist dabei nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar und ist nur revisibel, wenn eine krasse Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz vorliegt (vgl 2 Ob 48/16x; 5 Ob 41/19v; RS0042555). Die Revision zeigt keine solche Fehlbeurteilung auf. Ob sich die mit der Zahlung abgegoltenen Versicherungsleistungen auf unterschiedliche Vertragsbestimmungender Sturmschadenversicherung gründen, steht dem vom Berufungsgericht erzielten Auslegungsergebnis ebenso wenig entgegen wie derWortlaut der vorprozessualen Schreiben, welche die in Eigenleistung erbrachten Aufräumarbeiten des Klägers bei den Kosten für den Schuppen nicht ausdrücklich anführen.

[26] 4.2. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft. Sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Beklagte wendete sich in ihrer Berufung gegen den klagsstattgebenden Teil des Ersturteils und dabei auch gegen den erstgerichtlichen Zuspruch eines Ersatzes der Eigenleistungen des Klägers, sodass dem Berufungsgericht eine diesbezügliche Entscheidungsbefugnis zukam.

[27] 4.3. Die Revision steht auf dem Standpunkt, die Beklagte habe durch ihre vorprozessuale Zahlung hinsichtlich des Schuppens auf den Einwand mangelnder Fälligkeit des den Ersatz des Zeitwerts bzw Zeitwertschadens übersteigenden Restanspruchs auf den Neuwert (vgl Art 4.1.3. F637) verzichtet. Bereits das Berufungsgericht hat jedoch auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, wonach sich ein Versicherer, auch wenn er vorprozessual für die Abrechnung der Versicherungsleistung eine günstigere Berechnung zugrunde legte, im Prozess auf die tatsächlich vereinbarten Versicherungsbedingungen berufen kann, und der Versicherungsnehmer nicht darauf vertrauen darf, der Versicherer werde über die bereits gezahlte Versicherungsleistung hinaus auch weiterhin von einer nicht vereinbarten Vertragsgrundlage ausgehen (7 Ob 97/23z; vgl RS0043234). Der Kläger hält dem nichts Stichhaltiges entgegen.

[28] 5. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

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