European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00148.24D.1022.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Gewerblicher Rechtsschutz
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
I. Die Bezeichnung der Antragstellerin wird von * GmbH, *, berichtigt auf * GmbH, *.
II. Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Zu I.
[1] Aus dem Revisionsrekurs und dem offenen Firmenbuch ergibt sich, dass die antragstellende GmbH als übertragende Gesellschaft mit der im Spruch genannten GmbH als übernehmende Gesellschaft im Sinne einer Gesamtrechtsnachfolge verschmolzen wurde, sodass die Parteienbezeichnung entsprechend zu berichtigen war (vgl RS0005758).
Zu II.
[2] 1. Das Rekursgericht bestätigte eine Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts, mit der der Antrag auf Eintragung der Wortbildmarke
für folgende Klassen und Waren mangels Unterscheidungskraft gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG abgewiesen worden war:
21 Kochgeschirr und Tafelgeschirr, ausgenommen Messer, Gabeln und Löffeln; Bürsten und Pinsel [ausgenommen für Malzwecke]; Bürstenmacher-material; Putzzeug; Rohes oder teilweise bearbeitetes Glas [mit Ausnahme von Bauglas]; Glaswaren; Geräte für Haushalt und Küche; Behälter für Haushalt und Küche; Porzellan; Steingutware; Kämme; Schwämme
29 Fleisch; Fisch; Wild; Fleischextrakte; konserviertes Obst; konserviertes Gemüse; tiefgekühltes Obst; tiefgekühltes Gemüse; getrocknetes Obst; getrocknetes Gemüse; Konfitüren; Kompotte; Eier; Milch; Milchprodukte; Speiseöle und ‑fette; gekochtes Gemüse
30 Kaffee; Tee; Kakao; Reis; Sago; Mehle; Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren; Speiseeis; Zucker; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Kaffee‑Ersatz; Kakao‑Ersatz.
Rechtliche Beurteilung
[3] 2. Ob eine Marke Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG besitzt, richtet sich ebenso nach den Umständen des Einzelfalls wie die Abgrenzung zwischen Beschreibung und bloßer Andeutung und verwirklicht – grobe Fehlbeurteilung ausgenommen – keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0121895 [T2, T3]).
[4] (Originär) Unterscheidungskräftig ist eine Marke nach ständiger Rechtsprechung, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (vgl RS0118396, RS0132933).
[5] Beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Angaben dann, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann. Bei bloßen Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit des zu kennzeichnenden Gegenstands liegt hingegen keine beschreibende Angabe vor (vgl RS0066456, RS0090799).
[6] Nach ständiger Rechtsprechung sind die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG zwar gesondert zu prüfen, einer beschreibenden Angabe iSd Z 4 fehlt es aber auch an Unterscheidungskraft iSd Z 3 (vgl RS0132934). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber nicht, dass jeder Marke, die nicht beschreibend ist, bereits Unterscheidungskraft zukäme.
[7] Für die Beurteilung ist auf den Gesamteindruck für die beteiligten Verkehrskreise abzustellen; das sind insbesondere alle Personen, die als Erwerber der Ware in Betracht kommen (vgl RS0079038).
[8] Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr zumeist am prägenden Kennwort orientiert (RS0066779). Schutzunfähige oder schwache Teile tragen im Allgemeinen, wenn überhaupt, nur wenig zum Gesamteindruck des Zeichens bei (RS0066749).
[9] Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt davon ab, ob diese als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware bzw das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben. Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware bzw das Unternehmen zu bezeichnen (RS0066456 [T14, djshop]; vgl auch RS0066644, RS0122385). Die Schutzfähigkeit von neu geschaffenen Wortkombinationen hängt sohin davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und diese als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (vgl RS0109431).
[10] 3. Die Vorinstanzen stellten bei ihrer Beurteilung der Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG maßgeblich auf den Wortbestandteil der angemeldeten Wortbildmarke ab, weil sich weder die Schriftart, noch die Farbwahl oder die sonstige grafische Gestaltung von dem im Geschäftsverkehr Üblichen abhebe. Ebensowenig maßen sie der vorangestellten Buchstabenfolge „GP“ eine besondere kennzeichenrechtliche Relevanz zu, weil sie hier lediglich als Abkürzung für „Gastro Profi“ wahrgenommen werde. Diese Begriffe seien wiederum (auch in abgekürzter Form und Kombination) dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen und würden von den beteiligten Verkehrskreisen, insbesondere auch von Gastronomen, hinsichtlich der konkreten Waren, die allesamt in der Gastronomie zum Einsatz kämen, als Hinweis auf deren Beschaffenheit und Bestimmung wahrgenommen, und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.
[11] Damit bewegt sich diese Entscheidung aber im Rahmen der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze und der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofs (s etwa 4 Ob 153/21k: Eintragung einer Wortbildmarke my flat nur für Software und juristische Dienstleistungen, nicht aber für Dienstleistungen im Immobilien‑ und Bauwesen; 4 Ob 152/19k; „SW Sophienwald“).
[12] Der Revisionsrekurs, der erneut eine Unterscheidungskraft der Wort- und Bildelemente ins Treffen führt und darin für die konkreten Waren nur eine Andeutung sehen will, vermag keine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen aufzuzeigen, die im Einzelfall zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit korrigiert werden müsste.
[13] 4. Auch aus dem Umstand, dass zugunsten der Antragstellerin bereits seit Jahren die Wortmarke „GP Profi“ und eine andere Wortbildmarke „GP Gastro Profi“ eingetragen sind, kann keine Mangelhaftigkeit des rekursgerichtlichen Verfahrens oder eine (noch dazu unvertretbar) unrichtige rechtliche Beurteilung dieses konkreten Einzelfalls abgeleitet werden.
[14] Markeneintragungen haben nach ständiger Rechtsprechung keine präjudizielle Wirkung auf andere Verfahren, ist doch jedes Kennzeichen individuell zu beurteilen (RS0125405 [T4, T5]); dies einerseits bezogen auf das konkrete Zeichen und die betroffenen Waren bzw Dienstleistungen und andererseits den Gesamteindruck für die relevanten Verkehrskreise im jeweils maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt.
[15] 5. Schließlich rügt die Antragstellerin die Abweisung ihrer Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Rekursverhandlung und Einvernahme ihres Geschäftsführers als Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens.
[16] Der Oberste Gerichtshof verwies bereits in seiner Entscheidung 4 Ob 8/22p darauf, dass die Durchführung einer Rekursverhandlung gemäß § 52 Abs 1 AußStrG auch in Markenregisterverfahren allein in das pflichtgemäße Ermessen des Rekursgerichts fällt (vgl RS0120357). Um einen erheblichen Verfahrensverstoß durch Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd § 66 Abs 1 AußStrG wirksam geltend zu machen, muss im Revisionsrekurs zudem die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufgezeigt werden (vgl RS0120213).
[17] Die Antragstellerin bringt dazu vor, dass die maßgeblichen Verkehrskreise ausschließlich aus Gastronomen bestünden, die die Wortbildmarke als individualisierenden Unternehmenshinweis wahrnehmen und ihr zuordnen würden, was sie durch die Einvernahme ihres Geschäftsführers unter Beweis stellen hätte können.
[18] Ungeachtet der Frage, inwieweit sie damit nicht bloß eine Rechtsfrage anspricht (vgl RS0043658) bzw eine infolge Nutzung erworbene Unterscheidungskraft gemäß § 4 Abs 2 MSchG, steht aber keineswegs fest, dass die betroffenen Waren ausschließlich an Gastronomen verkauft werden (sollen). Vielmehr bringt die Antragstellerin nur vor, dass sie „vorwiegend“ im Bereich des Vertriebs von Lebensmitteln und Getränken an Gastronomiebetriebe tätig ist. Selbst wenn man Endverbraucher als Kunden ausnimmt, kommen damit jedoch auch andere Personen als Gastronomen als Erwerber der angemeldeten Waren in Betracht, die von jedem Unternehmer etwa in Betriebsküchen verwendet werden können.
[19] Nach der Rechtsprechung kann aber bereits das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen entscheidend sein und das Registrierungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bewirken, selbst wenn es sich nur um den kleineren Teil handelt (vgl 4 Ob 77/15z – Amarillo). Das Verständnis (allein) der Gastronomen und damit der Beweisantrag war daher schon aus diesem Grund nicht relevant.
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