OGH 14Os72/23d

OGH14Os72/23d28.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Sekljic in der Strafsache gegen * P* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 zweiter Fall, 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten P* und * K* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Juni 2022, GZ 122 Hv 12/20h‑640, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00072.23D.1128.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K* und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu VII/2/1/1/1/ sowie in der Subsumtion der von den Punkten I/1/ und VIII/2/ erfassten Taten nach § 148 zweiter Fall StGB und in den zu diesen Schuldsprüchen gebildeten Subsumtionseinheiten, demgemäß auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen), weiters im Verfallsausspruch und im Adhäsionserkenntnis aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K* im Übrigen, jene des Angeklagten P* zur Gänze werden zurückgewiesen.

Den Angeklagten P* und K* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * P* (zu VII/1/ in Verbindung mit § 12 zweiter Fall und teils § 15 StGB) und * K* (zu I/1/ und VIII/2/ teils in Verbindung mit § 12 dritter Fall und § 15 StGB) jeweils eines Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, § 148 zweiter Fall StGB und jeweils mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung, und zwar P* nach § 223 Abs 1, § 224 StGB (V/1/) und nach § 223 Abs 1 StGB (V/2/), K* nach § 223 Abs 1, § 224 StGB (VI/1/) und nach § 223 Abs 2 StGB (VI/2/ und 3/), P* weiters je eines Verbrechens der Untreue nach §§ 12 zweiter Fall, 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (VII/2/1/) und der betrügerischen Krida nach §§ 12 zweiter Fall, 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB (VII/2/2/) sowie der Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 und 2 StGB (IV/2/ und [iVm § 12 zweiter Fall StGB] VII/2/5/), des Förderungsmissbrauchs nach §§ 12 zweiter Fall, 153b Abs 1, 2 und 3 StGB (VII/2/3/) und der Begünstigung eines Gläubigers nach §§ 12 zweiter Fall, 158 Abs 1, § 161 Abs 1 StGB (VII/2/4/) schuldig erkannt.

[2] Danach haben – soweit hier relevant – in W*

I/1/ K* mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, dass Fördermittel ausschließlich dem Förderzweck entsprechend verwendet worden seien, wobei sie inhaltlich unrichtige (Teil‑)Abrechnungen über die Verwendung der Fördermittel erstellte und für deren Einreichung bei der Ma* (kurz: M*) sorgte, deren Mitarbeiter zu Unterlassungen, nämlich zur Abstandnahme von der (endgültigen) Rückforderung der Fördermittel, verleitet (1/1/1/ und 1/3/) oder zu verleiten versucht (1/1/2/, 1/1/3/ und 1/2/), welche diese Gemeinde in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte oder schädigen sollte, und zwar

1/1/ unter Benützung falscher Urkunden, nämlich Scheinrechnungen

1/1/1/ im Juli 2014 hinsichtlich der 2013 dem Verein Z* gewährten Förderung („Anstoßfinanzierung“) von 60.000 Euro;

1/1/2/ im Februar 2015 hinsichtlich der 2014 diesem Verein gewährten Förderung („Anstoßfinanzierung“) von 168.000 Euro;

1/1/3/ im Jänner 2015 hinsichtlich der 2014 dem Verein F* gewährten Förderung („Anstoßfinanzierung“) von 168.000 Euro;

1/2/ im April 2015 unter Benützung eines falschen Beweismittels, nämlich eines „Schein‑Kostenvoranschlags“, hinsichtlich der 2014 dem Verein Zu* gewährten Förderung („Anstoßfinanzierung“) von 220.000 Euro;

1/3/ am 1. April 2015 hinsichtlich der 2014 dem Verein KI* gewährten Förderung (des laufenden Betriebs) von 1.116.952,80 Euro;

V/ P* jeweils mit auf Gebrauch im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gerichtetem Vorsatz

1/ 2014 und 2015 in 21 Fällen eine echte inländische öffentliche Urkunde zum Beweis der statutarischen Gemeinnützigkeit im angefochtenen Urteil namentlich genannter Vereine verfälscht, indem er eine echte, auf den Verein KI* ausgestellte Gemeinnützigkeitsbestätigung des Finanzamts dadurch änderte, dass er den Namen dieses Vereins elektronisch mit dem Namen eines der 21 anderen Vereine überschrieb;

2/ 2013 eine falsche Urkunde zum Beweis einer Statutenänderung betreffend den Verein F* hergestellt, indem er die Unterschrift seiner Mitarbeiterin * G* auf der entsprechenden Eingabe an das Vereinsregister nachmachte;

VI/ K* falsche oder verfälschte Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem sie der M* folgende Unterlagen vorlegte, nämlich

1/ die zu Punkt V/1/ genannten Gemeinnützigkeitsbestätigungen, mithin verfälschte inländische öffentliche Urkunden, zum Beweis der statutarischen Gemeinnützigkeit dieser Vereine;

2/ 2014 den von ihr unter fremdem Namen, nämlich jenem der G*, unterschriebenen Fördervertrag betreffend den Verein F* zum Beweis einer Vertragsbeziehung desselben mit der Gemeinde W*;

3/ 2015 einen von ihr unter fremdem Namen, nämlich jenen des Mag. A* Ö* und der D* Ö*, unterfertigten Finanzplan samt pädagogischem Konzept, zum Beweis der Übereinstimmung des vom Verein N* geplanten Projekts mit den Vorgaben der M* als Förderstelle;

VII/ P* als faktischer Machthaber der Vereine E*, KI*, F*, Z*, Zu* und ZIE* andere zu strafbaren Handlungen bestimmt, und zwar

1/ gewerbsmäßig und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz K* zu den zu I/1/1/ und I/1/2/ angeführten Handlungen, indem er sie beauftragte, die (Teil‑)Abrechnungen auf Basis und unter Anschluss von Scheinrechnungen und eines „Schein-Kostenvoranschlags“ zu erstellen für deren Einreichung bei der M* zu sorgen;

2/ * S*

2/1/ wissentlich dazu, seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, zu missbrauchen und dadurch folgende Vereine am Vermögen zu schädigen, indem er ihn anwies, Verfügungen über das jeweilige Vereinsvermögen zu treffen, wodurch dieser einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, indem er

2/1/1/ 2014 unter dem angeblichen Verwendungszweck „Miete“, tatsächlich jedoch ohne Rechtsgrund Zahlungen tätigte, nämlich

2/1/1/1/ im ersten Halbjahr 2014 für den Verein E* an P* von 18.552 Euro;

2/1/1/2/ 2014 für den Verein KI*

a/ an den Verein F* von 81.300 Euro;

b/ an P* von 100.000 Euro;

c/ an den Verein Z* von 30.000 Euro;

2/1/1/3/ 2014 für den Verein ZIE* an P* von 12.000 Euro;

2/1/2/ zu Lasten des Vereins KI*

2/1/2/1/ am 29. Oktober 2014 ein Darlehen von 8.000 Euro an den zu diesem Zeitpunkt erkennbar zahlungsunfähigen Verein Zu* gewährte;

2/1/2/2/ von Juli 2014 bis September 2015 Miete in Höhe von insgesamt 14.164,80 Euro für eine von der Familie des P* privat benützte Wohnung bezahlte;

2/1/2/3/ von 2013 bis Anfang 2016 „einen Betrag von saldiert Euro 255.218,79 für außerbetriebliche Zwecke entnahm“;

2/2/ dazu, das Vermögen der Vereine KI* und ZIE*, die Schuldner mehrerer Gläubiger waren, durch Beiseiteschaffen wirklich zu verringern und dadurch die Befriedigung der Vereinsgläubiger oder wenigstens eines von ihnen in einem 300.000 Euro übersteigenden Ausmaß zu vereiteln oder zu schmälern, indem er ihn anwies, die zu VII/2/1/1/2/, VII/2/1/1/3/ und VII/2/1/2/ genannten Zahlungen und Entnahmen zu tätigen;

2/3/ dazu, die den Vereinen KI* (1/), Z* (2/), F* (3/) und Zu* (4/) 2014 gewährten (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) Förderungen missbräuchlich im 5.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 217.643 Euro zu anderen Zwecken als jenen, zu denen sie gewährt wurden, zu verwenden, nämlich zur Finanzierung „anderer Projekte der P*-Vereine“ sowie für „Mietzahlungen“;

2/4/ dazu, Gläubiger der Vereine E* (1/), KI* (2/) und F* (3/) nach Eintritt deren Zahlungsunfähigkeit zu begünstigen und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen zu benachteiligen, indem er ihn anwies, Rückzahlungen diesen Vereinen gewährter (im angefochtenen Urteil näher bezeichneter) Darlehen im zweiten Halbjahr 2014 im Ausmaß von insgesamt 198.300 Euro durchzuführen;

2/5/ dazu, als Obmann des Vereins E* als Dienstgeber Beiträge der Dienstnehmer zur Sozialversicherung einzubehalten und der Wiener Gebietskrankenkasse als berechtigtem Sozialversicherungsträger vorzuenthalten, indem er ihn 2015 anwies, Beiträge von insgesamt 2.574,48 Euro nicht abzuführen;

VIII/2/ K* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und gewerbsmäßig zu strafbaren Handlungen des S*, der Mitarbeiter der M* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, dass 17, im angefochtenen Urteil namentlich genannte Kinder in den dort angeführten Zeiträumen vom Verein KI* betreut worden seien, zu die Gemeinde W* im 5.000 Euro übersteigenden Ausmaß schädigenden Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Förderungen des laufenden Betriebs im Rahmen des Modells „Beitragsfreier Kindergarten“, verleitete, beigetragen, indem sie die wöchentlichen Anwesenheitslisten des Kindergartens wahrheitswidrig um die Namen dieser Kinder ergänzte und diese Listen S* zur Durchführung der monatlichen Abrechnung gegenüber der M* auf Basis dieser Listen übergab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich von den Angeklagten P* aus den Gründen der Z 5, 5a, 8 und 9 lit a sowie K* aus den Gründen der Z 3, 5 und 9 lit a, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, ergriffene Nichtigkeitsbeschwerden.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*:

[4] Zu Punkt V/ des Schuldspruchs wendet die Mängelrüge Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ein, ohne jedoch ein in der Hauptverhandlung vorgekommenes, vom Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung unberücksichtigt gebliebenes (erhebliches) Verfahrensergebnis ins Treffen zu führen (vgl aber RIS‑Justiz RS0118316 [insbesondere T4]). Sofern das Vorbringen als Kritik an der tatrichterlichen Auseinandersetzung mit der als unglaubhaft verworfenen Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe nicht über ausreichende Computerkenntnisse verfügt, um derartige Verfälschungen der Gemeinnützigkeitsbestätigungen durchzuführen (vgl US 133), als offenbar unzureichend (der Sache nach Z 5 vierter Fall) verstanden werden soll, zeigt die Rüge nicht auf, dass diese Erwägungen gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstießen (RIS‑Justiz RS0118317).

[5] Die zu Punkt VII/2/ des Schuldspruchs ausgeführte Tatsachenrüge (Z 5a) unterlässt es, ihre Bedenken an der erstgerichtlichen Annahme, der Beschwerdeführer sei bei allen Vereinen den Mitangeklagten übergeordneter faktischer Machthaber mit „Letztentscheidungsbefugnis“ gewesen (US 16 ff), „aus den Akten“, also durch Bezugnahme auf konkrete Beweismittel, zu entwickeln und entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0117446).

[6] Mit der Berufung auf den strafprozessualen Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO) wird Nichtigkeit im Sinn der Z 5a nicht dargetan (RIS‑Justiz RS0102162).

[7] Aus Z 8 reklamiert der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe ihn zu Punkt VII/1/ auch der Bestimmung von K* zur von Punkt I/1/3/ erfassten strafbaren Handlung schuldig erkannt, obwohl eine solche Bestimmungshandlung nicht von der Anklage umfasst gewesen sei (vgl Punkt VII/1/ der Anklage [ON 490]). Der Einwand stützt sich ausschließlich auf den Umstand, dass das Erstgericht im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) einleitend unreflektiert einen Teil des Anklagetenors zu Punkt I/ (ON 490 S 2) und damit (missverständlich) auch dort enthaltene Klammerverweise übernommen hat. Das Beschwerdevorbringen übergeht jedoch, dass die in Rede stehende Bestimmungshandlung im weiteren, den Beschwerdeführer betreffenden Urteilsspruch keinen Niederschlag findet und in den Entscheidungsgründen ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass eine solche mangels in diese Richtung weisender Beweisergebnisse nicht anklagegegenständlich war (US 71 f; vgl auch US 109 f). Anklageüberschreitung liegt daher nicht vor.

[8] Zu Punkt VII/ des Schuldspruchs moniert die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich einen Feststellungsmangel zur Frage, ob die inkriminierten (Teil-)Abrechnungen „von den betreffenden Vereinsverantwortlichen“ (gemeint offenbar: den nach den jeweiligen Statuten zur Vertretung befugten Organen) bei der M* eingereicht worden seien und diesen – entgegen den tatrichterlichen Annahmen (vgl erneut US 16 ff) – „die Handlungs- und Entscheidungsgewalt tatsächlich“ zugekommen sei. Abgesehen davon, dass die Rüge das Fehlen konkreter Feststellungen nicht deutlich und bestimmt reklamiert, unterlässt sie den gebotenen Hinweis auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien (RIS‑Justiz RS0116735). Im Übrigen legt sie nicht dar, weshalb dies für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Bestimmungstäterschaft (§ 12 zweiter Fall StGB) von Bedeutung sei.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K*:

[9] Soweit die Verfahrensrüge (Z 3) einwendet, entgegen § 271 Abs 1 Z 5 StPO sei nicht protokolliert worden, welche Schriftstücke gemäß § 252 Abs 2a StPO vorgetragen wurden (vgl ON 639 S 25), übersieht sie, dass der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines Protokolls über die Hauptverhandlung, nicht aber mangelhafte Protokollierung erfasst (RIS‑Justiz RS0098665). Ebenso wenig würde ein bloß als Vermutung in den Raum gestelltes Unterbleiben eines solchen Vortrags eine aus Z 3 relevante Umgehung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes darstellen. Der pauschale Hinweis, das Erstgericht habe die „Verurteilung“ der Beschwerdeführerin auf „Aktenbestandteile gestützt“, „die nicht prozessordnungsgemäß verlesen oder vorgetragen wurden oder sonst Eingang in die Hauptverhandlung gefunden haben“, bezeichnet weder eine Feststellung noch ein in deren Zusammenhang zur Begründung herangezogenes Beweismittel und entspricht solcherart nicht den Anforderungen an die Geltendmachung eines – in solchen Konstellationen (aus Z 5 vierter Fall) in Betracht kommenden – Begründungsmangels (vgl dazu RIS‑Justiz RS0130729).

[10] Die Mängelrüge behauptet zunächst Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), weil sich die Tatrichter mit den ihren Feststellungen entgegenstehenden Teilen der Verantwortung der Beschwerdeführerin nicht auseinandergesetzt hätten. Da das Erstgericht dieser jedoch mit mängelfreier Begründung die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat, war es nicht verhalten, auf ihre Aussage einzugehen (RIS‑Justiz RS0098642 [T1]). Im Übrigen wird diese ohnehin mehrfach erörtert (vgl etwa US 46, 55 ff und 107); eine Auseinandersetzung mit ihrem vollständigen Inhalt wäre auch mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht geboten gewesen (RIS‑Justiz RS0106295).

[11] Letzteres gilt auch für die ins Treffen geführten Aussagen der Zeugen * Sa*, Mag. A* Ö* und D* Ö*, die ohnehin berücksichtigt wurden (US 45, 57 und 118 [zu Sa*] sowie 135 [zu Mag. A* Ö* und D* Ö*]).

[12] Die unter dem Aspekt eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) bekämpften, zu Punkt VIII/2/ getroffenen Feststellungen, die Beschwerdeführerin habe es einerseits für möglich gehalten und sich billigend damit abgefunden, dass der Verein KI* durch die Betrugshandlungen unrechtmäßig bereichert werde, und andererseits mit der Absicht gehandelt, sich (selbst) „durch die wiederkehrende Zurverfügungstellung der unrichtigen“ Listen über mehrere Monate ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 117), können nach den Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen nebeneinander bestehen, weshalb der geltend gemachte Mangel nicht vorliegt (RIS‑Justiz RS0117402).

[13] Die Kritik, die zu Punkt VI/1/ getroffenen Feststellungen seien offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), nimmt prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der dazu angestellten Erwägungen Bezug (RIS‑Justiz RS0119370). Die Tatrichter verwiesen insoweit nämlich – von der Rüge übergangen – auch auf die eigene Aussage der Beschwerdeführerin, sie habe um den „langen Bearbeitungszeitraum des Finanzamts“ bei Ausstellung der Gemeinnützigkeitsbestätigungen gewusst, sowie andererseits auf die belastenden Angaben der Zeugin D* Ö* (US 132 f). Dass diese Erwägungen sowie die Begründung der Feststellungen zu Punkt VI/3/ (vgl dazu den Verweis auf die Aussagen der Zeugen Mag. A* Ö* und D* Ö* auf US 45, 135) gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstießen (erneut RIS‑Justiz RS0118317), vermag das weitere Vorbringen, welches bloß eigenständige Schlüsse aus diesen Zeugenaussagen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung zieht, nicht aufzuzeigen.

[14] Aus dem gleichen Grund prozessordnungswidrig präsentiert sich auch der Einwand fehlender Begründung der Feststellungen zum Vorsatz der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Unrichtigkeit der bei der M* eingereichten (Teil‑)Abrechnungen und der dazu vorgelegten Urkunden (Scheinrechnungen, „Schein-Kostenvoranschlag“; Punkt I/1/1/ und I/1/2/ des Schuldspruchs), welche das Erstgericht auf ihre (leitende) Position als „rechte Hand“ des Mitangeklagten P* innerhalb der involvierten Vereine sowie auf die Belastung durch die Zeugin G* stützte (US 44 f, 104 f und 107). Die in diesem Zusammenhang kritisierte Sachverhaltsannahme, die Beschwerdeführerin habe „im Grundsätzlichen“ die Geschäftskorrespondenz dieser Vereine erledigt (US 74), stellt – abgesehen davon, dass sie ohnehin durch die vorstehenden Überlegungen gedeckt ist – keine notwendige Bedingung für die Feststellung entscheidender Tatsachen dar und ist somit einer Anfechtung durch Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0116737). Indem das weitere in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen die tatrichterlichen Erwägungen teils als „logisch nicht nachvollziehbar“ bezeichnet, dabei jedoch bloß eigenständige, für die Beschwerdeführerin günstige Schlüsse aus Verfahrensergebnissen (aus ihrer eigenen und der Aussage der Zeugin G*) zieht, erschöpft sie sich ein weiteres Mal in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.

[15] Dies trifft auch auf die beweiswürdigenden Überlegungen der weiteren Rüge im Zusammenhang mit Punkt VI/2/ des Schuldspruchs zu den die Beschwerdeführerin belastenden Depositionen dieser Zeugin (vgl dazu US 134) sowie zur – unter anderem auf die (schriftlichen) Angaben des Mitangeklagten S* gestützten – Begründung der Feststellungen zur Beteiligung der Beschwerdeführerin an dessen Betrugshandlungen zu (Punkt VIII/2/; US 135 f).

[16] Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit Punkt I/1/1/3/ des Schuldspruchs folgerten die Tatrichter – von der Rüge (Z 5 vierter Fall) erneut ignoriert – aus ihrer „zentralen Stellung im Team P*“ (US 109).

[17] Im Ergebnis zutreffend zeigt hingegen die weitere Mängelrüge zu I/1/ und VIII/2/ des Schuldspruchs offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der zur Gewerbsmäßigkeit (§ 148 zweiter Fall StGB) getroffenen Feststellungen (insbesondere US 39) auf.

[18] Zwar kann eine Ableitung „aus dem äußeren Geschehen“ (US 109 und 119) den Begründungsanforderungen genügen (RIS‑Justiz RS0116882). Dies jedoch nur dann, wenn die Feststellungen zur objektiven Tatseite in einer Weise getroffen wurden, dass sie tatsächlich Rückschlüsse auf die subjektive zulassen. Dies ist hier aus folgenden Gründen nicht der Fall:

[19] Gewerbsmäßigkeit setzt unter anderem voraus, dass jemand in der Absicht handelt, sich (selbst) durch die wiederkehrende Tatbegehung ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Zwar schadet es nicht, wenn dieses Einkommen dem Täter bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise über Dritte oder die Beteiligung an einer unmittelbar bereicherten (Kapital-)Gesellschaft zufließt. Stets muss das angestrebte Einkommen jedoch unmittelbare wirtschaftliche Folge der (wiederholten) Tat sein (zum Ganzen RIS‑Justiz RS0086962 [insbesondere T5 bis T8, T15 und T16], RS0086573; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 70 Rz 6a; vgl Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 14). Zwar hat das Erstgericht Feststellungen zur (bedeutenden) Funktion der Beschwerdeführerin bei der Führung der gegenständlichen Vereine getroffen (US 16 ff). Dass ihr hingegen tatsächlich (unmittelbar) Vermögenswerte aus den inkriminierten Taten zugeflossen wären, sie sich als deren Folge Aufwendungen erspart hätte oder dies auf Grund ihrer Position in den Vereinen zu erwarten gewesen wäre, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Die – ihrerseits eine unmittelbare wirtschaftliche Tatfolge nicht zum Ausdruck bringenden – Urteilsannahmen, die Beschwerdeführerin habe mit der Absicht gehandelt, sich ein fortlaufendes Einkommen durch (nicht näher konkretisierte) „Entnahmen aus den“ (nach dem Tatplan unmittelbar – großteils allerdings durch Verhinderung eines Mittelabflusses – bereicherten) „Vereinen“ (an denen eine wirtschaftliche Beteiligung begrifflich nicht in Frage kommt), sowie (zu I/1/) „auch durch Vermeidung ihrer eigenen persönlichen Haftung“ zu verschaffen (US 39, 43, 108 und 117), bleibt somit ohne Korrelat im äußeren Tatgeschehen und kann auf dieses nicht begründungstauglich gestützt werden.

[20] Die Subsumtion der von den Punkten I/1/ und VIII/2/ des Schuldspruchs erfassten Taten nach § 148 zweiter Fall StGB war daher, ebenso wie die zu diesen Punkten gebildete Subsumtionseinheit, aufzuheben. Eine Antwort auf das weitere darauf bezogene Beschwerdevorbringen erübrigt sich somit.

 

Zu den amtswegigen Maßnahmen:

[21] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass der Schuldspruch zu Punkt VII/2/1/1/1/ einen nicht geltend gemachten Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zum Nachteil des Angeklagten P* aufweist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[22] Untreue setzt in objektiver Hinsicht unter anderem die missbräuchliche Vornahme (oder Unterlassung) eines Rechtsgeschäfts oder einer sonstigen Rechtshandlung voraus (RIS‑Justiz RS0094733, RS0095943; 13 Os 104/22a; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153 Rz 20 und 24; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 153 Rz 50 ff, 54, 134 und 150; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 153 Rz 15). Nach den zu Punkt VII/2/ getroffenen Feststellungen habe P* seinen Mitarbeiter S* (zu VII/2/1/2/3/) zur „Entnahme eines Betrages von saldiert EUR 255.218,79 für außerbetriebliche Zwecke“ sowie (zu den übrigen Punkten) dazu bestimmt, (nicht näher konkretisierte) Zahlungen ohne Rechtsgrund an andere Vereine oder an ihn selbst zu leisten (US 31). Nicht in Erfüllung einer Rechtspflicht geleistete Zahlungen, die nicht durch Kontoüberweisung, sondern in bar (in diesem Sinn ausdrücklich US 62 und 66) erfolgen, stellen aber ebenso wenig die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder einer sonstigen rechtlichen Handlung dar wie die bloße (faktische) Entnahme aus dem Vermögen des Machtgebers („Griff in die Kassa“).

[23] Solcherart ist der Schuldspruch zu VII/2/1/ mit einem Rechtsfehler behaftet, der allerdings nur zu Punkt VII/2/1/1/1/ (aus Z 9 lit a) zum Nachteil des Angeklagten P* wirkt und daher von Amts wegen, ebenso wie die zu VII/2/1/ gebildete Subsumtionseinheit, aufzuheben war.

[24] Hingegen verwirklichte P* durch die übrigen zu VII/2/1/ inkriminierten Taten nach dem Urteilssachverhalt in Idealkonkurrenz das Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 12 zweiter Fall, 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB (Punkt VII/2/2/ des Schuldspruchs), weshalb es sich insoweit um einen (bloßen) Subsumtionsfehler (Z 10) ohne Einfluss auf den Strafrahmen handelt (vgl RIS‑Justiz RS0100259, RS0099767 [T3]; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 22 ff). Im weiteren Verfahren ist das Erstgericht allerdings bei der Strafneubemessung auf Grund dieses Hinweises nicht an die insoweit fehlerhafte Subsumtion gebunden (RIS‑Justiz RS0129614 [T1]).

[25] Gleiches gilt für die Subsumtion nach § 148 zweiter Fall StGB (Punkt VII/1/ des Schuldspruchs), zu der inhaltsgleiche – wie bereits oben ausgeführt als Sachverhaltsgrundlage nicht ausreichende – Feststellungen wie zur Mitangeklagten K* getroffen wurden (US 40 f).

[26] Zum Verfallsausspruch „gemäß § 20 Abs 4 StGB“ (US 12 f) führt das Erstgericht lapidar aus, „die jeweils für verfallen erklärten Beträge finden jedenfalls ihre Deckung in den Feststellungen, sei es auch nur durch die Ersparnis von Ausgaben“ (US 145). Da dem Urteil ein durch oder für die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen resultierender Zufluss von Vermögenswerten an K* überhaupt nicht und an P* nicht in Höhe des vom Verfallsausspruch genannten Betrags zu entnehmen ist, ist der Ausspruch insoweit mit Nichtigkeit nach Z 11 erster Fall behaftet, weil Vermögenswerte nur dem tatsächlichen Empfänger mit Verfall abgenommen werden dürfen (RIS‑Justiz RS0129964).

[27] Der vom aufgezeigten Rechtsfehler betroffene Schuldspruch war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO). Da die beiden Angeklagten in ihren auch gegen den Verfallsausspruch gerichteten Berufungen die diesen belastende Nichtigkeit (Z 11 erster Fall) nicht (deutlich und bestimmt) geltend machen, sah sich der Oberste Gerichtshof (mit Blick auf die unvermeidliche Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht) aus prozessökonomischen Gründen veranlasst, auch diese von Amts wegen wahrzunehmen.

[28] Die Beseitigung der Strafaussprüche (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) war Folge der Aufhebung der Schuldsprüche.

[29] Gleiches gilt für die (nicht näher begründete) Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg (RIS‑Justiz RS0101303).

[30] Darauf waren die Angeklagten P* und K* mit ihren Berufungen zu verweisen.

[31] Davon abgesehen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P* zur Gänze, jene der Angeklagten K* im nicht berechtigten Teil bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[32] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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