European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00149.22T.0221.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.
2. Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Qualifikation der beim Kläger aufgetretenen COVID‑19‑Erkrankung als Berufskrankheit gemäß § 177 Abs 1 ASVG iVm Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG.
[2] Der Kläger bietet Nachhilfeunterricht überwiegend für Jugendliche sowie für Erwachsene an; er koordiniert Lehrpersonen und hält selbst Unterricht. Der im Vorhinein vereinbarte Unterricht wird üblicherweise Montag bis Freitag von 12:15 bis 20:00 Uhr und samstags von 8:00 bis 12:00 Uhr in zweistündigen Einheiten mit bis zu fünf Schülerinnen und Schülern abgehalten. Im März 2020 waren zwischen 50 und 80 aktive Schülerinnen und Schüler in der Datenbank des Unternehmens erfasst. Der Kläger unterrichtete „vor Corona“ höchstens 10 bis 16 Schülerinnen und Schüler pro Tag. Das Unternehmen des Klägers befindet sich in den Kellerräumen seines Wohnhauses und hat einen separaten Eingang. Es gibt einen Eingangsbereich, zwei Unterrichtsräume und eine Küche. Aufgrund der Raumgröße des (einen) Unterrichtsraums von etwa 20 m² wurden höchstens drei Schülerinnen und Schüler gleichzeitig unterrichtet, bei einer größeren Schülerzahl wurden beide Unterrichtsräume parallel genutzt. Der vorgeschriebene Mindestabstand wurde eingehalten, alle 20 Minuten wurde gelüftet. Es wurden Einmal‑Masken verwendet. Plexiglaswände waren nicht vorhanden.
[3] Der Kläger unterrichtete am Mittwoch, den 4. 11. 2020 eine Gruppe von drei Schülerinnen sowie in der gleichen Woche eine andere Gruppe mit vier bis fünf Schülerinnen und Schülern. Er wurde am 10. November 2020 positiv auf eine Corona‑Infektion getestet.
[4] Mit Bescheid vom 19. 7. 2021 sprach die Beklagte aus, die Gesundheitsstörung sei nicht Folge einer Berufskrankheit.
[5] In seiner dagegen erhobenen Klage bringt der Kläger vor, er habe sich beim Unterricht am 4. 11. 2020, bei dem eine seiner Schülerinnen bereits Symptome einer COVID-19-Erkrankung gehabt habe und nach dem bei den Familienmitgliedern dieser sowie einer zweiten Schülerin Corona‑Infektionen nachgewiesen worden seien, angesteckt. Er leide an im Einzelnen bezeichneten Langzeitfolgen dieser Erkrankung (Long COVID). Sein Lernhilfeunternehmen sei als Schule iSv Nr 38 Anlage 1 zum ASVG zu qualifizieren; jedenfalls bestehe aufgrund des Zusammenströmens von Schülerinnen und Schülern ein vergleichbares Ansteckungsrisiko.
[6] Die Beklagte beantragte die Klageabweisung, weil die Gesundheitsstörung nicht Folge einer Berufskrankheit sei und weil die in Nr 38 Anlage 1 zum ASVG beschriebenen Voraussetzungen nicht zuträfen.
[7] Das Erstgericht wies die Klage ab.
[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es entschied in einem mit zwei fachkundigen Laienrichtern aus dem Kreis der Arbeitgeber zusammengesetzten Berufungssenat und führte aus, ungeachtet der neueren Rechtsprechung zur Senatsbesetzung in Streitigkeiten von GSVG‑Versicherten nach dem KBGG und dem BPGG sei in Verfahren über Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung in imparitätischer Senatsbesetzung zu entscheiden. In der Sache erörterte es, die Annahme einer Berufskrankheit nach Nr 38 Anlage 1 zum ASVG komme nur in Betracht, wenn die bei der Tätigkeit bestehende Ansteckungsgefahr gegenüber der im Allgemeinen vorhandenen Ansteckungsgefahr signifikant erhöht sei. Es lägen aber keine Anhaltspunkte für eine signifikant erhöhte Ansteckungsgefahr im konkreten Tätigkeitsbereich des Klägers während der Woche vor seiner Erkrankung vor. Aus einem Vergleich mit der Infektionsgefahr in Schulen sei nichts zu gewinnen, weil die durchschnittliche Klassengröße etwa 20 Schülerinnen und Schüler betrage; selbst nach einer Hälfte‑Teilung aufgrund von COVID‑Schutzmaßnahmen würden in einer Gruppe doppelt so viele Schüler unterrichtet wie vom Kläger. Der Raumgröße komme aufgrund des regelmäßigen Lüftens keine wesentliche Bedeutung zu. Das Unternehmen des Klägers zähle nicht zu den von Nr 38 Anlage 1 zum ASVG erfassten Unternehmen.
[9] Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Kriterien einer vergleichbaren Gefährdung iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG fehle. Darüber hinaus bedürfe es einer Klarstellung der Senatsbesetzung in Angelegenheiten der Unfallversicherung gewerblich selbständiger Personen.
[10] Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Abänderung und Klagestattgebung anstrebt; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
[11] Der Kläger rügt die Besetzung des Berufungssenats mit zwei Laienrichtern aus dem Kreis der Arbeitgeber als Nichtigkeit des Berufungsverfahrens gemäß § 477 Abs 1 Z 2 ZPO, weil die paritätische Besetzung geboten sei. Das Berufungsverfahren leide darüber hinaus an Verfahrensmängeln und Aktenwidrigkeit, weil das Berufungsgericht zur räumlichen Ausstattung seines Unternehmens, zur Klassengröße und zu den Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung Tatsachen ohne Beweisaufnahme festgestellt bzw offenkundige Tatsachen nicht erörtert habe. Rechtlich hätte das Berufungsgericht das Unternehmen des Klägers als ein „Unternehmen, in [dem] eine vergleichbare Gefährdung besteht“ beurteilen müssen.
[12] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision des Klägers ist aus den von ihm angeführten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
A. Zur geltend gemachten Nichtigkeit
[14] 1.1. Gemäß § 12 Abs 1 zweiter Halbsatz ASGG haben die fachkundigen Laienrichter vorbehaltlich des § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG je zur Hälfte dem Kreis der Arbeitgeber und dem Kreis der Arbeitnehmer anzugehören. In Sozialrechtssachen ist daher im Regelfall in paritätischer Besetzung zu verhandeln und zu entscheiden (Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 12 ASGG [2018] Rz 2). Davon ausgenommen sind nach § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG Streitsachen nach dem GSVG, dem BSVG, dem FSVG, dem Betriebshilfegesetz, und – wenn der Kläger ein Notar ist – nach dem NVG, in denen alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber anzugehören haben.
[15] 1.2. Das GSVG regelt zwar nur die Kranken‑ und die Pensionsversicherung der in seinen Anwendungsbereich fallenden Personen (§ 1 GSVG), wogegen die Bestimmungen über die Unfallversicherung dieses Personenkreises im ASVG enthalten sind. Nach der – seit der Entscheidung 9 ObS 25/87 SSV‑NF 1/51 ständigen – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fallen unter den Begriff der „Streitsachen nach dem GSVG“ dennoch auch die Angelegenheiten der Unfallversicherung der gewerblich selbständig tätigen Personen, sodass in diesen Rechtsstreitigkeiten die Senate mit zwei fachkundigen Laienrichtern aus dem Kreis der Arbeitgeber zusammenzusetzen sind (RIS‑Justiz RS0085526; 10 ObS 7/18d; 10 ObS 94/20a SSV‑NF 34/64, DRdA 2021/31, 313 [Müller], DRdA‑infas 2021/65, 106 [Burger]). Die in der Entscheidung 9 ObS 25/87 ausgeführten Erwägungen treffen nach wie vor zu:
[16] 1.3. In der Entscheidung 9 ObS 25/87 wurde – als Grund der Anordnung einer imparitätischen Senatszusammensetzung – herausgearbeitet, dass dieparitätische Zusammensetzung ein Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer (Versicherter) und Arbeitgeber verhindern soll, was aber in den Ausnahmefällen des § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG (also auch in den Streitsachen der nach dem GSVG versicherten Personen) wegen der auf die Arbeitgeberseite beschränkten „Parteistellung“ des Versicherten nicht zum Tragen kommt. Ebenso wurde klargestellt, dass diese Erwägungen nicht nur auf die Kranken‑ und die Pensionsversicherung, sondern auch auf die Unfallversicherung gewerblich selbständiger Personen zutreffen. Insofern, als der Gesetzgeber die Unfallversicherung gewerblich selbständiger Personen, obwohl sie nach ihrem persönlichen Bezug ins GSVG gehört, im ASVG vorgenommen hat, ist demnach von einer unausgesprochenen (stillen) Verweisung des GSVG auf das ASVG, vergleichbar der ausdrücklichen Verweisung des § 148 BSVG in der Fassung vor BGBl I 1998/140, auszugehen (vgl 9 ObS 25/87).
[17] 1.4. In jüngerer Zeit sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass in Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche nach dem KBGG (10 ObS 86/18x) und nach dem BPGG (10 ObS 80/22w) die Senate nach der allgemeinen Regel des § 12 Abs 1 ASGG zu bilden sind. Dies wurde damit begründet, dass sich die Berechtigung derartiger Ansprüche ausschließlich aus den Bestimmungen des KBGG bzw des BPGG ergibt. Eine „stille“ Verweisung des GSVG auf das KBGG oder das BPGG liegt bei diesen Ansprüchen hingegen nicht vor.
[18] Diese Rechtsprechung ändert aber nichts an den dargestellten, zur Unfallversicherung gewerblich selbständiger Personen angestellten Erwägungen. Die Auslegung des § 12 Abs 3 ASGG, wonach unter „Streitsachen nach dem GSVG“ auch Angelegenheiten der Unfallversicherung gewerblich selbständig tätiger Personen zu verstehen sind, wird daher aufrecht erhalten.
B. Zum Vorliegen einer Berufskrankheit
[19] 2.1. Als Berufskrankheiten gelten gemäß § 177 Abs 1 ASVG die in der Anlage zum ASVG (Anlage 1) bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem in Spalte 3 der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sind.
[20] Es wird also nicht jede Krankheit als Berufskrankheit anerkannt, die als Folge arbeitsbedingter Einwirkungen auftreten kann, sondern es ist im Einzelnen festgelegt, welche Krankheiten unter welchen Voraussetzungen als Berufskrankheiten gelten (Tomandl in Tomandl/Felten, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [37. Lfg 2021] Pkt 2.3.2, [273]).
[21] Die Bezeichnung einer bestimmten Krankheit als Berufskrankheit bedeutet, dass sie rechtlich generell geeignet ist, eine Berufskrankheit zu sein. Sie stellt jedoch im Hinblick auf die Beweislast noch keine Kausalitätsvermutung auf. Der haftungsbegründende Zusammenhang muss vielmehr vom Versicherten zusätzlich bewiesen werden (RS0084375; vgl zum Kausalitätsbeweis im Zusammenhang mit einer Corona‑Infektion: 10 ObS 132/22t).
[22] 2.2. Relevant ist im vorliegenden Fall einer Corona‑Infektion Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG „Infektionskrankheiten“.
[23] Nr 38 der Anlage 1 zählt (in seiner Spalte 3) folgende Unternehmen auf: Krankenhäuser, Heil‑ und Pflegeanstalten, Entbindungsheime und sonstige Anstalten, die Personen zur Kur und Pflege aufnehmen, öffentliche Apotheken, ferner Einrichtungen und Beschäftigungen in der öffentlichen und privaten Fürsorge, in Schulen, Kindergärten und Säuglingskrippen und im Gesundheitsdienst sowie in Laboratorien für wissenschaftliche und medizinische Untersuchungen und Versuche sowie in Justizanstalten und Hafträumen der Verwaltungsbehörden bzw in Unternehmen, in denen eine vergleichbare Gefährdung besteht.
[24] 2.3. Der Sinn der Nr 38 besteht darin, Personen einen Schutz zu bieten, die aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in besonderer Ansteckungsgefahr schweben (Tomandl in Tomandl/Felten, [37. Lfg 2021] Pkt 2.3.2. [275]). Gesetzgeberisch erfolgte dies dadurch, dass auf besondere Unternehmen abgestellt wird, in denen die dort Beschäftigten in einem besonderen Ausmaß der Gefahr von Ansteckungen ausgesetzt sind (vgl 10 ObS 175/88; 10 ObS 159/88 SSV‑NF 2/88; RS0085380, je zur damals geltenden Fassung der Nr 38).
[25] 2.4. Die zur Berufskrankheit Nr 38 aufgezählten Unternehmen wurden mehrfach erweitert.
[26] Schulen wurden mit BGBl 1969/17 in die Liste der erfassten Unternehmen aufgenommen: Mit dieser Novelle wurde Nr 38 um Infektionskrankheiten an Schulen, Kindergärten und Säuglingskrippen sowie Justizanstalten erweitert. Die Ergänzung wurde damit begründet, dass auch die in diesen Einrichtungen beschäftigten Personen einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt seien. Konkret sei für das Personal von Kindergärten und Säuglingskrippen die Gefahr der Ansteckung mit Kinderkrankheiten, aber auch mit Tuberkulose und Darminfektionen besonders groß; ähnliche Überlegungen gälten für Lehrpersonen und Bedienstete in Justizanstalten (ErläutRV 1059 BlgNR 11. GP 29).
[27] Mit BGBl I 1998/138 wurde eine Generalklausel angefügt: Erfasst sind demnach auch Infektionskrankheiten in „Unternehmen, in denen eine vergleichbare Gefährdung besteht“. Die Erweiterung erfolgte als Reaktion darauf, dass der bestehende Unternehmensbegriff als zu eng erkannt wurde, weil Infektionskrankheiten auch in Unternehmen aufträten, die nicht in der Liste angeführt seien, in denen aber eine vergleichbare Gefährdung bestehe. Beispielhaft genannt werden in den Materialien der „gesamte Bereich der Müllentsorgung“ oder Labore, in denen nicht (wie in der Auflistung der Nr 38 gefordert) wissenschaftliche oder medizinische Untersuchungen durchgeführt werden. Es sei nicht zweckmäßig, die Liste um weitere namentlich angeführte Unternehmen zu erweitern, da das Risiko bestünde, dass der Unternehmensbegriff erneut zu eng sei. Vielmehr sollten alle anderen potentiell in Frage kommenden Unternehmen durch eine Generalklausel erfasst werden (ErläutRV 1234 BlgNR 20. GP 35 f).
[28] 2.5. In der älteren, noch vor Aufnahme der Generalklausel in Nr 38 der Anlage 1 ergangenen Rechtsprechung wurde mehrfach ausgeführt, bei den erfassten Unternehmen handle es sich um solche, die nach durchschnittlicher Betrachtung und im Regelfall ein erhöhtes Ansteckungsrisiko mit sich bringen. So wurde zu einem Zollwachebeamten, der eine Hepatitis B-Infektion erlitt (10 ObS 159/88 SSV‑NF 2/88), sowie zu einem mit Tuberkulose infizierten Sicherheitswachebeamten (10 ObS 175/88) ausgeführt, Angehörige dieser Berufsgruppen hätten es im Regelfall mit gesunden Personen zu tun; der Kontakt mit allenfalls Infizierten beschränke sich auf eine kurz eingegrenzte Zeit. Einem solchen Risiko seien aber alle Erwerbstätigen ausgesetzt, die in intensivem, ständigem Kontakt mit anderen Menschen stehen.
[29] 2.6. Ausgehend von diesen Urteilen wurde in der Entscheidung 10 ObS 74/16d SSV‑NF 30/47 zur Berufskrankheit Nr 46 (durch Zeckenbiss übertragbare Krankheiten, beschränkt auf „Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft sowie auf Tätigkeiten in Unternehmen, bei denen eine ähnliche Gefährdung besteht“) bei der Prüfung der Generalklausel der Nr 46 darauf abgestellt, dass die gegenüber einem Infektionsrisiko im privaten Bereich besonders erhöhte Gefahr eines Zeckenbisses von in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen auf dem besonderen zeitlichen Ausmaß der Tätigkeit im Freiland beruht. Dieses Gefahrenelement des besonderen Ausmaßes der Tätigkeit im Freien sah der Oberste Gerichtshof bei einem Hubschrauberpiloten, der etwa 33 Stunden pro Monat Personen im Freiland zu bergen hatte, nicht als erfüllt an.
[30] 2.7. Müller weist darauf hin, dass allen drei Entscheidungen ein quantitativer Ansatz zugrunde liegt, der die Expositionsdauer in den Mittelpunkt stellt (vgl Müller in Müller/Mosler/Pfeil, SV‑Komm [273. Lfg 2020] § 177 Rz 19).
[31] 2.8. Tomandl hebt zum besonderen Schutz von Schulen und Justizanstalten hervor, dass es dabei – da keine Altersbeschränkung im Hinblick auf Kinderkrankheiten angeordnet sei und es auch Schulen für Erwachsene gebe – in Wahrheit um „das ständige Zusammentreffen mit einer großen Anzahl anderer Menschen, die möglicherweise ansteckende Krankheiten haben“ gehe. Dann müssten aus Gleichheitsgründen auch andere Typen von Unternehmen, in denen ähnliche Verhältnisse vorliegen, ebenfalls erfasst sein, wie etwa Einrichtungen zur sportlichen Betreuung von Kindern oder „Betreuungsstellen“. Der Schutz könne aber nicht auf Personengruppen ausgedehnt werden, die bei ihrer Tätigkeit einem bedeutend geringeren Risiko als die geschützte Personengruppe ausgesetzt seien (Tomandl in Tomandl/Felten, [37. Lfg 2021] Pkt 2.3.2. [275]; Gebhardt/Perktold, Covid‑19: Berufskrankheit und Arbeitsunfall, SozSi 2022, 60 [61 f]).
[32] Nach Tomandl ist darüber hinaus – ungeachtet der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu den in der Aufzählung der Nr 38 enthaltenen geschützten Unternehmen, wohl auch im Fall eines Unternehmens mit „vergleichbarer Gefährdung“ – eine einschränkende Auslegung vorzunehmen, die auf die konkrete Tätigkeit des Versicherten abstellt: So sollen etwa Infektionskrankheiten des Verwaltungspersonals von Krankenanstalten, Schulen und dergleichen, das mit den Patienten oder den Kindern nicht in Kontakt kommt, keine Berufskrankheiten iSd Nr 38 sein. Sei eine Person aber der besonderen Ansteckungsgefahr tatsächlich ausgesetzt gewesen, wie etwa ein externer Handwerker, der in einer Krankenanstalt tätig werde, dürfe es nicht auf die Dauer der Exposition ankommen (Tomandl in Tomandl/Felten, [37. Lfg] Pkt 2.3.2. [275]).
[33] 2.9. Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt liegt der von Tomandl angesprochene Fall, dass ein Versicherter in einem von der Aufzählung der Nr 38 Anlage 1 zum ASVG erfassten Unternehmen konkret keiner erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, nicht vor. Zu beurteilen ist hier vielmehr, ob es sich beim Unternehmen des Klägers um ein solches handelt, in dem eine „vergleichbare Gefährdung besteht“. Dass der Kläger der mit seiner Unternehmensorganisation einhergehenden Infektionsgefahr (die entweder als „vergleichbar“ oder nicht iSd Nr 38 zu qualifizieren ist) auch tatsächlich ausgesetzt war, ist hingegen nicht zweifelhaft.
[34] 2.10. Vertreten wird, dass es sich bei „der vergleichbaren Gefährdung“ (Bischofreiter, Unfall-versicherungsschutz bei Covid-19, DRdA‑infas 2022, 416) bzw bei der Frage, ob „bei einer Tätigkeit in einem nicht explizit genannten Unternehmen eine vergleichbare Gefährdung vorliegt“ (Panhölzl/Bischofreiter in Jahrbuch Sozialversicherungsrecht 2022, 117 [120]), um eine durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu klärende Frage handle (vgl Schneider, Methodik der Beurteilung von Berufskrankheiten an den Beispielen BK Nr. 25 und 38, DAG 2021, 135 [138]).
[35] Bei der Subsumtion unter die Generalklausel der Nr 38 Anlage 1 zum ASVG handelt es sich allerdings stets um einen Akt der rechtlichen Beurteilung. Dabei kommt es darauf an, die vom Gesetzgeber als wesentlich erachteten typischen Gefahren, die der Aufnahme bestimmter Unternehmen in die Liste der Nr 38 zugrunde liegen, zu identifizieren und in wertender Betrachtung dem konkret zu beurteilenden Unternehmenstyp gegenüber zu stellen.
[36] 3.1. Die Generalklausel der Nr 38 unterscheidet sich von der deutschen Regelung betreffend Infektionskrankheiten als Berufskrankheiten, die sich wie folgt darstellt:
[37] 3.2. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 des deutschen siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleidet. Die (deutsche) Berufskrankheiten‑Verordnung (BKV) ist insofern der Anlage 1 zum ASVG vergleichbar. Der Nr 38 Anlage 1 zum ASVG entspricht die Berufskrankheit 3101 (BK 3101). Diese ist wie folgt definiert: „Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.“
[38] 3.3. Auch die BK 3101 zielt darauf ab, Krankheiten von Personen zu erfassen, die infolge der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit in bestimmten Bereichen einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind (Koch in Lauterbach, Unfallversicherung4 [33. Lfg April 2007] § 9 SGB VII, Anh IV, 3101 erg Erl 372/25).
[39] 3.4. An der Enumeration fällt im Vergleich zur (österreichischen) Nr 38 Anlage 1 zum ASVG die wesentlich geringere Anzahl der genannten Unternehmenstypen auf. Die gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöhte Infektionsgefahr wird im Wesentlichen in medizinischen sowie „wohlfahrtspflegerischen“ Einrichtungen und in Laboratorien gesehen; als ähnliche Risiken nennt die Literatur Tätigkeiten in der Gentechnik, Biotechnologie, in Abwasser‑ und Kläranlagen (Koch in Lauterbach, Unfallversicherung4 [33. Lfg April 2007] § 9 SGB VII, Anh IV, 3101 erg Erl 372/25).
[40] 3.5. Für die Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit Nr 3101 im Einzelfall sind folgende Prüfungsschritte erforderlich: (1.) Der Versicherte muss zu einem im Tatbestand generalisierend bezeichneten Personenkreis gehören, der abstrakt‑generell bei seiner Berufstätigkeit einer besonderen, im Vergleich zur übrigen Bevölkerung erheblich erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist; (2.) die abstrakte Gefahrenlage (erheblich erhöhte Infektionsgefahr) muss unter den Bedingungen der konkret‑individuellen Tätigkeit des Versicherten nach dem „Grad der Durchseuchung des versicherten Tätigkeitsbereichs“ und der „Übertragungsgefährlichkeit der im Gefahrenbereich ausgeübten Verrichtung“ zu einer besonders erhöhten individuellen Infektionsgefahr geführt haben, wofür der Vollbeweis zu erbringen ist. Dann kann prima facie von einem typischen Geschehensablauf dahin ausgegangen werden, dass die Infektion während und durch die Gefahrenlage erfolgte, es sei denn, der unterstellte haftungsbegründende Ursachenzusammenhang kann ausgeschlossen werden (Dietmair in Lauterbach, Unfallversicherung4 [56. Lfg Jänner 2015] § 9 SGB VII, Anh IV, 3101 erg Erl 378/6, dies unter Verweis auf BSG B 2 U 7/08 R; vgl Becker, COVID‑19 als Berufskrankheit und Arbeitsunfall, SGb 2022, 705 [708]).
[41] 3.6. Bei der Tatbestandsvariante der vergleichbaren Infektionsgefahr („wenn der Versicherte … durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“) wird die Gefahrenlage nicht auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich begrenzt, sondern sie wird unbestimmt generalisierend beschrieben (Dietmair in Lauterbach, Unfallversicherung4 [56. Lfg Jänner 2015] § 9 SGB VII, Anh IV, 3101 erg Erl 378/8). Es kommt darauf an, ob der Versicherte in anderen als den angeführten Unternehmen aufgrund seiner spezifischen Tätigkeit dauernd oder vorübergehend erhebliche Zeit in vergleichbarer Weise einer Infektionsgefahr ausgesetzt ist, das heißt, mehr als gewöhnlich mit Kranken oder Krankheitserregern in Berührung kommt (Ricke in Kasseler Kommentar SGB VII [EL 116, September 2021] § 9 Rz 50).
[42] Erforderlich ist die vergleichende Prüfung, ob die im Rahmen der versicherten Tätigkeit verrichteten Arbeiten – nicht hingegen das Berufsbild als solches – nach Art der Tätigkeit und der Beschaffenheit des Tätigkeitsumfelds eine abstrakt-generelle Gefahrenlage bedingen, die derjenigen der drei anderen Regelungsalternativen der BK 3101 entspricht. Zusätzlich kommt es darauf an, dass der Versicherte infolge seiner konkret ausgeübten Tätigkeit einer individuell besonders erhöhten Gefahr ausgesetzt war; es muss sich also die abstrakt-generelle Gefahr im Tätigkeitsbereich aufgrund der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen auch tatsächlich realisiert haben (Dietmair in Lauterbach, Unfallversicherung4 [56. Lfg Jänner 2015] § 9 SGB VII, Anh IV, 3101 erg Erl 378/8).
[43] 3.7. So verlangte das (deutsche) Bundessozialgericht, bei einer Hepatitis‑C‑Infektion eines Müllentsorgers – im Rahmen der Anwendung der Generalklausel – nicht auf die Berufsgruppe der Müllentsorger abzustellen, sondern Feststellungen über die konkret verrichteten Arbeiten (der Kläger hatte vorgebracht, in den Hamburger Stadtteilen St. Pauli und St. Georg eingesetzt zu sein und sich beim Zusammenpressen von Müllbeuteln mehrfach an Kanülen verletzt zu haben) zu treffen (BSG B 2 U 33/07 R Rz 14). Soweit unter Berücksichtigung der Art der versicherten Tätigkeit und der Beschaffenheit des Tätigkeitsumfelds eine generelle Gefährdung nicht denkbar sei, scheide die Berufskrankheit 3101 schon deshalb aus (Rz 16).
[44] 3.8. Bezogen auf COVID‑19‑Erkrankungen wird wegen der Übertragung durch Aerosole und Tröpfchen vertreten, dass das Zusammenkommen von vielen Personen in einem Raum als Gefahrenlage gesehen werden könne, wofür beispielhaft Schüler oder Kinder im Kindergarten samt Lehrern und Erziehern genannt werden; ebenso sei aufgrund der Arbeitsbedingungen etwa an die Fleischindustrie, an Busfahrer, Kassierer an Supermarktkassen, Sicherheitsdienst-Mitarbeiter an Flughäfen und an „gesichtsnahe“ Tätigkeiten wie Friseure, Kosmetiker und Optiker zu denken (Becker, SGb 2022, 705 [708]; vgl hingegen den Verweis auf die Verlautbarung des Spitzenverbands Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. bei Molkentin, SARS‑CoV‑2‑Infektion: gesetzlich versicherte Betriebsgefahr statt unversicherter Allgemeingefahr, SGb 2022, 335 [336], wonach lediglich bei „gesichtnahen“ Tätigkeiten oder Tätigkeiten mit bestimmungsgemäßem Körperkontakt, wie im Friseurhandwerk oder bei kosmetischen Behandlungen eine vergleichbare Infektionsgefahr anzunehmen sei, vgl https://dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/corona_arbeitsunfall/index.jsp ).
[45] 4.1. Aus der Gegenüberstellung der deutschen und der österreichischen Rechtslage kann Folgendes gewonnen werden:
[46] Die Generalklausel der Nr 38 Anlage 1 zum ASVG unterscheidet sich von der in der deutschen Berufskrankheiten‑Verordnung (BKV) enthaltenen Generalklausel dadurch, dass die österreichische Regelung auf Unternehmen abstellt, in denen eine vergleichbare Gefährdung besteht, wohingegen die Generalklausel der BKV auf Tätigkeiten abstellt. Der Umstand, dass Nr 38 Anlage 1 zum ASVG auf Unternehmen mit vergleichbarem Risiko, aber nicht auf Tätigkeiten abstellt, macht es erforderlich, unabhängig von der konkreten Tätigkeit des Versicherten die Gefährdung im Unternehmen zu betrachten (dies nicht differenzierend Gerstl-Fladerer in Wolf/Schneider/Gerstl‑Fladerer, Berufskrankheiten [2012] 438 f).
[47] 4.2. Im Hinblick auf die rechtlich definierten Infektions-Risikobereiche umfasst die österreichische Regelung ausdrücklich einen weiter gezogenen Risikobereich als die deutsche „Parallel“‑Regelung, indem (unter anderem) auch Schulen in der Liste der geschützten Unternehmen angeführt sind. Dabei ist davon auszugehen, dass das besondere Infektionsrisiko an Schulen aus dem Zusammenkommen einer Vielzahl von Personen an einem Ort mit einem länger dauernden Aufenthalt in Innenräumen zum Zweck des Unterrichts resultiert.
[48] 4.3. In einem privaten Nachhilfeinstitut wie dem vom Kläger betriebenen treten die gleichen Risikofaktoren für die Übertragung von Infektionskrankheiten auf, allerdings in geringerer quantitativer Ausprägung bzw Intensität.
[49] Schulklassen bestehen typischerweise aus einer größeren Schülerzahl als die vom Kläger unterrichteten Gruppen von bis zu fünf Schülerinnen und Schülern, sodass Lehrerinnen und Lehrer, die die gleiche Stundenzahl wie der Kläger unterrichten, insgesamt mit einer größeren Zahl von Schülerinnen und Schülern zusammentreffen.
[50] Soweit der Revisionswerber rügt, dass das Berufungsgericht ohne Erörterung mit den Parteien von einer üblichen Klassengröße an Schulen von rund 20 Schülerinnen und Schülern ausgegangen ist, wird keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aufgezeigt. In der Revision wird nämlich nicht dargetan, welches konkrete Vorbringen zur Klassengröße an Schulen der Kläger im Fall einer Erörterung erstattet hätte, sodass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ersichtlich ist (vgl RS0120056 [T2, T7, T8]; RS0037095 [T4, T5, T14]).
[51] 4.4. Der maßgebliche Unterschied in der abstrakten Exponiertheit eines Lehrers bzw einer Lehrerin an einer Schule gegenüber Infektionskrankheiten im Vergleich zu der abstrakt mit der Tätigkeit als Unterrichtender an einem Nachhilfeinstitut wie jenem des Klägers verbundenen Risikosituation besteht in der Zahl der insgesamt im Gebäude und in den jeweiligen Unterrichtsräumen zusammenkommenden Personen. Aus diesem Unterschied ergibt sich eine geringere generell‑abstrakte Gefährdung eines Versicherten, der in einem privaten Lerninstitut wie jenem des Klägers tätig ist, gegenüber der Tätigkeit von Versicherten an einer Schule.
[52] Es fehlt daher im vorliegenden Fall an einem „Unternehmen, in [dem] eine vergleichbare Gefährdung besteht“ iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG, sodass die Qualifikation der COVID-19-Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit schon aus diesem Grund ausscheidet. Auf die konkrete Infektionsgefahr durch die Anwesenheit von mit COVID-19 infizierten Schülerinnen in einer der vom Kläger unterrichteten Gruppen kommt es daher nicht an.
[53] 4.5. Das Berufungsgericht nahm auf die COVID‑19‑Schulverordnung 2020/21 (BGBl II 2020/384) Bezug und stellte eine hypothetische Hälfte‑Teilung von Klassen der Unterrichtsorganisation im Lerninstitut des Klägers gegenüber; es erblickte auch unter Zugrundelegung halbierter Klassengrößen an Schulen im Lerninstitut des Klägers kein Unternehmen mit vergleichbarer Gefährdung iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG. In der Revision wird demgegenüber auf die Anordnung von ortsungebundenem Unterricht gemäß § 6 COVID‑19‑Schulverordnung 2020/21 verwiesen. Dabei handelt es sich jedoch um eine Maßnahme, die gemäß § 6 iVm § 3 Z 2 COVID‑19‑Schulverordnung 2020/21 eine entsprechende Entscheidung der zuständigen Gesundheitsbehörde gemäß § 18 Epidemiegesetz im Einzelfall voraussetzt.
[54] In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die Nr 38 Anlage 1 zum ASVG Schulen als Einrichtungen einstuft, die ihrer Typizität nach für die dort tätigen Versicherten ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit Infektionskrankheiten mit sich bringen. Die in der Revision angesprochene Möglichkeit der Anordnung von ortsungebundenem Unterricht an einzelnen Schulen aufgrund individueller Behördenentscheidungen (§ 6 iVm § 3 Z 2 COVID‑19‑Schulverordnung 2020/21) führt nicht dazu, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer „vergleichbaren Gefährdung“ auf jene Schulen abzustellen ist, die aufgrund individueller behördlicher Anordnung von derartigen Anordnungen betroffen sind. Auf die Frage, welche Auswirkungen die Durchführung von Distanzunterricht an Schulen für die dort tätigen Versicherten im Hinblick auf Nr 38 Anlage 1 zum ASVG hat, muss im vorliegenden Fall nicht eingegangen werden.
[55] 5. Die behaupteten Verfahrensmängel wurden geprüft, sie liegen nicht vor. Für die Beurteilung des vorliegenden Falls ist weder die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten des Lerninstituts relevant, noch die Anzahl der im gesamten Bundesgebiet gemeldeten Corona‑Infektionen oder der „Grad der Durchseuchung des versicherten Tätigkeitsbereichs“. Im vorliegenden Fall scheitert die Qualifikation der COVID‑19‑Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit, wie ausgeführt, bereits an der (abstrakten) Qualifikation des Lerninstituts des Klägers als Unternehmen, in dem eine vergleichbare Gefährdung wie in den in Nr 38 Anlage 1 zum ASVG aufgezählten Unternehmen besteht.
[56] Den im Zusammenhang mit der konkreten Tätigkeitsausübung geltend gemachten Verfahrensmängeln fehlt daher bereits die Eignung, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RS0043027).
[57] Auch die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[58] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.
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