OGH 14Os53/22h

OGH14Os53/22h28.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Marko, BA, BA, in der Strafsache gegen Mag. * B* wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. September 2021, GZ 124 Hv 9/20g‑64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00053.22H.0628.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. * B* des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er vor dem und zuletzt am 29. November 2011 mit dem Vorsatz, sich oder die C* Limited (deren Geschäftsführer und Gesellschafter er war) durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, DDr. * S* durch die wahrheitswidrige Behauptung, nach Beendigung dessen Obsorgestreitigkeiten eine im Urteil näher bezeichnete Liegenschaft wieder rückzuübereignen und diese inzwischen nur treuhändisch innezuhaben, diesen zum Abschluss eines Vertrags verleitet, mit welchem er diese Liegenschaft („im Wert von zumindest 500.000,--“) der C* Limited schenkte, wodurch das Opfer in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 8 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Dem aus Z 3 erhobenen Einwand zuwider begründet das Fehlen einer Währungsangabe beim Wert der gegenständlichen Liegenschaft im Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) schon deshalb keine Nichtigkeit, weil dieses die für die Subsumtion (§ 147 Abs 3 StGB) erforderliche Angabe eines (durch die Tat herbeigeführten) 300.000 Euro übersteigenden Schadens ohnehin enthält. Im Übrigen kann die (offenbar aus einem Versehen resultierende) Undeutlichkeit mit Blick auf die Entscheidungsgründe (US 7 und 9) leicht beseitigt werden (RIS‑Justiz RS0098795 [T7 und T10]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 278).

[5] Aus diesem Grund versagt auch die aus Z 5 geäußerte Kritik am zweimaligen Fehlen der Währungsbezeichnung in den Entscheidungsgründen (US 5 und 7), welche deren Gesamtheit und die sich daraus ergebende Klarstellungsmöglichkeit außer Acht lässt (RIS‑Justiz RS0117995 [T3]).

[6] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung „des Kriminalbeamten N. K*“ zum Beweis dafür, „dass es gerade in dem Haus diese Schwierigkeiten und Streitereien gegeben hat, die dann dazu geführt haben, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen dem Angeklagten und dem Herrn Dr. S* gekommen ist, und allenfalls relevanten Informationen, die er erlangt hat“ (ON 46 S 85), zu Recht abgewiesen (ON 63 S 25), ließ er doch kein (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) erhebliches Beweisthema erkennen (RIS‑Justiz RS0118319). Im Übrigen machte das Antragsvorbringen auch nicht deutlich, weshalb der genannte Kriminalbeamte (eigene) Wahrnehmungen zu diesem Beweisthema hätte haben sollen (RIS-Justiz RS0118444 [insbesondere T6]).

[7] Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge bekämpfbar, als sie (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage oder die Sanktionsbefugnisgrenze) entscheidend sind (RIS-Justiz RS0117499). Dies trifft auf folgende Urteilsannahmen und Umstände nicht zu, weshalb das darauf bezogene, aus Z 5 erstattete Vorbringen keiner inhaltlichen Erwiderung bedarf:

‑ den genauen Zeitpunkten des Abschlusses eines weiteren (nicht datierten und nicht notariell beglaubigten) Schenkungsvertrages, in welchem die Rückübertragung der Liegenschaft von der C* Limited an DDr. S* – bei Offenlassung des Übergabezeitpunktes – festgehalten wurde sowie der Übertragung von Geschäftsanteilen an dieser Gesellschaft an DDr. S* zu dessen Absicherung (US 5);

‑ zur Frage, ob der Vorsatz des Beschwerdeführers auf seine eigene unrechtmäßige Bereicherung oder jene der C* Limited gerichtet war (US 7; zur Zulässigkeit wahlweiser Feststellungen, wenn diese – wie hier – die gleiche strafrechtliche Konsequenz haben vgl RIS-Justiz RS0098710);

‑ die Bewertung der Liegenschaft in der Bilanz der C* Limited;

‑ Entwicklungen Jahre nach der Betrugstat, nämlich die Einräumung eines Wohn- und Nutzungsrechtes zugunsten von DDr. S* an der gegenständlichen Liegenschaft sowie das Scheitern außergerichtlicher Vergleichsgespräche zwischen dem Beschwerdeführer und dem Opfer und die Gründe hiefür.

[8] Das Erstgericht ging ohnehin davon aus, dass DDr. S* mündlich die unentgeltliche Rückübertragung der Liegenschaft zugesichert worden und dieser lange Zeit später im Zuge von Vergleichsverhandlungen dennoch bereit gewesen sei, diese Liegenschaft um 220.000 Euro zurückzukaufen (US 4 und 6), weshalb der Vorwurf unterbliebener Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der dahingehenden Aussage des Opfers ins Leere geht (RIS‑Justiz RS0098646 [T8]).

[9] Gleiches gilt für den von der Rüge als übergangen reklamierten Wortlaut einer schriftlichen Absichtserklärung aus dem Jahr 2015, zu welcher die Entscheidungsgründe ohnehin Feststellungen (samt Verweis auf die Fundstelle im Akt) enthalten (US 6). Indem die Rüge aus dieser Urkunde und aus der (nicht näher [anhand von Fundstellen im Akt] bezeichneten) Verwendung des Begriffs „Einlage auch in der Kommunikation zwischen dem Angeklagten und DDr. S*“ für ihren Standpunkt günstige Schlüsse zieht, kritisiert sie bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[10] Da das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers mängelfrei als unglaubhaft verwarf (US 8 f), musste es unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit auf dessen (mündliche) Angaben ebenso wenig eingehen wie auf dessen (in der Hauptverhandlung zusammenfassend vorgetragene [ON 63 S 26]) E‑Mails und an das Gericht gerichtete Schriftsätze, die seine Sicht des Geschehens enthalten (RIS-Justiz RS0098642 [T1]).

[11] Davon ausgehend waren auch die Depositionen der Zeugin Dr. * Sc*, soweit diese bloß (vom Hörensagen) ihr vom Beschwerdeführer Mitgeteiltes referierte, nicht gesondert erörterungsbedürftig. Im Übrigen waren die Tatrichter mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten auf sämtliche Details der ohnehin berücksichtigten (US 8) Aussage dieser Zeugin im Urteil einzugehen.

[12] Mit Zeugenaussagen hat sich ein Gericht nur soweit beweiswürdigend auseinanderzusetzen, als sie sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen schildern. Schlussfolgerungen eines „Privatgutachtens“, mag dieses auch in der Hauptverhandlung vorgekommen sein (vgl erneut ON 63 S 26), zählen nicht dazu (RIS-Justiz RS0097545 [T1 und T19]), weshalb das kritisierte Unterbleiben einer Erörterung des vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenen Schriftgutachtens keine Nichtigkeit bewirkt.

[13] Die Begründung der Feststellungen „zur objektiven Tatseite“ sowie zu den Beweggründen für den Verkauf der Geschäftsanteile an der C* Limited durch DDr. S* (vgl den Verweis auf die als glaubwürdig beurteilten Aussagen des Opfers und Dris. * St* [US 7 f]) wird von der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) schlicht übergangen (vgl aber RIS‑Justiz RS0119370).

[14] Die Ableitung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite „aus dem äußeren Geschehen sowie aus dem Wissensstand und der Vorgehensweise des Angeklagten“ (US 9 f) begegnet unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0116882).

[15] Dass das angefochtene Urteil von einer Tatzeit „zuletzt am 29. 11. 2011“, die Anklage (laut Protokoll über die Hauptverhandlung) hingegen von einem Zeitraum bis „zuletzt am 2. 1. 2011“ ausging (ON 63 S 26), bewirkt der weiteren Rüge (Z 8) zuwider angesichts der ansonsten völlig übereinstimmenden Schilderung von Tathandlung (einschließlich deren näherer Modalitäten), beteiligten Personen und Tatort keine Anklageüberschreitung (RIS‑Justiz RS0098697; Lewisch, WK-StPO § 262 Rz 37 f).

[16] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt mit dem an eine – isoliert herausgegriffene, sprachlich missglückte – Formulierung der Entscheidungsgründe anknüpfenden Einwand (US 7), es fehlten Feststellungen zur tatbildlichen Täuschung, die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl RIS-Justiz RS0099810).

[17] Soweit der Beschwerdeführer (inhaltlich) Konstatierungen zum Vorliegen eines Rechtsirrtums (§ 9 StGB) vermisst, unterlässt er es, prozessordnungsgemäß deutlich und bestimmt in diese Richtung weisende, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0118580). Im Übrigen bleibt unerfindlich, weshalb „nach britischem Recht“ die durch Täuschung über die Rückübertragung bewirkte Übereignung einer Liegenschaft rechtens sei und weshalb es (bei dem in Österreich verwirklichten Sachverhalt) überhaupt auf Strafbarkeit nach ausländischem Recht ankomme.

[18] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[19] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[20] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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