OGH 2Ob39/19b

OGH2Ob39/19b19.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé, sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B*, und 2. E* H*, beide vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S* G*, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in Linz, wegen 17.134,46 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2018, GZ 4 R 140/18p‑34, womit infolge der Berufungen der zweitklagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 20. Juli 2018, GZ 36 Cg 3/17i‑26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E126431

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Revisionsbeantwortung der erstklagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei die mit 802,82 EUR (darin 133,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die am * 2016 verstorbene Erblasserin A* S* hatte weder Nachkommen noch Geschwister, ihr Ehemann und ihre Eltern waren vorverstorben. Auf Seiten der mütterlichen Großeltern der Erblasserin sind lebende Nachkommen vorhanden. Beide väterlichen Großelternteile waren ebenfalls vorverstorben. Sie hatten neben dem Vater der Erblasserin vier weitere gemeinsame Kinder. Zwei Onkel väterlicherseits haben noch lebende Nachkommen, unter anderen die Erstklägerin. Eine Tante väterlicherseits war die vorverstorbene Großmutter der Zweitklägerin. Sie hatte drei Kinder, darunter die vorverstorbene Mutter der Zweitklägerin, die alle noch lebende Nachkommen haben. Die Mutter der Zweitklägerin hatte ein weiteres, ebenfalls vorverstorbenes Kind. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob die zweite Tante väterlicherseits bereits verstorben ist und ob allfällige Nachkommen dieser Tante ebenfalls bereits alle verstorben sind.

Am 9. 3. 1999 äußerte die Erblasserin anlässlich einer Geburtstagsfeier vor drei gleichzeitig anwesenden Gästen auf die Frage, wer ihre Wohnung einmal bekommen werde, sinngemäß, dass alles die Beklagte bekommen werde. Die Erblasserin hatte im Zeitpunkt ihrer Antwort nicht den Willen, ein mündliches Testament zu errichten und die Beklagte zu ihrer Alleinerbin einzusetzen. Auch die Gäste hatten weder das Bewusstsein noch den Willen, als Testamentszeugen der Erblasserin zu fungieren.

Im Verlassenschaftsverfahren nach der Erblasserin wurde der Beklagten auf Grundlage des mündlichen Testaments vom 9. 3. 1999 der gesamte, zur Gänze in Geld bestehende verbliebene Reinnachlass von 308.420,20 EUR eingeantwortet. Die Zweitklägerin war dem Verlassenschaftsverfahren nicht beigezogen worden.

Die Klägerinnen begehrten Zahlung von 25.701,68 EUR (Erstklägerin) und 17.134,46 EUR (Zweitklägerin) jeweils sA und brachten vor, sie seien aufgrund des Gesetzes mit einer Quote von 1/12 (Erstklägerin) und 1/18 (Zweitklägerin) erbberechtigt. Das mündliche Testament vom 9. 3. 1999 sei nicht gültig errichtet worden. Die Erblasserin habe nicht die Absicht gehabt, ein mündliches Testament zu errichten, sondern lediglich über Nachfrage Auskunft erteilt. An den Erbquoten der Klägerinnen würde sich auch dann nichts ändern, wenn die zweite Tante der Erblasserin vorverstorben sein sollte und Nachkommen vorhanden wären. Diese müssten sich mit ihren Ansprüchen allenfalls an die Klägerinnen wenden.

Die Beklagte wendete ein, das mündliche Testament vom 9. 3. 1999 sei gültig zustande gekommen. Es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass die Erblasserin ein mündliches Testament errichtet habe. Die Klägerinnen gehörten nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben. Auch die Erbquote werde bestritten, da ein Geschwisterteil des Vaters der Erblasserin übersehen worden sei.

In der Folge entschlug sich die Erstklägerin ihres Erbrechts für sich und ihre Nachkommen und schränkte ihr Klagebegehren auf Kosten ein. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist lediglich der von der Zweitklägerin geltend gemachte Anspruch.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren der Zweitklägerin im Umfang von 12.850,64 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stützte sich auf die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen und erörterte rechtlich, mangels Vorliegens eines gültigen Testaments komme die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Die Zweitklägerin habe den Wegfall eines Stammes von Miterben, nämlich jenen der weiteren Tante der Erblasserin väterlicherseits, nicht nachweisen können, sodass sich lediglich eine Erbquote von 1/24 ergebe.

Das von der Zweitklägerin und der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es dem Klagebegehren der Zweitklägerin zur Gänze stattgab, und ließ die ordentliche Revision zu. Der Zweitklägerin sei sowohl der Beweis ihres Erbrechtstitels als auch jener der Ungültigkeit des mündlichen Testaments gelungen. Es treffe sie aber nicht die Beweislast dafür, dass Geschwisterstämme des Vaters der Erblasserin ohne Hinterlassung von Nachkommen ausgestorben seien. Vielmehr hätte die Beklagte beweisen müssen, dass die von der Zweitklägerin begehrte Erbquote im Hinblick auf einen Stamm mit noch lebenden Nachkommen geringer sei.

Den Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung zur Frage, ob den seine gesetzliche Erbquote geltend machenden Erben als Erbschaftskläger die Beweislast für die Höhe seiner Erbquote und damit für das Aussterben eines väterlichen Geschwisterstammes treffe oder ob die Unaufklärbarkeit zu Lasten der Scheinerben gehe.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Zweitklägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist lediglich das Klagebegehren der Zweitklägerin. Die Revisionsbeantwortung der Erstklägerin ist daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch teilweise berechtigt.

Die Beklagte macht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung der Frage, ob ein gültiges mündliches Testament vorliege, das vom Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren nach der Erblasserin errichtete Übernahmeprotokoll vom 17. 5. 2016, welches auch die von den Testamentszeugen abgegebenen eidesstättigen Erklärungen beinhalte, zu Unrecht außer Acht gelassen, obwohl diesem als öffentlicher Urkunde erhöhte Beweiskraft zukomme. Insoweit liege ein Feststellungsmangel vor. Die von den eidesstättigen Erklärungen abweichenden Feststellungen des Erstgerichts seien aktenwidrig und begründeten angesichts des Beweis- und Erklärungswerts der öffentlichen Urkunde auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Im Übrigen treffe die Zweitklägerin, die lediglich ihre Quote als Miterbin begehre, die Beweislast für die Höhe dieser Quote, der sie nicht entsprochen habe. Einen über die vom Erstgericht zugrunde gelegte Erbquote von 1/24 hinausgehenden Betrag könne der Zweitklägerin daher nicht zuerkannt werden.

Hiezu wurde erwogen:

1. Ungültigkeit des mündlichen Testaments vom 9. 3. 1999:

1.1 Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

1.2 Die Beurteilung, ob ein gültiges mündliches Testament vorliegt, richtet sich nach den – mittlerweile außer Kraft getretenen – §§ 584 bis 586 ABGB idF vor dem FamErbRÄG 2004. Nach § 586 ABGB musste eine mündliche letztwillige Anordnung auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen war, durch die übereinstimmende eidliche Aussage der drei Testamentszeugen bestätigt werden, widrigenfalls diese Erklärung des letzten Willens unwirksam war (§ 601 ABGB).

In dem im Verlassenschaftsverfahren gemäß § 152 Abs 4 AußStrG (zur Anwendbarkeit dieser Bestimmung vgl § 205 AußStrG) vom Gerichtskommissär am 17. 5. 2016 errichteten Übernahmeprotokoll wurden die Aussagen der drei Testamentszeugen festgehalten; deren eidesstättige Erklärungen wurden zum Akt genommen. Aufgrund dieser Erklärungen wurde vom Gerichtskommissär die Formgültigkeit des mündlichen Testaments festgestellt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach § 586 ABGB nicht als Beweisregel, sondern als Formvorschrift gesehen wurde, die einen zum rechtlichen Bestand der letztwilligen Verfügung erforderlichen Solennitätsakt bildete (9 Ob 5/07m).

1.3 In der mündlichen Streitverhandlung vom 10. 1. 2018 wurde der Verlassenschaftsakt verlesen. Zudem hatten sich die Parteien dieses Rechtsstreits in ihrem Vorbringen auf diesen Akt und insbesondere auf das darin erliegende Übernahmeprotokoll bezogen. Unter diesen Umständen bedurfte es aber, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, keiner weiteren Feststellungen über den Inhalt des Protokolls (3 Ob 30/02m; 8 Ob 247/02k; 8 Ob 34/03p). Auch der gerügte Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.

1.4 Bereits im Geltungsbereich des AußStrG 1854 waren die Testierabsicht und das Bewusstsein der Zeugenschaft als Voraussetzungen für die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung im Rahmen des (damaligen) Erbrechtsstreits oder im Erbschaftsprozess, somit im streitigen Rechtsweg, zu prüfen (4 Ob 2256/96k; 9 Ob 5/07m; 1 Ob 77/08t; RS0006505, RS0008020). Bei beiden Voraussetzungen handelt es sich um Tatfragen (4 Ob 2256/96k; 9 Ob 85/04x; RS0012499 [T4], RS0043478). Dabei war es stets von den konkreten Umständen abhängig, ob das Prozessgericht bei seiner Beurteilung von den eidlichen Aussagen im Verlassenschaftsverfahren auszugehen hatte (und die Bestimmung des § 272 ZPO „ausgeschaltet“ war; so etwa 1 Ob 522/89 SZ 62/60), oder ob ein der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegendes Beweisverfahren zulässig war (vgl 3 Ob 30/02m; auch RS0116240).

Letzteres traf jedenfalls dann zu, wenn es darum ging, die Gültigkeit einer von den Testamentszeugen bestätigten mündlichen letztwilligen Anordnung zu widerlegen (vgl § 67 AußStrG aF). In diesem Fall wurde auch die neuerliche Einvernahme der Testamentszeugen im Prozess als zulässig angesehen (1 Ob 522/89 mwN; auch 4 Ob 2256/96k; 3 Ob 30/02m; 8 Ob 247/02k; 8 Ob 34/03p).

1.5 Durch das Inkrafttreten des AußStrG 2005 hat sich diese Rechtslage nur insoweit geändert, als die strittigen Fragen zur Gültigkeit einer mündlichen letztwilligen Verfügung nunmehr bereits im außerstreitigen Verfahren über das Erbrecht nach den §§ 161 ff AußStrG geklärt werden können. In Ermangelung eines solchen Verfahrens bleibt jedoch – wie auch im Anlassfall für die Zweitklägerin – weiterhin nur der Weg der Erbschaftsklage, um eine mündliche letztwillige Anordnung zu bekämpfen (vgl Winkler in Schneider/Verweijen, AußStrG § 152 Rz 2), wobei der Erbschaftskläger keiner Beweisbeschränkung unterliegt.

1.6 Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass das Übernahmeprotokoll vom 17. 5. 2016 als öffentliche Urkunde nur den vollen Beweis dessen macht, was darin verfügt, erklärt oder bezeugt wurde (§ 292 Abs 1 ZPO), hier also des Umstands, dass die Testamentszeugen diese Aussagen vor dem Gerichtskommissär gemacht haben. Dies steht jedoch einer Würdigung des Inhalts der Aussagen der Testamentszeugen durch die Tatsacheninstanzen im Streitverfahren nicht entgegen (8 Ob 34/03p). Die Feststellungen zum fehlenden Testierwillen der Erblasserin und zum ebenso fehlenden Bewusstsein der Zeugeneigenschaft basieren auf einer ausführlichen Beweiswürdigung, die in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden kann. Dass sich aber aus den Feststellungen des Erstgerichts ein wirksames mündliches Testament der Erblasserin zugunsten der Beklagten nicht ergibt, wird selbst in der Revision nicht bezweifelt.

2. Beweislast für die Erbquote des Erbschaftsklägers:

2.1 Im Hinblick auf den Todestag der Erblasserin ist die Rechtslage vor Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) maßgeblich (§ 503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB).

2.2 Gemäß § 823 ABGB aF kann auch nach Einantwortung der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Teilung der Erbschaft belangt werden.

2.3 Mit der Erbschaftsklage will der wahre Erbe unter Behauptung eines besseren Rechts vom Scheinerben die gänzliche „Abtretung“ der Erbschaft oder des seiner Berechtigung entsprechenden Teils (RS0041422; auch RS0013134). Der Erbschaftskläger setzt damit, ähnlich wie der Eigentumskläger sein Eigentum gegenüber dem Besitzer, sein bestehendes Erbrecht durch (Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 §§ 823, 824 Rz 2), das als absolutes Recht gegen jedermann wirksam ist (§ 532 ABGB aF; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 Vor § 531 Rz 4). Grundsätzlich steht dem Erbschaftskläger zwar nicht das Recht zu, auf Zahlung zu klagen und zwar auch dann nicht, wenn er als gesetzlicher Miterbe nur einen Teil der Erbschaft will. Eine Ausnahme ist allerdings anerkannt, wenn der Nachlass – wie hier – nur aus Geld besteht; in diesem Fall kann jeder Miterbe die Herausgabe des auf ihn nach der Erbquote entfallenden Anteils fordern (3 Ob 219/05k; RS0008387).

2.4 Im Erbschaftsstreit geht es nicht nur um das zwischen den Streitteilen relativ bessere Erbrecht, sondern um die Durchsetzung des absoluten Rechts des wahren Erben (Weiß in Klang III² 1072 FN 25; Kralik, Erbrecht³ 333; idS wohl auch Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 §§ 823, 824 Rz 2 und Rz 5). Der von Ferrari‑Hofmann‑Wellenhof (Die Erbschaftsklage [1991] 177 ff [relativ bessere Berechtigung genügt; so auch Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 493]) zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht herangezogene Vergleich mit der actio publiciana (§ 372 ABGB) überzeugt schon deshalb nicht, weil mit der Erbschaftsklage nicht nur Ansprüche auf oder aus dem Besitz des Nachlasses verfolgt werden, sondern der Kläger mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils im Erbschaftsprozess (rückwirkend) in alle Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers eintritt (vgl RS0041407; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 §§ 823, 824 Rz 12). Sie berücksichtigt auch nicht die möglichen Verwicklungen bei paralleler Prozessführung mehrerer (bloß) „besser“ berechtigter Erben gegen denselben Scheinerben. Ist der wahre Erbe nur zu einer bestimmten Quote erbberechtigt, so kann er mit der Erbschaftsklage nur den der Quote entsprechenden Erbteil begehren (idS offenbar auch Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 492).

2.5 Nach allgemeinen Regeln hat grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen rechtserzeugenden Tatsachen zu beweisen (RS0037797; RS0106638). Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen einer besonderen Begründung (2 Ob 78/17k), die sich etwa aus der besonderen Beweisnähe einer Partei (Beweisnotstand: RS0040182; RS0013491 [T1]) oder aus dem Vorliegen eines typischen Geschehensverlaufs (Anscheinsbeweis: RS0040266) ergeben kann. Derartige Umstände liegen hier nicht vor.

2.6 Daher muss der Erbschaftskläger sein Erbrecht, also den Erbanfall und den in seiner Person eingetretenen Berufungsgrund beweisen, allenfalls dabei einen anderen Titel anfechten und dartun, dass dem Beklagten zu Unrecht eingeantwortet wurde (vgl Weiß in Klang III² 1071; Kralik, Erbrecht³ 333; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 §§ 823, 824 Rz 8; Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 823 ABGB Rz 5). Stützt sich der Kläger auf ein gesetzliches Erbrecht, muss er seine Verwandtschaft mit dem Erblasser beweisen (Weiß in Klang III² 1072; Ehrenzweig,System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/2² [1937] 616). Wird der Wegfall ihm vorangehender Berufener bestritten, trifft ihn auch dafür die Beweislast (Weiß in Klang III² 1071). Gleiches gilt jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Wegfall eines weiteren gesetzlich Erbberechtigten bestritten wird. Denn der Kläger, der nur einen Teil der Erbschaft anspricht, muss grundsätzlich auch die Größe seines Erbteils beweisen (vgl 7 Ob 63/98k; idS auch Ehrenzweig II/2² 616).

2.7 Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Zweitklägerin der ihr obliegende Nachweis ihres gesetzlichen Erbrechts lediglich im Umfang von 1/24 des Nachlasses gelungen ist. Die nach den Feststellungen verbliebene Ungewissheit über das Aussterben eines väterlichen Geschwisterstamms schlägt zu ihrem Nachteil aus.

3. Ergebnis und Kosten:

3.1 Der Revision ist somit teilweise Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

3.2 Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf die §§ 41, 50 ZPO. Im Revisionsverfahren, in dem die Zweitklägerin zu 75 % obsiegt, auf § 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag gebührt nicht, weil sich im Rechtsmittelverfahren lediglich die Zweitklägerin und die Beklagte gegenüberstehen.

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