European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E125727
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB (actio negatoria) kann gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden. Neben dem unmittelbaren Störer kann auch jeder als mittelbarer Störer belangt werden, der den Eingriff veranlasst hat, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzung für die Störung durch Dritte schafft (vgl RS0011737 [T5, T17]), den Eingriff veranlasst, den unerlaubten Zustand aufrecht erhält oder sonst von ihm Abhilfe zu erwarten ist (RS0012110). Maßgeblich für die Möglichkeit der Inanspruchnahme für Störungshandlungen einer anderen Person ist die (rechtliche) Möglichkeit oder gar Pflicht, die Störung zu steuern und allenfalls zu verhindern (RS0103058; RS0106908). Auch der mittelbare Störer kann demnach auf Unterlassung und Beseitigung bzw Einwirkung auf den unmittelbaren Störer in Anspruch genommen werden, wobei ihm grundsätzlich die Mittel, das störende Verhalten abzustellen, überlassen bleiben (5 Ob 2/11x).
Die Unterlassungspflicht des mittelbaren Störers schließt daher auch die Verpflichtung in sich, auf Dritte im Sinne der Unterlassung einzuwirken, auf welche der zur Unterlassung Verpflichtete Einfluss zu nehmen in der Lage ist (RS0011737). Die Begrenzung der Haftung für Handlungen Dritter richtet sich auch bei der actio negatoria nach der Adäquanztheorie: Die im Schadenersatzrecht dazu entwickelten Grundsätze sind auch hier anzuwenden (RS0111780).
2. Im vorliegenden Fall wird in der Revision nicht mehr bezweifelt, dass mehrere dem Beklagten zurechenbare Personen durch das von der Dienstbarkeit des Beklagten nicht gedeckte und damit unbefugte Abstellen ihrer Fahrzeuge das Eigentumsrecht der Klägerin verletzt haben.
Entgegen den Ausführungen in der Revision ist die Frage, ob der Beklagte alles Mögliche und Zumutbare unternommen hat, die Störungen durch diese Personen zu verhindern, von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Generelle Regeln können dazu nicht aufgestellt werden. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass aufgrund der wiederholten Vorkommnisse und der teilweise länger dauernden Störungen (etwa durch Hineinragen eines Fahrzeugs auf den Servitutsweg über mehrere Stunden) davon auszugehen ist, dass dem Beklagten der ihm obliegende Beweis, die Störung nicht verhindern zu können, nicht gelungen ist, hält sich im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraums.
3. Bei Beurteilung des Bestehens der Wiederholungsgefahr ist stets maßgebend, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RS0012087). Die Wiederholungsgefahr ist in der Regel auch dann aufrecht, wenn der Beklagte im Prozess seine Unterlassungspflicht bestreitet und keine Gewähr dafür besteht, dass er Eingriffe in absehbarer Zeit unterlässt (RS0012055). Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist im Unterlassungsverfahren der Beklagte behauptungspflichtig und bescheinigungspflichtig (RS0005402). Ob im Einzelfall Wiederholungsgefahr besteht, wirft – abgesehen von einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung – keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0042818).
Da der Beklagte auch in der Revision noch davon ausgeht, für das Verhalten der unmittelbaren Störer nicht verantwortlich zu sein, bestehen keine Bedenken gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass im konkreten Fall die Wiederholungsgefahr zu bejahen ist.
4. Auch die Präzisierung des Unterlassungsbegehrens durch das Berufungsgericht hält sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach das Gericht, auch noch in höherer Instanz, berechtigt und sogar verpflichtet ist, dem Urteilsspruch eine klare und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, sofern diese in den Behauptungen des Klägers ihre eindeutige Grundlage findet und sich im Wesentlichen mit dem Begehren deckt (RS0038852 [T16]).
Bei der Fassung des Urteilsspruchs ist nicht nur der Wortlaut des gestellten Begehrens, sondern auch das Klagsvorbringen, auf das sich das Begehren stützt, zu beachten (RS0039357 [T2]). Die Klägerin hat sich aber durchgehend auf Störungshandlungen Dritter gestützt, die vom Beklagten nicht verhindert wurden. Dass der Beklagte das Klagebegehren bereits in erster Instanz beanstandet hat, hindert, da keine Erörterung durch das Erstgericht erfolgte, eine Klarstellung durch das Berufungsgericht nicht.
5. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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