OGH 11Os28/19f

OGH11Os28/19f25.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der OKontr. Kolar als Schriftführerin in der Rechtshilfesache des Oleksii A***** und anderer Betroffener, AZ 333 HR 311/18g des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Anträge der Betroffenen 1./ Oleksii A*****, Kostiantyn P***** und G***** Trading GmbH sowie 2./ Oleh Y***** und L***** GmbH auf Erneuerung des Verfahrens in Bezug auf die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. Oktober 2018 (ON 13, 14 in den HR‑Akten) und die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien vom 21. Jänner 2019, AZ 22 Bs 289/18p, 22 Bs 304/18v, (ON 31, 32 in den HR‑Akten), weiters auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00028.19F.0625.000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Gründe:

Über Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine vom 18. Mai 2018, AZ 14/2/1‑36811‑16 (ON 2), bewilligte die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit Beschlüssen vom 4. Oktober 2018, AZ 333 HR 311/18g, die Anordnungen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption auf Erteilung der Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte gemäß §§ 109 Z 4, 116 Abs 1, Abs 2 Z 1 StPO (ON 13) sowie gemäß §§ 109 Z 3 lit a, 116 Abs 1, Abs 3 StPO idF vor BGBl I 2016/26 (ON 14).

Den gegen diese Beschlüsse gerichteten Beschwerden (unter anderem) der Betroffenen Oleksii A*****, Kostiantyn P*****, G***** Trading GmbH (ON 26 samt Beilagen ON 27) sowie Oleh Y***** und L***** GmbH (ON 28) gab das Oberlandesgericht Wien mit seinen jeweils am 21. Jänner 2019 gefassten Beschlüssen zu AZ 22 Bs 304/18v nicht (ON 32) bzw zu AZ 22 Bs 289/18p (ON 31) lediglich im Umfang einer geringfügigen Einschränkung des abgefragten Zeitraums, sonst aber nicht Folge.

Gegen alle oben bezeichneten Beschlüsse richten sich die am 14. Februar 2019 eingebrachten Anträge der Betroffenen A*****, P***** und G***** Trading GmbH auf Erneuerung des Strafverfahrens, gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts die am 4. April 2019 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten ebensolchen Anträge des Y***** und der L***** GmbH, wobei jeweils eine Verletzung des Art 6 MRK behauptet wird.

 

Rechtliche Beurteilung

Da Erneuerungsanträge gegen Entscheidungen, die der Erneuerungswerber im Instanzenzug anfechten kann, unzulässig sind, waren die (ausdrücklich auch) gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. Oktober 2018, GZ 333 HR 311/18g‑13 und GZ 333 HR 311/18g‑14, gerichteten Anträge der unter 1./ genannten Betroffenen schon deshalb zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0122737, RS0124739 [T2]).

 

Vorweg Grundsätzliches:

1. Anknüpfungskriterium für die sachliche Anwendbarkeit des Art 6 Abs 1 bis Abs 3 MRK auf (nationale) Strafverfahren ist, ungeachtet der leicht abweichenden Textierungen in Abs 1 und Abs 2 leg cit, die Entscheidung über die Stichhältigkeit einer „strafrechtlichen Anklage“ („determination of a criminal charge“/„bien-fondé de toute accusation pénale“; dazu jeweils mwN Meyer in Karpenstein/Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten2, Art 6 Rz 23 ff; ders in SK‑StPO5, Art 6 Rz 31 ff; Peukert in Frowein/Peukert, EMRK‑Kommentar3, Art 6 Rz 25; Lohse/Jakobs in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung8, Art 6 Rz 9; Gaede in MüKom, Art 6 Rz 53 ff; Meyer-Ladewig/Harrendorf/König in Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer [Hrsg], EMRK Handkommentar4, Art 6 Rz 23 f und Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 24 Rz 18 ff).Der EGMR legt diesen Begriff autonom und damit grundsätzlich unabhängig bzw losgelöst vom Verständnis bzw der Rechtstradition der (jeweiligen) Konventionsstaaten aus, sodass sich im Laufe der Jahrzehnte eine umfangreiche Kasuistik entwickelt hat.

1.1. Entscheidend bei der Beurteilung, ob eine „strafrechtliche Anklage“ iSd Konvention vorliegt, ist hierbei eine positive Prüfung anhand der sogenannten „Engel‑Kriterien“(„Leitentscheidung“ EGMR 8. 6. 1971, Engel ua./NED, Nr 5100/71 sowie EGMR 9. 6. 2005, Dannemann/GER, Nr 62512/00 und EGMR 23. 11. 2006, Jussila/FIN, Nr 73053/01, in denen der EGMR diesen Kriterienkatalog ausdrücklich [weiterhin] aufrechterhält), die sowohl alternativ als auch kumulativ zur Begründung der Anwendbarkeit der Garantien des Art 6 MRK auf das nationale Verfahren herangezogen werden können:

1.2. Aus dieser Koppelung an den Begriff der „Anklage“ folgt, dass strafrechtliche Verfahren, deren (unmittelbarer) Gegenstand nicht die Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld des Beschuldigten/Angeklagten ist, – die also nicht per se auf die Prüfung einer strafrechtlichen Anklage abzielen – nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Art 6 MRK fallen. Dazu zählen nach der Rechtsprechung des EGMR etwa die Überprüfung der Untersuchungshaft, der Strafvollzug sowie Maßnahmen zur Sicherung oder Vorbeugung (vgl weiterführend unter Bezugnahme auf die jeweiligen Judikate des EGMR Meyer in SK‑StPO5, Art 6 Rz 53 ff und Grabenwarter/Pabel, aaO, § 24 Rz 28).

2. Nach hA (Meyer in Karpenstein/Mayer, Art 6 Rz 31; ders in SK‑StPO5, Art 6 Rz 62 ff; Lohse/Jakobs, aaO Rz 10; Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, aaO Rz 32; Esser in Löwe-Rosenberg, Großkommentar26, MRK Art 6 Rz 87 ff; Grabenwarter/Pabel,aaO § 24 Rz 28; Göth-Flemmich in WK2 ARHG § 19 Rz 14 sowie OGH 15 Os 113/01 [15 Os 114/01], OGH 13 Os 71/13k und OGH 13 Os 80/16p [13 Os 92/16b]; tlw aA Gaede, aaO Rz 72 ff, der eine weitestgehende Geltung der Garantien des Art 6 MRK auch in dem Rechtshilfe leistenden ersuchten Staat argumentiert; RIS‑Justiz RS0124738 bezieht sich nicht konkret auf Art 6 MRK) ist die Rechtsprechung des EGMR (hervorzuheben sind hier insb EGMR 24. 4. 2008, Ismoilov ua/RUS, Nr 2947/06 [„extradition proceedings against them did not concern the determination of a criminal charge, within the meaning of Article 6“; Rn 162] und EGMR 4. 2. 2005, Mamatkuolov u. Askarov/TUR, Nr 46827/99 u 46951/99 [„Article 6 § 1 was not applicable to the extradition proceedings“, Rn 80], wobei sich diese Entscheidungen nota benenicht mit „klassischen“ Rechtshilfehandlungen im Zuge eines Ermittlungsverfahrens befassen) grundsätzlich dahingehend zu verstehen, dass Abschiebungen, Auslieferungen und Rechtshilfeverfahren (im ersuchten Staat) als solche nicht die Prüfung einer strafrechtlichen Anklage betreffen und somit außerhalb des Schutzbereichs des Art 6 MRK liegen. Das Rechtshilfeverfahren sei nämlich seinem Wesen nach ein verwaltungsrechtliches Verfahren, in dem Schuld oder Nichtschuld des Betroffenen in der Regel nicht geprüft würden (siehe dazu Meyer in SK‑StPO5, Art 6 Rz 62 unter Hinweis auf die Judikate des EGMR in den Rechtssachen Bouamar/BEL und Sanchez-Reisse/SUI, wobei lediglich letztgenanntem in Rn 45 sowie im Gesamtkontext der Entscheidung eine solche Aussage zu entnehmen ist).

2.1. Eine Berufung auf Art 6 MRK wäre allerdings in folgenden Fallkonstellationen ausnahmsweise auch in Rechtshilfesachen möglich:

2.1.1. Wenn im Strafverfahren des ersuchenden Staats eine elementare Verletzung des Fairness-Grundsatzes („flagrant denial of justice“) droht („real risk“), die so eklatant ist, dass die Fairnessgarantie in ihrem Kern aufgehoben oder zerstört wird (so etwa bei Verwertung von durch Folter erlangter Beweismittel oder bei struktureller Verweigerung des Zugangs zu einer anwaltlichen Vertretung). Dabei ist zu beachten, dass der EGMR Art 6 MRK in diesem Kontext nur ausnahmsweise als verletzt erachtet und zudem bloße Zweifel am Bestehen eines fairen Verfahrens (im ersuchenden Staat) eben so wenig genügen wie der alleinige Umstand, dass es in besagtem Staat bereits in der Vergangenheit regelmäßig Konventionsverstöße gegeben hat. Der Betroffene muss vielmehr den substantiierten Nachweis des Risikos einer Verletzung seiner diesbezüglichen Rechte erbringen (vgl dazu insb Meyer in SK‑StPO5, Art 6 Rz 63 f mwN; Esser, aaO Rz 88; Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, aaO Rz 166; Lohse/Jakobs, aaO Rz 10; Lagodny, aaO § 73 Rz 67 mwN; Grabenwarter/Pabel, aaO § 24 Rz 80; Martetschläger in WK2 ARHG § 51 Rz 3 und Göth-Flemmich, aaO Rz 15; ebenso RIS‑Justiz RS0123200 [T5 u T7] sowie BGH 23. 8. 2011, 1 StR 153/11 unter Verweis auf OLG Rostock 8. 6. 2010, I WS 128/10, Rn 16 f; allgemein auch EGMR 4. 2. 2005, Mamatkuolov u. Askarov/TUR, Nr 46827/99 u 46951/99, Rn 90 und EGMR 24. 4. 2008, Ismoilov ua/RUS, Nr 2947/06, Rn 156). Zudem besteht für einen Konventionsstaat prinzipiell keine Verpflichtung, die Einhaltung der EMRK in einem anderem Konventionsstaat, in den ausgeliefert oder für den Rechtshilfe geleistet wird, in gleichem Maße zu überprüfen wie dies in Anbetracht eines Nicht-Konventionsstaats geboten wäre (vgl dazu die Ausführungen bei Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, aaO Rz 166 und Göth-Flemmich, aaO Rz 10, die auch auf die Rechtshilfe als solche zu übertragen sind).

2.1.2. Im Rahmen von (enger) transnationaler justizieller Zusammenarbeit in Strafverfahren wird aufgrund des dann vorliegenden „close link“ zwischen dem Ausgangsstrafverfahren (im ersuchenden Staat) und dem Rechtshilfeverfahren (im ersuchten Staat) von einer insofern universellen Geltung des Art 6 MRK ausgegangen; so etwa in besonderen Fallvarianten einer Auslieferung zur Strafvollstreckung (siehe im Detail Meyer in Karpenstein/Mayer, Art 6 Rz 31 und ders in SK‑StPO5, Art 6 Rz 64 sowie EGMR 1. 4. 2010, Buijen/GER, Nr 27804/05, Rn 40 ff).

2.1.3. Eigene Verletzungen der Garantien des Art 6 MRK durch den ersuchten Staat in Erfüllung der angefragten Rechtshilfemaßnahme, wie etwa durch Verletzung des Rechts auf Verteidigerbeistand für den Beschuldigten im Zuge einer (ersuchten) Vernehmung. Gleiches gilt für den ersuchenden Staat, der sich seiner eigenen Verpflichtungen (in Ansehung des von ihm geführten Strafverfahrens) nicht dadurch entledigen kann, dass er Ermittlungsmaßnahmen im Wege der Rechtshilfe von einem anderen Staat durchführen lässt.

2.2. Für den dargestellten Ausnahmecharakter der Anwendbarkeit des Art 6 MRK auf Rechtshilfeverfahren im ersuchten Staat spricht auch, dass die konventionsrechtliche Verantwortung jedes Mitgliedstaats grundsätzlich auf jene Maßnahmen beschränkt ist, die seiner eigenen Hoheitsgewalt zuzurechnen sind. Es besteht insoweit im Regelfall auch keine Verpflichtung eines Konventionsstaats, für die Missachtung der Konventionsrechte in einem anderen (Konventions‑)Staat einstehen zu müssen („Trennungsprinzip“; vgl zu alledem Esser, aaO Art 1 Rz 20 ff; Grabenwarter/Pabel, aaO § 13 Rz 53 ff und Meyer in SK‑StPO5, Art 1 Rz 20; weiters BGH 17. 3. 2019, 2 StR 397/09 samt der zustimmenden Entscheidungsanmerkung von Zöller sowie BGH 23. 8. 2011, 1 StR 153/11; exemplarisch EGMR 21. 4. 2009, Stephens/MLT, Nr 11956/07 [„It follows from Article 1 that Contracting States must answer for any infringement of the rights and freedoms protected by the Convention committed against individuals placed under their 'jurisdiction'; the exercise of jurisdiction is a necessary condition for a Contracting State [...] to be held responsible“, Fn 47 f; und „in so far as the alleged unlawfulness of his arrest and detention [in Spain] is concerned, it cannot be overlooked that the applicant’s deprivation of liberty had its sole origin in the measures taken exclusively by the Maltese authorities pursuant to the arrangenments agreed on by both Malta and Spain under the European Convention on Extradition“, FN 51 f.]).

3. Mit seiner Entscheidung vom 1. August 2007 (13 Os 135/06m) hat der Oberste Gerichtshof die Anwendbarkeit des § 363a StPO aufgrund einer von ihm insoweit erkannten planwidrigen Lückenhaftigkeit in den Normen der §§ 363a ff StPO auf jene Fälle erweitert, in denen (noch) kein Urteil des EGMR vorliegt. Ein solches Urteil ist somit nicht mehr Voraussetzung für einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens mit der Behauptung, durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung in einem Grundrecht nach der MRK oder einem ihrer Zusatzprotokolle verletzt worden zu sein (13 Os 49/16d vS).

3.1. In diesem erweiterten Anwendungsbereich muss der Erneuerungswerber bzw Beschwerdeführer sämtliche vor dem EGMR geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK auch gegenüber dem Obersten Gerichtshof (sinngemäß) erfüllen (vgl Hinterhofer/Oshidari, aaO Rz 11.117 und Fabrizy, StPO13 § 363a Rz 6 sowie RIS‑Justiz RS0128394; aus OGH 13 Os 16/09s erhellt, dass der OGH mit der Formulierung „sinngemäß“ insbesondere die dem konventionsbrüchigen Staat vor dem EGMR eingeräumte Möglichkeit zur Behebung des in Rede stehenden Verstoßes [vor Entscheidung des EGMR] als für das nationale Erneuerungsverfahren unbeachtliches Zulässigkeitskriterium ersieht).

3.2. Ein Erneuerungsantrag ohne vorherige Befassung des EGMR führt systembedingt zu einer sogenannten „Grobprüfung“ der behaupteten Verletzung auf Grundrechts- bzw Verfassungsebene, ermöglicht jedoch keine detaillierte Überprüfung auf einfachgesetzlicher Ebene. Eine derartige sogenannte „Feinprüfung“ würde vom Obersten Gerichtshof nur anlässlich einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes vorgenommen. In Erneuerungsverfahren beschränkt sich die Prüfung des Obersten Gerichtshofs somit allein auf die reklamierte Verletzung eines Rechts nach der MRK oder einem ihrer Zusatzprotokolle (vgl zu alledem jeweils mwN Ratz aaO; ders, „Grundlegende Verfahrensrechte“ als Gegenstand von Erneuerung, EvBl 2019/6 [Glosse]; Hinterhofer/Oshidari, aaO Rz 11.108; Lendl, Die Rechtsprechung des OGH in Verfahren nach dem MedienG, ÖJZ 2011/3 sowie RIS‑Justiz RS0129606 [T2] und RS0126458, zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes statt vieler Schroll in Fuchs/Ratz, WK‑StPO § 23). Daher ist für das Erneuerungsverfahren aus den einfachgesetzlichen Verweisen auf die „Grundsätze de[s] ... Art 6 MRK“ (§§ 51 Abs 1 Z 2 iVm 19 Z 1 ARHG) nichts für einen Art 6 MRK umfassenden Prüfungsumfang zu gewinnen (s bereits 13 Os 71/13k).

4. Weil sich die Erneuerungswerber im Gegenstand ausschließlich auf die in Art 6 MRK normierten Garantien stützen, ohne substrathaft die oben erörterten Kriterien für eine ausnahmsweise Geltung des in Rede stehenden Grundrechts in Rechtshilfeverfahren anzusprechen (s unten), konnte ihrem Begehren kein Erfolg beschieden werden.

 

5. Zur Abrundung:

Da Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter/Pabel, aaO § 13 Rz 16), hat ein Erneuerungsantrag deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]). Dabei hat sich der Erneuerungswerber mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen und – soweit er (auf Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe) nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen zu wecken vermag – seine Argumentation auf der Basis der Tatsachenannahmen der bekämpften Entscheidung zu entwickeln (RIS‑Justiz RS0124359, RS0125393 [T1])

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Diesen Erfordernissen werden die gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien vom 29. Jänner 2019, AZ 22 Bs 304/18v (ON 32) und AZ 22 Bs 289/18p (ON 31) gerichteten, eine Verletzung des Art 6 MRK behauptenden – inhaltlich jedoch weitgehend bloß wörtlich die Beschwerden (ON 26 S 5 ff, ON 28 S 5 ff) wiederholenden – Vorbringen nicht gerecht.

Die Erneuerungswerber übergehen nämlich zur Gänze die dazu (in Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen) getroffenen Sachverhaltsannahmen des Beschwerdegerichts (BS 4 bis 7 zu AZ 22 Bs 304/18v, BS 6 bis 9 zu AZ 22 Bs 289/18p) ebenso wie dessen zutreffende Argumentation mit dem formellen Prüfungsprinzip im Rechtshilfeverkehr und stellen dem bloß ihren eigenen Prozessstandpunkt gegenüber.

Mit den Behauptungen der zu 1./ genannten Betroffenen, es sei „unverständlich“, dass das Oberlandesgericht „der Argumentation der Antragsteller zu den massiven Konventionsverletzungen durch die Ukraine nicht gefolgt“ sei, die Beschlüsse wären „nicht nachvollziehbar“ und das Oberlandesgericht hätte versucht, sich „den Gerichtsbeschluss vom 10. 9. 2018 [!] quasi schönzureden“ werden die oben beschriebenen substantiierten Gründe nicht einmal im Ansatz dargelegt. Dies trifft auch für deren Behauptungen zu, die ukrainischen Behörden würden „Vorwürfe konstruieren“, wären in anderen europäischen Staaten bereits mit ähnlichen Ersuchen gescheitert und verhielten sich „völlig rechtsmissbräuchlich“; in gleicher Weise verfehlen die Anwürfe der zu 2./ genannten Betroffenen ihr Ziel, das ukrainische Verfahren entspräche „in keiner Weise den strengen Anforderungen des Art 6 MRK“, die Ermittlungen wären „einseitig“ und sollten „möglichst lang geheim gehalten werden“.

Recht besehen

zielen beide Anträge bloß auf eine Überprüfung der Tatsachengrundlage der Beschwerdeentscheidung ab, ohne allerdings Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die bekämpften Sachverhaltsannahmen zu wecken (siehe aber RIS‑Justiz RS0125393, 12 Os 154/15m, EvBl 2016/69, 465; 13 Os 80/16p, EvBl 2016/159, 1100; jüngst 13 Os 133/18k).

 

6. Mit Blick auf die Kompetenznorm des § 362 Abs 5 StPO nimmt der Oberste Gerichtshof zwar die Befugnis in Anspruch, den Vollzug mit Erneuerungsantrag (§ 363a StPO) bekämpfter Entscheidungen zu hemmen, ein Antragsrecht betroffener Personen ist daraus – entgegen den Ausführungen der zu 2./ genannten Betroffenen – jedoch nicht abzuleiten (RIS-Justiz RS0125705).

 

Im Ergebnis in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Generalprokuratur waren die Erneuerungsanträge der Betroffenen daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung ebenso als unzulässig zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 3 StPO) wie deren Anträge auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung.

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