Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 7. September 2012, GZ 9 Hr 313/12a-22, wurde die - im Rahmen eines gegen Horst F***** wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs 1 Nr 1 dAO auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth geführten Rechtshilfeverfahrens ergangene - Anordnung der Staatsanwaltschaft Wels, AZ 3 HSt 11/12h, auf Durchsuchung von Orten und Gegenständen nach § 117 Z 2 lit b StPO, nämlich der Geschäftsräume der P***** GmbH samt aller Keller- und Nebenräumlichkeiten und der dort befindlichen Behältnisse (vgl ON 17), bewilligt.
Demnach ist der österreichische Staatsangehörige Horst F***** verdächtig, als Geschäftsführer der F***** P***** GmbH mit Sitz in ***** zwischen 2005 und 2008 durch Aufnahme von Scheinrechnungen in die Buchhaltung des bezeichneten Unternehmens inhaltlich unrichtige Steuererklärungen abgegeben und dadurch eine Verkürzung von Körperschaft- und Gewerbesteuer um insgesamt 428.889,62 Euro bewirkt zu haben. Auf Grund der bisherigen Ermittlungen sei anzunehmen, dass sich die Originale der Eingangsrechnungen über Fremdleistungen in der Betriebsstätte der F***** P***** GmbH in M***** oder am Sitz der F***** H***** GmbH in W***** befinden.
Die steuerliche Beratung der F***** P***** GmbH soll - laut den Beschlüssen des Amtsgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2012, Geschäftsnummer 57 Gs 6990/12 und 57 Gs 7004/12, mit welchen in Deutschland die Durchsuchung der Geschäftsräume des betroffenen Unternehmens angeordnet wurde - durch die P***** GmbH erfolgt sein (ON 22 S 3, ON 4 und 8 jeweils S 5).
Mit Beschluss vom 12. Dezember 2012, AZ 9 Bs 346/12i, 359/12a (ON 39), gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde der P***** GmbH gegen den bezeichneten Beschluss des Landesgerichts Wels nicht Folge, wies den mit der Beschwerde verbundenen Einspruch teils (soweit er sich gegen die von der Anordnung der Staatsanwaltschaft nicht umfasste angebliche Durchsicht von Handakten mit internen Unterlagen und Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin durch die Beamten der Steuerfahndung T***** bei Durchführung der Zwangsmaßnahme richtete) zurück und gab ihm im Übrigen nicht Folge.
Mit dem gegenständlichen Antrag begehrt die P***** GmbH die Verfahrenserneuerung gemäß § 363a StPO mit der Behauptung, es sei in Grundrechte eingegriffen worden, „so insbesondere in das Recht auf Unverletzlichkeit des Hausrechts nach Artikel 9 StGG und auch nach Artikel 8 MRK sowie in das Recht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 MRK“.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag ist nicht berechtigt.
Für einen - wie hier - nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten Erneuerungsantrag, bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, gelten alle gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und 2 MRK sinngemäß. Demnach hat - weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 13 Rz 16) - auch ein Erneuerungsantrag nach § 363a StPO deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS-Justiz RS0122737 [T17]). Dabei hat er sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0124359) und - soweit er (auf Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe) nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen zu wecken vermag - seine Argumentation auf Basis der Tatsachenannahmen der bekämpften Entscheidung zu entwickeln (RIS-Justiz RS0125393 [T1]).
Dem wird der Erneuerungsantrag nicht gerecht.
Unter Bezugnahme auf § 51 Abs 1 Z 3 ARHG wendet er das Fehlen der „materiellen Voraussetzungen“ für die Durchsuchung gemäß § 119 Abs 1 StPO ein, weil aus den Rechtshilfeunterlagen keine „bestimmten Tatsachen“ ersichtlich wären, die eine Hausdurchsuchung bei der Betroffenen rechtfertigen würden. Demgegenüber handelt es sich bei den Ausführungen in den Beschlüssen des Amtsgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2012, Geschäftsnummer 57 Gs 6990/12 und 57 Gs 7003/12, wonach die P***** GmbH die steuerberatende Tätigkeit für die F***** P***** GmbH durchgeführt hat (vgl ON 3 f und 8 jeweils S 5), gerade um jene konkreten Tatsachen, auf die - zufolge des auch insoweit geltenden formellen Prüfungsprinzips - das Erstgericht und das Oberlandesgericht die Annahme stützen konnten, dass sich die gesuchten Unterlagen in den Räumlichkeiten der Betroffenen befinden könnten (ON 22 S 3, ON 39 S 4 f), wobei der Zusammenhang vor allem auch dadurch hergestellt wurde, dass die Betroffene in W***** unter anderem auch an der Adresse der F***** H***** GmbH etabliert ist, die ihrerseits die Buchführung für ihr 100%iges Tochterunternehmen, die F***** P***** GmbH „betreibt“ (ON 7 S 1 und 5). Einer eigenständigen Prüfung dieses in den Rechtshilfeunterlagen dargestellten Sachverhalts hätte es nur bedurft, wenn die von der Rechtshilfe Betroffene durch entsprechend substantiiertes Vorbringen erhebliche Bedenken aufzuzeigen vermocht hätte (vgl RIS-Justiz RS0125233), was nicht der Fall war.
Warum es „zu einem Unterlassen der gesetzlich garantierten Verschwiegenheitsverpflichtung führen würde“, wenn - wie hier - bloß vom Berufsgeheimnis (§ 157 Abs 1 Z 2 StPO) nicht umfasstes, weil schon existent gewesenes und beim Parteienvertreter bloß hinterlegtes Beweismaterial (vgl ON 22 S 3: „insbesondere an die P***** GmbH übergebene Buchhaltungsunterlagen samt Belegen und Aufzeichnungen, Unterlagen über Bankverbindungen, Schriftverkehr zwischen der Holding und der F***** P***** GmbH“ und deren Zweigstellen, „jeweils betreffend den Zeitraum ab dem Jahr 2005 bis dato sowie allfällige elektronische Speichermedien und Datenträger mit derartigen Inhalten“) den Gegenstand der Durchsuchungsanordnung nach §§ 119 Abs 1, 120 Abs 1 StPO bildet (RIS-Justiz RS0097381 [T1], Tipold/Zerbes, WK-StPO § 121 Rz 12), legt der Antrag nicht dar. Im Übrigen wurden mit der gerichtlichen Bewilligung „ausdrücklich alle Unterlagen und Datenträger ausgenommen, die Informationen beinhalten, die die P***** GmbH durch die Vertretung der F***** H***** GmbH bzw deren Tochtergesellschaft erlangt hat bzw ihr in der Eigenschaft als Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder von der Mandantschaft mitgeteilt wurden (§ 157 Abs 1 Z 2 StPO)“ (vgl ON 22 S 3).
Der weitere Einwand, wonach „die Sicherstellung von Originalen ohnehin unzulässig“ wäre, lässt sich mit Blick auf die im Erneuerungsantrag auch zitierte Bestimmung des § 110 Abs 4 StPO nicht nachvollziehen, womit der gesamte Erneuerungsantrag keine Verletzung des reklamierten Grundrechts nach Art 9 StGG und Art 8 MRK aufzeigt.
Eine Verletzung ihres Rechts „auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 MRK“ hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht reklamiert, sodass das entsprechende Vorbringen schon an der erforderlichen horizontalen Erschöpfung des Instanzenzugs scheitert (vgl RIS-Justiz RS0122737 [T13]). Bloß vollständigkeitshalber ist demnach anzumerken, dass das Rechtshilfeverfahren zufolge § 51 Abs 1 Z 2 ARHG nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 MRK fällt.
Der Erneuerungsantrag war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO).
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