OGH 5Ob203/18s

OGH5Ob203/18s20.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Painsi, Dr. Steger und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J* E*, vertreten durch Mag. Stefan Geisler, Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, gegen die beklagten Parteien 1. M* D*, 2. M* L*, 3. A* L*, vertreten durch Dr. Walter Hausberger, Dr. Katharina Moritz, Dr. Alfred Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert 5.400 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Juni 2018, GZ 3 R 56/18h‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E124661

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508aAbs 2ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502Abs 1ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein zwischen Miteigentümern einer Liegenschaft abgeschlossener Realteilungsvertrag schafft einen neuen Rechtsgrund, der an die Stelle des aus dem Teilrecht des Teilhabers entspringenden Anspruchs auf Aufhebung dieser Eigentumsgemeinschaft nach § 830 zweiter Satz ABGB tritt (1 Ob 619/86; RIS-Justiz RS0013242 [T1, T2]). Eine bindende Vereinbarung der Miteigentümer über die Teilung steht demnach einer auf den gesetzlichen Teilungsanspruch gestützten Teilungsklage entgegen (8 Ob 552/87, 2 Ob 540/93; RIS-Justiz RS0013262; Parapatits in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 841 Rz 5).

2.1. Die Streitteile haben eine solche schriftliche Teilungsvereinbarung getroffen, deren Wirksamkeit der Kläger allerdings unter Berufung auf deren Unbestimmtheit bestreitet. Die Vorinstanzen qualifizierten diese Vereinbarung hingegen als eine rechtsgeschäftlich verbindliche Punktation iSd § 885 ABGB.

2.2. Die Punktation iSd § 885 ABGB ist ein von den Parteien unterfertigtes schriftliches Konzept zumindest über die Hauptpunkte des geschlossenen Vertrags und gewährt bereits einen unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung (RIS-Justiz RS0017160; RS0017187).

2.3. Wie Parteienerklärungen im Einzelfall aufzufassen sind, ob also rechtsgeschäftliche Erklärungen richtig ausgelegt wurden, ob eine solche inhaltlich ausreichend bestimmt ist und ob in ihr ein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kommt, ist jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042555; RS0042776; RS0042936; RS0044298; RS0044358; RS0112106).

2.4. Auch das Zustandekommen einer Punktation und deren rechtliche Beurteilung sind solchen Fragen des Einzelfalls (1 Ob 161/07v). Die Beurteilung der Vorinstanzen, aufgrund der Benennung der von den jeweiligen Trennstücken umfassten Grundstücke, der Beschreibung des Grenzverlaufs im Bereich des zu teilenden Grundstücks und der gleichzeitigen Festsetzung des Ausmaßes der dabei zu erzielenden Gesamtfläche hätten die Streitteile die Hauptpunkte eines Teilungsvertrags insbesondere auch in Bezug auf das dem Kläger zugewiesene Trennstück ausreichend bestimmt vereinbart, ist keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der Kläger, der diesem Auslegungsergebnis in erster Linie deshalb entgegen tritt, weil der Grenzverlauf ohne Beiziehung eines Vermessers und daher nicht exakt festgelegt wurde, übersieht, dass als Voraussetzung der Bestimmtheit einer Erklärung nach § 869 ABGB auch deren Bestimmbarkeit ausreicht (RIS-Justiz RS0014010, RS0014693, RS0013954).

3.1. Eine Realteilungsvereinbarung wird im Regelfall als ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft angesehen. Jeder Miteigentümer gibt sein Anteilsrecht auf und übernimmt dafür die Anteilsrechte der anderen Miteigentümer an der ihm zugewiesenen Sache. Er ist daher Rechtsnachfolger der jeweils anderen (Parapatits in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 841 Rz 7 mwN). Ob und inwieweit daher ein Veräußerungs- und Belastungsverbot, das auf einem Liegenschaftsanteil eines Miteigentümers einverleibt ist, auch eine solche Teilungsvereinbarung umfasst, bedarf jedoch im vorliegenden Prozessrechtsverhältnis zu den Vertragspartnern der Teilungsvereinbarung keiner abschließenden Klärung.

3.2. Ein Veräußerungsverbot wirkt nur als Hindernis gegen eine grundbücherliche Durchführung einer verbotswidrigen Verfügung, während die obligatorische Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts davon unberührt bleibt (RIS-Justiz RS0010739 [T2]; RS0010751). Auch bei einem grundbücherlich eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbot handelt es sich insofern um ein bloß obligatorisches Rechtsverhältnis, als das durch die Vereinbarung begründete schuldrechtliche Rechtsverhältnis bestehen bleibt, auch wenn der (beabsichtigten) Verbücherung die Bestimmung des § 364c zweiter Satz ABGB entgegensteht (RIS-Justiz RS0062140 [T3]). Das nach § 364c ABGB eingetragene Veräußerungsverbot bewirkt, solange der Verbotsberechtigte einer Verbücherung des Vertrags nicht zustimmt, als Eintragungshindernis lediglich eine allgemeine Grundbuchsperre (RIS-Justiz RS0002595 [T16]). Es macht aber – entgegen der Auffassung des Klägers – das Verpflichtungsgeschäft nicht ungültig, weshalb trotz des Verbots die Zuhaltung des Vertrags verlangt werden kann (RIS-Justiz RS0010751 [T4]).

3.3. Der Kläger verkennt demnach den Unterschied zwischen der aufrechten obligatorischen Verpflichtung einerseits und der derzeit fehlenden grundbücherlichen Durchführbarkeit des Vertrags andererseits. Es ist Aufgabe des Klägers, sich um die Einhaltung seiner obligatorischen Verpflichtung und damit um die Schaffung der Voraussetzungen für die grundbücherliche Durchführbarkeit des Vertrags zu bemühen. Dass der Kläger zur Erfüllung der ihm mit der Teilungsvereinbarung auferlegten Leistungspflicht der Zustimmung einer Dritten bedarf und diese seiner Behauptung nach nicht vorliegt, steht dem Erfüllungsanspruch der Beklagten daher nicht entgegen. Eine Verurteilung zur Leistung setzt zwar eine ernst zu nehmende, irgendwie ins Gewicht fallende Chance voraus, dass die Leistung (wenigstens) später erbracht werden kann. Daher kann der Gläubiger nicht auf dem Erfüllungsanspruch beharren, wenn nach der Beurteilung des Verkehrs praktisch mit Sicherheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) feststeht, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden können wird (RIS‑Justiz RS0016423). Die bloße Behauptung, die Dritte sei nicht bereit auf ihre Rechte zu verzichten, genügt aber nicht, um die behauptete Unmöglichkeit der Leistung darzutun. Es müsste vielmehr vorgebracht und bewiesen werden, dass alles redlich Zumutbare unternommen wurde, um den Dritten zur Mitwirkung zu bewegen (RIS‑Justiz RS0016423 [T8]). Der Kläger hat die Unmöglichkeit, die Zustimmung der Verbotsberechtigten zeitnah zu erlangen, weder behauptet noch dargetan, dass er entsprechende Bemühungen unternommen hat.

3.4. Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der hier zu beurteilenden Fallgestaltung begründet für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0102181, RS0110702, RS0107773). Das gilt insbesondere dann, wenn der Streitfall – wie hier – bereits mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann und gelöst wurde (RIS‑Justiz RS0042656 [T48], RS0042742 [T13]).

4. Der Kläger zeigt in seiner Revision somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

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