European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00133.17H.0509.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten Michael Kn***** und Maximilian S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit Anklageschrift vom 6. Juni 2014 (ON 195) lastete die Staatsanwaltschaft Klagenfurt Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St*****, Josef Ki*****, Michael Kn***** und Maximilian S***** Taten an, die sie als Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 subsumierte (§ 211 Abs 1 Z 2 StPO). Danach hätten Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St***** und Josef Ki***** am 20. März 2006 in Kl***** im einverständlichen Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) ihre Befugnis, über das Vermögen der H***** AG (im Folgenden HBInt) zu verfügen oder dieses Unternehmen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch die HBInt mit zumindest 2,85 Millionen Euro am Vermögen geschädigt und mit wenigstens 2,64 Millionen Euro am Vermögen zu schädigen versucht, indem sie pflichtwidrig der über keine Vermögenswerte verfügenden kroatischen Kapitalgesellschaft Hotel M***** d.o.o. (im Folgenden M*****) ohne ausreichend werthaltige Sicherheiten einen Kredit von 17,7 Millionen Euro bewilligten. Michael Kn***** und Maximilian S***** hätten die drei Genannten vom Sommer 2005 bis zum März 2006 zur Ausführung der beschriebenen strafbaren Handlung bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB) und dabei den vorsätzlichen Befugnisfehlgebrauch für gewiss gehalten (§ 5 Abs 3 StGB) und den Schadenseintritt jedenfalls billigend in Kauf genommen (§ 5 Abs 1 StGB).
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St***** und Josef Ki***** von dem wider sie erhobenen Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Zugleich wurden Michael Kn***** und Maximilian S***** jeweils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie im einverständlichen Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) zwischen dem Sommer 2005 und dem März 2006 in Kl***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz die Vorstandsmitglieder der HBInt Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St***** und Josef Ki***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, Eigenmittel in der Höhe von rund 2,7 Millionen Euro aufbringen zu können, zur Bewilligung eines Kredits von 15 Millionen Euro für die M*****, somit zu einer Handlung verleitet, welche die HBInt mit einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.
Die dagegen von der Staatsanwaltschaft aus Z 5, 9 lit a und 10, von den Angeklagten Michael Kn***** und Maximilian S***** aus Z 1, 4, 5, 8 und 9 lit a, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – fehl.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Die Beschwerde strebt anklagekonforme Verurteilungen an, wobei sich Mängelrüge (Z 5) und Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen die Freisprüche der Angeklagten Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St***** sowie Josef Ki***** wenden und die Subsumtionsrüge (Z 10) auf Schuldsprüche der Angeklagten Michael Kn***** und Maximilian S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB als Bestimmungstäter im Sinn des § 12 zweiter Fall StGB zielt.
Indem die Mängelrüge die „Feststellung“ der Vertretbarkeit der Kreditbewilligung als unvollständig (Z 5 zweiter Fall) begründet bezeichnet, übersieht sie, dass die Frage nach der Vertretbarkeit eines allfälligen Regelverstoßes (§ 153 Abs 2 StGB) eine Rechtsfrage und solcherart gerade nicht auf der Feststellungsebene angesiedelt ist.
Die zur Wissentlichkeit des Befugnisfehlgebrauchs und zum Schädigungsvorsatz eingewendete Unvollständigkeit liegt nicht vor:
Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO), wonach die zugesagten Eigenmittel der M***** im Zeitpunkt der Kreditbewilligung (20. März 2006) noch nicht vorlagen, sondern – abgesichert durch eine Bankgarantie – erst im Oktober 2006 vorhanden sein sollten, überging das Erstgericht keineswegs, vielmehr legte es den angesprochenen Umstand seinen Feststellungen ausdrücklich zugrunde (US 6).
Mit dem Gutachten des Sachverständigen Mag. G***** setzten sich die Tatrichter eingehend auseinander (US 10 bis 14 und US 16 bis 18). Dass sie aus dieser Expertise im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) andere Schlüsse ableiteten als die Anklagebehörde, stellt den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht her.
Die Aussage der Zeugin Mag. O***** zu ihrer Einschätzung über die Richtigkeit von Projektkalkulationen erörterte das Erstgericht zu Recht nicht, weil Gegenstand des Zeugenbeweises nur Wahrnehmungen von Tatsachen, nicht jedoch Schlussfolgerungen oder Wertungen sind (EvBl 1992/189, 797; RIS‑Justiz RS0097540; Kirchbacher , WK‑StPO § 154 Rz 7 f).
Der Einwand, die angefochtene Entscheidung referiere die Aussage des Angeklagten Michael Kn***** zum Kenntnisstand der Entscheidungsträger der HBInt hinsichtlich der fehlenden Eigenkapitalausstattung der M***** aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall), trifft nicht zu (siehe US 11 f und ON 420 S 33).
Die Rechtsrüge basiert nicht auf den Negativ‑Feststellungen zum Wissen um einen Befugnisfehlgebrauch und zum Schädigungsvorsatz (US 16), sondern bestreitet diese anhand eigener Beweiswerterwägungen und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).
Ausgehend von den angesprochenen Konstatierungen zur fehlenden Verwirklichung sämtlicher subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 153 Abs 1 StGB können die Rechtsausführungen zur Vertretbarkeit des Handelns der Angeklagten auf sich beruhen.
Das Vorbringen der Subsumtionsrüge, das Erstgericht habe hinsichtlich Michael Kn***** und Maximilian S***** die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale des § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB festgestellt und daher rechtsfehlerhaft keine entsprechenden Schuldsprüche gefällt, argumentiert nicht auf der Basis der Urteilskonstatierungen (siehe aber erneut RIS‑Justiz RS0099810). Feststellungen, wonach die Angeklagten Michael Kn***** und Maximilian S***** um einen (zumindest im Sinn des § 5 Abs 1 StGB bedingt) vorsätzlichen Befugnisfehlgebrauch ihrer Mitangeklagten gewusst (§ 5 Abs 3 StGB) hätten (14 Os 128/00, SSt 63/110; RIS‑Justiz RS0103984; jüngst 11 Os 11/17b, EvBl 2017/129, 879; Kirchbacher in WK 2 StGB § 153 Rz 44 mwN), sind der angefochtenen Entscheidung nämlich nicht zu entnehmen.
Mit dem Verweis auf die Ausführungen zu den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO wird die Subsumtionsrüge nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS‑Justiz RS0115902).
Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (13 Os 91/02, SSt 64/46; RIS‑Justiz RS0116735 und RS0118580). Dabei muss auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) hingewiesen werden, die nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung als ernst zu nehmendes Indiz für die angestrebte rechtliche Konsequenz zu werten sind (15 Os 119/16p, RIS‑Justiz RS0118580 [T21]). Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie aus dem vom Erstgericht eingehend gewürdigten (US 10 bis 14 und US 16 bis 18) Gutachten des Sachverständigen Mag. G***** anhand eigener Beweiswerterwägungen für ihren Prozessstandpunkt sprechende Schlüsse ableitet.
Weshalb hier – entgegen der oben angeführten ständigen Judikatur – das Wissen des Bestimmungstäters (§ 12 zweiter Fall StGB) um einen (nicht vorsätzlichen, also bloß objektiven) Befugnisfehlgebrauch der Machthaber zur Subsumtion nach § 153 StGB reichen soll, leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab (siehe aber 12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).
Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Michael Kn***** und Maximilian S*****:
Da die Rechtsmittel nahezu wortgleich sind, werden sie in der Folge gemeinsam behandelt.
Der Einwand der Besetzungsrüge (Z 1), der Ersatzrichter (§ 221 Abs 4 StPO) sei bei der Urteilsberatung des Schöffengerichts (§ 257 StPO) anwesend gewesen, hat auf sich zu beruhen, weil dieser Umstand gegebenenfalls keine Urteilsnichtigkeit bewirkt (SSt 40/44, RIS‑Justiz RS0098381; Danek/Mann , WK‑StPO § 221 Rz 33).
Das Vorbringen, der Ersatzrichter habe „offensichtlich auch an der Abstimmung teilgenommen“ (vgl demgegenüber US 1), entzieht sich als rein spekulativ einer meritorischen Erledigung.
Hinzugefügt sei, dass ein höher qualifizierter Spruchkörper mit Blick auf die Systematik der verfahrensrechtlichen Vorschriften und ungeachtet unterschiedlicher Anfechtungsmöglichkeiten stets „auf dem Gesetz beruht“, was auch für den Fall einer besonderen Besetzungsvorschrift gilt ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 115 mwN). Solcherart ist ein nach § 32 Abs 1a StPO besetztes Schöffengericht auch dann als auf dem Gesetz beruhend anzusehen, wenn es über eine nicht im Sinn der genannten Norm qualifizierte Straftat abspricht. Die zur (damals) gänzlichen Abschaffung des beisitzenden Richters durch das Budgetbegleitgesetz 2009 BGBl I 2009/52 ergangene Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0125534), mit der in einer Überbesetzung des Schöffengerichts mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen Nichtigkeit gesehen wurde, steht dem nicht entgegen, weil sie sich auf einen gesetzlich gar nicht (mehr) vorgesehenen Spruchkörper bezog (zum Ganzen eingehend Danek/Mann , WK‑StPO § 221 Rz 27/2).
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf den Antrag „zum Beweis dafür, dass die Aufbringung der Eigenmittel, die auf Initiative der Vertreter der P***** AG erfolgte, mit dem Ersuchen sich an diesem Projekt entsprechend zu beteiligen, diese Beteiligung letztlich über Initiative der Vertreter der P***** d.o.o. in der dargestellten Weise über entsprechende Dienstleistungsverträge erfolgte, die Vertragskonstruktion durch Herrn Ga***** und D***** sowie Herrn Mü***** entsprechend konzipiert wurde, die Zahlung der Mittel jedoch in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit der Kreditzuzählung der einzelnen Tranchen aus dem Kreditvertrag HR/1309 stammt, sodass aus der Vertragsgestaltung und der Zuzählung der Mittel kein wie immer gearteter Einfluss auf die Kreditentscheidung abzuleiten ist, es sich bei den zugezählten Mitteln um Vermögen der P***** d.o.o. handelte, welche diese der ITP zur Verfügung stellte, um das Projekt zu ermöglichen. Beweis: Aktenvermerk D***** zu ON 5184 woraus sich ergibt, dass sämtliche Entscheidungsträger der P***** die Vertragsgestaltung durchgeführt haben und Zahlungen aus den zu erwartenden Erträgen aus dem gegenständlichen Projekt an die ITP geleistet haben, Einvernahme Ga*****, D***** und Mü***** zum Beweis dafür, dass aus der gesamten Vertragskonstruktion und aus den wechselseitigen Interdependenzen für die Vertreter der HBC im Rahmen der Kreditentscheidung eindeutig ersichtlich war und diese auch Kenntnis davon hatten, dass die Eigenmittel aus dem gegenständlichen Projekt generiert werden und aus der Zusammenschau zwischen Bankgarantien, P***** Vertrag sowie den Zahlungsplänen aus dem P***** Vertrag die Eigenmittelgenerierung ersichtlich war. Beweis: Einvernahme der Ana Sa*****; ergänzende Einvernahme von Mag. O***** letztlich zum Beweise, dass es sich bei den Zahlungen der P***** an die ITP um Zahlungen gehandelt hat, welche für die Kreditentscheidung nicht maßgeblich waren, zumal die Eigenmittel effektiv ein Beteiligungskapital der P***** am gegenständlichen Projekt darstellten, die P***** die Zahlungen aufgrund deren Wunsch hin nicht im Rahmen der Darlehensgestaltung oder im Rahmen einer echten Beteiligung zur Verfügung stellte, sondern die gegenständliche aufwandswirksame Variante zur Beteiligung wählte, was jedoch nichts daran ändert, dass mit der Auszahlung und umgehenden Wiederrückführung in das Projekt das Eigenkapital effektiv vorhanden war, sich dadurch zwar eine Verbesserung der Ertragslage der ITP am Ende der Vertragslaufzeit ergeben hätte, jedoch keine Täuschungshandlung, welcher Art auch immer, vorgelegen ist und eine effektive nachhaltige Finanzierung des Projektes durch die Gesamtkonstruktion sichergestellt war, wodurch auch kein Schaden entstanden ist“ (ON 420 S 30 f).
Entgegen der Beschwerde folgte das Erstgericht diesem Beweisantrag zu Recht nicht (ON 420 S 34):
Weswegen die angebotenen Beweismittel geeignet sein könnten, das Vorliegen einer Täuschung der Vorstandsmitglieder der HBInt sowie einer Schädigung des Vermögens dieses Unternehmens zu widerlegen, wird – entgegen § 55 Abs 1 letzter Satz StPO – nicht klar.
Die übrigen Beweisthemen lassen mit Blick auf den Vorwurf, die Vorstandsmitglieder der HBInt durch Vortäuschung einer hinreichenden Eigenkapitalbasis der M***** zur Bewilligung eines Kredits für diese Gesellschaft verleitet zu haben, wodurch der HBInt ein 300.000 Euro übersteigender Schaden entstanden sei, keinen Konnex zu schuld‑ oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen (siehe aber § 55 Abs 2 Z 2 StPO).
Hinzu kommt, dass der Antrag nicht darlegte, weshalb die als Zeugen namhaft gemachten Personen in der Lage sein sollten, die im Antrag behaupteten Umstände zu bestätigen, und solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung zielte (14 Os 100/04, SSt 2005/11; RIS‑Justiz RS0118444).
Dem Begehren um neuerliche Vernehmung der Zeugin Mag. O***** mangelte es überdies an Ausführungen dazu, warum aus der wiederholten Befragung zusätzliche Erkenntnisse für schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände zu erwarten seien (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 331 mwN).
Das den Beweisantrag ergänzende, vom Angeklagten Maximilian S***** auch mit Überlegungen zu den Garantien des Art 6 MRK versehene Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268).
Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesonders T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS‑Justiz RS0119089).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431).
In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS‑Justiz RS0119370).
Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen (vgl RIS‑Justiz RS0124172).
Den dargelegten Kriterien wird die Mängelrüge nicht im Ansatz gerecht. Soweit sie überhaupt einen Konnex zu schuld‑ oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen lässt, erschöpft sie sich darin, unter wiederholter Bezugnahme auf behauptete Notorietät oder Plausibilität sowie unter Vernachlässigung der Gesamtheit der Urteilsbegründung aus den vom Erstgericht eingehend gewürdigten (US 8 bis 27) Verfahrensergebnissen anhand eigener Spekulationen, Berechnungen und Beweiswerterwägungen für die Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten.
Die eingewendete Überschreitung der Anklage (Z 8) durch Verletzung der Bestimmungen des § 262 StPO liegt nicht vor. Während die Anklage den Beschwerdeführern jeweils das als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) begangene Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 anlastete (ON 195), subsumierte das Erstgericht den Anklagesachverhalt als Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (US 2). Da die Tatbilder der Untreue und des Betrugs einander nicht überdecken, war das Erstgericht (trotz Übereinstimmung von Anklage‑ und Urteilssachverhalt) unter dem Aspekt der Z 8 gehalten, die Angeklagten über die mögliche Abweichung von der Anklage auf der Subsumtionsebene zu informieren (RIS‑Justiz RS0113755; Lewisch , WK‑StPO § 262 Rz 88; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 545). Diese Information erteilte der Vorsitzende nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung im Rahmen dieser (ON 420 S 29 f). Indem die Beschwerde meint, die Information sei verspätet erfolgt, verkennt sie den Schutzzweck des § 262 StPO. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung hat das Schöffengericht im Fall der auch hier gegebenen Konstellation „die Beteiligten des Verfahrens über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt zu hören und über einen allfälligen Vertagungsantrag zu entscheiden.“ Nach dem Willen des Gesetzgebers dient diese Regelung somit dazu, dem Angeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, seine Verteidigungsstrategie mit Blick auf allenfalls geänderte rechtliche Gesichtspunkte umzustellen und die hiefür erforderlichen Anträge zu stellen (14 Os 34/00, EvBl 2000/221, 909; 14 Os 84/06v, SSt 2006/82; RIS‑Justiz RS0113755). Die Frage nach dem Zeitpunkt der Hauptverhandlung, in dem die entsprechende Information erfolgte, ist somit unter dem Aspekt der Z 8 irrelevant, weil es stets in der Hand des Angeklagten liegt, durch eine – durch den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO geschützte – Antragstellung eine Vertagung der Hauptverhandlung zu erwirken (vgl auch Lewisch , WK‑StPO § 262 Rz 94 bis 96). Fallbezogen sei hinzugefügt, dass nach der Aktenlage nach erfolgter Information über allenfalls geänderte rechtliche Gesichtspunkte beide Beschwerdeführer kurz Stellung bezogen, jedoch weder sie noch ihr Verteidiger einen Antrag auf Vertagung der Hauptverhandlung stellten (ON 420 S 30).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert nicht auf der Basis der Urteilsfeststellungen (US 3 bis 8) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuatur gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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