OGH 13Os119/17z

OGH13Os119/17z9.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Franz D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und lit b, Abs 3 lit c FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Franz D*****, Robert P***** und Robert L***** gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 20. Februar 2017, GZ 16 Hv 89/16s‑82, und die Beschwerde des Angeklagten D***** gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Erteilung einer Weisung, GZ 16 Hv 89/16s‑83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00119.17Z.0509.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten D*****, P***** und L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden

Franz D***** des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, „Abs 3 lit a“, 39 Abs 1 lit a und lit b, Abs 3 lit c FinStrG (A/I), „des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1 und 2 lit a, Abs 3 lit a und b, 39 Abs 1 lit a und b und Abs 3 lit b FinStrG“ (B),

Robert P***** des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, „Abs 3 lit a“, 39 Abs 1 lit a und lit b, Abs 3 lit b FinStrG (A/II/1), des „Verbrechens“ (richtig: Finanzvergehens) des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 2 lit a, „Abs 3 lit b“, 39 Abs 1 lit a, „Abs 3 lit a“ FinStrG (C),

Nenad S***** des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, „Abs 3 lit a“, 39 Abs 1 lit a und lit b, Abs 3 lit b FinStrG (A/II/2) und

Robert L***** des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, „Abs 3 lit a“, 39 Abs 1 lit a und lit b, Abs 3 lit c FinStrG (A/II/3) schuldig erkannt.

Danach haben

A/I Franz D***** „im Bereich des Zollamts S***** als für die abgabenrechtlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer der D***** GmbH in G***** dadurch, dass er vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht von 05. 05 2011 bis 14. 12 2012 in 99 Importvorgängen eine Menge von insgesamt 2.845.918 Liter unversteuertes Mineralöl von Polen, Ungarn und der Slowakei in Österreich in Empfang nahm oder nach Österreich verbrachte und dieses an verschiedene Abnehmer verkaufte, unter Benutzung falscher Beweismittel sowie unter Verwendung von Scheingeschäften oder anderen Scheinhandlungen (§ 23 BAO), nämlich Rechnungen der M***** sro, A***** Kft, F***** GmbH, R***** e.U und W***** Kft, die in die Buchhaltung der D***** GmbH aufgenommen wurden, um eine bereits durch diese Firmen in Österreich erfolgte Versteuerung des Mineralöls vorzutäuschen, durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Anmeldung und Abfuhr der selbst zu berechnenden Mineralölsteuer gemäß § 41 Abs 5 MinStG eine Verkürzung von Mineralölsteuer von EUR 1.129.829,44, mithin einen Abgabenbetrug in einem EUR 500.000 übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag bewirkt“;

A/II zu dem unter I beschriebenen Abgabenbetrug beigetragen, und zwar

1. Robert P***** vom 8. März 2012 bis zum 27. Juli 2012 durch Vornahme von Bargeldtransfers und Vermittlung von 39 Diesellieferungen an Franz D***** mit einer Gesamtliefermenge von 1.077.284 Litern samt Ausstellung von Scheinrechnungen namens der R***** e.U (darauf entfallende Mineralölsteuer: 427.681,75 Euro);

2. Nenad S***** vom 1. August 2012 bis zum 14. Dezember 2012 durch Bargeldtransfers und Vermittlung von 27 Diesellieferungen an Franz D***** mit einer Gesamtliefermenge von 807.300 Litern über die W***** Kft, (darauf entfallende Mineralölsteuer: 320.498,10 Euro);

3. Robert L***** vom 6. September 2011 bis zum 14. Dezember 2012 durch Vermittlung und Organisation von Diesellieferungen an Franz D***** über die A***** Kft (10 Lieferungen), die F***** GmbH (22 Lieferungen) und die W***** Kft (27 Lieferungen), mithin 59 Importvorgängen und einer Menge von 1.740.633 Litern (darauf entfallende Mineralölsteuer: 691.031,30 Euro);

B) Franz D***** in G***** im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts W***** als für die abgabenrechtlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer der D***** GmbH unter Verwendung falscher Beweismittel und unter Verwendung von Scheingeschäften und anderen Scheinhandlungen (§ 23 BAO), nämlich von Rechnungen der Scheinunternehmen M***** sro, A***** Kft, F***** GmbH, R***** e.U und W***** Kft,

I) im Jahr 2012 vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Umsatzsteuer für das Jahr 2011 um „168.457,07 Euro“ (richtig: 168.216,05 Euro, vgl US 40) bewirkt, nämlich durch die zu Unrecht erfolgte Geltendmachung von Vorsteuern im buchhalterischen Rechenwerk und Erfassung derselben in der diesbezüglichen Jahressteuererklärung (samt der bezughabenden Bilanz);

II) für die Voranmeldungszeiträume von Jänner 2012 bis August 2012 und Oktober 2012 bis Dezember 2012 an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch die zu Unrecht erfolgte Geltendmachung von Vorsteuern eine (im Urteil nach den einzelnen Voranmeldungszeiträumen aufgeschlüsselte) Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen in der Höhe von insgesamt 427.483,06 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten;

C) Robert P***** als Inhaber des Einzelunternehmens R***** e.U vom 15. Mai 2012 bis zum 15. September 2012 in S***** im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts S***** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine (im Urteil nach den einzelnen Voranmeldungszeiträumen aufgeschlüsselte) Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate März 2012 bis Juli 2012 in der Höhe von insgesamt 224.668 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, wobei er die Taten unter Verwendung von Scheinrechnungen der F***** GmbH und der D***** GmbH beging.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz D*****, die aus Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert P***** und die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert L*****.

Diese gehen – im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – fehl.

Dem Eingehen auf das Vorbringen der Rechtsmittel ist Folgendes voranzustellen:

Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 MinStG unterliegen Waren der Positionen 2710 2011 30 der Kombinierten Nomenklatur der Mineralölsteuer. Gemäß § 2 Abs 8 MinStG sind – weil Mineralöl der Unterposition 2710 2011 30 weder von der taxativen Aufzählung des § 2 Abs 8 Z 1 bis 6 MinStG noch von einer Verordnung im Sinn des § 2 Abs 9 MinStG umfasst wird – auf solche Erzeugnisse die Bestimmungen über Kraftstoffe und Heizstoffe anzuwenden.

Gemäß § 21 Abs 1 Z 5 MinStG entsteht die Steuerschuld in diesen Fällen dadurch, dass ein Kraftstoff oder ein Heizstoff im Steuergebiet erstmals zur Verwendung als Treibstoff oder zum Heizen abgegeben wird.

Ungeachtet dessen ging das Erstgericht (und sichtlich auch die Generalprokuratur) von einer gemäß § 41 Abs 1 MinStG entstandenen Mineralölsteuer aus.

Nach den Feststellungen betrieb die D***** GmbH in G***** (auch) eine Tankstelle für Diesel und Heizöl. Den Bedarf an Mineralöl, das die D***** GmbH an Endkunden verkaufte, deckte der Angeklagte D***** grundsätzlich bei der Mo***** GmbH, im Zeitraum Mai 2011 bis einschließlich Dezember 2012 auch auf die im Urteil bezeichnete Weise. Die vom Angeklagten D***** entweder nach Österreich verbrachten oder dort in Empfang genommen Lieferungen umfassten jeweils Schweröl (Gasöl: Handelsbezeichnung Diesel) des KN‑Codes 2710 2011 30 (US 10).

Bei Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe und des Referats der entscheidenden Tatsachen kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das vom 5. Mai 2011 bis zum 14. Dezember 2012 anlässlich von 99 Importvorgängen nach Österreich gelangte Mineralöl des KN‑Codes 2710 2011 30 im Rahmen des Tankstellenbetriebs der in G***** etablierten D***** GmbH erstmalig als Kraftstoff abgeben wurde.

Da das Erstgericht zwar die erforderlichen Feststellungen traf, rechtlich aber von einem anderen steuerlichen Anknüpfungspunkt ausging, wurde den Angeklagten aus Fairnessgründen die Möglichkeit eingeräumt, auch die für das Entstehen der Steuerschuld tatsächlich maßgebenden Feststellungen im Sinn der Z 2 bis 5a des § 281 Abs 1 StPO zu bekämpfen.

Soweit im Folgenden von Äußerungen der Angeklagten die Rede ist, handelt es sich um das diesbezüglich erstattete Vorbringen.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Franz D*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung des Antrags auf Beischaffung der (jeweils andere Beschuldigte betreffenden) Akten 6 St 39/10x und 6 St 103/11k der Staatsanwaltschaft Salzburg, sämtlicher Prüfberichte der Abgabenbehörden und der Arbeitsbögen der Betriebsprüfer hinsichtlich der M***** sro, A***** Kft, F***** GmbH, R***** e.U, W***** Kft sowie aller Unternehmen, die mit den Genannten – sei es wissend oder unwissend – vergleichbare Geschäfte machten.

Dem Vorbringen zuwider verfielen die Anträge (ON 71 S 68 iVm ON 51) zu Recht der Ablehnung.

Weshalb der damit angestrebte Nachweis, dass die verfahrensgegenständlichen Malversationen lange vor dem hier inkriminierten Zeitraum begonnen haben, zahlreiche andere gutgläubige Frächter von den Drahtziehern der Malversationen als Frächter oder Empfänger von Mineralöllieferungen „ebenso missbraucht worden seien“ wie Franz D***** und dass die Finanzverwaltung (möglicherweise bewusst) jedenfalls mehr als ein Jahr lang die Malversationen nicht unterband (ON 71 S 68 iVm ON 51 S 7), für die Lösung der Schuld‑ oder der Subsumtionsfrage von Bedeutung sein sollte, ließ der Antrag nicht erkennen (RIS‑Justiz RS0118444). Das weitere Beweisziel ließ offen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme geeignet sein könnte, über die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers Auskunft zu geben.

Dem Antrag auf Vernehmung der Zeugin Roswitha D***** (ON 71 S 68 f) wurde in der Hauptverhandlung entsprochen (ON 81 S 2 ff; RIS‑Justiz RS0099250). Das von gegenteiligen Prämissen ausgehende Vorbringen entzieht sich somit einer inhaltlichen Erwiderung.

Zu welchem Beweisthema der Finanzbeamte Karl Sv***** als Zeuge hätte Auskunft geben sollen, blieb entgegen § 55 Abs 1 StPO offen (ON 71 S 68 iVm ON 51 S 8). Die Nichtdurchführung der begehrten Beweisaufnahme ist somit schon deshalb nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0124908).

Die vom Beschwerdeführer angestrebte Beischaffung des Arbeitsbogens des Betriebsprüfers und eines Betriebsprüfungsberichts über die F***** GmbH zum Beweis dafür, dass der Betriebsprüfer Karl Sv***** am 28. Februar 2012 mit Frau D***** telefoniert und mitgeteilt habe, dass die „UID“ der „Firma F*****“ am nächsten Tag gelöscht werde, im Gespräch aber weder das Unternehmen noch eine der jetzt als Abgabenbetrüger verfolgten Personen als problematisch dargestellt habe (ON 71 S 68 iVm ON 51 S 8), unterblieb ebenso zu Recht, weil auch dieser Beweisantrag nicht erkennen ließ, inwieweit das behauptete Beweisergebnis für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sein könnte. Von der Überprüfung der Gültigkeit der UID‑Nummern ging das Erstgericht im Übrigen ohnehin aus (US 41).

In der Beschwerde nachgetragene Argumente zur

Antragsfundierung sind unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurde die leugnende Verantwortung des Franz D***** vom Erstgericht nicht übergangen, sondern als Schutzbehauptung verworfen (US 41 f). Mit sämtlichen Details der Aussage des Beschwerdeführers musste sich das Gericht nicht auseinandersetzen, dies hätte vielmehr das

Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verletzt (RIS‑Justiz RS0098377).

Verfehlte gesetzliche Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes schadet zwar nicht, der Beschwerdeführer muss aber deutlich und bestimmt einen Sachverhalt behaupten, der den Prüfkriterien eines ebenso bezeichneten Nichtigkeitsgrundes entspricht. Werden diese verfehlt, kann keine Prüfung des Vorbringens erfolgen ( Ratz , WK‑StPO § 285d Rz 10).

Soweit die – weder auf einen konkreten Schuldspruch noch auf eine konkrete Feststellung bezogene – Rüge (Z 5 zweiter Fall und 9 lit a) einwendet, dass „die Feststellungen unvollständig“ seien, macht sie der Sache nach einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) geltend. Weshalb der auf US 10 bis 33 festgestellte Sachverhalt zur Subsumtion unter die im Schuldspruch A/I und B genannten Verbrechen (US 6) nicht genügen sollte, oder aus welchen rechtlichen Erwägungen es weiterer Konstatierungen, und zwar zum Verkaufspreis der MO***** GmbH (vgl dazu US 11, 12, 14, 18) und zu Tätigkeiten der Mitangeklagten vor der ersten Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführer, bedurft hätte, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0099810). Der Vorwurf übergeht zudem den Hinweis der Tatrichter auf die Fundstelle im Akt (US 36).

Der Verweis der Mängelrüge auf das Vorbringen der Verfahrensrüge entspricht mit Blick auf das unterschiedliche Wesen der Nichtigkeitsgründe nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902).

Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite unterlässt die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (vgl dazu US 41 f; RIS‑Justiz RS0119370). Dass die vom Erstgericht angeführten Gründe den Beschwerdeführer im Einzelnen nicht überzeugen, stellt keinen Begründungsfehler dar. Der Schluss vom objektiven Tatgeschehen auf die innere Tatseite (vgl US 41 f) ist dem Vorbringen (Z 5 vierter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden und bei leugnenden Angeklagten methodisch meist gar nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0098671).

Indem die Mängelrüge einzelne Begründungspassagen hervorhebt, andere als nicht nachvollziehbar bezeichnet, sich in vorwiegend von Verfahrensergebnissen losgelösten Spekulationen zur Möglichkeit von Rechtsirrtümern und zur Zulässigkeit von Anweisungskonstruktionen verliert (vgl dazu US 37), einwendet, die Vorgänge seien gesellschaftsrechtlich korrekt, auf Verfahrensergebnisse verweist und daraus andere (US 41), nämlich für den Beschwerdeführer günstige, Schlüsse zieht oder vorbringt, „dass der angezeigte Tatbestand des Abgabenbetrugs gemäß § 39 Abs 1 FinStrG nach Ansicht der Steuerfahndung nicht bewiesen werden konnte“, zeigt sie den behaupteten Begründungsfehler (Z 5 vierter Fall) nicht auf. Solcherart wendet sich die Rüge vielmehr – nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen

Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) – in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Vor Eingehen auf die Rechtsrüge sei klargestellt, dass die Zusammenfassung von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und solchen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG zu einem Verbrechen des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1 und Abs 2 lit a, 39 Abs 1 lit a und b, Abs 3 lit b FinStrG (B) rechtlich verfehlt ist (RIS‑Justiz RS0130035, Lässig in WK 2 FinStrG § 39 Rz 3, 13 Os 115/14g, AnwBl 2015, 568). Da dies dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht, bedurfte es keiner Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Daran orientiert sich das Vorbringen nicht.

Weshalb die zu B/I inkriminierte Abgabe einer inhaltlich unrichtigen Jahressteuererklärung für das Jahr 2011 – entgegen ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0086706, RS0086719, RS0087036, RS0087191) – nicht dem Grundtatbestand des § 33 Abs 1 FinStrG, sondern zufolge „Exklusivität“ oder „Konsumtion“ § 33 Abs 2 lit a FinStrG zu unterstellen gewesen wäre, leitet die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) nicht aus dem Gesetz ab. Auch die im Rechtsmittel angeführte Literaturstelle (Leitner in Kert/Kodek, HB Wirtschaftstrafrecht Rz 15.71) geht ausdrücklich davon aus, dass die Vorauszahlungshinterziehung von der nachfolgenden Jahres-USt-Hinterziehung konsumiert wird.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ihre Einwände nicht auf Basis der Entscheidungsgründe entwickelt, sondern die Feststellungen zur subjektiven Tatseite als rechtsirrig bezeichnet, verfehlt sie die

prozessförmige Darstellung materieller Nichtigkeit.

Weshalb die Abgabe inhaltlich unrichtiger Voranmeldungen dem Tatbestandsmerkmal der Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen nicht genügen sollte (vgl zur Unzulässigkeit der Berechnung der Zahllast auf Basis von Rechnungen, denen keine Leistungen zugrunde liegen, Lässig in WK 2 FinStrG § 33 Rz 13 f), macht die Rüge mit dem Hinweis auf die 99 Lieferungen und deren „tatsächliche“ Durchführung nicht klar. Ebenso bleibt offen, weshalb der von der D***** GmbH für das Mineralöl bezahlte Kaufpreis oder dessen Angemessenheit, also die Wirtschaftlichkeit des verpönten Tuns, für die rechtliche Beurteilung der vorsätzlichen Verkürzung von Abgaben von Bedeutung sein sollte.

Zufolge der Gleichwertigkeit aller Begehungsformen des § 39 Abs 1 FinStrG (vgl RIS‑Justiz RS0130666) entzieht sich das Vorbringen, das Urteil würde zwar die Annahme der Verwendung von (wörtlich:) „Scheinhandlungen oder Scheinhandlungen“, nicht aber der Verwendung von Scheingeschäften (nominell Z 5, der Sache nach Z 10) oder falscher oder verfälschter Urkunden (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) tragen, bereits im Ansatz einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS01166559). Der § 39 Abs 1 lit a FinStrG betreffende Einwand übergeht zudem die Konstatierungen, wonach die von der D***** GmbH in der Jahressteuererklärung und in den Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemachten Vorsteuerabzüge auf Rechnungen basierten, die nicht den reellen wirtschaftlichen Hintergründen entsprachen (US 10 f, 11, 12 f, 13 f, 15, 18, 20, 23, 24, 27, 29 ff; vgl dazu 13 Os 82/15f sowie Lässig in WK 2 FinStrG § 39 Rz 7).

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) von einem urteilsfremden Schuldspruch, und zwar einem solchen nach „§§ 33 Abs 1, Abs 2 lit a, Abs 3 lit a und b, 39 Abs 1 lit a und b, Abs 3 lit b und c FinStrG“ ausgeht (vgl dazu US 6), entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung. Gleiches gilt, wenn der Beschwerdeführer Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, gleichzeitig aber die zu A/1 und B getroffenen Konstatierungen übergeht, wonach er sowohl die Bewirkung einer Verkürzung von Mineralölsteuer in einem 500.000 Euro übersteigenden Betrag (US 26) als auch die Bewirkung einer Verkürzung von Mineralölsteuer in einem 250.000 Euro übersteigenden Betrag für gewiss hielt (US 33).

Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider verstößt die aggravierende Heranziehung der Überschreitung der Wertgrenze um mehr als das Doppelte (US 49) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG iVm § 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil der angesprochene Umstand – hier – nicht die Strafdrohung bestimmt. Anders als der Großteil der Sanktionsnormen des Finanzstrafgesetzes enthält § 39 Abs 3 FinStrG nämlich keine wertbetragsabhängigen (§ 21 Abs 2 dritter Satz FinStrG), sondern mittels fixer Höchstgrenzen determinierte Strafdrohungen (13 Os 98/16k).

Die vermissten Feststellungen zum gemeinen Wert des vom Verfall betroffenen Dieselöls finden sich auf US 36 und 51. Auf das von falschen Prämissen ausgehende Vorbringen ist nicht einzugehen.

Die von § 19 Abs 5 FinStrG angeordnete Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde der vorgebrachten Kritik zuwider durchgeführt (US 51; RIS‑Justiz RS0088035).

Der Angeklagte vermisst in der vom Obersten Gerichtshof ermöglichten Äußerung Feststellungen zum steuerlichen Anknüpfungspunkt (im Sinn der §§ 21 Abs 1 Z 5, 23 Abs 5 MinStG), übergeht aber die dafür maßgeblichen Konstatierungen (US 10, 25, 32 f).

Die vermisste Begründung der für das Entstehen der Steuerschuld maßgeblichen Feststellungen (Z 5 vierter Fall) findet sich übrigens auf US 36.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Robert P*****:

Gegen die Schuldsprüche A/II/1 und C gerichtet strebt die Rüge einen Freispruch (der Sache nach Z 9 lit a) oder (in eventu) „zumindest“ den Wegfall der Qualifikation nach § 39 Abs 1 FinStrG an (der Sache nach Z 10), wobei sie im Wesentlichen einwendet, dass weder die Eingangs- noch die Ausgangsrechnungen als Scheinrechnungen zu qualifizieren seien.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Die aus der Zulässigkeit von Anweisungskonstruktionen abgeleitete Behauptung tatsachenkonformer Rechnungserstellung verfehlt den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung, weil sie die gegenteiligen Feststellungen übergeht, wonach die R***** e.U „entgegen des durch die ausgestellten Rechnungen erweckten Anscheins“ nicht als Verkäuferin von versteuertem Diesel‑ oder Mineralöl fungierte (US 19, 37).

Von der Rüge unberücksichtigt bleiben auch die Konstatierungen zu C, wonach der Zweitangeklagte (Robert P*****) wusste, dass ihn die im Namen der F***** GmbH verfassten und in die Buchhaltung der R***** e.U aufgenommenen Rechnungen über den Verkauf und die Lieferung von Dieselöl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten, weil sie nicht den Tatsachen entsprachen (US 35, vgl auch US 42 f).

Der Vorwurf substanzlosen Gebrauchs der

verba legalia in Bezug auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 10) übergeht den auf US 26 hergestellten Sachverhaltsbezug (vgl dazu RIS‑Justiz RS0119090 [T2]).

Weshalb die zu A/II/1 angestrebte Nichtannahme des Tatbestandsmerkmals „samt Ausstellung von Scheinrechnungen im Schuldspruch“ zur Straflosigkeit des Beschwerdeführers führen sollte, entbehrt zudem der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz. Gleiches gilt für die „zusammengefasste“ Behauptung, wonach die festgestellten Tathandlungen bei richtiger rechtlicher Beurteilung in eventu lediglich als Abgabenhinterziehung nach „§ 33 Abs 1 FinStrG“, „teilweise in Form der Beteiligung“ (der Sache nach Z 10) hätte qualifiziert werden dürfen.

Der Angeklagte vermisst in der Äußerung Feststellungen zur erstmaligen Abgabe von Kraftstoff im Steuergebiet zur Verwendung als Treibstoff (im Sinn des § 21 Abs 5 MinStG), übergeht aber die eingangs referierten Konstatierungen der Tatrichter auf US 10.

Der („vorsichtshalber“) erhobene Vorwurf mangelhafter Begründung der Feststellungen, „zumal insoweit Undeutlichkeit oder Unvollständigkeit angenommen werden kann“, lässt den Hinweis auf ein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweisergebnis vermissen, mit dem sich das Erstgericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen hätte auseinandersetzen müssen. Inwiefern die Feststellungen undeutlich sein sollten, bleibt ebenso offen.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert L*****:

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0118316).

Mit dem Hinweis auf Verfahrensergebnisse zum Mittäter „Arnie“ und die Verantwortung des Beschwerdeführers zeigt die Mängelrüge kein bei der Feststellung entscheidender Tatsachen unberücksichtigt gebliebenes Verfahrensergebnis auf (US 36, 38, 39). Entgegen den Ausführungen (nominell Z 5 zweiter und vierter Fall, der Sache nach nur Z 5 zweiter Fall) waren die Tatrichter im Zusammenhang mit den Feststellungen zur subjektiven Tatseite auch nicht gehalten, sich mit dem Mittäter „Arnie“ (US 39) noch näher auseinanderzusetzen. Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit vielmehr nicht zu beanstanden (vgl RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671). Weshalb die Konstatierungen zum wissentlich und willentlich geleisteten Tatbeitrag des Robert L***** (US 22, 23, 24, 25, 26 f) den Tatbestandserfordernissen der §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und b, Abs 3 lit c FinStrG in subjektiver Hinsicht nicht genügen sollten, erklärt die Rüge nicht (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565).

Nach den Feststellungen trat der Kontakte nach Osteuropa pflegende Angeklagte Robert L***** als Vermittler des Mineralöls auf, zudem organisierte er für den Angeklagten Franz D***** die Anlieferung des Dieselöls durch ungarische Frächter, die dieses zum Standort der D***** GmbH verbrachten, wo es vom Erstangeklagten direkt übernommen wurde (US 13). Mit der Kritik am zwischen „Vermitteln“ und „Organisieren“ nicht unterscheidenden Urteil lässt die Rüge (nominell Z 5 zweiter Fall) keinen Bezug zu den Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes erkennen.

Aus welchen Erwägungen Robert P***** das Unternehmen R***** e.U gründete ist weder für die Schuld‑ noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung. Damit in Zusammenhang stehende Feststellungen sind kein Gegenstand der Mängelrüge.

Der „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) kann niemals Gegenstand der Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO sein (RIS‑Justiz RS0102162).

Der Verweis der Tatsachenrüge auf das Vorbringen der Mängelrüge entspricht nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902).

Behauptete Versäumnisse der Staatsanwaltschaft, den Mittäter „Arnie“ auszuforschen, sind kein Gegenstand der Tatsachenrüge.

Unter dem Aspekt unzureichender Sachverhaltsermittlung ist der Nichtigkeitsgrund der Z 5a gegenüber jenem der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO subsidiär (RIS‑Justiz RS0115823 [T2]). Soweit aus Z 5a eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung infolge Unterbleibens der Ausforschung des „Arnie“ eingewendet wird, verabsäumt es der Beschwerdeführer darzulegen, wodurch er an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823). Dass dem Beschwerdeführer weder dessen vollständiger Name noch dessen Aufenthalt bekannt gewesen sei, stellt keinen Hinderungsgrund betreffend eine Antragstellung her (vgl 13 Os 73/14f).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Hinzugefügt sei, dass das Zitieren des § 33 Abs 3 lit a FinStrG (US 2) im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) verfehlt ist, weil § 33 Abs 3 FinStrG (bloß) Legaldefinitionen des Bewirkens (von Abgabenverkürzungen), also der möglichen Arten und des Zeitpunkts der technischen Vollendung der Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 und Abs 2 FinStrG, enthält (RIS‑Justiz RS0087102; Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 29). Im Übrigen bezieht sich die Bestimmung nicht auf Selbstberechnungsabgaben (wie die Mineralölsteuer), sondern ausschließlich auf bescheidmäßig festzusetzende Abgaben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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