European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00073.14F.1009.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ranko D***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB (2) sowie jeweils eines Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (1) und des Betrugs nach § 146 StGB (3) schuldig erkannt.
Danach hat er ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung (zu Punkt 2 des Schuldspruchs) ‑ am 14. März 2013 in Wels mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dazu beigetragen, dass (unbekannte) unmittelbare Täter am selben Tag in Wels Elmar F***** durch Versetzen von Schlägen gegen den Kopf und den Oberkörper und durch (versuchtes) Fesseln seiner Beine, mithin durch Gewalt gegen eine Person, fremde bewegliche Sachen, nämlich 6.320,04 Euro, weggenommen haben, wobei die Gewaltanwendung eine an sich schwere Körperverletzung verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung des Opfers, nämlich einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie, zur Folge hatte, indem er einen (im Urteil näher bezeichneten) in seinem Besitz befindlichen Pkw den unmittelbaren Tätern zu diesem Zweck überließ und bereits in den Tagen zuvor zwei Mal beim Auskundschaften des Tatorts mitgeholfen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit b StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil ausdrücklich „in seinem verurteilenden Teil zur Gänze“ anficht, inhaltlich jedoch nur zum Schuldspruch 2 argumentiert, war sie im (nominell) gegen die Schuldsprüche 1 und 3 gerichteten Umfang mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen bei der Anmeldung oder in ihrer Ausführung zurückzuweisen (§ 285a Z 2 StPO).
Dass der Tatort nach der Urteilsbegründung etwa fünf Kilometer von der Unterkunft des Beschwerdeführers in Wels entfernt liege, ist bloß einer von mehreren vom Erstgericht als erheblich beurteilten Umständen, ohne für sich allein eine notwendige Bedingung für die Konstatierung, der Beschwerdeführer habe sich mehrmals in der Supermarktfiliale (nicht zum Einkaufen, sondern) zum Auskundschaften des Tatorts aufgehalten (US 5), zu sein. Die auf die Entfernung bezogene Urteilsannahme ist demnach einer Anfechtung mit Mängelrüge (hier nominell Z 5 vierter und fünfter Fall) entzogen (RIS-Justiz RS0116737). Mit der Behauptung einer geringeren Distanz werden auch keine erheblichen Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geweckt.
Die Aussage der Zeugin Sanja M*****, ein gewisser „S*****“ habe den Beschwerdeführer (und nicht umgekehrt) auf eine in der Nähe des Tatorts befindliche Polizeidienststelle aufmerksam gemacht, ist im Urteil genauso wiedergegeben (US 7). Ebenso haben die Tatrichter erörtert, dass die Zeugin diese Angaben in der Hauptverhandlung relativiert hat (US 7). Der in diesem Zusammenhang (der Sache nach) erhobene Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) geht daher ins Leere.
Dass die (zur qualifizierenden Verletzungsfolge führende) Intensität der Gewaltausübung und die (versuchte) Fesselung des Opfers von Anfang an mit Wissen des Beschwerdeführers geplant gewesen sei (US 4), schlossen die Tatrichter in Einklang mit den Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungswerten (RIS-Justiz RS0118317) aus dem objektiven Tathergang (sofortiger Gewalteinsatz, Mitführen eines Kabelbinders), der gegen „eine spontane Veränderung des Vorsatzes“ der unmittelbaren Täter spreche (US 8). Die der rechtlichen Annahme, die schweren Verletzungsfolgen des Opfers seien für den Beschwerdeführer vorhersehbar gewesen (vgl RIS-Justiz RS0089271; Eder‑Rieder in WK2 StGB § 143 Rz 26), zugrunde liegenden Feststellungen sind daher ‑ dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider (Z 5 vierter Fall) ‑ nicht offenbar unzureichend begründet.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich großteils darin, mit Hinweisen auf ‑ zudem unerhebliche ‑ Details der Aussage der Zeugin Sanja M***** (etwa dazu, in welcher Straße der vom Beschwerdeführer ausgekundschaftete Tatort gelegen, wie viel Zeit zwischen Überfall und Abreise aus der Stadt verstrichen sei, und wie viele Personen dann gemeinsam im Auto des Beschwerdeführers Richtung Wien gefahren seien) deren Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Sie übersieht dabei, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugin aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung aus diesem Nichtigkeitsgrund entzogen ist (RIS‑Justiz RS0099649).
Indem der Beschwerdeführer mit der Behauptung inhaltlicher Richtigkeit zweier von ihm Sanja M***** während des Strafverfahrens geschriebener Briefe seiner Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er bloß die aus diesen Beweismitteln gezogenen (ihm nachteiligen) Schlüsse der Tatrichter (US 8) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Soweit unter dem Aspekt einer Aufklärungsrüge (Z 5a) eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung infolge Unterbleibens der Ausforschung und zeugenschaftlichen Vernehmung eines gewissen Milos V***** eingewendet wird, verabsäumt es der Beschwerdeführer darzulegen, wodurch er an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS-Justiz RS0115823). Dass er keine Kenntnis von der genauen Adresse des Aufenthaltsorts dieser Person hatte, stellt ‑ dem Rechtsmittelvorbringen zuwider ‑ einen im Sinn der zitierten Rechtsprechung beachtlichen Hinderungsgrund nicht her (vgl im Übrigen ON 87a zu den ohnehin unternommenen, erfolglosen Ausforschungsversuchen).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) wendet ein, der Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB verstoße gegen den Grundsatz der Spezialität, weil die Auslieferung (hinsichtlich dieser Tat) nur wegen „des Verbrechens nach § 142 StGB“ bewilligt worden sei. Sie leitet allerdings nicht methodengerecht aus den zitierten Rechtsvorschriften (Art 17 Abs 1 und 3 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Auslieferung, BGBl 1983/546 [kurz: Auslieferungsvertrag]; vgl auch § 70 Abs 1 und 2 ARHG) ab, weshalb mit dem dort verwendeten Begriff der „Handlung“ die strafbare Handlung, mithin die Kategorie des materiellen Strafrechts, und nicht (wie insbesondere aus Art 17 Abs 3 des Auslieferungsvertrags ersichtlich) die Tat im prozessualen Sinn (vgl § 267 StPO), also der historische Lebenssachverhalt, gemeint sein soll (vgl RIS-Justiz RS0087147, RS0078635, RS0087155; Göth-Flemmich in WK2 ARHG § 70 Rz 4 ff). Dass die Tat in der im Urteil vorgenommenen Subsumtion nicht der Auslieferung unterliege (vgl Art 17 Abs 3 iVm Art 5 bis 7, 9 und 12 des Auslieferungsvertrags), behauptet der Beschwerdeführer (zu Recht) nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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