OGH 3Ob251/15f

OGH3Ob251/15f14.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde H*****, vertreten durch Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG in Wien, wider die beklagte Partei Krankenanstalten‑Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF), Wien 3, Radetzkystraße 2, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 250.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2015, GZ 13 R 63/15b‑20, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Februar 2015, GZ 2 Cg 43/14d‑16, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00251.15F.0614.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung des Zinsenbegehrens zu lauten hat:

Das Klagebegehren des Inhalts,

die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 250.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Jänner 1996 zu bezahlen,

in eventu

1. die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei eine Abrechnung nach dem Bundesgesetz über die Errichtung des Krankenanstalten‑Zusammenarbeitsfonds über die dem allgemeinen öffentlichen Krankenhaus H***** gebührenden KRAZAF‑Zahlungen zur Deckung dessen Betriebsabgangs für das Jahr 1996 vorzulegen;

2. die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Zuschussbetrag zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung gemäß Punkt 1. des Urteilsspruchs vorbehalten bleibe,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei

die mit 9.644,40 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten 9,20 EUR an Barauslagen),

die mit 11.111 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 8.175 EUR an Barauslagen) und

die mit 13.017,44 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 10.902 EUR an Barauslagen),

binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine Gebietskörperschaft gemäß Artikel 116 Abs 1 B‑VG und war bis 31. Dezember 2004 iSd NÖ‑KAG Betreiberin und Rechtsträgerin der Krankenanstalt „Allgemeines öffentliches Krankenhaus H*****“.

Entsprechend der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B‑VG, abgeschlossen zwischen dem Bund und sämtlichen Ländern über die Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1991 bis einschließlich 1994 (BGBl Nr 863/1992), deren Geltungsdauer bis einschließlich 1996 verlängert wurde (in Hinkunft: V 1992), wurde der Beklagte mit dem Bundesgesetz über die Errichtung des Krankenanstalten‑Zusammenarbeitsfonds (BGBl Nr 700/1991) für die Jahre 1991 bis 1994, verlängert bis einschließlich 1996 (BGBl Nr 473/1995 und Nr 853/1995), eingerichtet (in Hinkunft: KRAZAF‑G 1991). § 29 Abs 2 leg cit regelte, dass es gemeinsam mit dem genannten Gliedstaatsvertrag außer Kraft tritt, was sich mit 31. Dezember 1996 verwirklichte. Mit dem am 3. Juni 2016 in Kraft getretenen KRAZAF‑Abwicklungsgesetz (BGBl I Nr 33/2016) wird die Auflösung des Beklagten nach Abwicklung angeordnet; dazu sieht § 2 Z 1 leg cit vor, dass mit den Zahlungen des Beklagten in den Jahren 1991 bis einschließlich 1997 sämtliche Forderungen gegenüber dem Beklagten als erloschen gelten. § 5 leg cit legt jedoch fest, dass dieses Gesetz auf Forderungen, die bis zum 29. Februar 2016 gerichtlich geltend gemacht wurden, nicht anzuwenden ist.

Mit der V 1992 erfolgte die Weiterentwicklung des bis dahin vorliegenden Modells einer leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (in Hinkunft: LKF).

Zu Beginn des Jahres 1996 trat das Land Niederösterreich mit dem Wunsch um Durchführung eines LKF‑Modellversuchs an den Bund und den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger heran.

Zur Durchführung dieses Versuchs schlossen die Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalten in Niederösterreich, darunter die Klägerin, alle gemäß § 57 Abs 5 NÖ KAG 1974 vertreten durch den Ausschuss des Niederösterreichischen Krankenanstalten‑Sprengels (im Folgenden: NÖKAS) einerseits und der HV sowie das (damalige) Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz andererseits eine mit 17. Juni 1996 datierte, ihrem Inhalt nach unstrittige Vereinbarung über die Durchführung eines Modellversuchs (Beilage ./14; in Hinkunft: LKF‑V), deren Text von der Niederösterreichischen Landesregierung stammt. Laut deren Präambel soll die Abrechnung im stationären Bereich nicht in Form von Pflegegebührenersätzen der Krankenversicherungsträger, Betriebszuschüssen des KRAZAF und der Restbetriebsabgangsdeckung seitens des Landes, des NÖKAS und der Krankenanstaltsträger, sondern aufgrund des Modells LKF erfolgen; der Modellversuch diene insbesondere dem Zweck, die Auswirkung einer leistungsorientierten Abrechnung (zB Verweildauersenkung, Abbau von Akutbetten, Entlastung des stationären Bereichs, Eindämmung der Kostensteigerung) festzuhalten, ohne gleichzeitig die Leistungen, die zur Betreuung der Patienten notwendig seien, in qualitativer Hinsicht einzuschränken. Zur Durchführung der Verrechnung der LKF sah § 2 LKF‑V die Einrichtung einer Be‑ und Verrechnungsstelle beim NÖKAS vor. Für die Zahlungen des Beklagten wurde in § 6 LKF‑V Folgendes vorgesehen:

(1) Der Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds erfüllt seine Leistungsverpflichtung gegenüber den Krankenanstaltenträgern für die Gewährung der Betriebszuschüsse durch Leistung der auf das Jahr 1996 bezogenen Zuschüsse auf der Grundlage der Modalitäten und Termine des KRAZAF an die NÖKAS Be‑ und Verrechnungsstelle.

Diese Leistungsverpflichtung schließt die auf das Jahr 1996 bezogenen Zwischenabrechnungen im Jahr 1997 mit ein.

(2) Mit diesen Leistungen sind alle Forderungen der Krankenanstaltenträger an den KRAZAF betreffend die Gewährung der Betriebszuschüsse für den Vereinbarungszeitraum 1996 für die beteiligten Krankenanstalten abgegolten.

§ 13 LKF‑V legt zur „ Jahresausgleichszahlung “, die in keinem Zusammenhang mit den Zuschüssen der Beklagten nach § 6 des KRAZAF‑G 1991 steht, fest:

(1) Den Krankenanstalten in Niederösterreich gebührt für das Jahr 1996 keine Jahresausgleichszahlung. [...]

Laut ihrem § 16 tritt die LKF‑V am 1. Jänner 1996 (rückwirkend) in Kraft und wird bis 31. Dezember 1996 abgeschlossen. Sie enthält keine (ausdrückliche) Regelung, was mit den im Jahr 1995 gestellten Anträgen der Krankenanstaltenträger geschehen soll; ebensowenig zur Frage der Antragstellung für das Betriebsjahr 1996.

Den Mitgliedern der Fondsversammlung des Beklagten (als dessen Organ [§ 22 KRAZAF-G 1991]) wurde der Entwurf zur LKF‑V übermittelt, der mit Ausnahme des § 13 unverändert war. Die letztlich getroffene Vereinbarung stand den Fondsmitgliedern zumindest zur Verfügung. Die Mitglieder der Fondsversammlung stimmten dem Antrag der Niederösterreichischen Landesregierung auf Beschluss über die für den Beklagten relevanten Bestimmungen der LKF‑V im Sommer oder Herbst 1996 einstimmig zu.

Der letzte Antrag der Klägerin an den Beklagten auf Gewährung von Zuschüssen langte beim Beklagten rechtzeitig am 9. Juni 1995 versehen mit einer Bestätigung der Überprüfung der im Antrag enthaltenen Daten durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. April 1995 ein. Aufgrund dieses, auf dem Rechnungsabschluss 1994 basierenden Antrags der Klägerin leistete der Beklagte (für das Betriebsjahr 1995) von Februar 1996 bis Jänner 1997 monatlich Akontobeträge sowie im April 1997 aufgrund der ersten Zwischenabrechnung einen weiteren Betrag. Eine weitere Zwischenabrechnung erfolgte im November 1997. In den Monaten Februar bis September 1996 (für die Monate Jänner bis August) gelangten so insgesamt 1.399.766,52 EUR direkt an die Klägerin zur Überweisung. Ab Oktober 1996 leistete der Beklagte (auch die Zahlung aus der Zwischenabrechnung im April 1997) an die NÖKAS Be‑ und Verrechnungsstelle, welche die Zahlungen an die Klägerin weiterleitete. Insgesamt leistete der Beklagte durch die erwähnten Zahlungen 2.767.659,83 EUR an/für die Klägerin.

Für das Betriebsjahr 1996 wurden keine Zahlungen des Beklagten geleistet. Die Klägerin stellte im Jahr 1996 auf Basis ihres Rechnungsabschlusses 1995 beim Beklagten keinen Antrag auf Betriebs‑ und sonstige Zuschüsse. Im Jahr 1996 stellte kein Krankenanstaltenträger einen Antrag nach § 6 Abs 3 KRAZAF‑G 1991.

Die Klägerin als Rechtsträgerin des Krankenhauses hatte den Abgang von ca 2,7 Millionen EUR für das Kalenderjahr 1995 aus eigenem Vermögen zu tragen. Anlässlich der Übernahme des Krankenhauses durch das Land Niederösterreich per 1. Jänner 2005 kam es durch das Land Niederösterreich weder zu einer Kostenübernahme noch zu einer Schadloshaltung durch das Land Niederösterreich.

Die – abgesehen von den niederösterreichischen Krankenhausträgern – im Jahr 1995 gestellten Anträge wurden vom Beklagten im Jahr 1996 (einschließlich der Zwischenabrechnungen im Jahr 1997) bezahlt, danach leistete der Beklagte keine Zahlungen mehr.

Bund, Länder, österreichischer Gemeindebund und österreichischer Städtebund vereinbarten im Jahr 1996 eine Reform der Krankenanstaltenfinanzierung. Als Ergebnis wurde zwischen Bund und Ländern eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B‑VG (BGBl I Nr 111/1997) über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 (in Hinkunft: V 1997) abgeschlossen. Mit dieser Einführung der LKF im Jahr 1997 wurde das KRAZAF‑System abgelöst und durch einen Strukturfonds und neun Landesfonds ersetzt. Die seitens der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Städte und Gemeinden) und der Sozialversicherung bis dahin an den Beklagten eingezahlten Mittel flossen ab 1997 direkt oder im Wege des Strukturfonds an die neun Landesfonds, die sie leistungsorientiert an die Träger der Krankenanstalten verteilten. Zur Klarstellung wurde im Artikel 29 Abs 2 der V 1997 festgehalten: „ Die Ansprüche der Krankenanstaltenträger gegenüber dem [Beklagten] aufgrund der [V 1992] in der für das Jahr 1996 geltenden Fassung, und der erlassenen bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften bis einschließlich des Jahres 1996 bleiben durch diese Vereinbarung unberührt und sind vom [Beklagten] bis zur Endabrechnung für das Jahr 1996 zu erfüllen.

Da unterschiedliche Rechtsansichten zwischen dem Bund und den Ländern zu allenfalls noch bestehenden Ansprüchen auftraten, sah Artikel 28 der V 1997 das Übereinkommen der Vertragsparteien vor, dass „ ihre gegensätzlichen Standpunkte zu allfälligen Nachzahlungen im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1983, A 1/81-13 (Zams), aufrecht bleiben und diese bis 31. Dezember 2000 nicht zur Diskussion stehen. In den der V 1992 und der V 1997 nachfolgenden Vereinbarungen wurde dieses sogenannte Stillhalteabkommen inhaltsgleich verlängert, zuletzt in Artikel 46 der derzeit geltenden Artikel 15a B‑VG Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I Nr 105/2008 idF BGBl I Nr 199/2013; es gilt nach wie vor, auch noch im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz.

Die Klägerin begehrt zunächst mit ihrer Klage vom 23. Juni 2014 Zahlung von (aus ökonomischen Gründen nur) 250.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Jänner 1996 für das Betriebsjahr 1995. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, die 1996 und 1997 vom Beklagten geleisteten Zahlungen seien mit seiner Zustimmung auf das Jahr 1996 umgewidmet worden, weshalb die Zuschüsse für das Betriebsjahr 1995 von (38.083.816 ATS =) 2.767.658,84 EUR unberichtigt aushafteten. Die KRAZAF‑Lücke sei durch die Änderung des Systems der Krankenanstalten‑Finanzierung 1997 entstanden. Nach dem KRAZAF‑Finanzierungsmodell seien Zuschüsse jährlich im Nachhinein ausgeschüttet worden. In der LKF‑V sei festgehalten worden, dass die Leistung des KRAZAF 1996 für das laufende Jahr 1996 zu verwenden sei. So habe die NÖKAS die Krankenanstaltenträger mit Schreiben vom 25. November 1996 informiert, dass „die KRAZAF‑Zahlung 1996 zwar wie bisher für die Berechnung der Bemessungsgrundlage 1995 herangezogen wird, jedoch von den Krankenanstalten für 1995 als offene Forderung zu verbuchen ist“. In weiterer Folge seien alle im Jahr 1996 geleisteten KRAZAF‑Zahlungen für 1996 (anstatt 1995) umzubuchen gewesen. Für das Jahr 1995 habe der Beklagte daher an die Klägerin keine Zahlungen geleistet. Für 1996 habe sie im Jahr 1997 keine KRAZAF‑Leistungen erhalten, ebensowenig Leistungen nach dem neuen LKF‑Modell nach der V 1997. Somit habe die Klägerin jedenfalls eine Finanzierungslücke für die Dauer eines Jahres zu verbuchen gehabt. Die LKF‑V binde (wegen des Abschlusses durch das BMG) auch den Beklagten, der ihr nicht nur ausdrücklich zugestimmt, sondern auch entsprochen habe.

Aus prozessualer Vorsicht stellte die Klägerin für den Fall, dass die Umbuchung der Leistungen der Beklagten im Jahr 1996 ohne Wissen und Einverständnis des Beklagten erfolgt seien, ein Eventualbegehren auf Rechnungslegung und Zahlung in Gestalt einer Stufenklage für das Jahr 1996. Seien die KRAZAF‑Leistungen im Jahr 1996 tatsächlich auf den Betriebsabgang für 1995 zu verbuchen, sei die Jahreslücke im Jahr 1996 entstanden. Um ihre Eventualforderung der Höhe nach beziffern zu können, benötige die Klägerin eine Abrechnung des Beklagten nach dem KRAZAF‑G 1991 über die der Klägerin gebührenden Zahlungen zur Deckung des Betriebsabgangs 1996.

Da die LKF‑V einen Antrag nicht vorgesehen habe, sei kein Antrag auf Gewährung von Zuschüssen für den Betriebsabgang 1996 bis zum 31. Juli 1996 zu stellen gewesen. Wegen der Befriedigung der Ansprüche für das Jahr 1996, habe auch kein Anlass für einen Antrag im Jahr 1996 für das Betriebsjahr 1996 bestanden. Einen solchen würden ohnehin spätere Anträge der Klägerin ersetzen. Spätestens die Erhebung der vorliegenden Klage mache eine gesonderte Antragstellung nach dem KRAZAF‑G 1991 obsolet. Schließlich stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 einen solchen Antrag. § 6 Abs 3 leg cit sehe für die Antragstellung keine Präklusivfrist vor.

Einem in der V 1997 zwischen den Bundesländern und dem Bund vereinbarten Stillhalteabkommen habe sich die Klägerin nie unterworfen. Verjährung sei nicht eingetreten.

Der Beklagte bestritt beide Begehren und wendete – zusammengefasst – ein, die außerhalb der Rechtssphäre des Beklagten abgeschlossene LKF‑V sehe in ihrem § 6 nur eine Änderung der Zahlstelle ohne Änderung der Zahlungstermine und ‑modalitäten vor, der dieser über Ersuchen des Landes Niederösterreich entsprochen habe. Die Vereinbarung könne nicht so verstanden werden, dass damit das KRAZAF‑G 1991 außer Kraft gesetzt werden sollte. Art 29 der V 1997 lasse dementsprechend die Ansprüche der Krankenanstaltenträger bis einschließlich des Jahres 1996 unberührt. Der Beklagte habe seine Zahlungsverpflichtungen für 1995 erfüllt, für 1996 sei ein Antrag auf Gewährung von Zuschüssen innerhalb der Ausschlussfrist nach § 6 Abs 3 KRAZAF‑G 1991 bis 31. Juli 1996 nicht gestellt worden und deshalb verfristet. Der Beklagte schulde die eingeklagte Leistung auch deshalb nicht, weil der mit 1996 auslaufende KRAZAF seit 1997 nicht mehr dotiert werde.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren – unter rechtskräftiger Teilabweisung des Zinsenbegehrens wegen Verjährung – statt. Ausgehend vom eingangs dargestellten Sachverhalt folgerte es rechtlich, es liege ein privatrechtlicher Anspruch vor, über den im Rechtsweg zu entscheiden sei. Die Zustimmungserklärung der Fondsversammlung des Beklagten sei als Zustimmung zu allen KRAZAF‑relevanten Bestimmungen der LKF‑V auszulegen.

Nach § 6 der LKF‑V seien die Zahlungen des Beklagten im Jahr 1996 (einschließlich der Zwischenabrechnungen im Jahr 1997) für das Jahr 1996 erfolgt. Daher habe der Beklagte iSd § 1415 ABGB zugestimmt, dass die Zahlungen 1996 nicht zur Tilgung des Anspruchs der Klägerin auf Zuschüsse für das Jahr 1995, sondern für das Jahr 1996, dienen sollten. Durch die nachträgliche Umwidmung der bis September 2006 an die Klägerin geleisteten Zahlungen lebe deren gesetzliche Forderung in diesem Umfang für 1995 wieder auf. Da die ab Oktober 2006 vom Beklagten geleisteten Zahlungen der Klägerin vereinbarungsgemäß für das Jahr 1996 zugeflossen seien, sei in diesem Umfang der Anspruch aus dem Antrag 1995 nicht getilgt worden.

Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Es verwarf den erstmals in der Berufung erhobenen Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs mit ausführlicher Begründung; ebenso die Beweisrügen. Auch die weiteren Argumente der Rechtsrüge der Berufung überzeugten den Berufungssenat nicht, weil er sich der Auslegung der LKF‑V durch das Erstgericht und dessen daran anschließenden rechtlichen Beurteilung anschloss. Es stehe fest, dass der Beklagte nur eine Zahlung für die Jahre 1995 und 1996 geleistet habe und mit § 6 LKF‑V festgelegt worden sei, dass die Zuschüsse bei vereinbarter unterlassener Antragstellung durch die Klägerin für das Betriebsjahr 1996 umgewidmet und endgültig geregelt worden seien. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen und eine Vertragsauslegung vorzunehmen sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das gesamte Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage zurückzuweisen; in eventu wird ein Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klageabweisung sowie auf Aufhebung gestellt.

Der Beklagte macht – zusammengefasst – geltend, über den eingeklagten öffentlich‑rechtlichen Anspruch hätten nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden, sondern bei den Landesregierungen eingerichtete Schiedskommissionen oder Verwaltungsbehörden. Die Auslegung der LKF‑V durch die Vorinstanzen widerspreche sowohl der Verfassungsbestimmung des § 2 F‑VG als auch dem KRAZAF‑G 1991 zur notwendigen Antragstellung, weshalb sie mit dem so erzielten Inhalt nichtig wäre. Deshalb, aber auch nach ihrem Wortlaut sei nur eine Auslegung möglich, die ausschließlich die Änderung der Zahlstelle zum Ergebnis habe. Da die Klägerin alle für 1995 beantragten und zustehenden Zuschüsse (zum Teil im Wege des NÖKAS) erhalten, jedoch für 1996 keinen Antrag gestellt habe, bestünden keine Zahlungsansprüche der Klägerin für 1995 und 1996 mehr.

Die Klägerin erstattete eine ihr freigestellte Revisionsbeantwortung , in der sie sowohl die Zulässigkeit als auch die Berechtigung der Revision bestritt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig , weil die Auslegung der LKF‑V durch die Vorinstanzen einer Korrektur bedarf, und deshalb auch berechtigt .

1. Das Erstgericht bejahte die Zulässigkeit des Rechtswegs – wenn auch nicht im Spruch, aber in den Entscheidungsgründen – ausdrücklich. Das Rekursgericht billigte diese Ansicht. Es liegt daher eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung nach § 42 Abs 3 JN über die Zulässigkeit des Rechtswegs vor (RIS‑Justiz RS0043822; RS0035572; RS0114196). Jene Ausführungen der Revision, die neuerlich versuchen, die Verfolgung eines öffentlich‑rechtlichen Anspruchs aufzuzeigen, bedürfen daher keiner inhaltlichen Erwiderung. Der daraus abgeleitete Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO ist somit zu verneinen.

2. Erstmals in der Revision spricht der Beklagte eine Zuständigkeit einer „bei den Landesregierungen eingerichteten Schiedskommission“ an, ohne allerdings eine Rechtsgrundlage zu nennen. Unabhängig von der Frage, ob dem Obersten Gerichtshof eine Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs in diese Richtung überhaupt noch möglich ist, kann diesem Einwand aus folgendem Grund kein Erfolg zukommen.

Erkennbar ist damit § 58 Abs 1 NÖ KAG angesprochen, der – in Übereinstimmung mit Art 12 der V 1997 – die Errichtung einer Schiedskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung für verschiedenene Angelegenheiten vorsieht. Allerdings bleibt in der genannten Bestimmung die – hier vorliegende – Streitigkeit zwischen einem Krankenanstaltenträger und dem KRAZAF aus einem (ua) mit dem oder mit Zustimmung des KRAZAF geschlossenen Vertrag unerwähnt, sodass diese Rechtssache jedenfalls nicht unter die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 58 Abs 1 NÖ KAG fällt.

3. Für die Auslegung der von der Klägerin zur Grundlage ihres Hauptbegehrens (auf Zahlung von 250.000 EUR für das Betriebsjahr 1995) gemachten LKF‑V, insbesonders dessen § 6, ist die Bedeutung der Formulierung „auf das Jahr 1996 bezogenen“ Zuschüsse/Zwischenabrechnungen im Abs 1 wesentlich.

Sowohl die Klägerin als auch die Vorinstanzen verstehen diese Formulierung (offensichtlich) dahin, sie spreche die Zuschüsse für das Betriebsjahr 1996 (anstelle des Zahlungsjahres 1996) an. Sie wollen daraus die Vereinbarung einer Umwidmung sowohl damals bereits geleisteter – die LKF‑V kam erst im Juni 1996 zustande und wurde vom Beklagten offenkundig erst im September 1996 (mit welchem Inhalt auch immer) genehmigt – als auch erst zukünftig zu leistender Zuschüsse für das Betriebsjahr 1996 ableiten; wobei sie von der unstrittig vorgegebenen gesetzlichen Widmung für das Betriebsjahr 1995 abweichen.

Dieses Auslegungsergebnis ist unhaltbar.

4. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde oder dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen ist, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden muss (RIS‑Justiz RS0042776; RS0042936).

Die LKF‑V ist als privatrechtlicher Vertrag nach den Regeln der §§ 914 f ABGB auszulegen. Daher ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RIS‑Justiz RS0017915). Wurde nicht bewiesen, dass für den einen Vertragspartner aus dem Erklärungsverhalten des anderen eine vom Inhalt der Urkunden abweichende Erklärungsbedeutung zu erschließen war, ist die Absicht der Parteien im Rahmen der rechtlichen Beurteilung allein aus der Urkunde nach dem objektiven Aussagewert des Textes und dem Wortsinn seiner gewöhnlichen Bedeutung im Zusammenhalt mit dem Zweck der Vereinbarung zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0017833). Wird eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt, so ist bei der Auslegung des Vertrags von dessen Wortlaut auszugehen (RIS‑Justiz RS0017831).

4.1. Hier sind die Regelungen des allein anzuwendenden KRAZAF-G 1991 voranzustellen, deren Kenntnis allen am Abschluss des LKF‑V Beteiligten zu unterstellen ist:

Nach § 6 Abs 2 KRAZAF‑G 1991 haben die Träger der Krankenanstalten nach Maßgabe der nachstehenden Abs 3 und 4 dieser Bestimmung sowie des § 21 KRAZAF‑G 1991 Anspruch auf die Gewährung von Zuschüssen im Rahmen von Länderquoten durch den Fonds. Die vom Fonds gewährten Zuschüsse sind direkt an die antragstellenden Träger der Krankenanstalten zu überweisen (§ 6 Abs 6 leg cit).

Anträgen auf Gewährung von Zuschüssen sind die erforderlichen Nachweise […] sowie eine die Richtigkeit des Antrags betreffende Stellungnahme der […] Landesregierung anzuschließen. […] Die Anträge auf Gewährung von Zuschüssen müssen bis längstens 31. Juli eines jeden Kalenderjahres mit allen erforderlichen Beilagen beim Fonds eingelangt sein (§ 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991).

Die vom Fonds gemäß § 21 Abs 3 KRAZAF‑G 1991 zu gewährenden Zuschüsse [90 % des Teilbetrags 1] sind monatlich vorschussweise zu leisten. Die vom Fonds gemäß § 21 Abs 5 KRAZAF‑G 1991 zu gewährenden Betriebszuschüsse [der restliche Teilbetrag 2] sind aufgrund der Beschlüsse der Fondsversammlung und nach Maßgabe der dem Fonds zufließenden Mittel vorschussweise zu leisten. Die erste Zwischenabrechnung betreffend die Mittel der Gebietskörperschaften für den Fonds hat bis 30. April des auf die Antragstellung folgenden Jahres, die zweite Zwischenabrechnung betreffend die zusätzlichen Mittel der Träger der Krankenversicherung für den Fonds hat bis 15. November des auf die Antragstellung folgenden Jahres zu erfolgen. Die Endabrechnung hat nach Vorliegen des Bundesrechnungsabschlusses zu erfolgen (§ 6 Abs 7 KRAZAF-G 1991).

4.2. Aus den Feststellungen ergibt sich folgende tatsächliche Handhabung dieser gesetzlichen Vorgaben in der Praxis.

Ein Antrag auf Gewährung von Zuschüssen für ein Betriebsjahr war von jedem Krankenanstaltenträger bis 31. Juli dieses Betriebsjahres beim Beklagten zu stellen (also für das Betriebsjahr 1995 bis zum 31. Juli 1995); Zahlungen des Beklagten hatten an den jeweiligen unmittelbar anspruchs- und empfangsberechtigten Krankenanstaltenträger zu erfolgen und wurden (offensichtlich mit Rücksicht auf spätere Zwischen‑ und Endabrechnungen) vorschussweise im folgenden Jahr durch monatliche Überweisungen geleistet (für das Betriebsjahr 1995 also erst im „Zahljahr“ 1996). Erst im weiteren darauf folgenden Jahr wurden jeweils im April und November Zwischenabrechnungen vorgenommen, die zu weiteren Zahlungen führen konnten (für das Betriebsjahr 1995 also erst im Jahr 1997, obwohl dies nach § 6 Abs 7 KRAZAF‑G 1991 im auf die Antragstellung folgenden Jahr erfolgen hätte sollen).

Es ist daher unstrittig, dass die vom Beklagten während des Jahres 1996 zu leistenden Zahlungen (und solche aus Zwischenabrechnungen im Jahr 1997) das Betriebsjahr 1995 betrafen, also der Erfüllung der Ansprüche der Klägerin aus ihrem Antrag für das Betriebsjahr 1995, den sie am 9. Juni 1995 beim Beklagten stellte, dienten.

4.3. Um davon abzugehen, hätte es nicht nur einer Änderung der Widmung der im Jahr 1996 (und 1997) erfolgten Zahlungen bedurft, sondern jedenfalls auch eines Abgehens vom gesetzlich normierten Erfordernis einer mit entsprechenden Nachweisen versehenen Antragstellung durch die Krankenanstaltenträger (§ 6 Abs 3 KRAZAF‑G 1991).

Das konnte allerdings von vornherein durch eine privatrechtliche Vereinbarung nicht bewirkt werden, weil das KRAZAF‑G 1991 keine Bestimmung enthält, wonach Vereinbarungen zwischen den Krankenanstaltenträgern, dem HV, dem BMG und dem Beklagten einer gesetzlichen Anordnung derogieren könnten.

4.4. Abgesehen davon bietet auch der Wortlaut des § 6 Abs 1 LKF-V keinen Hinweis auf eine solche, über die bloße Änderung der Zahlstelle für künftige Leistungen des Beklagten an die Krankenanstaltenträger hinausgehende Absicht der Vertragsschließenden.

So soll die Leistungspflicht des Beklagten ausdrücklich „ auf der Grundlage der Modalitäten und Termine des KRAZAF “ erfüllt werden. Damit wird aber gerade auf die dafür vorgesehenen gesetzlichen Regelungen des KRAZAF‑G 1991 verwiesen und klargestellt, dass sie weiterhin Anwendung zu finden haben. Es ist daher völlig ausgeschlossen, den Vertragsschließenden die Absicht zu unterstellen, dass sie von den vom Beklagten zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben für eine Auszahlung von Zuschüssen abgehen wollten, zu denen ua eine rechtzeitige Antragstellung durch die Krankenanstaltenträger zählt.

4.5. Schon im § 3 Z 2 LKF‑V ist die Dotation der mit der LKF‑V installierten NÖKAS Be‑ und Verrechnungsstelle ua mit „ Zahlungen 1996 […] einschließlich der Mittel aus entsprechenden Zwischenabrechnungen “ des Beklagten vorgesehen. Weshalb die im § 6 Abs 1 LKF‑V erwähnten „ auf das Jahr 1996 bezogenen Zuschüsse “ eine andere Bedeutung haben sollten, als „die im Jahr 1996 bezahlten Zuschüsse“, ist daher nicht erkennbar, geschweige denn ist daraus eine Änderung der vorgegebenen Widmung der Zahlungen abzuleiten.

Mit diesem Verständnis harmoniert auch der zweite Satz des 1. Absatzes, der die „ auf das Jahr 1996 bezogenen Zwischenabrechnungen im Jahr 1997 “ (die im Jahr 1996 geleistete Zahlungen betreffen, zu denen im Jahr 1997 Zwischenabrechnungen nötig waren) mit einbezieht. Die Zwischenabrechnungen im Jahr 1997 betrafen nämlich – der gelebten Praxis entsprechend – das Betriebsjahr 1995.

4.6. Der Zweck der LKF‑V lag in der auf das Jahr 1996 befristeten Erprobung einer Verteilung der Mittel an die Krankenanstaltenträger einerseits durch eine Landeseinrichtung (statt des bundesweit tätigen Beklagten) und andererseits anhand neuer Kriterien in nur einem Bundesland.

Ein Erfordernis, die vorgegebene Widmung von Zahlungen des Beklagten auf ein anderes Betriebsjahr zu ändern, ist daraus nicht abzuleiten: Der Probelauf dieses geänderten Abrechnungssystems parallel zum geltenden System lässt zwar die Einbindung der neuen Verrechnungsstelle, die die Änderung der Zahlstelle verlangt, zweckmäßig erscheinen. Warum diese Zahlungen des Beklagten aber darüber hinaus auf ein anderes Betriebsjahr umgewidmet werden müssten, ist nicht zu erkennen. Eine solche Notwendigkeit konnte die Klägerin auch weder im Verfahren erster Instanz noch in der Revisionsbeantwortung schlüssig darlegen. Mit dem Auslaufen des (österreichweiten) KRAZAF‑Systems steht die LKF‑V schon deshalb in keinem Zusammenhang, weil sie sich nur auf das Land Niederösterreich bezieht und nur dort einen Probelauf eines neuen Finanzierungssystems ermöglichen sollte.

4.7. Allerdings bestand für den Beklagten durch eine Zahlung an einen anderen als den nach dem KRAZAF‑G 1991 unmittelbar anspruchs- und empfangsberechtigten Krankenanstaltenträger die Gefahr, von diesem mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, nicht schuldbefreiend geleistet zu haben und allenfalls neuerlich leisten zu müssen.

Dazu stellt jedoch § 6 Abs 2 LKF-V klar, dass der Beklagte, wenn er alle nach dem KRAZAF-G 1991 zustehenden Leistungen an die NÖKAS Be‑ und Verrechnungsstelle erbracht hat, seine Verpflichtung gegenüber den Krankenanstaltenträgern erfüllt hat, sodass seine Schuld erloschen ist. Ansprüche der Krankenanstaltenträger gegen den Beklagten wegen Änderung der Zahlstelle, aber auch wegen ungenügender Leistung durch die NÖKAS Be- und Verrechnungsstelle waren damit ausgeschlossen.

4.8. Beim von den Vorinstanzen erzielten und von der Klägerin angestrebten Auslegungsergebnis stellt sich im Übrigen die Frage, weshalb die wegen einer Umwidmung (zum Teil wieder) offenen Ansprüche der Krankenanstaltenträger für das Betriebsjahr 1995 in der LKF‑V nicht angesprochen wurden. Angesichts der Beteiligung der Krankenanstaltenträger, die eine so entstandene Deckungslücke besonders betroffen hätte, wäre es unerklärlich, dass diese Problematik weder geregelt noch auch nur erwähnt worden sein sollte.

Dass Letzteres dennoch der Fall war, bestätigt die durch den erkennenden Senat ermittelte Auslegung. Geht man nämlich von der bloßen Änderung der Zahlstelle für die künftigen Zahlungen des Beklagten für das Betriebsjahr 1995 aus, ist es selbstverständlich, dass keine Deckungslücke für 1995 entstand und eine solche daher weder anzusprechen noch zu regeln war.

Hätte mit der LKF‑V wirklich vereinbart werden sollen, dass sämtliche KRAZAF-Zahlungen, die im Jahr 1996 (und 1997) zu erfolgen hatten, dahingehend umzubuchen waren, dass sie nicht mehr den Betriebsabgang 1995, sondern den Betriebsabgang 1996 minderten, wäre dies durch entsprechende Formulierungen leicht möglich gewesen; da solche unterblieben, ist angesichts der Kompetenz der beteiligten Vertragspartner die Schlussfolgerung zwingend, dass eine Vereinbarung dieses (auch mit dem KRAZAF‑G 1991 im Widerspruch stehenden) Inhalts nicht getroffen werden sollte.

4.9. Zusammenfassend ist daher als (auch vom Beklagten zugestandenes) Ergebnis der Auslegung des § 6 LKF‑V festzuhalten, dass damit nur die Zahlstelle für die dem Abschluss der LKF-V und der Zustimmung des Beklagten nachfolgenden Leistungen des Beklagten an die niederösterreichischen Krankenanstaltenträger nach dem KRAZAF-G 1991 für das Betriebsjahr 1995 (von den jeweiligen Krankenanstaltenträgern auf die NÖKAS Be- und Verrechnungsstelle) geändert wurde und in diesem Sinn vom Beklagten zu verstehen war.

Dementsprechend steht auch nur fest, dass die Überweisungen des Beklagten ab Oktober 1996 an die NÖKAS Be- und Verrechnungsstelle vorgenommen wurden, nicht jedoch, dass der Beklagte diese (oder frühere) Zahlungen auch ausdrücklich auf das Betriebsjahr 1996 (nachträglich) widmete. Es trifft daher auch nicht zu, der Beklagte hatte der LKF‑V mit dem von den Vorinstanzen angenommenen Inhalt voll entsprochen; er änderte vielmehr nur die Zahlstelle ab Oktober 1996.

5. Durch die der Höhe nach unstrittigen Zahlungen des Beklagten für das Betriebsjahr 1995 von insgesamt 2.767.659,83 EUR (und deren Eingang bei der Klägerin) in den Jahren 1996 und 1997 wurden die mit dem Antrag der Klägerin vom 9. Juni 1995 erhobenen Ansprüche auf Zuschüsse nach dem KRAZAF-G 1991 für das Betriebsjahr 1995 getilgt. Die von der Klägerin (nachträglich) vorgenommene, nicht vom Beklagten veranlasste Umbuchung dieser Zahlungen auf das Betriebsjahr 1996 kann sich nicht auf die behauptete Vereinbarung (LKF-V) stützen und vermag (als einseitige Maßnahme) die schuldbefreiende Wirkung der ursprünglichen Zahlungen des Beklagten daher nicht zu beseitigen.

Die mit dem Hauptbegehren geltend gemachte Forderung auf Bezahlung der Zuschüsse für den Abgang des Betriebsjahres 1995 war und blieb daher längst erloschen, weshalb dem Leistungsbegehren keine Berechtigung zukommt.

6. Zu prüfen bleibt das Eventualbegehren, das auf die Durchsetzung des von der Klägerin eventualiter behaupteten Anspruchs auf Zuschüsse nach dem KRAZAF‑G 1991 für das Betriebsjahr 1996 gerichtet ist.

7. § 6 Abs 3 LKF-V sieht als Voraussetzung für die Gewährung durch den Beklagten von Zuschüssen mit entsprechenden Nachweisen und Stellungnahmen zur Richtigkeit des Antrags versehene Anträge der Krankenanstaltenträger vor, die bis zum 31. Juli eines jeden Kalenderjahres beim Fonds eingelangt sein mussten. Die Klägerin hätte daher bis zum 31. Juli 1996 (also zu einem Zeitpunkt, als eine Zustimmung des Organs des Beklagten zur LKF‑V noch gar nicht vorlag [!]) beim Beklagten einen Antrag auf Auszahlung der Zuschüsse für das Betriebsjahr 1996 stellen müssen. Unstrittig ist allerdings, dass die Klägerin fristgerecht einen solchen Antrag beim Beklagten nicht einbrachte.

8. Die Klägerin erachtet die Stellung eines solchen Antrags wegen des Inhalts der LKF-V, die einen Antrag für 1996 nicht vorgesehen habe, für entbehrlich.

8.1. Es wurde bereits dargelegt, dass weder der Abschluss der LKF-V geeignet war, die gesetzliche Regelung des KRAZAF‑G 1991 abzuändern, noch der Inhalt der LKF‑V Zahlungen des Beklagten für das Betriebsjahr 1996 erfasst. Schon deshalb ist darin auch nicht die von der Klägerin erblickte, vorweg getätigte Zusage des Beklagten zu erkennen, er werde Zuschüsse für das Betriebsjahr 1996 ua an die Klägerin ohne Antragstellung (auf welcher ziffernmäßiger Grundlage ?) erbringen. Der im § 29 der V 1997 enthaltene Hinweis, dass von dieser Vereinbarung die Ansprüche der Krankenanstaltenträger gegenüber dem Beklagten aufgrund der bisherigen Rechtslage bis einschließlich des Jahres 1996 unberührt bleiben und vom Beklagten bis zur Endabrechnung für das Jahr 1996 zu erfüllen sind, ändert daran nichts, weil es sich nur um die (an sich überflüssige) Klarstellung handelt, dass die vor In-Kraft-Treten der V 1997 bestehende Rechtslage unverändert bleibt.

Die LKF-V kann somit weder die Unterlassung einer Antragstellung rechtfertigen noch diese ersetzen.

8.2. Darauf, dass der Beklagte mit dem Einwand, die Klägerin habe für das Betriebsjahr 1996 keinen Antrag gestellt, gegen Treu und Glauben verstoße, hat sich die Klägerin in erster Instanz nicht berufen. Dieser erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobene Vorwurf stellt daher eine unzulässige Neuerung dar. Er bleibt aber angesichts des hier gewonnenen Auslegungsergebnisses auch inhaltlich ohne jede Grundlage.

9. Die Klägerin vertritt weiters den Standpunkt, ein Antrag nach dem KRAZAF-G 1991 an den mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Beklagten (§ 4 KRAZAF‑G 1991) sei durch andere Schritte ersetzt worden.

Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, wieso ein Antrag an den Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Jahr 2005 ein tauglicher Ersatz für den in § 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991 vorgesehenen Antrag an eine ganz andere, selbständige, bislang nicht aufgelöste und rechtlich weiterhin existierende Rechtspersönlichkeit (vgl VfGH A 26/05) sein soll.

10. Die Klägerin führt weiters ein Forderungsschreiben an den Beklagten vom 13. August 2013 (unvollständige Beilage ./M) ins Treffen, das den Krankenhausabgang für 1996 betrifft; weiters holte sie während des vorliegenden Prozesses mit dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 einen Antrag nach dem KRAZAF-G 1991 an den Beklagten nach.

Es ist daher der Einwand des Beklagten zu prüfen, bei der im § 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991 genannten Frist „bis längstens 31. Juli eines jeden Kalenderjahres“ handle es sich um eine Ausschlussfrist, deren Versäumung zum Erlöschen des Anspruchs geführt habe.

10.1. Nach hA sind von den Verjährungs- die Präklusivfristen (auch: materiell‑rechtliche Ausschlussfristen, Verfall) zu unterscheiden. Darunter werden Fristen verstanden, die die Lebensdauer eines Rechts von vornherein begrenzen und das Recht daher nach Ablauf der Frist vollständig zum Erlöschen bringen. Sehr kurze Fristen sind meist Präklusionsfristen, auch die Formulierungen sollen auf Präklusion hindeuten können, zB „sonst ist das Recht erloschen“, „müssen bei sonstigem Ausschluss geltend gemacht werden“ (vgl R. Madl/Perner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1452 ABGB Rz 17; Koziol‑Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 742;RIS-Justiz RS0033651; RS0034591). Solche Indizien sind allerdings nur Anhaltspunkte für eine Qualifikation einer Frist als Ausschlussfrist, eine umfassende Interpretation können sie nicht ersetzen, weshalb neben Wortlautargumenten stets auch systematische Überlegungen, die Entstehungsgeschichte und der Zweck der jeweiligen Frist zu berücksichtigen sind (Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 1451 Rz 28 ff je mwN). Nicht alle Präklusivfristen sind gleichmäßig zu behandeln. Es ist eine differenzierende Behandlung nötig und in jedem Einzelfall festzustellen, ob überhaupt und welche Regeln über die Verjährung anzuwenden sind, wobei vor allem auf den Sinn und Zweck des Gesetzes abzustellen ist (3 Ob 584/85; RIS-Justiz RS0034500).

10.2. Hier indiziert schon der Wortlaut der Fristbestimmunng (Die Anträge [...] „ müssen “ bis längstens 31. Juli […] beim Fonds eingelangt sein) eine Präklusivfrist.

10.3. Die Frist des § 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991 hat offenkundig den Zweck, dem nur für einen Zeitraum von wenigen Jahren eingerichteten beklagten Fonds (rechtzeitig) Klarheit über die von den Krankenanstaltenträgern in ganz Österreich jährlich erhobenen Ansprüche auf Zuschüsse nach dem KRAZAF-G 1991 zu verschaffen, die er benötigt, um nach deren Prüfung die zur Verfügung stehenden Mittel zu verteilen. Über die nach §§ 1, 6, 20 und 21 KRAZAF-G 1991 zu gewährenden und nach gesetzlich festgelegten Kriterien zu bemessenden Betriebszuschüsse und sonstigen Zuschüsse war von der Fondsversammlung gemäß § 22 KRAZAF-G 1991 zu beschließen. Es versteht sich von selbst, dass eine sinnvolle Beurteilung des Gesamtbedarfs der Krankenanstalten pro Betriebsjahr als eine der Grundlagen für die Verteilung zu einem bestimmten Stichtag erfolgen muss. Daher ist dem Beklagten zuzustimmen, dass es beim vorliegenden Finanzierungssystem tunlichst zu vermeiden ist, nachträglich Anträge zuzulassen: Könnte doch das nachträgliche Hinzukommen von weiteren Anspruchsberechtigten zwangsläufig (wegen der dadurch bedingten Notwendigkeit unzähliger Nach- und Rückverrechnungen oder -zahlungen) zu chaotischen Verhältnissen in der Geschäftsführung des Beklagten führen.

10.4. Zu bedenken ist weiters, dass der Beklagte und das von ihm anzuwendende Finanzierungssystem von vornherein nur für eine relativ kurze Dauer (von zuerst vier, dann sechs Jahren [1991 bis 1996]) eingerichtet war und ab 1997 durch ein völlig anderes System abgelöst wurde. Das Erfordernis, aufwendige Parallelitäten von zwei unterschiedlichen Finanzierungssystemen tunlichst zu vermeiden, verlangte somit Regelungen, die einen möglichst raschen Abschluss des bereits überholten Systems ermöglichten. Das wäre aber nicht der Fall, wenn es die Krankenanstaltenträger in der Hand hätten, auch noch Jahre nach dem Auslaufen des KRAZAF-Systems Anträge auf Überweisung von Zuschüssen zu stellen.

10.5. Der vom Beklagten zugestandene Umstand, dass bisher eine Endabrechnung des Beklagten wegen eines – nachträglich (seit der V 1997) – zwischen Bund und den Ländern vereinbarten sogenannten Stillhalteabkommens bis dato nicht möglich war, vermag die Auslegung des § 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991 nicht zu beeinflussen:

Zum Einen nimmt dieses Stillhalteabkommen zu allfälligen noch bestehenden Ansprüchen von Krankenanstaltenträgern aus dem KRAZAF-G 1991 inhaltlich nämlich gerade nicht Stellung; zum Anderen blieb dadurch das KRAZAF-G 1991 unverändert.

10.6. Wortlaut und Zweck der Fristbestimmung des § 6 Abs 3 KRAZAF-G 1991 sowie die von vornherein begrenzte Bestanddauer des Beklagten in Verbindung mit einem Wechsel des Finanzierungssystems erfordern und rechtfertigen es daher, darin eine Ausschlussfrist zu erblicken, deren Versäumung im Jahr 1996 zum Erlöschen des Anspruchs der Klägerin auf Auszahlung von Zuschüssen nach dem KRAZAF-G 1991 für das Betriebsjahr 1996 führte, woran verspätete Anträge nichts zu ändern vermögen.

10.7. Auf eine Unterbrechung oder Hemmung der Frist vor dem 31. Juli 1996 hat sich die Klägerin nicht berufen, sodass sich eine Prüfung in diese Richtung erübrigt. Wie bereits erwähnt, boten weder der Werdegang noch der Inhalt der LKF‑V einen Grund, von einer rechtzeitigen Antragstellung bis zu diesem Termin abzusehen.

11. Ist aber ein Anspruch der Klägerin auf Zuschüsse für das Betriebsjahr 1996 bereits seit dem 1. August 1996 erloschen, muss auch das Eventualbegehren erfolglos bleiben.

12. Der Revision ist somit Folge zu geben; ohne dass es einer Auseinandersetzung mit ihren weiteren Argumenten bedarf, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher in eine Abweisung sowohl des Haupt- als auch des Eventualbegehrens abzuändern.

Die Kostenentscheidung zu allen drei Instanzen gründet sich auf § 41 (und § 50) ZPO.

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