OGH 1Ob171/14z

OGH1Ob171/14z22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** L*****, vertreten durch Bründl, Reischl & Partner OG Rechtsanwälte, Straßwalchen, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17‑19, wegen 65.754,79 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2014, GZ 14 R 18/14s‑12, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Dezember 2013, GZ 33 Cg 38/13w‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.700,85 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger stützt seinen Amtshaftungsanspruch auf eine behauptete Verspätung bei der Untersagung der Ausübung des Ausbildungsbetriebs der von ihm besuchten Zivilluftfahrerschule durch die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung (Austro Control GmbH, in der Folge: Austro Control). Über das Vermögen dieser Flugschule sei am 7. 5. 2010 mit Beschluss des Handelsgerichts Wien zu AZ 38 S 42/10v das Konkursverfahren eröffnet und am 26. 5. 2010 die Schließung des Unternehmens bewilligt worden. Die Luftfahrtbehörde habe es schuldhaft und rechtswidrig verabsäumt, die Untersagung des Ausbildungsbetriebs schon Ende 2008/Anfang 2009 auszusprechen. Bei rechtzeitiger und nicht erst ‑ wie tatsächlich ‑ am 27. 4. 2010 erfolgter Untersagung wäre der Kläger nicht mit den fremdfinanzierten und nunmehr frustrierten Ausbildungskosten aufgrund des Ausbildungs-vertrags vom 30. 5. 2009 belastet gewesen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Fehlens des Rechtswidrigkeitszusammenhangs der vom Kläger in Anspruch genommenen Vorschriften mit dem Schutz von bloßen Vermögensinteressen der Flugschüler ab.

Der Kläger stützt die Zulässigkeit der Revision darauf, dass zum Zwecke der maßgeblichen luftfahrtrechtlichen Normen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle und mehrere hundert Flugschüler von der Unternehmensschließung dieser (und auch einer weiteren ebenfalls in Konkurs verfallenen) Flugschule betroffen seien, weshalb die Entscheidung in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe. Entgegen der Ansicht des Erst- und Berufungsgerichts seien vom Schutzzweck der Normen über die Bewilligung, die Überprüfung und Schließung von Zivilluftfahrerschulen, auch die Vermögensschäden der Flugschüler erfasst. Die Austro Control sei durch die Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit umfangreichen Detailbestimmungen in der Zivilluftfahrt-Personalverordnung aufgerufen, Zivilluftfahrerschulen zu bewilligen, zu überprüfen und zu schließen. Damit obliege es ihr aufgrund eines Schutzgesetzes iSd § 1311 ABGB, die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Betrieb zu überwachen, sodass eine Sonderverbindung zwischen der Austro Control und den Flugschülern, also auch dem Revisionswerber, bestehe. Deren Schutz vor dem Insolvenzrisiko der Zivilluftfahrerschulen sei (mit‑)bezweckt. Flugschüler könnten darauf vertrauen, dass das von ihnen in Verwendung gezogene Vermögen „sicher“ und im Insolvenzfall geschützt sei, zumal infolge der staatlichen Zertifizierung und der behördlichen Aufsicht die Luftfahrerschule über die gesetzlichen Voraussetzungen verfügen müsse und diese für die Dauer der Ausbildung gewährleistet sein müssten.

Die beklagte Partei tritt dem in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist aus dem vom Kläger genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Zu den Aufgaben der Austro Control zählen neben der Flugsicherung (§ 120 Abs 1 LFG damals BGBl 1957/253 idF BGBl I 2008/83; nun idF BGBl I 2013/108) verschiedene andere behördliche Aufgaben (darunter, wie zu ergänzen ist, die Erteilung der Genehmigung sowie der Widerruf einer Zivilluftfahrerschule und die Untersagung des Ausbildungsbetriebs nach den §§ 46 ff LFG), in denen sie zur Führung von Verwaltungsverfahren und zur Bescheiderlassung berufen ist. Sie ist in diesem Zusammenhang ein mit behördlichen Aufgaben beliehener Rechtsträger (VfGH B 2113/94 ua = VfSlg 14.473; vgl auch G 213/98 = VfSlg 15.351; ErläutRV 1247 BlgNR XVIII. GP 11).

Gemäß § 10 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, BGBl 1993/898 (ACG‑G) haftet der Bund für die von Dienstnehmern der Austro Control GmbH in Wahrnehmung des in § 2 Abs 1 und 3 ACG-G übertragenen Aufgabenbereichs in Vollziehung der Gesetze wem immer zugefügte Schäden nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes (AHG).

2.1. Nach dem LFG in der Ende 2008/Anfang 2009 bzw April 2010 (dem Zeitraum, für den ein Verstoß der Austro Control gegen gesetzliche Verpflichtungen behauptet wird) geltenden Fassung (BGBl I 2008/83) war die Ausbildung von Zivilluftfahrern nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen zulässig (§ 44 Abs 1 LFG), welche zu registrieren waren (§ 45 LFG) und ihre Tätigkeit erst nach dem Genehmigungsbescheid der Austro Control aufnehmen durften (§ 46 Abs 1 LFG).

Ein Bewerber um eine Registrierung oder Genehmigung einer Zivilluftfahrerschule musste ua seine Verlässlichkeit nach § 32 LFG nachweisen (§ 44 Abs 4 LFG). Als verlässlich war der Bewerber gemäß § 32 LFG anzusehen, wenn aufgrund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen war, dass er den sich aus dem LFG ergebenden Verpflichtungen nachkommen werde.

Registrierung und Bewilligung durften erst nach Feststellung, dass die in § 44 Abs 3 LFG (Ausbildungsinhalte einschließlich der von den Zivilluftfahrerschulen zu beachtenden Lehrpläne) und der Verordnung gemäß § 44 Abs 2 LFG festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, erteilt werden (§ 45 Abs 2, § 46 Abs 2 LFG).

Die Genehmigung war insoweit bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, als dies zur Gewährleistung einer geordneten Ausbildung oder sonst zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich war; insbesondere konnte jederzeit die Verwendung bestimmter Lehrpläne vorgeschrieben werden (§ 46 Abs 3 LFG).

Der Ausbildungsbetrieb war mit Bescheid zu untersagen, wenn eine der Voraussetzungen für eine Anmeldung (§ 45 LFG) oder Genehmigung (§ 46 LFG) nicht mehr gegeben oder im Zeitpunkt der Anmeldung oder Genehmigung nicht gegeben war und dieser Mangel noch fortdauerte oder im Rahmen des Ausbildungsbetriebs einzuhaltende Verpflichtungen nicht beachtet wurden (§ 47 Abs 1 LFG). Dabei konnte eine Frist, innerhalb derer die festgestellten, die Untersagung begründenden Mängel dauerhaft zu beheben waren, bestimmt werden (§ 47 Abs 2 LFG). Der untersagte Ausbildungsbetrieb durfte erst nach bescheidmäßiger Feststellung der dauerhaften Behebung der die Untersagung begründenden Mängel wieder aufgenommen werden (§ 47 Abs 3 LFG).

Überhaupt waren die Eintragung oder die Genehmigung zu widerrufen, wenn der Ausbildungsbetrieb untersagt und der Mangel nicht fristgerecht behoben worden war (§ 48 LFG).

Mit der Zivilluftfahrtpersonalverordnung 2006, (BGBl II 2006/205 in der damals geltenden Fassung BGBl II 2008/79 [Ende 2008/Anfang 2009] bzw BGBl II 2009/71 [April 2010]; ZLPV 2006) bestimmte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie entsprechend § 44 Abs 2 LFG idF BGBl I 2006/27 nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt und unter Bedachtnahme auf Art und Umfang der erforderlichen Ausbildung die Arten von Zivilluftfahrerschulen einschließlich deren Ausbildungsbefugnisse, die Erforderlichkeit eines Registrierungs‑ oder Genehmigungs-verfahrens vor Aufnahme der Ausbildungstätigkeit, die Voraussetzungen für eine solche Registrierung oder Genehmigung sowie die im Rahmen der Ausbildungstätigkeit einzuhaltenden Verpflichtungen.

§ 44 Abs 7 LFG enthielt dazu die Ermächtigung, auch mittels Verordnung festzulegen, dass die Regelungen der Joint Aviation Authorities (Vereinigten Europäischen Luftfahrtbehörden; JAA) oder anderer internationaler Einrichtungen betreffend die Schulung von sonstigem zivilem Luftfahrtpersonal und die Genehmigungsvoraussetzungen für diese Schulen anzuwenden sind.

Die ZLPV 2006 verwies dementsprechend in ihrem § 119 Abs 1 idF BGBl II 2007/58, (nicht geändert durch BGBl II 2009/71) darauf, dass die Ausbildung für Scheine und Berechtigungen gemäß § 23 von einer entsprechend den Bestimmungen der Anlage 1 (JAR-FCL 1) registrierten oder genehmigten Zivilluftfahrerschule durchzuführen sei, und ordnete an, dass sich die jeweiligen Ausbildungsbefugnisse solcher Zivilluftfahrerschulen, die Erforderlichkeit eines Registrierungs‑ (§ 45 LFG) oder Genehmigungsverfahrens (§ 46 LFG) vor Aufnahme der Ausbildungstätigkeit, die Voraussetzungen für eine solche Registrierung oder Genehmigung sowie die im Rahmen der Ausbildungstätigkeit einzuhaltenden Verpflichtungen nach den Bestimmungen der Anlage 1 (JAR-FCL 1) richteten.

Zusätzlich zu den in § 44 Abs 4 LFG genannten Erfordernissen musste eine Zivilluftfahrerschule für eine Registrierung oder Genehmigung durch die zuständige Behörde, neben dem Vorliegen der entsprechenden Benutzungsrechte auf einem Flugplatz, dem Vorhandensein der erforderlichen Unterrichtsräume und eines Übungsbereichs oder Übungsgeländes, der Halterschaft an zumindest einem Luftfahrzeug sowie der Halterschaft oder sonstigen Verfügung über die für den Lehrbetrieb erforderlichen und geeigneten Luftfahrzeuge, der erforderlichen Anzahl an geeigneten Zivilfluglehrern und der Namhaftmachung eines Geschäftsführers mit entsprechender fachlicher Befähigung, auch über einen entsprechenden Organisationsplan verfügen (§ 119 Abs 3 ZLPV 2006). Überdies hatte sie ua alle Umstände, die eine Auswirkung auf die Erfüllung der für die Registrierung oder Genehmigung erforderlichen Voraussetzungen haben können, unverzüglich der zuständigen Behörde zu melden (§ 119 Abs 4 Z 4 ZLPV 2006, wie Abs 3 idF BGBl II 2007/58, von BGBl II 2009/71 nicht berührt).

Anhang 1a zu JAR‑FCL 1.055 (Zivilluft-fahrerschulen für Flugausbildung zum Erwerb von Pilotenlizenzen und Berechtigungen [FTOs]) der Anlage 1 der JAR‑FCL 1 definierte (unter der Überschrift „Einführung“) eine Zivilluftfahrtschule für Flugausbildung (FTO) als Organisation, die über Personal und Ausrüstung bei geeigneter Infrastruktur für eine Flugausbildung verfügt und diese ausbildet. Eine FTO ist (unter der Überschrift „Genehmigungsverfahren“) ua zur Vorlage der geforderten Betriebs- und Ausbildungshandbücher sowie der Ausbildungslehrpläne (letztere zur Genehmigung) verpflichtet. Der zuständigen Behörde war die Überwachung des Ausbildungsstandards, stichprobenartig auch von Ausbildungsflügen und das Vorgehen nach den §§ 47 und 48 LFG vorgeschrieben, wenn den genehmigten Mindestanforderungen nicht entsprochen wurde.

Unter der Überschrift „Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ wurden der Nachweis der FTO, dass sie über ausreichende finanzielle Grundlagen verfügt, um die Ausbildung gemäß den genehmigten Standards durchführen zu können, und die Nennung genügender Personen, die der Behörde das Vorhandensein solcher finanzieller Grundlagen glaubhaft machen, verlangt. Daran schlossen sich Regelungen über „Betriebsleitung und Lehrpersonal“, „Ausbildungsleiter“, „Aufzeichungen“, „Ausbildungs-programm“ uä an.

Die Änderungen durch die seither vorgenommenen Novellierungen des LGF (BGBl I 2010/111; BGBl I 2012/77; BGBl I 2013/96 und BGBl I 2013/108) und der ZLPV 2006 (BGBl II 2011/19; BGBl II 2012/21 und BGBl II 2012/260) lassen sich so zusammenfassen, dass die in jenem Bereich an Stelle der bisherigen Standards der JAA tretenden unionsrechtlichen Vorschriften für Ausbildungsorganisationen ein Registrierungsverfahren nicht mehr vorsehen. Ansonsten haben die maßgeblichen Vorschriften inhaltlich keine wesentliche Umgestaltung erfahren.

3.1. Die Vorinstanzen haben zum geltend gemachten Amtshaftungsanspruch die Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen einem allfälligen Verstoß gegen Vorschriften, die die Untersagung einer Zivilluftfahrerschule anordnen, und dem geltend gemachten Vermögensschaden eines Flugschülers richtig gelöst.

3.2. Gemäß § 1 Abs 1 AHG haften die dort genannten Rechtsträger für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen „wem immer“ schuldhaft zugefügt haben. Der Ausdruck „wem immer“ ist nicht anders zu verstehen als der Ausdruck „jedermann“ in § 1295 ABGB. Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ist er einschränkend auszulegen. Die Beschränkung der Zahl der zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen Berechtigten erfolgt aufgrund des Schutzzwecks der Normen (Rechtswidrigkeitszusammenhang). Diese stellt ein selbständiges Abgrenzungskriterium der Schadenersatz-haftung neben der Rechtswidrigkeit und der Kausalität dar. Ohne die eingrenzende Wirkung der Lehre vom Schutzzweck der Normen drohte auch im Amtshaftungsrecht die abzulehnende Uferlosigkeit der Haftpflicht. Aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens ist nur für jene verursachten Schäden zu haften, die vom Schutzzweck der Verbotsnorm erfasst werden, da sie gerade diese Schäden verhindern wollte. Die Fragestellung der Normzweckprüfung ist teleologisch ausgerichtet und stellt primär darauf ab, welcher Zweck mit der in ihrem primären Normgehalt feststehenden Anordnung verfolgt wird; soll nicht die Schutzzweckprüfung jeglichen Aussagegehalt verlieren, darf sie keinesfalls bei einer bloßen Paraphrasierung des Gesetzeswortlauts stehen bleiben: Nicht jeder Schutz, den die Verhaltensnorm tatsächlich bewirkt, ist auch von deren Schutzzweck erfasst (1 Ob 97/07g = iFamZ 2008/70 [Parapatits] = ÖBA 2008, 582 [Rummel] mwwN; 1 Ob 95/12w).

Auch bei einer unvertretbaren Verletzung von Rechtsvorschriften sind nur jene Schäden zu ersetzen, deren Eintritt die übertretene Vorschrift gerade verhindern wollte oder deren Verhinderung zumindest mitbezweckt ist (RIS‑Justiz RS0050038 [T21]).

Ob im Rahmen der Amtshaftung eine Norm auch den Schutz des Geschädigten intendiert oder auch nur mitbezweckt, hängt maßgeblich davon ab, ob bereits eine rechtliche Sonderverbindung zwischen dem Geschädigten und dem Rechtsträger, dessen Organe eine Amtspflicht verletzt haben sollen, besteht, oder ob die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine so große und unbestimmte Zahl von Personen betrifft, dass diese der Allgemeinheit gleichzusetzen sind (RIS‑Justiz RS0049993). Soweit sich der Schutzzweck nur auf Interessen der Allgemeinheit erstreckt, können Einflüsse des Verfahrensausgangs auf individuelle Interessenslagen nur als ‑ die Amtshaftung des belangten Rechtsträgers nicht begründende ‑ Reflexwirkung beurteilt werden (1 Ob 313/01p = SZ 2002/128; 1 Ob 148/02z; 1 Ob 200/04z; 1 Ob 232/11s = immolex 2012/90 [Hagen]).

3.3. Schon Erst- und Berufungsgericht haben zutreffend erkannt und ausführlich begründet, dass die für Erteilung, und Widerruf einer Genehmigung sowie Untersagung des Ausbildungsbetriebs einer Zivilluftfahrerschule maßgebenden Bestimmungen (auch) im Zeitraum bis zur erfolgten Untersagung nach §§ 44 ff LFG in Verbindung mit der ZLPV 2006 und den entsprechenden Bestimmungen der Anlage 1 der JAR‑FCL 1, Anhang 1a zu JAR‑FCL 1.055 auf den Schutz der Sicherheit der Luftfahrt abzielen. Auch die Vorschriften zur Ausbildung dienen erkennbar deren Qualitätssicherung mit der Zielsetzung der Gewährleistung der Sicherheit im Zivilflug. Insofern, aber auch nur insoweit, sind diese Vorschriften Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB.

3.4. Dass, wie der Kläger meint, von diesen Vorschriften mitbezweckt sein sollte, Flugschüler vor dem Insolvenzrisiko der Flugschule zu schützen, kann dem ausschließlich öffentlichen Interesse, zum Zweck der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt den dafür erforderlichen Ausbildungsbetrieb zu gewährleisten, nicht entnommen werden. Jedweder Hinweis auf eine solche Absicht fehlt schon in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des LFG (307 AB 318 BlgNR VIII. GP ), worauf schon das Erstgericht hinwies. Im Gegenteil, Stewardessen waren nicht Teil des Luftfahrpersonals iSd LFG, weil ihre Tätigkeit nicht für die Sicherheit der Luftfahrt von Bedeutung sei (aaO 34). Ebenso lässt sich den europarechtlichen Grundlagen des LFG nur das Ziel, im Bereich der Zivilluftfahrt für die europäischen Bürger jederzeit ein einheitliches und hohes Schutzniveau zu gewährleisten, entnehmen (vgl den ersten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer europäischen Agentur für Flugsicherheit; davor erster Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 1592/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2002).

Der Aspekt der (körperlichen) Sicherheit der Flugschüler wird durch die der Qualitätssicherung der Ausbildung dienenden Vorschriften deutlich und war idF BGBl I 2008/83 auch noch durch die in § 51 Abs 1 LFG normierte Notwendigkeit der Erteilung einer Erlaubnis unter Bezugnahme auch auf die Verlässlichkeit und Tauglichkeit des Schülers iSd §§ 32 f LFG besonders untermauert gewesen. Erwähnt sei dazu, dass ab 1. 10. 2013 auch der Flugschülerausweis in Angleichung an die unionsrechtlichen Regelungen der Verordnung (EU) Nr 1178/2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr 216/2008 mit BGBl I 2013/108 im nationalen Recht entfiel. Bis dahin, so auch bis April 2010, bedurften nicht nur die Lehrer einer Erlaubnis (§§ 49 f LFG), sondern auch die Flugschüler benötigten für die praktische Ausbildung an Bord eines Luftfahrzeuges im Fluge eine solche. Diese Erlaubnis (Flugschülerausweis) war zu erteilen, wenn der Bewerber das erforderliche Mindestalter erreicht hatte (§ 31 LFG), verlässlich (§ 32 LFG) und tauglich (§ 33 LFG) war (§ 51 Abs 1 LFG).

Allein, dass in der Aufzählung im Anhang 1a zu JAR‑FCL 1.055 ua als Voraussetzung der Erteilung der Genehmigung der Nachweis der Zivilluftfahrtsschule, über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen, um die Ausbildung gemäß den genehmigten Standards durchzuführen, genannt ist (Punkt 9.), lässt bei einer Gesamtbetrachtung der Zielrichtung der Vorschriften nicht den Schluss zu, damit wäre der Schutz vor einem bloßen Vermögensschaden eines Flugschülers in der Insolvenz der Flugschule intendiert oder aber auch umfasst. Zum einen standen schon im Anhang 1a zu JAR‑FCL 1.055 diese finanziellen Grundlagen in Zusammenhang damit, dass sie dazu ausreichen sollten, um die Ausbildung gemäß den genehmigten Standards durchführen zu können, womit deutlich gemacht wird, dass auch dabei das Ziel die Sicherheit im Flugverkehr durch entsprechende Ausbildung ist; zum anderen ist diese Anforderung durch die Überschrift „Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ vom Punkt „Genehmigungsverfahren“ abgetrennt, in dem das Vorgehen nach §§ 47 (Untersagung) und 48 (Widerruf) LFG gefordert wird.

Auch bezieht § 44 Abs 1 LFG die Voraussetzungen für die Genehmigung ausdrücklich auf Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang der erforderlichen Ausbildung. Befristungen und Auflagen der Genehmigung sind zu erteilen, insoweit sie für die Gewährleistung einer geordneten Ausbildung oder sonst zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt notwendig sind.

Auf den Hinweis der beklagten Partei, dass sich auch aus der in § 7 Flughafen‑Bodenabfertigungsgesetz (BGBl I 1998/97 idF BGBl I 2007/98) enthaltene Trennung zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und einer geforderten Haftpflichtversicherung die unterschiedliche Schutzrichtung ableiten lasse, braucht damit nicht mehr zurückgegriffen werden.

3.5. Der Schutzzweck der §§ 44‑47 LFG (in der von Ende 2008 bis April 2010 geltenden Fassung) über die Erteilung und den Widerruf der Genehmigung einer Zivilluftfahrerschule sowie die Untersagung des Ausbildungsbetriebs erstreckte sich damit zwar auf die (Sicherheits‑)Interessen der Allgemeinheit und damit insoweit auch auf die Sicherheitsinteressen der Flugschüler, nicht aber auf deren Vermögensinteressen im Fall der Insolvenz der Zivilluftfahrerschule.

4. Der Revision war damit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Dabei steht auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 65.754,79 EUR für TP 3C 1.032,70 EUR (und nicht 1.034,50 EUR) zu.

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