OGH 1Ob313/01p

OGH1Ob313/01p8.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Peter S***** , 2. Johann K***** , und 3. Peter L***** , alle vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Land Salzburg, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta und Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung, hilfsweise Zahlung von S 10.000 (= EUR 726,73 - Erstkläger), 10.000 S (= EUR 726,73 - Zweitkläger und S 53.000 (= EUR 3.851,66 - Drittkläger) je sA infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2001, GZ 4 R 134/01f-24, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. April 2001, GZ 8 Cg 71/99f-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar die erstklagende Partei EUR 1.439,79 (darin EUR 193,60 an Umsatzsteuer), die zweitklagende Partei EUR 44,20 (darin EUR 7,36 an Umsatzsteuer) und die drittklagende Partei EUR 233,97 (darin EUR 39 an Umsatzsteuer).

Text

Entscheidungsgründe:

Umweltbewusste Bürger einer Salzburger Gemeinde sahen 1996 ihren Lebensraum durch eine Reststoffdeponie, die in einem aufgelassenen Steinbruch angelegt werden sollte, gefährdet und besetzten im August 1996 die Baustelle, um die Bauarbeiten zu verhindern. Als Folge dieser Selbsthilfeaktion traten die beiden Gesellschafter jener Gesellschaft mbH, deren Unternehmensgegenstand die Planung, Errichtung und der Betrieb der Deponie war (im Folgenden kurz Deponiegesellschaft), mit Notariatsakt vom 4. September 1996 ihre Geschäftsanteile an den örtlichen Tourismusverband und eine Bergbahnen Gesellschaft mbH ab. Der durch eine Bankgarantie zu sichernde Abtretungspreis von 45 Mio S wurde u.a. in der Weise aufgebracht, dass viele Gemeindebürger, darunter auch die drei Kläger, als atypische stille Gesellschafter entsprechende Geldeinlagen (der Erstkläger 1 Mio S, der Zweitkläger 200.000 S und der Drittkläger 480.000 S) tätigten.

Die Kläger begehrten vom beklagten Rechtsträger aus dem Titel der Amtshaftung zuletzt

1. die Feststellung, dass die beklagte Partei den Klägern, und zwar dem Erstkläger bis S 263.000 sA, dem Zweitkläger bis S 10.000 sA und dem Drittkläger bis S 53.000 sA für alle Schäden dem Grunde nach haftbar und ersatzpflichtig sei, die den Klägern dadurch entstanden seien, dass sie, und zwar der Erstkläger 1 Mio S, der Zweitkläger 200.000 S und der Drittkläger 480.000 S an Geld 1996 gezahlt hätten, um zu ermöglichen, dass der Tourismusverband und die Bergbahnen Gesellschaft mbH mit Abtretungsvertrag vom 4. September 1996 die Geschäftsanteile an der Deponiegesellschaft erwerben können, und um zu ermöglichen, dass - was Voraussetzung und Bedingung dieses Abtretungsvertrags gewesen sei - am 3. Oktober 1996 zur Einlösung der Bankgarantie vom 4. September 1996 ein Gesamtbetrag von 45 Mio S an die vormaligen Gesellschafter der Deponiegesellschaft auf ein näher genanntes Konto überwiesen worden sei;

2. hilfsweise die Zahlung der nachstehenden Beträge jeweils sA, und zwar an den Erst- und den Zweitkläger je S 10.000 und an den Drittkläger S 53.000.

Geltend gemacht werde die Amtshaftung der beklagten Partei wegen schuldhaft rechtswidriger Anwendung bzw unterlassener Anwendung maßgeblicher, im Einzelnen dargestellter Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977, dessen Novelle 1992 sowie des Salzburger Naturschutzgesetzes 1993 durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde und die Landesregierung des beklagten Rechtsträgers im Zusammenhang mit der Deponie und deren dadurch ermöglichten Errichtung im Frühjahr und Sommer 1996. Bei gesetzmäßiger Vorgangsweise wäre mit den Mitteln des Naturschutzrechts jede Bautätigkeit unterbunden und sogar der Zustand wie vor Baubeginn wieder hergestellt worden. Das Verhalten der Organe des beklagten Rechtsträgers habe 1996 die Anlegung der Deponie ermöglicht.

Die Zahlungen der Kläger als atypische stille Gesellschafter stellten jenen Rettungsaufwand und somit jenen Schaden dar, der ihnen infolge rechtswidriger und grob fahrlässiger Nichtanwendung der näher genannten Vorschriften des Salzburger Naturschutzgesetzes durch die Organwalter des beklagten Rechtsträgers (Bezirksverwaltungsbehörde bzw Landesregierung) entstanden sei. Es habe ein kausaler Zusammenhang zwischen dem den naturschutzbehördlichen Organwaltern vorzuwerfenden, schuldhaft rechtswidrigen Verhalten und jener Zwangslage für Natur, Lebensraum und Umwelt, in die die vom Projekt betroffenen Anrainer und Liegenschaftseigentümer aufgrund des Baubeginns geraten seien, bestanden. Aus dieser Zwangslage hätten sich die Gemeindebürger nur durch Bildung einer "Rettungsgemeinschaft" zum Schutz von Lebensraum, Natur und Umwelt sowie durch Geldzahlungen von insgesamt 45 Mio S befreien können. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen jenen naturschutzrechtlichen Vorschriften, die damals von den verantwortlichen Organen des Rechtsträgers nicht angewendet worden seien, und dem den Gemeindebürgern dadurch entstandenen Rettungsaufwand zur Abwendung des Deponieprojekts sei aus dem Schutzzweck des § 24 Abs 3 Sbg NaturschutzG 1993 abzuleiten. Von jenen nachteiligen Auswirkungen, die die Verwirklichung dieses Projekts auf die durch diese Vorschrift geschützten Rechtsgüter "Landschaftsbild, Naturhaushalt, Landschaftscharakter und Erholungswert der Landschaft" gehabt hätten, wären zwangsläufig auch die Lebens- und Wohnqualität und die Qualität der natürlichen Lebensgrundlagen im Bereich der Liegenschaften der von den Auswirkungen des Projekts betroffenen Gemeindebürger berührt.

Die im Eigentum der Kläger stehenden, zu Wohn- und Gastronomiezwecken genutzten Liegenschaften befänden sich in unmittelbarer Nähe der Deponie. Der Schaden, der den Klägern allein durch die Entwertung ihrer Liegenschaften bei Durchführung des Projekts entstanden wäre, übersteige die Zahlungen der Kläger zur Verhinderung des Projekts bei weitem. Die Kläger hätten daher sogar schadensmindernd gewirkt.

Die Kläger hätten ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Schäden, die ihnen dadurch entstanden seien, dass sie die behaupteten Zahlungen geleistet hätten.

Die beklagte Partei wendete u.a. ein, es fehle am Feststellungsinteresse der Kläger und am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem Naturschutzrecht und den freiwilligen Aufwendungen der Kläger zur Schadensbeseitigung.

Die Vorinstanzen wiesen das Haupt- und das Hilfsbegehren ab. Übereinstimmend verneinten sie angesichts der Möglichkeit eines Leistungsbegehrens das Feststellungsinteresse der Kläger gemäß § 228 ZPO. Die Zahlungsbegehren müssten daran scheitern, dass der Schutzzweck der naturschutzrechtlichen Bestimmungen eindeutig und ausschließlich das öffentliche Interesse in Gestalt des Schutzes des Landschaftsbildes, des Landschaftsgefüges und des Wertes der Landschaft für die Erholung und den Fremdenverkehr betreffe. Nur in diesem Rahmen habe die Naturschutzbehörde Einzelinteressen von Nachbarn wahrzunehmen. Eine Geldersparnis sei vom Schutzzweck des Salzburger Naturschutzgesetzes nicht erfasst. Darüber hinaus umfasse der amtshaftungsrechtlich relevante Schutzbereich von Verwaltungsnormen nur Personen mit Parteistellung; eine solche sei den Klägern im naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren nicht eingeräumt gewesen.

Die zweite Instanz erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil die Entscheidung 1 Ob 20/93 nur einen relativ unbedeutenden Rettungsaufwand in Form der Kosten anwaltlicher Vertretung betroffen habe; hingegen sei ein Fall, in dem betroffene Bürger zur Verhinderung einer Deponie die Deponierechte um einen zweistelligen Millionenbetrag (wenngleich in Form einer gesellschaftlichen Zwischenkonstruktion) kauften, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, soweit ersichtlich, noch nicht beurteilt worden. Auch scheine der Ausgang dieses Prozesses für eine Vielzahl von Bewohnern des betroffenen Tales, die zur Verhinderung des Deponieprojekts beigetragen hätten, die Bedeutung eines "Musterprozesses" zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zwar zulässig, jedoch nicht berechtigt.

a) Schon die Vorinstanz erkannte zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO), dass die Kläger den - mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 228 ZPO nicht zu Recht bestehenden - Hauptanspruch auf Feststellung der Schadenersatzpflicht des beklagten Rechtsträgers inhaltlich nicht weiter verfolgten. Da die Revision aber auch die Abweisung dieses Hauptanspruchs bekämpft (Punkt 1. der Revisionsanträge), kommt es auf die Tatsache, dass der von zwei Klägern noch verfolgte Geldanspruch jeweils S 52.000 nicht übersteigt, nicht an, weil die zweite Instanz ungeachtet des als nicht berechtigt angesehenen Feststellungsbegehrens aussprach, der Wert des Streitgegenstands übersteige in Ansehung des Erst- und des Drittklägers jeweils S 260.000 und in Ansehung des Zweitklägers zwar S 52.000, nicht aber S 260.000.

b) Die Kläger stützen ihr Amtshaftungsbegehren ausschließlich auf die schuldhaft rechtswidrige Vollziehung naturschutzrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit der naturschutzbehördlichen Bewilligung des Deponieprojekts durch Organe des beklagten Rechtsträgers. Sie begehren den (teilweisen) Ersatz ihrer Geldeinlagen, mit denen sie - freilich im Umweg über die schon erwähnte gesellschaftsrechtliche Konstruktion - zur Aufbringung jener Mittel beigetragen hätten, die die Erwerber der Geschäftsanteile an der Deponiegesellschaft in die Lage versetzt hätten, den Abtretungspreis zu finanzieren; das sei insofern ersatzfähiger Rettungsaufwand - demnach ein Aufwand, der zur Abwendung einer drohenden Gefahr gemacht worden sei - , als sie einerseits in "tiefer Angst vor der ökologischen Zukunft des ihre eigene Wohn- und Lebensqualität bestimmenden Lebensraums und ihrer eigenen, in diesen eingebetteten Liegenschaften" (S. 5 der Revision), andererseits aber auch zur Abwendung der durch den Betrieb der Deponie drohenden Entwertung ihrer - in deren Nahbereich befindlichen - Liegenschaften gehandelt hätten.

c) Soweit die Kläger damit nicht einen immateriellen, insoweit wohl nicht ersatzfähigen Schaden geltend machen, weil sie sich auch auf die durch den Deponiebetrieb drohende Wertminderung ihrer Liegenschaften, der Sache nach also auf Eingriffe in das absolut geschützte Eigentumsrecht (JBl 2002, 390 uva) berufen, gilt es zu prüfen, ob die Organe des beklagten Rechtsträgers bei ihren naturschutzbehördlichen Entscheidungen gegen eine Verhaltenspflicht verstießen, die - auch - den Schutz fremden Eigentums bezwecken. In diesem Fall fällt nicht bloß der unmittelbare Schaden am absolut geschützten Eigentumsrecht in den Schutzbereich der haftungsbegründenden Verhaltensnorm, haben doch solche Normen, die die Gefährdung oder Beschädigung fremder absoluter Rechtsgüter verbieten, in aller Regel nicht nur den Schutz dieses Rechtsguts im Auge, sondern streben auch die Verhinderung weiterer Schäden des Rechtsinhabers an (JBl 2002, 390; ebenso Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 8/35 mwN in FN 133).

d) Auch für den Bereich des Amtshaftungsrechts gilt der allgemeine Grundsatz, dass die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck haben muss, den Geschädigten vor eingetretenen Nachteilen zu schützen. Es ist deshalb zu fragen, ob die konkret relevanten Pflichten des Rechtsträgers nur im Interesse der Allgemeinheit oder auch im Interesse einzelner Betroffener statuiert sind; in letzterem Fall ist ferner noch zu prüfen, ob von deren Rechtsgütern alle oder doch nur einzelne hievon in den Schutzbereich einbezogen sind. Es wird nämlich nur für solche Schäden gehaftet, die sich als Verwirklichung jener Gefahr manifestieren, derentwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten gefordert oder untersagt hat. Es genügt für die Annahme des erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhangs angesichts der in der Regel primär öffentliche Interessen wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zwar, dass die Verhinderung eines Schadens bei einem Dritten bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie den später eingetretenen angestrebt haben. Daraus allein, dass eine Amtshandlung, die dem öffentlichen Interesse dient, mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, ihm zugute kommt und ihm damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Handelns einen Vorteil verschafft, lässt sich noch nicht auf das Vorliegen einer Amtshaftungspflicht gerade diesem gegenüber schließen. Bei der maßgeblichen teleologischen Betrachtungsweise ist bei jeder einzelnen Vorschrift der Normzweck zu erforschen, der sich aus der wertenden Beurteilung deren Sinnes ergibt. Wie weit der Normzweck (Rechtswidrigkeitszusammenhang) reicht, ist das Ergebnis der Auslegung im Einzelfall (JBl 1999, 192 uva).

e) Es muss deshalb geprüft werden, ob dem Rechtsträger bei der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes in dem von den Klägern beanstandeten Verfahren die Verletzung von Schutzgesetzen, also abstrakten Gefährdungsverboten, die bestimmte Personen (hier die Kläger), bejahendenfalls auch deren Eigentum, vor einer Beeinträchtigung und nicht bloß die Allgemeinheit schützen sollen, durch seine Organe vorzuwerfen ist. Die Vorinstanzen verneinten den Charakter der in diesem Verfahren anzuwendenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen als Schutzgesetze zugunsten der Kläger, weshalb sie (auch) das hilfsweise erhobenen Zahlungsbegehren abwiesen.

Dagegen vertreten die Kläger auch noch im Revisionsverfahren den Standpunkt, die Frage nach dem Schutzzweck des § 24 Abs 3 des Salzburger Naturschutzgesetzes sei zugunsten der Kläger zu beantworten, weil diese Bestimmung dem Schutz der konkret betroffenen Menschen und nicht bloß einer anonymen, persönlich nicht auszumachenden Allgemeinheit diene. Die Kläger als Anrainer im unmittelbaren und nächstgelegenen Bereich des Deponiestandorts seien von den Umweltbeeinträchtigungen in besonderer Weise betroffen gewesen und deshalb auf den gesetzlichen Schutz angewiesen. Zur besseren Übersicht werden die hier maßgeblichen naturschutzrechtlichen Bestimmungen im Folgenden wiedergegeben:

Das Salzburger Naturschutzgesetz 1977 erfuhr durch die Novelle 1992 (Sbg LGBl 1992/41 - im Folgenden Novelle 1992), ausgegeben am 29. Mai 1992, ua nachstehende inhaltliche Änderung:

§ 20

(1) Folgende Maßnahmen bedürfen einer Bewilligung der Naturschutzbehörde

...

c) ... die Errichtung, wesentliche Änderung und Bereitstellung von Lagerplätzen, Ablagerungsplätzen, Abstellplätzen und Parkplätzen jeweils in der freien Landschaft, wenn die für diese Anlagen einschließlich der Nebenanlagen beanspruchte Fläche insgesamt 1.000 m2 übersteigt;

d) ... alle sonstigen geländeverändernden Maßnahmen dann, wenn diese Maßnahmen auf einer Fläche von insgesamt mehr als 5.000 m2 erfolgen;

...

(3) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn das Vorhaben das Landschaftsbild, den Naturhaushalt, den Charakter der Landschaft, dessen Wert für die Erholung oder den Fremdenverkehr erheblich beeinträchtigt und nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs 3 zweiter Satz zutreffen.

Art II der Novelle 1992 lautet wie folgt:

(1) Dieses Gesetz tritt mit Beginn des zweiten auf seine Kundmachung folgenden Monats in Kraft.

(2) Die §§ 20, 20a und 21 in der Fassung des Art I Z 20 finden auf Maßnahmen, mit deren Ausführung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in wesentlichen Teilen bereits rechtmäßig begonnen wurde, keine Anwendung.

Das Salzburger Naturschutzgesetz wurde am 26. Jänner 1993 als Salzburger Naturschutzgesetz 1993 (LGBl 1993/1) wiederverlautbart. Die hier wesentlichen Bestimmungen lauten:

1. Abschnitt

Allgemeine Zielsetzung

§ 1

Dieses Gesetz dient dem Schutz und der Pflege der heimatlichen Natur und der vom Menschen gestalteten Kulturlandschaft. Durch Schutz- und Pflegemaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sollen erhalten, nachhaltig gesichert, verbessert und nach Möglichkeit wiederhergestellt werden:

- die Vielfalt, Eigenart und Schönheit und der Erholungswert der Natur,

- natürliche oder überlieferte Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen,

- der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und

- die Leistungsfähigkeit und das Selbstregulierungsvermögen der Natur sowie ein weitgehend ungestörter Naturhaushalt. Dem Schutz dieses Gesetzes unterliegen auch Mineralien und Fossilien (Versteinerungen). ...

Geltungsbereich

§ 3

(1) ...

(3) Bei der Anwendung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen ist davon auszugehen, dass dem öffentlichen Interesse am Naturschutz der Vorrang gegenüber allen anderen Interessen eingeräumt werden kann. Für Maßnahmen, die nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, welchen im Einzelfall gegenüber den Interessen des Naturschutzes der Vorrang gebührt, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zweck der genannten Maßnahme nicht verhindert werden darf, die Interessen des Naturschutzes jedoch sonst weitgehend zu berücksichtigen sind. Die Landesregierung kann zur Sicherung des unversehrten Bestandes von besonderen Schöpfungen der Natur durch Verordnung bestimmen, dass dem Interesse an deren Erhaltung bei einer solchen Interessenabwägung jedenfalls der Vorrang zukommt; in diesem Sinne sind unter Berücksichtigung des Standes der Naturwissenschaften jedenfalls jene Tier- und Pflanzenarten zu bestimmen, die durch Eingriffe in ihre Lebensräume in ihrer Existenz besonders gefährdet sind.

§ 20 erhielt bei gleichbleibendem Inhalt die Bezeichnung § 24. Die in der Novelle 1992 enthaltenen Übergangsbestimmungen blieben unberührt. Die späteren Änderungen, im Besonderen die Wiederverlautbarung im LGBl 1999/73, sind hier nicht mehr von Bedeutung.

Die Vorinstanzen würdigten diese Vorschriften und deren Sinngehalt richtig und verneinten demgemäß zutreffend die Einbeziehung der individuellen Interessen der Kläger in deren Schutzzweck. Die naturschutzrechtlichen Vorschriften lassen sich - anders als etwa § 74 Abs 2, § 75 Abs 2, § 78 Abs 2, § 360 Abs 2 und § 367 GewO in der für den maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung (vgl dazu insbesondere JBl 1993, 532; Mader in Schwimann² § 1 AHG Rz 62) - nicht den Schutz der "Anrainer", vor allem auch nicht den Schutz deren Eigentums oder gar deren bloßen Vermögens, angelegen sein, sondern sie wurden zum Schutz der "Natur" als des natürlichen Lebensraums nicht nur der dort ansässigen Bevölkerung, sondern ganz allgemein der Menschen, die damit - namentlich auch als Touristen - in Berührung kommen, erlassen: Der Schutzzweck solcher Vorschriften und damit auch des Salzburger Naturschutzgesetzes erstreckt sich - hält man sich namentlich dessen § 1, aber auch § 3 Abs 3, auf den § 24 Abs 3 ausdrücklich verweist, vor Augen - allein auf die Erhaltung des Landschaftsbildes, des Naturhaushalts, des Charakters der Landschaft und dessen Wertes für die Erholung und den Fremdenverkehr und somit auf die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit, die den individuellen Interessen der Liegenschaftseigentümer, besonders wenn sie ihren Grundbesitz gewerblich nutzen, mitunter diametral zuwiderlaufen können. Demgemäß zielen etwa nach der Auffassung der Rechtsprechung in Deutschland (vgl nur die Nachweise bei Wurm in Staudinger, BGB13 § 839 Rz 496) Vorkehrungen des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes nicht auf eine Enteignung ab, sondern sind lediglich Inhaltsbestimmung des Eigentums, bestimmen also Inhalt und Umfang des Eigentums und aktualisieren dessen "Sozialpflichtigkeit". Deshalb gewähren nach dieser Auffassung Entschädigungsregelungen keine Enteignungsentschädigung, sondern sie dienen als Ausgleichsregelungen, um im Interesse des Naturschutzes auferlegte Belastungen der einzelnen Eigentümer durch Geldleistungen auf ein zumutbares Maß zu mindern, also Sonderopfer auszugleichen (vgl BGHZ 126, 379, 382). Dem Individualgüterschutz namentlich der Anrainer vor unzumutbaren Immissionen dienen dagegen - abgesehen vom zivilrechtlichen Nachbarrecht - Bestimmungen der Gewerbeordnung und des Wasserrechtsgesetzes; die Kläger fanden demgemäß auch in dem parallel verlaufenden gewerbe- und wasserrechtlichen Verfahren Gehör und hatten mit ihren Einwendungen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Erfolg. Dort war auf ihre individuellen vermögenswerten Interessen Bedacht zu nehmen. Gerade auf diese Normen stützten die Kläger indes ihr Amtshaftungsbegehren nicht. Erstreckt sich der Schutzzweck des naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahrens schon der Sache nach ("Naturschutz"), aber auch nach der Umschreibung der Gesetzesziele nur auf Interessen der Allgemeinheit, so können Einflüsse des Verfahrensausgangs auf individuelle Interessenlagen nur als - die Amtshaftung des belangten Rechtsträgers nicht begründende - Reflexwirkung beurteilt werden (vgl dazu SZ 67/39 mwN). Diesem Ergebnis könnte auch die Entscheidung SZ 54/171, die eine naturschutzrechtliche Vorschrift zu beurteilen hatte, nicht entgegen gehalten werden, war der behördliche Auftrag dort doch auf Entfernung einer dem Kläger gehörigen Ankündigungstafel gerichtet.

Dass den Klägern als Anrainern die Beteiligung am naturschutzbehördlichen Verfahren nach dem Gesetz verwehrt war, muss deshalb als Begründungsargument gar nicht ins Treffen geführt werden, wenngleich nicht verhehlt werden soll, dass die Zubilligung eines subjektiv-öffentlichen Rechts und der daran geknüpften Rechtsmittellegitimation für die Erstreckung des Schutzzweckes (auch) auf den Individualgüterschutz erhebliche Indizwirkung zukommt; andererseits geht der Schutzbereich in vielen Fällen über den Personenkreis der Verfahrensbeteiligten hinaus (vgl Mader aaO Rz 61); Letzterem kommt auch angesichts der neuerdings angestrebten Zurückdrängung der Anrainerrechte im verwaltungsbehördlichen Bewilligungsverfahren steigende Bedeutung zu.

f) Keiner abschließenden Erörterung bedarf ferner die Tatsache, dass sich die Kläger zur Begründung des Anspruchs auf Ersatz des von ihnen behaupteten Rettungsaufwands jedenfalls auch auf drohende immaterielle Schäden beriefen. Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang allerdings, dass der nunmehr als Rettungsaufwand geltend gemachte Vermögensschaden erst durch die Geldeinlagen entstand, was die Kläger letztlich auch in der Revision zum Ausdruck bringen, erst durch die "Ablösung der Deponierechte" habe sich der immaterielle, durch die Beeinträchtigung der ökologischen Lebensgrundlagen entstandene Nachteil in einen materiellen Schaden gewandelt: Soweit immaterielle Schäden nicht ersatzfähig sind (SZ 65/36 uva), können sie gewiss nicht durch den Rettungsaufwand - hier die Aufwendungen für den Erwerb der Gefahrenquelle - zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden mutieren, hätte es der von nicht ersatzfähigen immateriellen Nachteilen Bedrohte oder Belastete auf diese Weise jederzeit in der Hand, die fehlende Ersatzfähigkeit des anstehenden bzw bereits eingetretenen immateriellen Schadens zu umgehen und sich vom Schädiger Ersatz zu verschaffen.

g) Entscheidend ist im vorliegenden Fall indes, dass den Klägern mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen den Bestimmungen des § 24 Abs 3 des Salzburger Naturschutzgesetzes und den behaupteten Schäden der begehrte Ersatz nicht zuzubilligen ist, ohne dass noch die eingewendete Drittschadensproblematik - die Kläger selbst haben den "Rettungsaufwand" gar nicht unmittelbar in den Erwerb der Geschäftsanteile an der Deponiegesellschaft investiert - und ferner die Frage zu prüfen wären, ob es von Einfluss auf den Streitausgang sein könnte, dass die Deponiegesellschaft am 27. November 1996 - zeitlich somit erst nach dem Erwerb der Geschäftsanteile durch Dritte - mit der beklagten Partei eine entgeltliche Deponievereinbarung für die Dauer von 15 Jahren getroffen hat.

Schon infolge Verneinung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs ist der Revision der Kläger ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die der beklagten Partei zuzusprechenden Kosten von insgesamt S 19.811,98 = EUR 1.439,79 (darin S 3.302 = EUR 239,96 an Umsatzsteuer) sind mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 ZPO auf die drei Kläger verhältnismäßig aufzuteilen, und zwar entsprechend den Feststellungsstreitwerten im Verhältnis von 263 (80,68 %) : 10 (3,07 %) : 53 (16,25 %), was den auf die einzelnen Kläger entfallenden Revisionsstreitwerten entspricht.

Stichworte