European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00204.14B.0122.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Die Streitteile sind Miteigentümer von zwei Liegenschaften mit den darauf errichteten Wohnhäusern ***** Straße 104 und 106. Der Beklagte ist darüber hinaus Mieter der im Haus ***** Straße 104 gelegenen Wohnungen Top Nr 8, 11, 13 und 9‑10.
Die Kläger begehrten in vier vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren vom Beklagten die Zahlung von Mietzinsrückständen für die von ihm angemieteten Bestandobjekte sowie deren Räumung.
Der Beklagte stellte die Angemessenheit der von den Klägern begehrten Mietzinse inklusive der Betriebskosten sowie den Umstand außer Streit, dass er in der Zeit von März 2007 bis inklusive März 2010 die für die von ihm angemieteten Wohnungen vorgeschriebenen Mietzinse nicht bezahlte. Er machte eine Reihe von Gegenforderungen geltend, die er den Mietzinsforderungen der Kläger aufrechnungsweise entgegenhielt und beantragte jeweils die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht stellte die Klageforderung insgesamt mit 22.837,52 EUR, die vom Beklagten unter anderem eingewendete Gegenforderung von 57.955,14 EUR bis zur Höhe der Klageforderung als zu Recht bestehend fest und wies das Zahlungs- sowie das Räumungsbegehren ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass der außer Streit gestellte Mietzinsrückstand des Beklagten für sämtliche von ihm angemieteten Objekte 22.837,52 EUR betrage. Demgegenüber bestehe ein Guthaben des Beklagten aus den Eigentümerabrechnungen beider Liegenschaften für die Jahre 2002 bis 2011 in der Höhe von 57.955,14 EUR, das der Kläger zu Recht den Mietzinsforderungen entgegenhalte. Eine Beschlussfassung der Miteigentümer der Liegenschaften darüber, dass die Guthaben aus den Eigentümerabrechnungen nicht ausbezahlt werden sollten, habe nicht festgestellt werden können.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge, stellte mit seinem Teilurteil die Klageforderung mit 22.837,52 EUR als zu Recht bestehend fest, wies die vom Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen zurück und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 22.837,52 EUR sA. In Bezug auf das Räumungsbegehren hob es das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Sache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an dieses zurück. In rechtlicher Hinsicht setzte sich das Berufungsgericht mit den Gegenforderungen des Beklagten auseinander und gelangte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 838a ABGB zum Ergebnis, dass für diese Forderungen der (streitige) Rechtsweg nicht offen stehe, weswegen diese nicht meritorisch zu erledigen, sondern wegen Unzulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs zurückzuweisen seien. Sämtliche vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen stammten aus Streitigkeiten über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten, und seien daher im Verfahren außer Streitsachen zu behandeln. Die Wahl der unrichtigen Verfahrensart sei auch noch im Rechtsmittelverfahren aufzugreifen. Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung erweise sich das Räumungsbegehren aber noch nicht als spruchreif. Das Berufungsgericht habe in einem dieselben Parteien betreffenden Vorverfahren des Erstgerichts noch keine Bedenken gegen die Unzulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs vergleichbarer Gegenforderungen des Beklagten gehegt. Dem Beklagten sei daher nunmehr die Möglichkeit zu geben, ergänzendes Vorbringen im Zusammenhang mit § 33 Abs 2 und 3 MRG zu erstatten.
Die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof seien zulässig, weil die höchstgerichtliche Rechtsprechung der letzten Jahre durch eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 838a ABGB gekennzeichnet und überdies nicht einheitlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg (RIS‑Justiz RS0012214). Die Frage, ob im außerstreitigen Verfahren oder im Prozessweg zu entscheiden ist, richtet sich dabei nach dem Inhalt des Begehrens (RIS‑Justiz RS0013639; RS0005896; RS0005861).
2. Der Beklagte hält das angefochtene Teilurteil und das diesem vorangegangene Verfahren für nichtig, weil seiner Ansicht nach Mietzins- und Räumungsverfahren im Verhältnis zwischen Miteigentümern unzweifelhaft Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft darstellten, die seit Einführung des § 838a ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu behandeln seien. Dem ist kurz entgegenzuhalten:
2.1 Der mit 1. 1. 2005 in Kraft getretene § 838a ABGB sieht vor, dass Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sind. Der Oberste Gerichtshof hat sich seither bereits in zahlreichen Fällen mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen Ansprüche zwischen Miteigentümern im streitigen oder außerstreitigen Verfahren geltend zu machen sind (vgl dazu 2 Ob 71/12y = wobl 2013/89, 239 [Etzersdorfer] = EvBl 2013/38, 265 [ Schwab ] = immolex 2013/26, 84 [ Limberg ] mit einer ausführlichen Zusammenfassung der wesentlichen Entscheidungen und des Standes der Lehre; Sailer , Miteigentum in und außer Streitsachen, Zak 2014/319, mit einer weiteren Judikaturübersicht). Als wesentliches Ergebnis kann dazu festgehalten werden, dass Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auch noch auf weitere Rechtsgrundlagen gestützt werden, auch nach In‑Kraft‑Treten des § 838a ABGB im streitigen Verfahren zu behandeln sind (ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 33; 1 Ob 39/13m; 9 Ob 18/13g = JBl 2013, 565).
2.2
Einzelnen Miteigentümern, wie hier dem Beklagten, steht ein Recht zur ausschließlichen Benützung eines Teils des Miteigentums nur zu, wenn es ihnen vertraglich von den übrigen Miteigentümern oder mit Entscheidung des Außerstreitrichters eingeräumt worden ist (vgl dazu RIS‑Justiz RS0013399). Das ausschließliche Nutzungsrecht des Beklagten beruht auf den zwischen ihm und den Klägern als übrige Miteigentümer abgeschlossenen Bestandverträgen. Nicht die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind damit Gegenstand des Verfahrens über die von den Klägern erhobene Mietzins- und Räumungsklage, sondern ausschließlich solche aus der vertraglichen Bindung. Dass damit keine nach § 838a ABGB in das Verfahren außer Streitsachen verwiesenen Angelegenheit und damit auch nicht der vom Beklagten herangezogene Nichtigkeitsgrund vorliegt, ist damit schon in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 838a ABGB (vgl 9 Ob 18/13g) klargestellt.
3. Auch mit seiner Rechtsrüge spricht der Beklagte keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO an. Er setzt sich in seiner Revision mit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach für die von ihm aufrechnungsweise dem Mietzinsbegehren entgegengehaltenen Forderungen der streitige Rechtsweg nicht zulässig sei, nicht auseinander und macht auch gar nicht geltend, dass die von ihm erhobenen Gegenforderungen oder auch nur einzelne von ihnen in keinem Zusammenhang mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache iSd § 838a ABGB stünden. Er beruft sich lediglich darauf, dass seine prozessuale Aufrechnung einer außergerichtlichen Aufrechnung gleich gehalten werden müsse, weil er die Klageforderungen dem Grunde und der Höhe nach anerkannt habe. Dabei übersieht er aber schon, dass er im Verfahren erster Instanz lediglich den Umstand der Nichtbezahlung der Mietzinse außer Streit stellte, sodass seine Behauptung einer außergerichtlichen Aufrechnung gegen das auch im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot verstößt.
4. Da der Beklagte insgesamt nur solche Rechtsfragen anspricht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist sein Rechtsmittel zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die Kläger haben zwar die Zurückweisung der Revision beantragt, sind aber auf deren Unzulässigkeit nicht eingegangen. Ihre Rechtsmittelbeantwortung war damit nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weshalb ihnen kein Kostenersatz zusteht (RIS‑Justiz RS0035962; RS0035979).
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