OGH 4Ob140/14p

OGH4Ob140/14p21.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** F*****, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei b***** GmbH, *****, vertreten durch Knoflach, Kroker, Tonini und Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und 4.000 EUR sA (Streitwert im Sicherungsverfahren 20.000 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 30. Mai 2014, GZ 15 R 88/14t‑11, mit welchem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 1. April 2014, GZ 30 Cg 29/14p‑6, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt 2 bestätigt, im Übrigen aber dahin abgeändert, dass die abweisende Entscheidung des Erstgerichts zu Punkt 1 des Sicherungsbegehrens wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig und die andere Hälfte dieser Kosten endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen einen mit 2.565,42 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen (darin 681 EUR Barauslagen, 314,07 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger betreibt als Erbe des früheren Inhabers ein Fotostudio in Wien. Er nimmt die Beklagte wegen der Nutzung von Lichtbildern in Anspruch, über deren Rechte zu verfügen er behauptet.

Die Beklagte ist Medieninhaberin eines Printmediums und betreibt ein Onlinemedium. Dort publizieren (auch) Dritte, die sich bei der Beklagten registrieren, um in weiterer Folge eigene Artikel, Fotos und Ähnliches veröffentlichen zu können. Nach den bei der Registrierung akzeptierten AGB dürfen sie nur Lichtbilder veröffentlichen, deren Verwendung nicht in Rechte Dritter, insbesondere des Urhebers und der abgebildeten Personen, eingreift. Die Beklagte kontrolliert die Inhalte nicht; nur wenn es Beschwerden gibt und die Inhalte offenkundig unzulässig sind, werden sie gelöscht.

Die Beklagte veröffentlichte auf ihrer Facebookseite und in ihrem Printmedium den Aufruf, Fotos eines traditionsreichen Wiener Fußballvereins zu übermitteln und auf die Internetseite hochzuladen. Daraufhin stellten Dritte auf der Internetseite (ua) elf Fotos zur Verfügung, die entweder der Kläger oder sein Rechtsvorgänger zwischen 1971 und Mitte der 1980er-Jahre aufgenommen hatte. Weiters veröffentlichte die Beklagte in ihrem Printmedium ein vom Kläger oder seinem Rechtsvorgänger aufgenommenes Foto einer Szene aus einem Länderspiel im Jahr 1961.

Der Kläger legte der Beklagten zwei „Honorarnoten“, mit denen er erkennbar Rechte an den Lichtbildern behauptete. Von den elf im Internet erschienenen Fotos nannte er darin aber nur neun. Er verrechnete eine Pauschale mit dem Beisatz, dass „eventuelle […] Copyrights“ seines Rechtsvorgängers darin „nicht inkludiert“ seien. Wer die Fotos aufgenommen hatte, ergibt sich aus den „Honorarnoten“ nicht; auch ein Unterlassungsbegehren ist darin nicht enthalten. Die Beklagte verweigerte die Zahlung des begehrten Entgelts.

Zu Sicherung seines gleichlautenden Unterlassungsbegehrens beantragt der Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügungen zu untersagen,

1. die elf „von ihr“ auf der Website „publizierten“, näher bezeichneten Lichtbilder, an welchen ihm „die Urheber-/Leistungsschutzrechte“ zustünden, „zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten“;

2. das im Printmedium „publizierte“ Lichtbild, an welchen ihm „die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte“ zustünden, „zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.“

Ihm kämen „als Lichtbildhersteller“ die ausschließlichen „Leistungsschutzrechte/Urheberrecht“ zu. In den Honorarnoten habe er die Beklagte auf die Rechte hingewiesen und sie aufgefordert, die „widerrechtliche Publikation“ zu unterlassen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hafte die Beklagte auf Unterlassung und Schadenersatz. Der Unterlassungsanspruch sei gegen denjenigen zu richten, von dem Abhilfe zu erwarten sei. Er habe nie Rechte an den Lichtbildern eingeräumt, auf die sich die Beklagte berufen könnte.

Die Beklagte wandte zunächst ein, dass sie als bloßer Hostprovider nicht hafte. Der Kläger müsse vor Einleitung des Verfahrens bescheinigen, dass er Inhaber der Rechte sei. Die Fotos seien von einem anderen Fotografen aufgenommen worden, der „Haus-und-Hof-Fotograf“ des Fußballvereins gewesen sei und diesem konkludent das Werknutzungsrecht eingeräumt habe. Der Verein habe der Veröffentlichung durch die Beklagte konkludent zugestimmt. Der Kläger habe sich nur auf das Leistungsschutzrecht des Lichtbildherstellers berufen.

Der Kläger erwiderte, dass er sich auch auf sein Urheberrecht stütze. Alle Lichtbilder hätten Werkcharakter. Er habe durch Vorlage von Kopien nachgewiesen, dass sich die „Originallichtbilder/Negative“ in seinem Besitz befänden und er „Lichtbildhersteller“ sei. Der von der Beklagten genannte „Haus-und-Hof-Fotograf“ sei der frühere Inhaber seines Fotostudios gewesen. Das ändere aber nichts „an dessen Urheberschaft an Fotos bzw noch weniger an meiner Urheberschaft an meinen Fotos“. Um aber „ein für alle Mal“ die Behauptung der Beklagten, die „Urheber-/Leistungsschutzrechte“ stünden jenem anderen Fotografen zu, „ins rechte Licht zu rücken“, lege er einen Einantwortungsbeschluss vor, wonach er dessen Alleinerbe sei. Die Behauptung der Beklagten, Gegenstand des Verfahrens seien „fremde Inhalte“, sei „nicht leicht nachzuvollziehen“. Selbstverständlich gestalte die Beklagte „und niemand sonst“ die elektronische Publikation; sie greife widerrechtlich in seine „Urheber-/Leistungsschutzrechte“ ein, indem sie die Lichtbilder vervielfältige, im Internet „publiziere“ und zum jederzeitigen weltweiten Download bereitstelle. Der Fußballverein habe weder mit ihm noch mit seinem Rechtsvorgänger einen Vertrag über die Einräumung eines umfassenden Werknutzungsrechts geschlossen. Ein Nutzungsrecht habe allenfalls an den übergebenen Werkstücken bestanden.

Die Beklagte hielt dem entgegen, dass sich der Kläger im Sicherungsantrag nur auf das Leistungsschutzrecht stütze. Dieser Anspruch sei für das im Printmedium erschienene Lichtbild nach § 74 Abs 6 UrhG wegen Zeitablaufs erloschen. Der Kläger habe nun zwar offengelegt, in welcher Beziehung er zum Lichtbildhersteller gestanden sei. Durch die Erbschaft sei Universalsukzession eingetreten. Da der Hersteller aber das Werknutzungsrecht an den Lichtbildern konkludent dem Fußballverein eingeräumt habe, könne sich der Kläger nicht darauf berufen. Jedenfalls liege keine offenkundige Rechtsverletzung vor.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte sei bei den Lichtbildveröffentlichungen auf ihrer Website nur Hostprovider. Insofern scheitere der Unterlassungsanspruch des Klägers am Fehlen einer vorherigen Abmahnung iSv § 81 Abs 1a UrhG. Das in der Printausgabe abgedruckte Lichtbild habe keinen Werkcharakter, weil der Fotograf auf die Szene keinen Einfluss gehabt habe; diese habe sich vielmehr aus dem Spielverlauf ergeben. Da der Kläger keine frühere Veröffentlichung behauptet habe, sei die Schutzfrist des 1961 aufgenommenen Lichtbilds bereits abgelaufen. Zudem sei die Beklagte (auch) insofern nur als Anstifterin oder Gehilfin tätig geworden. Eine bewusste Förderung des Täters der Urheberrechtsverletzung oder Kenntnis der Tatumstände, die eine Urheberrechtsverletzung begründeten, habe der Kläger nicht bescheinigt.

Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag mit der Maßgabe statt, dass es der Beklagten zu Punkt 1. des Begehrens untersagte, die Lichtbilder auf der Website in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass sie der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich seien. Es sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und ließ den Revisionsrekurs zu.

Die Beklagte habe beim Onlinemedium als Hostprovider gehandelt. Eine Klage setze daher nach § 81 Abs 1a UrhG eine Abmahnung voraus. Bringe der Verletzte die Klage ohne Abmahnung ein, laufe er bei sofortigem Anerkenntnis durch den beklagten Vermittler Gefahr, diesem nach § 45 ZPO die Verfahrenskosten ersetzen zu müssen. Im konkreten Fall hätten die „Rechnungen“ des Beklagten als Abmahnung ausgereicht. In Bezug auf die zwei darin nicht genannten Lichtbilder habe das Vorbringen des Klägers im Verfahren die Abmahnung ersetzt. Dass die Beklagte danach den Unterlassungsanspruch erfüllt hätte, bringe sie nicht vor. Vielmehr halte sie ihr Begehren auf Abweisung des Unterlassungsbegehrens aufrecht. Wenn sie ‑ anstatt bei Fehlen einer Abmahnung das Unterlassungsbegehren mit Kostenfolgen für den Kläger anzuerkennen ‑ weiterhin Abweisung beantrage, stehe das Fehlen der vorangehenden Abmahnung dem Anspruch nicht entgegen. Das Unterlassungsgebot sei im Sinn des vom Kläger Gewollten auf die konkret beanstandete Verwertungshandlung (Zurverfügungstellen) umzuformulieren. Das im Printmedium veröffentlichte Lichtbild habe Werkcharakter. Zu den dafür sprechenden Gestaltungselementen gehörten nicht nur die Aufnahmeposition, sondern, gerade bei einem durch rasche Bewegungen gekennzeichneten Ereignis, der Zeitpunkt, den der Fotograf für die Aufnahme wähle. Dies trage hier besonders zur Individualität des Werks bei: Ein Spieler mit gestrecktem Bein habe keinen Bodenkontakt und befinde sich (mindestens) einen halben Meter „in der Luft“; ein zweiter befinde sich ebenfalls mit gestrecktem Bein in einer als besonders dynamisch empfundenen, weil statisch labilen Position. Die Aufteilung des Vordergrundes auf drei Spieler ergebe eine regelmäßige Bildkomposition. Dazu komme die angesichts der Bewegung sehr hohe Schärfe der abgebildeten Spieler im Vergleich zum unscharfen Hintergrund. Es sei nicht anzunehmen, dass ein anderer Fotograf ‑ selbst wenn er sich am selben Standort befunden hätte ‑ dieses Bild genauso gestaltet hätte. Damit könne sich der Kläger auch auf Urheberrecht stützen. Dem festgestellten Sachverhalt lasse sich nicht entnehmen, dass die Beklagte auch in Bezug auf die Veröffentlichung im Printmedium nur Gehilfin gewesen wäre; sie habe die Urheberrechtsverletzung vielmehr selbst begangen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, welche Kriterien die Abmahnung nach § 81 Abs 1a UrhG zu erfüllen habe, insbesondere ob sie (bereits) eine Aufforderung zum Unterlassen und/oder Nachweise für das behauptete Urheberrecht enthalten müsse, und ob das Unterbleiben der außergerichtlichen Abmahnung ‑ abgesehen von möglichen Kostenfolgen für den Kläger ‑ die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs hindere.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist - wenngleich aus einem anderen Grund - teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zu Punkt 1 des Unterlassungsbegehrens (Lichtbilder auf der Website der Beklagten):

1.1. Die Beklagte ermöglicht Dritten, Inhalte auf ihre Website hochzuladen und dort öffentlich zugänglich zu machen. Nach den Feststellungen sind die Dritten der Beklagten weder unterstellt, noch werden sie von ihr beaufsichtigt. Die Beklagte ist daher Hostprovider iSv § 16 ECG. Ihre Tätigkeit unterscheidet sich nicht grundlegend vom Betreiben eines Diskussionsforums, das jedenfalls unter diese Bestimmung fällt (6 Ob 119/11k = jusIT 2012, 134 [ Mader ] = ecolex 2012, 904 [ Anderl ] = ZIR 2013, 56 [ Briem ] ‑ Frau Hauptmann; vgl auch 6 Ob 133/13x = EvBl 2014/105 [ Zib ] = jusIT 2014, 91 [Mader] ‑ E‑Mail‑Adresse des Posters). Denn in beiden Fällen ermöglicht es der Diensteanbieter Dritten, eigene Inhalte durch zentrale Speicherung anderen Personen zugänglich zu machen, ohne selbst darauf Einfluss zu nehmen.

1.2. Unmittelbare Täter von Urheberrechtsver-letzungen sind in solchen Fällen jene Nutzer, die die Dienste des Providers für Handlungen in Anspruch nehmen, die in Verwertungsrechte des Urhebers ‑ regelmäßig in das Zurverfügungstellungsrecht iSv § 18a UrhG ‑ eingreifen. Der Hostprovider haftet mangels eigenen tatbildlichen Handelns nur als Gehilfe (4 Ob 66/04s = MR 2004, 274 [ Hasberger ] = ecolex 2004, 799 [ Tonninger ] - Megasex) oder allenfalls als Anstifter.

1.3. Zweiteres kommt hier von vornherein nicht in Betracht, weil die Beklagte in ihren AGB ausdrücklich darauf hinweist, dass die Nutzer über die Rechte an den geposteten Inhalten verfügen müssen. Daher ist nur die Haftung der Beklagten als Gehilfin zu prüfen. Dafür reicht eine bloß adäquate Verursachung nicht aus, vielmehr muss sich auch der Gehilfe rechtswidrig verhalten. Er muss den Sachverhalt kennen, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet (stRsp RIS-Justiz RS0026577, RS0077158, RS0079462) oder muss zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzen (RIS-Justiz RS0031329 [T8]). Die Prüfpflicht ist allerdings auf grobe und auffallende Verstöße beschränkt (RIS-Justiz RS0031329 [T10]). Auf dieser Grundlage haftet ein Hostprovider im Regelfall nur dann, wenn ihn der Rechteinhaber auf den Eingriff in seine Rechte hingewiesen hat und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist (4 Ob 66/04s ‑ Megasex; RIS-Justiz RS0114374 [insb T2]).

1.4. Diese Rechtsprechung zur Haftung von Gehilfen wird für Diensteanbieter iSd §§ 13 bis 17 ECG in § 81 Abs 1a UrhG konkretisiert.

(a) Nach dieser mit der UrhG-Nov 2003 eingefügten Bestimmung kann auch ein Vermittler, dessen sich der unmittelbare Täter bedient hat, auf Unterlassung geklagt werden. Während sich die Regierungsvorlage noch auf diese Regelung beschränkt und zur Begründung auf Art 8 Abs 3 InfoRL verwiesen hatte (40 BlgNR 22. GP, 42), fügte der Justizausschuss die weitere Bestimmung an, wonach ein Vermittler, bei dem die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Verantwortlichkeit nach den §§ 13 bis 17 ECG vorlägen, „erst nach Abmahnung geklagt werden“ könne. Zur Begründung führte er aus, dass dieser Ausschluss der Verantwortlichkeit nach § 19 Abs 1 ECG zwar nicht für Unterlassungsansprüche „wie den vorliegenden“ gelte; „die Besonderheiten dieses Unterlassungsanspruchs“ ließen es aber „als gerechtfertigt erscheinen, dessen Entstehen an eine vorherige Abmahnung durch den zur Klage Berechtigten zu knüpfen“ (51 BlgNR 22. GP 2).

(b) Nach § 81 Abs 1a letzter Satz UrhG „kann“ der Vermittler nur nach einer Abmahnung geklagt werden. Bei isolierter Betrachtung könnte aus diesem Wortlaut abgeleitet werden, dass ohne Abmahnung der Rechtsweg nicht zulässig sei. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber hier eine materielle Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch anordnen wollte. Dies folgt schon daraus, dass § 81 Abs 1 UrhG dieselbe Formulierung („kann […] klagen“) verwendet, um damit auszudrücken, dass die Verletzung eines Ausschließungsrechts einen Unterlassungsanspruch begründet. In dieselbe Richtung weist auch die bereits zitierte Begründung des Justizausschusses, wonach das „Entstehen eines Anspruchs“ ‑ und eben nicht die Zulässigkeit des Rechtswegs zu dessen Durchsetzung ‑ von einer Abmahnung abhängt.

(c) Ohne „Abmahnung“ iSv § 81 Abs 1a UrhG hat der nach § 16 ECG privilegierte Hostprovider in der Regel keine Kenntnis davon, dass Dritte unter Inanspruchnahme seiner Dienste in Ausschließungsrechte von Urhebern eingreifen. Damit würde er auch nach den allgemeinen Grundsätzen keinem Unterlassungsanspruch ausgesetzt sein. § 81 Abs 1a UrhG konkretisiert daher lediglich eine Obliegenheit, die schon zuvor bestand und auch ohne ausdrückliche Anordnung weiterhin für andere Unterlassungsansprüche gegen Provider ‑ etwa bei Marken- oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen ‑ gilt.

1.5. Die systematische Einordnung von § 81 Abs 1a UrhG als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes führt für die hier strittigen Fragen zu folgendem Ergebnis:

(a) Da ein Unterlassungsanspruch nur besteht, wenn die Rechtsverletzung für den Provider ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, hat die Abmahnung zumindest die schlüssige Behauptung einer Rechtsverletzung zu enthalten. Der Abmahnende muss daher nicht nur die (angeblich) rechtsverletzende Handlung bezeichnen, sondern auch darlegen, weshalb er über die Rechte an den Schutzgegenständen verfügt. Bestehen nach den Umständen des Einzelfalls Zweifel an der tatsächlichen Richtigkeit seiner Behauptungen, wird er nach Aufforderung durch den Provider auch Nachweise zu erbringen oder weitere Erläuterungen zu geben haben. Davor besteht kein Unterlassungsanspruch; eine Klage oder ein Sicherungsantrag wären daher abzuweisen.

(b) § 81 Abs 1a UrhG geht vom Regelfall aus, dass die Abmahnung vor der Klage erfolgt. Dem ist es jedoch gleichzuhalten, wenn der Provider im Zuge des Verfahrens Klarheit über die Rechtsverletzung erhält und dennoch darauf beharrt, nicht zu einem Einschreiten verpflichtet zu sein. Zwar ist der Provider - anders als von Guggenbichler (in Ciresa , Österreichisches Urheberrecht § 81 Rz 30) angenommen - auch nach einer Klarstellung durch den Kläger nicht verpflichtet, den Anspruch unter Hinweis auf § 45 ZPO anzuerkennen (was nach 4 Ob 15/99f ohnehin in sich widersprüchlich wäre) oder einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich anzubieten. Denn bis zu dieser Darlegung hatte der Provider gegen keine ihn treffende Unterlassungspflicht verstoßen, sodass keine Wiederholungsgefahr bestand (vgl 4 Ob 194/07v = jusIT 2008, 65 [ Staudegger ] = MR 2008, 18 [ Daum ] = ÖBl 2008, 256 [ Büchele ] = ecolex 2008, 448 [ Pichler ] - LimeWire). Für die Zeit danach könnte sich Wiederholungsgefahr ergeben, wenn der beklagte Provider trotz nun bestehender Kenntnis nicht gegen die Rechtsverletzung einschreitet. Insofern müsste allerdings der Kläger ein weiteres Tatsachenvorbringen erstatten. Dem gleichzuhalten ist es aber, wenn der Provider nach Klarstellung durch den Kläger darauf beharrt, nicht zur Unterlassung verpflichtet zu sein. Denn in diesem Fall besteht Erstbegehungsgefahr, die nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls einen Unterlassungsanspruch begründet (RIS-Justiz RS0037661).

1.6. Im konkreten Fall reichten die vom Kläger gelegten „Rechnungen“ nicht aus, um die Rechtsverletzung für die Beklagte offenkundig zu machen. Zwar ließ sich ihnen (gerade noch) die Behauptung entnehmen, dass der Kläger über die Verwertungsrechte verfüge. Seine Stellung als Urheber oder Hersteller war aber aus Sicht der Beklagten objektiv zweifelhaft, weil einige Lichtbilder offenkundig nicht von ihm, sondern vom früheren Inhaber seines Fotostudios aufgenommen worden waren. Unter diesen Umständen wäre es dem Kläger oblegen, die Gründe für seine Rechtsnachfolge dazulegen. Bei Erhebung der Klage bestand daher noch kein Unterlassungsanspruch. Im Verfahren legte der Kläger jedoch dar, weswegen er auch über die Rechte an den vom früheren Inhaber aufgenommenen Fotos verfüge (Gesamtrechtsnachfolge). Ungeachtet dessen beharrte die Beklagte darauf, dass sie nicht zu einem Einschreiten verpflichtet sei, weil der Rechtsvorgänger des Klägers konkludent dem Fußballklub und dieser wiederum konkludent der Beklagten das Recht zur Verwertung der Lichtbilder eingeräumt habe. Damit kann sich die Beklagte aber nicht mehr auf eine nicht ausreichende Abmahnung stützen. Denn die Behauptungs- und Beweislast für eine solche Rechteeinräumung trifft im Prozess nach allgemeinen Grundsätzen denjenigen, der sich darauf beruft. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Abmahnung insofern strengeren Anforderungen unterliegen sollte. Auch sie muss daher keine Negativbehauptungen enthalten; vielmehr genügt es, wenn der Abmahnende seine (originäre oder abgeleitete) Berechtigung und die Eingriffshandlung darlegt. Alles Weitere ist Sache eines (allenfalls erforderlich werdenden) gerichtlichen Verfahrens.

1.7. Damit hängt das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs im konkreten Fall allein davon ab, ob die Beklagte tatsächlich über eine von einem Werknutzungsrecht des Vereins abgeleitete Werknutzungsbewilligung verfügte. Daran bestehen selbst bei Zutreffen ihrer - nicht bescheinigten - Tatsachenbehauptungen Zweifel. Denn aus dem auftragsgemäßen Herstellen von Lichtbildern in Zeiten vor der verbreiteten Nutzung im Internet kann nicht zwingend auf die Einräumung eines auch insofern eingeräumten Verwertungsrechts geschlossen werden (4 Ob 112/07k = ÖBl 2008, 148 [ Büchele ] - Internetwerbung mit Lichtbildern; vgl demgegenüber 4 Ob 212/06i = ecolex 2007, 360 [ Schumacher ] = MR 2007, 87 [ Walter ], und 4 Ob 7/14d = jusIT 2014, 142 [ Staudegger ], wo jeweils auf die Erkennbarkeit auch dieser Nutzungsart für den Urheber abgestellt wurde).

1.8. Eine nähere Prüfung dieser Frage erübrigt sich aber, weil das Begehren des Klägers jedenfalls verfehlt ist.

(a) Dem Gehilfen kann nach allgemeinen Grundsätzen nur der konkrete Tatbeitrag untersagt werden, nicht das tatbestandsmäßige Verhalten der von ihm geförderten Person (4 Ob 140/06a; 17 Ob 14/10y = jusIT 2011, 129 [ Thiele ] = ÖBl 2011, 313 [ Majchrzak ] - relaxx.at; Gamerith , Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen „Gehilfen“, wbl 1991, 305 [306]). Das Verbot müsste sich daher gegen das Ermöglichen eines Urheberrechtseingriffs durch dritte Personen richten, die ihrerseits als unmittelbare Täter handeln. Demgegenüber beantragt der Kläger, der Beklagten den Eingriff in das Ausschließungsrecht als solchen zu untersagen.

(b) In diesem Zusammenhang schadet zwar, wie das Rekursgericht an sich zutreffend erkennt, die unrichtige Bezeichnung des betroffenen Ausschließungsrechts (Verbreiten und Vervielfältigen statt Zugänglichmachen) nicht, weil dem Sachvorbringen des Klägers entnommen werden kann, worauf er sich bezieht (4 Ob 79/13s = jusIT 2013, 172 [ Thiele ] = MR 2013, 230 [ Walter ] = ecolex 2013, 897 [ Hofmarcher ] ‑ Schwimmbäder). Aus seinem Vorbringen ergibt sich aber eindeutig, dass er die Beklagte als unmittelbare Täterin in Anspruch nimmt: Diese selbst gestalte die Online-Publikation; bei den strittigen Lichtbildern handle sich nicht um „fremde Inhalte“. Auf dieser Grundlage kann sein Antrag nicht dahin umgedeutet werden, dass er sich in Wahrheit gegen das Ermöglichen einer Rechtsverletzung durch Dritte richte. Eine Umformulierung im Sinn des vom Kläger Gewollten (RIS-Justiz RS0038852) ist daher nicht möglich.

(c) Damit läge im (nach materiellem Recht möglichen) Verbot eines Tatbeitrags ein aliud, dessen Zuspruch gegen § 405 ZPO verstieße. Da eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Erörterung eines unschlüssigen Vorbringens im Sicherungsverfahren nicht in Betracht kommt (17 Ob 7/09t = wbl 2009, 470 - Das blaue Wunder; RIS-Justiz RS0005452 [T11]; zuletzt etwa 4 Ob 153/13y), ist der Antrag in diesem Punkt abzuweisen.

2. Zu Punkt 2 des Unterlassungsbegehrens (Lichtbild im Printmedium der Beklagten):

Die Beurteilung des Rekursgerichts trifft in diesem Punkt uneingeschränkt zu (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO). Die Beklagte ist als Medieninhaberin unmittelbare Täterin, sodass hier jedenfalls keine Abmahnung erforderlich war. Das Lichtbild ist nach den Kriterien der Rechtsprechung (4 Ob 179/01d = ÖBl 2003, 39 [ Gamerith ] = MR 2001, 389 [ Walter ] ‑ Eurobike; zuletzt etwa 4 Ob 184/13g = jusIT 2014, 58 [ Staudegger ] = ÖBl 2014, 134 [ Büchele ] = MR 2014, 75 [ Walter ] = ecolex 2014, 447 [ Horak ] ‑ Live Sportübertragungen) als Lichtbildwerk zu qualifizieren. Dem Vorbringen des Klägers kann entnommen werden, dass er sich auch auf diese Anspruchsgrundlage stützt; auf den Ablauf der Schutzfrist nach § 74 Abs 6 UrhG kommt es daher nicht an. Das Lichtbild zeigt eine Szene aus einem Länderspiel, weshalb der Einwand der Beklagten, der Rechtsvorgänger des Klägers habe dem Fußballverein als dessen „Haus- und Hoffotograf“ Rechte an vereinsbezogenen Lichtbildern übertragen, hier von vornherein unschlüssig ist.

3. Ergebnis und Kosten:

3.1. Aus den dargelegten Gründen hat der Revisionsrekurs teilweise Erfolg. Zu Punkt 1 des Begehrens (Lichtbilder im Internet) ist die abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen, im Übrigen (Lichtbild im Printmedium) ist der angefochtene Beschluss zu bestätigen.

3.2. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Ein Unterlassungsanspruch gegen die in § 81 Abs 1a UrhG genannten Diensteanbieter setzt eine Abmahnung voraus. Dieses Erfordernis ist nur erfüllt, wenn die Rechtsverletzung für den Provider durch die Abmahnung ohne Notwendigkeit weiterer Nachforschungen offenkundig wird. Die Abmahnung kann durch entsprechendes Vorbringen in einem bereits anhängigen Verfahren ersetzt werden. In diesem Fall entsteht aber nur dann ein Unterlassungsanspruch, wenn der Provider das beanstandete Verhalten fortsetzt (Wiederholungs-gefahr) oder das Vorliegen einer Rechtsverletzung bestreitet (Erstbegehungs-gefahr).

Dem Gehilfen einer Immaterialgüterrechts-verletzung kann nur sein Tatbeitrag, nicht aber das tatbestandliche Verhalten des unmittelbaren Täters untersagt werden.

3.3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Mangels gesonderter Bewertung haben die beiden Teilbegehren gleiches Gewicht. Der Kläger ist daher mit seinem Sicherungsantrag zur Hälfte durchgedrungen. Er hat daher die Hälfte seiner Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig und die andere Hälfte endgültig selbst zu tragen. Der Beklagten hat er die Hälfte von deren Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen.

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