Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei die je mit 768,24 EUR (darin enthalten 128,04 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht änderte über Antrag der Klägerin seinen Ausspruch dahin ab, dass es die ordentliche Revision für zulässig erklärte. Es habe dem Umstand, dass der Erstbeklagte nicht über den Sitz der M***** Ltd (M*****) auf Jersey aufgeklärt habe, keine rechtserhebliche Bedeutung beigemessen. Zur Frage, ob allein die unterlassene Aufklärung über den ausländischen Firmensitz des Unternehmens, dessen Wertpapiere die Klägerin erworben hat, eine Haftung des Vermögensberaters begründen könne, fehle oberstgerichtliche Judikatur.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Fragen, die den konkreten Umfang von Beratungs‑ und Aufklärungspflichten von Banken und Anlageberatern betreffen, sind solche des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0106373; RS0108074). Die Informationserteilung hat dem Gebot vollständiger, richtiger und rechtzeitiger Beratung zu genügen, durch die der Kunde in den Stand versetzt werden muss, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen. Sie hat in einer für den Kunden verständlichen Form zu erfolgen, wobei auf dessen persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen und bei der Verwendung von Fachausdrücken Vorsicht geboten ist (RIS‑Justiz RS0123046).
Der Geschädigte hat den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0022862). Beweiserleichterungen dafür ‑ wie im Arzthaftungsrecht ‑ bestehen für geschädigte Anleger nicht (RIS‑Justiz RS0106890 [T9]; 5 Ob 106/05g, 7 Ob 77/10i). Die Klägerin muss daher sowohl eine Falschberatung durch den Erstbeklagten als auch deren Kausalität für ihre Anlageentscheidung beweisen.
Umstände, die sich nur aus einer Parteienaussage ergeben, können ‑ im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Klägerin ‑ nicht als außer Streit stehend oder zugestanden gewertet werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das Vorbringen einer Partei mit den darauf abzielenden Behauptungen der anderen Partei inhaltlich übereinstimmt (RIS‑Justiz RS0040092). Im Anwaltsprozess kann ein Geständnis nur in dem vom Rechtsanwalt erstatteten Vorbringen erfolgen. Eine Aussage ist kein Vorbringen (RIS‑Justiz RS0040092, insbesondere [T1]).
Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Selbst eine mangelhafte oder unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage nur überhaupt befasst hat (RIS‑Justiz RS0043371, RS0043150, RS0022686). Ob eine Tatsache als erwiesen zu gelten hat oder nicht, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe und nicht die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit (RIS‑Justiz RS0110701). Reichen die Beweisergebnisse nach der Überzeugung der Vorinstanzen nicht aus, um eine entscheidungswesentliche Tatsache als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen, so kommen die Regelungen über die Beweislast zum Tragen (RIS‑Justiz RS0039903).
Beide Tatinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass keiner der Parteien eine höhere Glaubwürdigkeit zukomme, sodass Negativfeststellungen zu treffen seien, die zum Nachteil der Klägerin gingen. Es ist der Revision zuzugestehen, dass sich die Vorinstanzen mit einer nicht besonders differenzierten Beweiswürdigung zu den Negativfeststellungen begnügten. Das Berufungsgericht (und auch das Erstgericht) ließ bei seiner Entscheidung über die Beweisrüge unbegründet, warum es zum Beratungsgespräch zwischen den Parteien nicht einmal der Aussage des Erstbeklagten über zugesagte Eigenschaften des empfohlenen Anlageprodukts und unterlassene Aufklärungen folgen konnte, soweit er dies im Sinn des Vorbringens der Klägerin einräumte.
Das Berufungsgericht hat trotz der Übernahme auch dieser Negativfeststellungen die Revision zu einer die Aufklärungspflicht betreffenden Rechtsfrage zugelassen. Sein diesbezüglicher Ausspruch gründet sich damit auf Umstände, die gar nicht feststehen. Es ergibt sich nur aus der Aussage des Erstbeklagten, dass er die Klägerin nicht über den Sitz der Gesellschaft aufgeklärt hat. Der aufgezeigte Widerspruch könnte Zweifel am Entscheidungswillen des Berufungsgerichts über die Beweisrüge aufkommen lassen. Dieser kann aber auf sich beruhen, weil selbst die in der Revision genannten Umstände, die zwar durch die Aussage des Erstbeklagten (ohne widersprechende Beweisergebnisse) belegt sind, zu denen aber keine Feststellungen getroffen wurden, zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen können:
Ausgehend von dem unstrittig von der Klägerin unterschriebenen Anlegerprofil (risikobewusst) entsprachen nämlich die ihr vermittelten Anlageprodukte nach den Feststellungen ihren Vorgaben. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass sie davon abweichend ausdrücklich ein sicheres, jedenfalls kapitalerhaltendes Anlageprodukt gewünscht und der Erstbeklagte ihr etwas empfohlen habe, was dem nicht entsprochen habe. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Einzelfall dem Umstand, dass die Klägerin nicht über den Sitz der Gesellschaft außerhalb von Österreich hingewiesen worden sei, keine Bedeutung zukomme, hält sich im Rahmen der Judikatur. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich, wie dargestellt, nach dem jeweiligen Einzelfall. Dass für die Klägerin gerade der Sitz der Gesellschaft von besonderer Bedeutung für ihre Anlageentscheidung gewesen wäre, ergibt sich aus den ‑ vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfenden ‑ Feststellungen der Vorinstanzen nicht.
Ob ein Irrtum vorliegt, ist eine Tatfrage (RS0128890, RS0014762 [T1]). Eine Irrtumsanfechtung, scheitert an der entsprechenden Tatsachengrundlage.
Davon, dass es keine einheitliche Rechtsprechung zur Frage der Haftung von Anlageberatern zum vorliegenden Anlageprodukt gebe, kann keine Rede sein, weil jeweils auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen ist. Von einer uneinheitlichen Rechtsprechung kann nur gesprochen werden, wenn ohne Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalls zu einer ganz bestimmten Rechtsfrage widersprechende Auffassungen vertreten werden (RIS‑Justiz RS0042698). Solches kann die Revision nicht aufzeigen.
Zur Haftung der Zweitbeklagten enthält die Revision kein gesondertes Vorbringen.
Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Revisionsbeantwortungen wiesen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.
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