OGH 3Ob21/13d

OGH3Ob21/13d15.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, wider die beklagte Partei G***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen Feststellung und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2012, GZ 16 R 209/12s‑45, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Krems vom 1. August 2012, GZ 6 Cg 73/10k-39, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00021.13D.0515.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Klägerin und ihr Ehemann sind grundbücherliche Hälfteeigentümer einer Liegenschaft. Sie einigten sich im Jahr 2005 mündlich mit der Beklagten, vertreten durch ihren Gesellschafter (im Folgenden: Käufer), über den Verkauf dieser Liegenschaft gegen Bezahlung von 40.000 EUR und Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts für beide Verkäufer . Alle Beteiligten betrachteten damals diese mündliche Vereinbarung als bindend und den Kauf beider Liegenschaftshälften durch die Beklagte als untrennbare Einheit; weder die Klägerin noch ihr Ehemann hätten allein ihren Hälfteanteil verkauft, auch die Beklagte hätte nicht nur einen Hälfteanteil allein, sondern nur die gesamte Liegenschaft gekauft. Die Beklagte benützt die Liegenschaft bereits, weil diese ihr im Hinblick auf den mündlichen Kaufvertrag schon vor einer Verbücherung überlassen wurde. Der gesamte Kaufpreis von 40.000 EUR wurde der Klägerin von der Beklagten in Gestalt von drei Sparbüchern ‑ ohne Nennung deren Losungsworte ‑ übergeben. Es war vereinbart, dass die Beklagte die grundbücherliche Durchführung übernimmt, die ihr jedoch im Zug eines von den Vertragsparteien beantragten Agrarverfahrens nicht gelang. Die Klägerin wurde deshalb bei einer Vorsprache dazu angeleitet, ihren Antrag zurückzuziehen, was sie mit Schreiben vom 4. Juni 2007 tat. Darauf wurde das Verfahren eingestellt.

Im September 2007 forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis spätestens 4. Oktober 2007 einen Vertragsentwurf zu übersenden, der den Liegenschaftsverkauf zum Gegenstand habe und in dem sämtliche Gegenleistungen und der Klägerin zustehende Berechtigungen enthalten seien. Die Beklagte legte daraufhin einen Kaufvertragsentwurf vor. Diesem waren drei separate Entwürfe für Dienstbarkeitsverträge betreffend das Benützungsrecht der Verkäufer angeschlossen.

Die Klägerin bemängelte im Schreiben vom 24. Oktober 2007, dass kein Gesamtentwurf, sondern getrennte Entwürfe vorgelegt worden seien und setzte eine letztmalige Nachfrist.

Nach Einbringung der Klage am 27. Mai 2010 vereinbarte der Ehemann mit der Beklagten den Verkauf seines Hälfteanteils allein, ohne die Begründung von Wohnrechten vorzusehen, weil er dadurch eine drohende Versteigerung seines Miteigentumsanteils verhindern will.

Die Klägerin begehrt primär die Feststellung, dass sie gegenüber der Beklagten von ihrer Zusage, dieser die Liegenschaft gegen Zahlung eines Kaufpreises von 40.000 EUR sowie Einräumung eines Wohnungs- und Gebrauchsrechts und der notwendigen Nutzungsrechte der Klägerin an der Liegenschaft zu übergeben, rechtswirksam zurückgetreten sei. Weiters erhob sie ein Räumungsbegehren für die ganze Liegenschaft. In ihrem Eventualbegehren beantragt sie den Ausspruch der Aufhebung der Zusage/des Vertrags über die Liegenschaft; weiters begehrt sie neuerlich die Räumung. Die Beklagte sei trotz mehrfacher Aufforderungen insbesondere bei der Erstellung eines grundbuchsfähigen Vertrags, der der mündlichen Vereinbarung entspreche, lange säumig und gegenüber der Agrarbezirksbehörde untätig geblieben, weshalb die Klägerin nach Setzung von Nachfristen von einem allenfalls bereits zustande gekommenen Vertrag wirksam zurückgetreten sei. Im Juli 2012 habe die Beklagte der Grundverkehrsbehörde einen Entwurf eines Kaufvertrags mit dem Ehemann über dessen Liegenschaftshälfte vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass die Beklagte den Standpunkt der Klägerin, es bestehe kein wirksamer Vertrag mit ihr, bestätige. Das bewusste Zusammenwirken ihres Ehemanns mit der Beklagten zum Nachteil der Klägerin diene dazu, die Eintragung ihres Wohnungsgebrauchsrechts an der ganzen Liegenschaft zu verhindern, und sei treuwidrig. Auch aus diesem Grund werde der sofortige Vertragsrücktritt erklärt. Der Vertrag sei für die Verkäufer teilbar, was sich aus dem Zusammenwirken der Beklagten mit dem Ehemann ergebe. Die Beklagte benütze wegen der Vertragsaufhebung titellos und sei deshalb zur Räumung verpflichtet; die Klägerin sei bereit, die Sparbücher Zug um Zug gegen die Räumung auszufolgen.

Die Beklagte bestritt einen (Grund für einen) Vertragsrücktritt der Klägerin sowie ihre alleinige Legitimation dafür und wendete ein, die Verbücherung des Kaufvertrags sei allein mangels Beteiligung der Klägerin bisher nicht erfolgt. Sie habe den gesamten Kaufpreis in Form von drei Sparbüchern erhalten und bewohne das Haus uneingeschränkt ohne Zahlungen zu leisten. Auch für die Erhebung einer Räumungsklage sei sie als Hälfteeigentümerin allein nicht legitimiert; die Beklagte stütze sich auch auf die Zustimmung des Ehemanns zur Nutzung der Liegenschaft. Im Fall einer Rückabwicklung des Vertrags hätte die Klägerin nicht nur die Sparbücher Zug um Zug gegen die Räumung zurückzustellen, sondern auch die bisherigen Zahlungen der Beklagten für Betriebskosten, Investitionen und Reparaturen von zumindest 65.000 EUR.

Das Erstgericht wies sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren ab. Die Klägerin könne von dem für alle Vertragsteile einheitlichen Kaufvertrag auch nicht bloß hinsichtlich ihres Miteigentumsanteils alleine zurücktreten. Der Beklagten sei die Liegenschaft schon vor der Verbücherung zur Benützung überlassen worden, sodass die Benützung vom aufrechten Kaufvertrag gedeckt sei. Auch dass der Miteigentümer jetzt seinen Hälfteanteil gesondert unter den vorgebrachten Umständen an die Beklagte verkaufen wolle, sei kein Rücktrittsgrund. Ebenso sei das Vorbringen irrelevant, dass sich derzeit keine der Vertragsparteien mehr an den Vertrag gebunden fühle, weil nicht behauptet worden sei, dass dieser Umstand zu einer ‑ wenn auch nur schlüssigen ‑ einvernehmlichen Vertragsaufhebung geführt hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin in der Hauptsache nicht Folge, wohl aber im Kostenpunkt. Es sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR übersteige, und die ordentliche Revision unzulässig sei, weil keine Rechtsfragen erheblicher Bedeutung zu lösen gewesen wären.

Es verwarf die Beweisrüge zur Einheitlichkeit des Kaufvertrags und kam rechtlich zum Ergebnis, es fehle der Klägerin die Legitimation, allein den Kaufvertrag aufzulösen. Bei einem unteilbaren Schuldverhältnis könnten Gestaltungsrechte nur durch alle Gestaltungsberechtigten gemeinsam und gegenüber allen Gestaltungsgegnern ausgeübt werden, deshalb sei ein Rücktritt von allen Gläubigern bzw gegenüber allen Schuldnern zu erklären. Ebenso wenig könne sie als einzelne Gläubigerin auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Schuldverhältnisses klagen. Das Argument, die alleinige Berechtigung der Klägerin zum Vertragsrücktritt ergebe sich daraus, dass ihr Ehemann mit der Beklagten zu ihrem Nachteil zusammenwirken wolle, sei nicht nachvollziehbar. Der Kaufvertrag bilde den Rechtstitel auch für den Besitz an der Liegenschaft, welcher der Beklagten bereits unstrittig übertragen worden sei, sodass kein Räumungsanspruch bestehe.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung des Haupt- und hilfsweise des Eventualbegehrens; in eventu wird die Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht oder das Erstgericht begehrt. Als erhebliche Rechtsfrage macht die Klägerin das Fehlen von höchstgerichtlicher Judikatur zur Frage der alleinigen Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einen von mehreren Verkäufern und den Widerspruch zur Judikatur, wonach selbst ein Minderheitseigentümer allein zur Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer berechtigt sei, geltend. Das Berufungsgericht habe sich mit dem Vorbringen der Klägerin, weder ihr Ehemann noch die Beklagte erachte sich noch an die ursprüngliche Vereinbarung gebunden, überhaupt nicht auseinander gesetzt, obwohl der Abschluss des Kaufvertrags zwischen den beiden in der Berufungsbeantwortung zugestanden wurde, was einen erheblichen Mangel des Berufungsverfahrens bedeute. Im Übrigen moniert die Klägerin sekundäre Feststellungsmängel zu dieser Behauptung.

Dem tritt die Beklagte in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , weil die Abweisung der Klage durch die Vorinstanzen das Ergebnis einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung ist, die aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen ist; das Rechtsmittel ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt .

A. Zum Feststellungs-/Rechtsgestaltungsbe-gehren:

A.1. Der mündlich zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann als Verkäufer von je einer Liegenschaftshälfte und der Beklagten als Käufer einer gesamten Liegenschaft gegen Bezahlung eines Kaufpreises und Gewährung von Wohnungsgebrauchs- und weiteren Nutzungsrechten an beide Verkäufer geschlossene Kaufvertrag stellt zweifellos ein sogenanntes mehrgliedriges Schuldverhältnis dar, das in der Regel als unteilbar angesehen wird; teilbar wird es nur, wenn alle daraus entspringenden Rechte in gleicher Weise teilbar sind, somit wenn dem Willen beider/aller Parteien auch eine Teilung durch Ausscheiden einzelner Genossen aus dem Schuldverhältnis entspricht (RIS‑Justiz RS0013931; RS0013925). Demnach kommt dem Willen beider/aller Parteien maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der Erfüllung zu (vgl RIS-Justiz RS0017293; RS0018438). Ist Gegenstand eines Kaufvertrags der Verkauf einer Liegenschaft als Ganzes, ist die Verbindlichkeit mehrerer Miteigentümer (Verkäufer) der Liegenschaft zur Übertragung des Eigentums als Gesamthandschuld anzusehen, da ohne Zusammenwirken aller Miteigentümer die geschuldete Leistung, nämlich die Übertragung des Eigentumsrechts an der verkauften Liegenschaft, nicht erbracht werden kann; der Anspruch mehrerer Käufer auf Übertragung von Miteigentumsanteilen ist als Gesamthandforderung zu beurteilen (6 Ob 107/73 = SZ 46/101; 6 Ob 672/88; 1 Ob 166/05a; 5 Ob 82/09h).

Hier steht in diesem Sinn fest, dass alle Beteiligten das Rechtsgeschäft als untrennbare Einheit ansahen, sodass für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedenfalls für die Verkäuferseite von einer unteilbaren Eigentumsverschaffungspflicht auszugehen war. Das gilt auch aus rechtlichen Gründen für die Erfüllung der von der Beklagten ‑ neben der Kaufpreiszahlung ‑ eingegangenen Verpflichtung zur Einräumung von Wohnungsgebrauchs- und anderen Nutzungsrechten, weil an ideellen Teilen einer Liegenschaft grundsätzlich keine Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts begründet werden kann (RIS-Justiz RS0060362).

A.2. Die Unteilbarkeit mehrgliedriger Schuldverhältnisse gilt auch für die entsprechenden Gestaltungsrechte, sie können daher nur für und gegen alle oder für und gegen keinen von ihnen wirken (1 Ob 2005/96a mwN = RIS-Justiz RS0013931 [T4]). Das Recht zum Rücktritt vom Vertrag ist ein solches Gestaltungsrecht, und zwar das Recht, durch einseitige Erklärung eine Veränderung der bestehenden Rechtsverhältnisse herbeizuführen (vgl RIS‑Justiz RS0013908). Bei Gesamthandgläubigerschaft muss ein Gestaltungsrecht von allen Gläubigern gemeinsam ausgeübt werden oder es muss der klagende Gläubiger den Nachweis erbringen, dass er aufgrund einer Übereinkunft mit den anderen allein zur Ausübung dieses Rechts befugt ist (RIS‑Justiz RS0017312). Die gemeinsame Ausübung erfordert allerdings nicht, dass die Erklärung gleichzeitig abgegeben wird, die Ausübung des Rücktrittsrechts bedarf somit des ausdrücklichen oder stillschweigenden Zusammenwirkens aller Vertragsgenossen (RIS‑Justiz RS0013225; vgl RS0013437).

Die Klägerin hat ein solches ausdrückliches oder stillschweigendes Zusammenwirken nicht behauptet.

A.3. Allerdings machte die Klägerin das Vorgehen des Ehemanns und der Beklagten nach Klageeinbringung im Juli 2012 zum Gegenstand ihres Vorbringens; auch wenn exaktere Behauptungen vor allem zur Motivation des Ehemanns wünschenswert gewesen wären, läuft es doch hinreichend erkennbar darauf hinaus, der Ehemann und die Beklagte hätten durch den (neuerlichen) Kaufvertragsabschluss schlüssig dokumentiert, dass der mündliche Kaufvertrag zwischen ihnen gegenstandslos geworden sei. Damit wird im Wesentlichen behauptet, dem Ehemann und der Beklagten fehle es seit Juli 2012, also schon vor Schluss der Verhandlung erster Instanz, am Willen zur weiteren Aufrechterhaltung des mündlichen Kaufvertrags; dies zu einem Zeitpunkt, in dem die Klägerin als dritte Partei dieses Rechtsgeschäfts nach wie vor (im Prozess) den Standpunkt weiter aufrecht erhalten hat, auch nicht mehr an den mündlichen Kaufvertrag gebunden zu sein. Im Ergebnis wird damit also geltend gemacht, dass nunmehr alle drei Vertragsparteien eine Bindung an das 2005 abgeschlossene Rechtsgeschäft verneinen, es also zu einer letztendlich einvernehmlichen Vertragsauflösung gekommen sei. In diesem Fall stellt sich die Frage der Unteilbarkeit des Schuldverhältnisses nicht mehr.

A.3.1. Während die Klägerin einen beabsichtigten Kaufvertragsabschluss zwischen den beiden behauptete (zu ON 37 S 1), stellte das Erstgericht dazu fest, dass der Ehemann mit der Beklagten den Verkauf seines Hälfteanteil vereinbarte. Dies blieb in der Berufungsbeantwortung der Beklagten (ON 42) nicht nur unbekämpft, vielmehr wurde darin ausdrücklich zugestanden, dass die Beklagte nach nunmehr acht Jahren des rechtlichen Schwebezustands einen Kaufvertrag mit dem Ehemann über dessen Hälfteanteil abgeschlossen hat (S 2 unten). Für das Revisionsverfahren ist vom Abschluss dieses Kaufvertrags im Juli 2012 auszugehen, der als von der Beklagten (die bei Vorlage in der Tagsatzung vom 16. Juli 2012, ON 37, unvertreten war) unbestrittene Beilage ./Q im Akt erliegt. Deren ‑ zulässig verwertbarer (RIS-Justiz RS0040083) ‑ Inhalt nimmt in keiner Weise Bezug auf den Bestand des streitgegenständlichen mündlichen Kaufvertrags von 2005; die Wirksamkeit des nunmehrigen Kaufvertrags ist also nicht an die Auflösung des mündlichen Kaufvertrags im Sinn einer Bedingung geknüpft. Vielmehr ist die Fälligkeit des Kaufpreises (laut Punkt VII.) ua von der Rückerstattung der seinerzeit als Kaufpreis übergebenen Sparbücher abhängig; das bedeutet, dass von der Rückabwicklung des mündlichen Kaufvertrags ausgegangen wird, die die Auflösung des Kaufvertrags voraussetzt. Das stellt ein gewichtiges Indiz für die von der Klägerin behauptete Absicht des Ehemanns und der Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags im Juli 2012 dar.

Jedenfalls ist die tatsächliche Schlussfolgerung naheliegend, dass sowohl der Ehemann als auch die Beklagte im Juli 2012 unterstellten, dass der mündliche Kaufvertrag ihnen gegenüber bei Abschluss des zweiten Kaufvertrags keine Wirksamkeit mehr hatte. Vom Käufer wurde dem entsprechend im Rahmen seiner Parteienaussage sogar ausdrücklich zugestanden, dass er sich seit 2. Juli 2012 nicht mehr an den ursprünglichen Kaufvertrag gebunden fühle (zu ON 37 S 5/6), nicht jedoch vom Ehemann (zu ON 37 S 3), obwohl sein Verhalten mit dieser Aussage kaum in Einklang zu bringen ist; Feststellungen dazu fehlen jedoch und werden nachzuholen sein.

A.3.2. Sollte festgestellt werden, dass sowohl der Ehemann als auch die Beklagte im Juli 2012 ‑ sei es zur Beendigung der unklaren Situation, sei es als akzeptierende Reaktion auf den von der Klägerin schon zuvor erklärten Vertragsrücktritt ‑ von der Auflösung des mündlichen Kaufvertrags ausgegangen sind, hätte dies die Konsequenz, dass mit Rücksicht auf den zweifelsfrei ebenso auf die Auflösung gerichteten und im vorliegenden Prozess stets aufrecht erhaltenen Willen der Klägerin eine Vertragsaufhebung letztendlich im Einvernehmen aller drei Parteien des mündlichen Kaufvertrags erfolgte.

Diesfalls wäre ein ‑ von der Klägerin in dem Sinn zu modifizierendes ‑ Begehren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des mündlichen Kaufvertrags erfolgreich:

Wegen der Bestreitung durch die Beklagte im laufenden Verfahren wäre ein rechtliches Interesse der Klägerin zu bejahen (RIS-Justiz RS0038968; RS0037422 [T5]; RS0039007 [T8]). Die gleichzeitig eingebrachte Räumungsklage steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil das Rechtsverhältnis des mündlichen Kaufvertrags im Räumungsprozess nur als Vorfrage zu klären ist, sodass seine Beurteilung keine bindende Wirkung über den Rahmen des konkreten Rechtsstreits hinaus entfaltet (RIS-Justiz RS0039128); daher ist das Feststellungsbegehren geeignet, ein für alle Mal Klarheit über den weiteren Bestand des mündlichen Kaufvertrags zu schaffen (vgl RIS-Justiz RS0038908).

In der einvernehmlich erfolgten Vertragsaufhebung wäre jedenfalls auch eine schlüssige Zustimmung des Ehemanns zur Einbringung einer darauf gerichteten Feststellungsklage durch die Klägerin allein zu erblicken. Reicht dies bei Gesamthandgläubigerschaft für die Ausübung eines Rücktritts vom Vertrag durch einen Vertragsgenossen allein (vgl Punkt A.2.), muss dies umso mehr für die Erhebung einer Feststellungsklage gelten, die nicht die ohnehin schon eingetretene Rechtsgestaltung zum Ziel hat, sondern nur die Schaffung von Klarheit.

A.3.3. Sollte sich jedoch die von der Klägerin behauptete Absicht des Ehemanns und der Beklagten nicht erweisen lassen, also vom Weiterbestand des mündlichen Kaufvertrags auszugehen sein, bedürfte es eines Nachweises einer vom Ehemann erteilten Zustimmung zum Vertragsrücktritt durch die Klägerin und diesfalls der Prüfung der geltend gemachten Rücktrittsgründe, widrigenfalls es bei der von den Vorinstanzen ausgesprochenen Klageabweisung zu bleiben hätte.

B. Zum Räumungsbegehren:

B.1. Dieses lautet sowohl im Haupt- als auch im Eventualurteilsantrag gleich, sodass nur von einem einzigen zweiten Klagebegehren auszugehen ist.

B.2. Die Vorinstanzen gingen zutreffend davon aus, dass der aufrechte Bestand des mündlichen Kaufvertrags der behaupteten titellosen Benützung entgegen steht, sodass diesfalls auch das Räumungsbegehren scheitern muss.

B.3. Sollte aber von der Vertragsauflösung und von keinem anderen, gegenüber der Klägerin wirksamen Benützungstitel der Beklagten auszugehen sein, wird Folgendes zu bedenken sein:

Jedem Teilhaber einer Gemeinschaft steht das Recht zu, die zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren es zur Wahrung seines Anteilsrechts bedarf. Der Gegner kann sich einer derartigen Klage gegenüber nicht darauf berufen, dass der Kläger allein zur Geltendmachung dieser Ansprüche nicht befugt sei (RIS‑Justiz RS0013417). Jeder Miteigentümer (auch wenn er nur die Minderheit der Anteile repräsentiert) ist berechtigt, eigenmächtige Eingriffe (auch eines anderen Miteigentümers) in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage gegen den Störer abzuwehren (RIS-Justiz RS0012112), sofern er sich nicht in Widerspruch mit den übrigen setzt (RIS-Justiz RS0012114 [T1 und T17]; RS0012137 [T10]).

Aus einer Berechtigung der Klägerin zur Erhebung der Räumungsklage folgt aber nicht, dass in allen Fällen auch die Übergabe des geräumten Objekts an sie allein zu erfolgen hat. Dazu bedürfte es eines Rechtstitels ihrerseits. Fehlte ein solcher Rechtstitel wären die Miteigentümer insgesamt berechtigt, weshalb im Übergabebegehren sämtliche Miteigentümer als daraus Berechtigte zu nennen wären (RIS-Justiz RS0013226 [T2 und T4]). Einen solchen Rechtstitel hat die Klägerin bisher aber (noch) nicht behauptet.

B.4. Für den Fall der Berechtigung des Räumungsbegehrens bedarf es einer Erörterung der ‑ noch näher zu präzisierenden ‑ Zug‑um‑Zug‑Einrede der Beklagten, die nur hinsichtlich der (noch nicht näher bezeichneten) Sparbücher von der Klägerin akzeptiert ist (vgl Kolmasch in Schwimann ABGB TaKomm² § 921 Rz 2 und 8 f mwN).

C. Zusammenfassung:

Die Aufhebung zwecks Ergänzung des Verfahrens ist erforderlich. Im Hinblick auf zu erwartende ergänzende Beweisaufnahmen erscheint die Zurückverweisung an das Erstgericht zweckmäßig. Es wird im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien die vorstehenden rechtlichen Überlegungen zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren haben, der Klägerin überdies zur Modifizierung ihres Begehrens. Sodann werden die erforderlichen ergänzenden Beweise aufzunehmen und entsprechende Feststellungen zu treffen sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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