OGH 4Ob190/12p

OGH4Ob190/12p12.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H.***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Hon.‑Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B*****, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, und 2. S*****, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Zahlung eines noch unbestimmten Betrags (Gesamtstreitwert 33.500 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 27. Juni 2012, GZ 4 R 636/11w‑34, mit welchem das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 7. Oktober 2011, GZ 11 Cg 108/10k‑27, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0040OB00190.12P.0212.000

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Revisionsbeantwortung der erstbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision der klagenden Partei sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Vor etwa dreißig Jahren errichtete die Stadt Wien nach Plänen des Malers Friedensreich Hundertwasser und des Architekten Josef Krawina in Wien 3 ein Gebäude, das in der Öffentlichkeit als „Hundertwasser-Haus“ bezeichnet wird. Sein Aussehen ist allgemein bekannt:

Die Klägerin nimmt als Werknutzungsberechtigte die Verwertungsrechte von Josef Krawina wahr. Die in Italien ansässige Erstbeklagte stellt im Auftrag ihrer Kunden, zu denen vorwiegend Werbeagenturen und Museen zählen, bedruckte Textilien her. Insbesondere druckte sie folgendes Motiv, das von Hundertwasser gestaltet worden war, auf Seidentücher und lieferte sie an ein Schweizer Unternehmen; weiters stellte sie das Tuch auf ihrer Website als Referenzobjekt dar. Sonst vertrieb sie die Tücher jedoch nicht.

Die Klägerin erhebt nach mehrfachen Änderungen ihrer Klage zuletzt folgendes Begehren:

1. Die Beklagten seien schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters binnen 14 Tagen über die Vervielfältigung, Verbreitung und/oder öffentliche Zurverfügungstellung und/oder sonstige urheberrechtlich relevante Verwertungen (gleichviel in welchem Verfahren sowie mit bzw auf welchem Material) von Abbildungen des „Hundertwasser/Krawina-Hauses“, insbesondere auf Seidentüchern, richtig und vollständig Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen, soweit dies

a. ohne Bezeichnung von Josef Krawina als Originalmiturheber dieses Werks und/oder

b. in bearbeiteter und/oder veränderter Form, insbesondere mit Spiegelungen, und/oder

c. auf der Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen (und nicht nach dem ausgeführten Bau) geschehe;

in Erfüllung ihrer Rechnungslegungs- und Auskunftspflicht hätten die beklagten Parteien über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die zur Bezifferung der Zahlungsansprüche nach Punkt 2 des Urteilsbegehrens erforderlich seien; die Rechnungslegung und Auskunft habe getrennt nach Herstellungsländern (Vervielfältigung) und Absatzgebieten (Verbreitung), nach Kalender-jahren und danach zu erfolgen, ob die Nutzung vor oder nach Kenntnis der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 229/02h bzw Kenntnis der Originalmiturheberschaft Krawinas erfolgt sei;

die Rechnungslegung und Auskunft habe insbesondere unter Angabe des Zeitpunkts des Erscheinens (der Produktion), des Zeitraums (insbesondere im Zusammenhang mit der Verwertung im Internet), der Auflagezahl (Anzahl der hergestellten Exemplare), der verkauften Exemplare sowie des jeweiligen Lagerstands zum Ende jedes Kalenderjahrs, des Händlerabgabe-preises, des empfohlenen Endverkaufspreises oder ‑ mangels eines solchen ‑ des durchschnittlichen Endverkaufspreises, des Lagerstands jeweils zu den Kalenderhalbjahren, des erzielten Gewinns (detaillierte Einnahmen und Ausgaben) sowie unter Angabe der Hersteller (Lieferanten) und Abnehmer zu erfolgen; ausgenommen davon sei die Stückzahl der ab Mai 2002 an die G***** AG ausgelieferten Exemplare;

in Erfüllung ihrer Rechnungslegungs- und Auskunftspflicht hätten die beklagten Parteien die zur Überprüfung der Rechnungslegung erforderlichen Belege zur Einsicht vorzulegen oder der Rechnungslegung (in Kopie) anzuschließen [in eventu: die Richtigkeit und Vollständigkeit der gelegten Rechnung bzw erteilten Auskünfte unter Eid zu bestätigen].

2. Die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei ein angemessenes Entgelt und/oder einen (übersteigenden) materiellen Schadenersatz zumindest in der Höhe des doppelten angemessenen Entgelts zu bezahlen, einen (übersteigenden) Gewinn herauszugeben und der klagenden Partei die in keinem Vermögensnachteil bestehenden (immateriellen) Nachteile zu ersetzen, all dies samt näher bestimmten Zinsen;

die Bezifferung dieses Zahlungsbegehrens bleibe bis zur Erfüllung der Rechnungslegungspflicht nach Punkt 1 des Urteilsbegehrens vorbehalten;

3. Die Erstbeklagte sei schuldig, die Vervielfältigung, Verbreitung und/oder öffentliche Zurverfügungstellung von Abbildungen des „Hundertwasser/Krawina-Hauses“ selbst oder durch Dritte zu unterlassen, und zwar gleichviel in welchem Verfahren sowie mit bzw auf welchem Material, insbesondere auf Seidentüchern oder einem anderen textilen Material, soweit dies

a. ohne Bezeichnung von Josef Krawina als Originalmiturheber dieses genannten Bauwerks und/oder

b. in bearbeiteter und/oder veränderter Form, insbesondere mit Spiegelungen oder durch Freistellen, und/oder

c. auf der Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen (und nicht nach dem ausgeführten Bau) geschehe.

Die Erstbeklagte vervielfältige und verbreite von ihr hergestellte, mit einer bearbeiteten Abbildung des Hundertwasser-Hauses versehene Seidentücher. Die Bearbeitung sei nicht von der Freiheit des Straßenbilds iSv § 54 Abs 1 Z 5 UrhG gedeckt, zumal auch keine Namensnennung des Miturhebers Krawina erfolgt sei. Die endgültige Form des Motivs auf den Seidentüchern stamme zwar von Hundertwasser, es beruhe jedoch auf dem Fassadenplan des Gebäudes, dessen Miturheber Krawina sei. Dessen Rolle bei der Planung und architektonischen Gestaltung des Hauses stellte die Klägerin ausführlich dar. Dabei verwies sie auch auf ein beim Erstgericht gegen zwei weitere Unternehmen anhängiges Parallelverfahren. Es sei jedenfalls von einer Miturheberschaft beider Künstler auszugehen, was der Oberste Gerichtshof bereits in einem Sicherungsverfahren bejaht habe.

Die Ansprüche gegen die Zweitbeklagte sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Die Erstbeklagte wandte zunächst ein, Krawina habe lediglich Pläne von Hundertwasser ausgeführt; er sei daher nicht als Urheber anzusehen. Insbesondere habe er nicht den Baukörper gestaltet. Dessen markante Ausformungen stammten von Hundertwasser. Weiters habe die Beklagte in den letzten drei Jahren vor Klageeinbringung keine Verwertungshandlungen in Bezug auf das Haus oder eine Bearbeitung desselben gesetzt. Insbesondere habe sie nicht für den Verkauf der Seidentücher geworben. Die Ansprüche der Klägerin seien verwirkt und verjährt.

In weiterer Folge unterbrach das Erstgericht sein Verfahren bis zur Erledigung eines Parallelverfahrens, in dem die Klägerin mit anderen Beklagten über die Frage stritt, ob Krawina Miturheber des Hundertwasser-Hauses war. Nachdem diese Frage dort rechtskräftig bejaht worden war, setzte es das Verfahren fort.

Die Erstbeklagte stellte daraufhin Rechnungslegung für die an das Schweizer Unternehmen gelieferten Seidentücher in Aussicht, bestritt aber ein von ihr zu verantwortendes Zugänglichmachen im Internet. Weiters erhob sie zum Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehren einen Verjährungseinwand. Dabei ging sie offenbar davon aus, dass Ansprüche in Bezug auf mehr als drei Jahre vor Klageeinbringung liegende Zeiträume verjährt seien. Die „Miturheberschaft“ von Krawina am Hundertwasser-Haus bestehe allenfalls mit „5 %“. Die österreichischen Gerichte seien für Verwertungshandlungen im Ausland nicht zuständig. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass sich die Erstbeklagte in das Verfahren eingelassen habe, ohne eine Unzuständigkeitseinrede zu erheben. Von den Verwertungshandlungen habe die Klägerin erst innerhalb der letzten drei Jahre vor Klageeinbringung erfahren.

In der abschließenden Verhandlung erörterte der Erstrichter, dass er das Motiv des Seidentuchs für eine freie Bearbeitung des Hundertwasser-Hauses halte. Die Klägerin brachte dazu vor, dass dies jedenfalls in Bezug auf den Fassadenplan, dessen Miturheber ebenfalls Krawina sei, nicht zutreffe.

Das Erstgericht wies die Klage in Ansehung der Erstbeklagten ab. Zwar sei die Miturheberschaft Krawinas am Hundertwasser-Haus „grundsätzlich“ ‑ nicht aber dem „Anteil“ nach ‑ unstrittig. Sowohl das Haus als auch das auf dem Seidentuch abgebildete Motiv seien Werke im Sinn des Urheberrechts. Das von Hundertwasser stammende Motiv zeige eine bunte Hausfassade, die allerdings aufgrund einer Spiegelung zweifach zu sehen sei. Sie bilde das Hundertwasser-Haus nicht detailgetreu ab, zumal die auf dem Tuch sichtbare Fassade sowohl in der Farbgebung als auch in der Struktur vom Vorbild abweiche. Die Bearbeitung sei in einem Ausmaß erfolgt, dass das Motiv der Tücher ein eigenständiges, selbst urheberrechtlich geschütztes Werk sei. Im Verhältnis zum Hundertwasser-Haus liege daher eine freie Benützung iSv § 5 Abs 2 UrhG vor. Die Verwertungsrechte stünden aus diesem Grund nicht Krawina, sondern ausschließlich Hundertwasser als Urheber des auf dem Tuch abgedruckten Motivs zu.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete seinen Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Das Klagebegehren habe sich nur auf Verletzungshandlungen in Österreich bezogen; die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie auch Schutz in anderen Staaten anstrebe. Ob Verletzungen in Italien oder der Schweiz vorlägen, sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Der für Österreich begehrte Schutz sei nach österreichischem Recht zu beurteilen. Eine Vervielfältigung oder Verbreitung habe in Österreich nicht stattgefunden, wohl seien die Seidentücher aber auch hier durch die Darstellung auf der Website der Erstbeklagten öffentlich zugänglich gemacht worden. Werke der Baukunst seien urheberrechtlich geschützt. Zwar dürften sie nach Maßgabe von § 54 Abs 1 Z 5 UrhG auch von Dritten vervielfältigt, verbreitet und zur Verfügung gestellt werden. Ein Recht zur Bearbeitung (§ 5 Abs 1 UrhG) sei damit aber nicht verbunden. Jedenfalls zulässig sei demgegenüber eine freie Benützung iSv § 5 Abs 2 UrhG. Sie setze voraus, dass trotz des Zusammenhangs mit einem anderen Werk ein von diesem verschiedenes, selbstständiges Werk vorliege, gegenüber dem das Vorbild vollständig in den Hintergrund trete. Angesichts der Eigenart des neuen Werks müssten die Züge des benützten Werks verblassen. Das treffe hier zu. Das Motiv der Tücher zeige keine detailgetreue Abbildung der Fassade. Vielmehr sei diese gespiegelt und damit zweifach zu sehen; sie weiche in Farbe und Struktur von der tatsächlichen Ausführung ab. Am Rand befänden sich Buchstaben und Ziffern, die an der tatsächlichen Fassade nicht angebracht seien. Schon durch die den Gesamteindruck prägende Spiegelung entstehe eine Distanz zur nur noch als „Ausgangsidee“ in Erinnerung bleibenden Hausfassade. Beim Motiv handle es sich um „eine bunte, frohe Anhäufung von verschiedenen Farben, Punkten und unterschiedlichsten Formen“. Das Original (die tatsächliche Hausfront) verblasse daher hinter der künstlerischen Ausgestaltung im Motiv; es werde nicht einmal eine Assoziation mit dem Hundertwasser-Haus hervorgerufen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht das Vorliegen einer abhängigen Bearbeitung in unvertretbarer Weise verneint hat; sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Zum anwendbaren Recht und zur Reichweite der Zuständigkeit:

1.1. Das Berufungsgericht hat richtig ausgeführt, dass auf den Eingriff in Verwertungsrechte des Klägers das Recht des jeweiligen Schutzlandes anzuwenden ist. Dies ergibt sich für Rechnungslegungs- und Zahlungsansprüche für die Zeit vor dem 11. Jänner 2009 (Beginn der Anwendbarkeit der Rom II-VO; vgl EuGH C-412/10 , Homawoo, Zak 2011, 402) aus § 34 IPRG, für Rechnungslegungs- und Zahlungsansprüche aufgrund späterer Verwertungshandlungen und für Unterlassungsansprüche aus Art 8 Abs 1 Rom II-VO (4 Ob 12/11k = ÖBl 2012, 183 ‑ Rohrprodukte mwN). Beide Kollisionsnormen stimmen darin überein, dass das Recht jenes Staates anzuwenden ist, für den der immaterialgüterrechtliche Schutz beansprucht wird. Dies führt bei einer Bezugnahme auf Verwertungshandlungen in mehreren Staaten zwangsläufig zur Anwendung verschiedener Rechtsordnungen (17 Ob 6/11y = jusIT 2011, 171 [Thiele] = ÖBl 2012, 75 [Gamerith] ‑ alcom-international.at mwN; 4 Ob 12/11k ‑Rohrprodukte; RIS-Justiz RS0076849).

1.2. Das Berufungsgericht hat weiter im Ansatz richtig ausgeführt, dass es grundsätzlich Sache des Klägers ist, deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er Schutz nicht nur für das Inland, sondern auch für andere Staaten begehrt; mangels entsprechender Anhaltspunkte muss sonst angenommen werden, dass er nur Schutz für Österreich anstrebt (RIS-Justiz RS0076843; zuletzt etwa 4 Ob 82/12f = wbl 2012, 526 ‑ Wintersteiger III). Allerdings ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Klägerin insofern kein Vorbringen erstattet habe, aktenwidrig. Denn schon in der Klage führte die Klägerin aus, die in Italien ansässige Erstbeklagte fertige (gemeint offenkundig: an ihrem Unternehmenssitz) Tücher mit dem strittigen Motiv an und liefere sie an „zahlreiche Abnehmer im In- und Ausland“; die Rechnungslegungsverpflichtung beziehe sich „insbesondere auf Österreich, die Bundesrepublik Deutschland, die Schweiz und Italien“. Dass sich ihre Ansprüche auch auf Verwertungshandlungen im Ausland bezogen, bestätigte sie in der Replik auf eine insofern - allerdings verspätet (unten 1.3.) ‑ erhobene Unzuständigkeitseinrede der Erstbeklagten. Die Klagebegehren erfassen daher ohne jeden Zweifel auch die festgestellten Verwertungshandlungen in Italien (Vervielfältigung) und der Schweiz (Verbreitung durch Lieferung an das Schweizer Unternehmen). Insofern ist italienisches bzw Schweizer Recht anwendbar. Der Inhalt dieser Rechte wird nach Erörterung mit den Parteien zu ermitteln sein. Soweit aus zeitlicher Sicht noch § 34 IPRG anwendbar ist, wäre wegen § 5 IPRG eine allfällige Rück- oder Weiterverweisung zu beachten. Die Rom II-VO enthält demgegenüber ausschließlich Sachnormverweisungen (Art 24 Rom II-VO).

1.3. Die Klägerin hatte sich für die Zuständigkeit gegen die in Italien ansässigen Beklagten auf Art 5 Nr 3 EuGVVO und Art 6 Nr 1 EuGVVO gestützt. Der Erfolgsort iSv Art 5 Nr 3 EuGVVO liege (auch) in Österreich; der Gerichtsstand nach Art 6 Nr 1 EuGVVO sei gegeben, weil die Klage in engem inhaltlichen Zusammenhang mit einem weiteren beim Erstgericht anhängigen Verfahren stehe, in welchem einer der Beklagten in Österreich ansässig sei. Die Erstbeklagte bestritt die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte weder in der Klagebeantwortung noch nach einer Klageausdehnung, die durch Vortrag eines Schriftsatzes in der Verhandlung vom 12. Dezember 2010 erfolgte. Erst später wandte sie ein, dass die auf Art 5 Nr 3 EuGVVO gestützte Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach der Entscheidung C-68/93 (Shevill, Slg 1995 I‑415) auf inländische Verwertungshandlungen beschränkt sei. Dabei übersieht sie jedoch, dass ein Gericht nach Art 24 EuGVVO jedenfalls dann zuständig wird, wenn sich der Beklagte ‑ ohne zumindest gleichzeitig die Unzuständigkeit zu rügen (RIS‑Justiz RS0111191) ‑ auf das Verfahren einlässt. Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Erstbeklagte ist sowohl dem ursprünglichen als auch dem ausgedehnten Klagebegehren zunächst nur in der Sache entgegengetreten und hat die Unzuständigkeitseinrede erst in einem späteren Stadium des Verfahrens erhoben. Damit ist eine allfällige (teilweise) Unzuständigkeit geheilt.

1.4. Mangels Erörterung des anwendbaren Rechts sind die Begehren in Bezug auf Verwertungshandlungen im Ausland noch nicht spruchreif. Insofern ist daher jedenfalls eine Aufhebung in die erste Instanz erforderlich.

2. Nach österreichischem Recht liegt im Zurverfügungstellen des strittigen Motivs im Internet keine freie Benutzung iSv § 5 Abs 2 oder § 54 Abs 1 Z 5 UrhG.

2.1. Es besteht kein Zweifel, dass das Hundertwasser-Haus ein Werk der Baukunst ist (4 Ob 51/94 = SZ 67/70 ‑ Hundertwasserhaus I). Damit stellt sich die Frage, ob das Zurverfügungstellen des strittigen Motivs im Internet in das Verwertungsrecht des Urhebers oder eines Miturhebers des Bauwerks eingreift. Auf die freie Werknutzung nach § 54 Abs 1 Z 5 UrhG könnte sich die Erstbeklagte dabei nicht berufen, weil die Bestimmung eine Bearbeitung nicht erfasst (4 Ob 51/94 = SZ 67/70 ‑ Hundertwasserhaus I). Dass (zumindest) eine solche Bearbeitung vorliegt, ist nicht strittig. Die Vorinstanzen vertreten jedoch die Auffassung, dass überhaupt eine freie Nachschöpfung iSv § 5 Abs 2 UrhG und damit von vornherein kein Eingriff in ein Verwertungsrecht am Bauwerk anzunehmen sei.

2.2. Eine solche freie Nachschöpfung ‑ auf die sich in erster Instanz nicht einmal die Erstbeklagte berufen hat ‑ liegt allerdings nicht vor.

(a) Für die freie Benützung nach § 5 Abs 2 UrhG ist kennzeichnend, dass trotz des Zusammenhangs mit einem anderen Werk ein von diesem verschiedenes, selbstständiges Werk vorliegt, dem gegenüber das Werk, an das es sich anlehnt, vollständig in den Hintergrund tritt. Angesichts der Eigenart des neuen Werks müssen die Züge des benützten Werks verblassen (stRsp; 4 Ob 13/92 = SZ 65/49 ‑ Servus Du; RIS-Justiz RS0076521; zuletzt etwa 4 Ob 92/08w = MR 2009, 27 [Walter] - Natascha K III). Bei der vergleichenden Beurteilung des benützten und des neugeschaffenen Werks ist zunächst festzustellen, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benützten Werks bestimmt wird. In weiterer Folge kommt es auf die Gesamtwirkung, den Gesamteindruck, an; eine zergliedernde Beurteilung und Gegenüberstellung einzelner Elemente ohne Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs ist unzulässig. Die zum freien Formenschatz gehörenden Elemente bleiben dabei ‑ als außerhalb der allein geschützten konkreten eigentümlichen Gestaltung liegend ‑ außer Betracht (RIS‑Justiz RS0076460). Angesichts des großen Fundus an frei verwertbarem Material ist die freie Benützung von urheberrechtlich geschützten Werken auf jenes Mindestmaß zu beschränken, das erhalten bleiben muss, um die Freiheit künstlerischen Schaffens nicht über Gebühr einzuengen; an das Vorliegen einer freien Benützung sind daher strenge Anforderungen zu stellen (4 Ob 13/92 ‑ Servus Du; RIS-Justiz RS0076496; zuletzt etwa 4 Ob 92/08w ‑ Natascha K III). Je ausgeprägter die Individualität der Vorlage ist, umso weniger wird sie gegenüber dem neugeschaffenen Werk verblassen. Umgekehrt wird die Vorlage um so eher zurücktreten, je stärker die Individualität des neuen Werks ist (4 Ob 170/07i = SZ 2008/31 = MR 2008, 248 [Walter] = ÖBl 2008, 345 [Büchele] ‑ Natascha K; RIS-Justiz RS0123238; zuletzt etwa 4 Ob 109/10y und 4 Ob 175/12g).

(b) Im vorliegenden Fall verfügt die Vorlage (das Hundertwasser-Haus) über eine ausgeprägte Individualität. Das strittige Motiv der Tücher lässt auch bei bloß flüchtiger Betrachtung die charakteristischen Merkmale der Vorlage erkennen. Die Positionierung der Türme, der Abfall der Terrassen im Vergleich zum dahinter gelegenen, hoch aufragenden Bauteil, die schrägen Erkeraufgänge, die Darstellung des Einbaus eines Stücks einer alten Fassade, die einzelne Bauteile hervorhebende, kräftige Farbgebung und ‑ durch all das bestimmt ‑ der Gesamteindruck der Bearbeitung sind maßgebend vom Original geprägt. Insbesondere wird dessen charakteristischer Baukörper in seiner Struktur weitgehend identisch wiedergegeben. Zwar tritt mit der Spiegelung, der teilweise abweichenden Zuordnung von Farben zu bestimmten Bauteilen, den Schriftelementen und dem gepunkteten Hintergrund eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers der Bearbeitung hinzu. Von einem Verblassen der Vorlage kann aber nicht einmal ansatzweise die Rede sein.

3. Eine freie Benutzung liegt daher nicht vor. Damit ist entscheidend, ob Krawina Miturheber des Bauwerks ist. Das wurde zwar inzwischen in einem Parallelverfahren rechtskräftig bejaht (4 Ob 195/09v = MR 2010, 201 [Walter] = ÖBl-LS 2010/168 [Knecht-Kleber] ‑ Hundertwasserhaus V). Die dort ergangene Entscheidung entfaltet aber mangels Parteiidentität keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren. Das für die Beurteilung der Miturheberschaft maßgebende Tatsachenvorbringen der Klägerin hat die Erstbeklagte nicht außer Streit gestellt; Feststellungen dazu haben die Vorinstanzen aufgrund ihrer vom Senat nicht geteilten Rechtsansicht zum Vorliegen einer freien Benützung nicht getroffen. Als unstrittig kann die Miturheberschaft angesichts des insofern schwankenden Vorbringens der Erstbeklagten nicht angesehen werden. Daher ist auch in diesem Punkt keine abschließende Erledigung möglich. Für Unterlassungsansprüche in Bezug auf eine Vervielfältigung oder Verbreitung im Inland fehlt zudem ein konkretes Vorbringen zu einer insofern bestehenden Erstbegehungsgefahr.

4. Aus diesen Gründen sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, und die Rechtssache ist an das Erstgericht zurückzuverweisen. Nach Erörterung des auf die einzelnen Ansprüche anwendbaren Rechts und der Frage, ob die Beklagte tatsächlich die Miturheberschaft Krawinas am Bauwerk bestreitet, werden erforderlichenfalls weitere Beweise aufzunehmen sein. Bei der neuerlichen Entscheidung ist davon auszugehen, dass das strittige Motiv nach österreichischem Recht eine abhängige Bearbeitung des Hundertwasser-Hauses ist.

5. Der Beschluss, mit dem der Oberste Gerichtshof die Beantwortung der Revision freistellte, wurde dem Vertreter der Erstbeklagten am 30. November 2012 zugestellt. Er brachte die Revisionsbeantwortung im Elektronischen Rechtsverkehr am 10. Jänner 2013 entgegen § 508a Abs 2 iVm § 507a Abs 3 Z 2 ZPO nicht beim Obersten Gerichtshof, sondern beim Erstgericht ein. Beim Obersten Gerichtshof langte sie erst am 17. Jänner 2013 ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 507a Abs 1 ZPO auch unter Bedachtnahme auf § 222 Abs 1 ZPO bereits abgelaufen. Die Revisionsbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen (4 Ob 18/09i = jusIT 2009, 94 [Garber; Thiele] = EvBl 2009/107 [Pahl] mwN).

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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