OGH 4Ob229/02h

OGH4Ob229/02h19.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Me*****GmbH, ***** vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mu*****GmbH, ***** 2. G*****, beide vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung, Zahlung und Beseitigung (Streitwert im Provisorialverfahren 54.504,62 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 21. August 2002, GZ 5 R 30/02x‑14, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 4. Dezember 2001, GZ 17 Cg 59/01k‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen wird den Beklagten für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits verboten, das „Hundertwasser‑Haus" zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, wenn dies

1) ohne Bezeichnung des em Univ.‑Prof. Arch Dipl.‑Ing. Josef Krawina als Originalmiturheber dieses Werks und/oder

2) in bearbeiteter und/oder veränderter Form, insbesondere unter Freistellung bzw unter Einbeziehung anderer Werke Hundertwassers, und/oder

3) auf der Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen (und nicht nach dem ausgeführten Bau) und/oder

4) in Form plastischer Nachbildungen des „Hundertwasser‑Hauses" geschieht.

Das Verbot bezieht sich insbesondere auf Kunstkarten und Poster, wie aus Beilage ./Q1 und ./Q2 bzw ./R ersichtlich, Seidentücher oder andere Textildrucke, wie aus Beilage ./U ersichtlich, und/oder Modelle, wie aus Beilage ./U ersichtlich, wobei diese Beilagen einen integrierenden Bestandteil der einstweiligen Verfügung bilden.

Die einstweilige Verfügung ist erst nach Erlag einer Sicherheitsleistung von 100.000 EUR durch die Klägerin zu vollziehen.

Das zu Punkt 1 erhobene Hauptbegehren, den Beklagten zu verbieten, das „Hundertwasser‑Haus" zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, wenn dies ohne Bezeichnung des em Univ.‑Prof. Arch Dipl.‑Ing. Josef Krawina als Originalurheber dieses Werks geschieht, wird abgewiesen.

Die Beklagten haben die Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin befasst sich (ua) mit der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke. Mit Vereinbarung vom 22. 5. 2001 hat ihr Architekt em Univ.‑Prof. Dipl.‑Ing. Josef Krawina (idF: Krawina) alle Werknutzungsrechte am „Hundertwasser‑Haus" in Wien, den einzelnen Entwürfen, Skizzen, Vorentwürfen und Plänen eingeräumt.

Die Erstbeklagte vertreibt im „Museumsshop" in Wien 3 (ua) von der Zweitbeklagten erzeugte und vertriebene Artikel wie Poster, Kunstkarten, Seidentücher, Porzellanmodelle, die - zum Teil auch in bearbeiteter Form - das „Hundertwasser‑Haus" abbilden.

Die Gemeinde Wien hat 1979 zunächst Krawina und Professor Friedensreich Hundertwasser (idF: Hundertwasser) gemeinsam beauftragt, das als „Hundertwasser‑Haus" berühmt gewordene Projekt zu realisieren. Hundertwasser verfügte nicht über die notwendigen Berechtigungen, um Architekten- und Statikerleistungen zu erbringen. Schon in der Zeit von 1980 bis 1982 kam es zu schweren Auffassungsunterschieden zwischen Krawina und Hundertwasser, die schließlich zur Auflösung des Architektenvertrags zwischen der Gemeinde Wien und Krawina führten. Die Gemeinde Wien hat Krawina 1,060.620 S zur Abgeltung aller seiner Leistungen und Rechte an diesem Projekt gezahlt. Rund 20 Jahre hat Krawina weder gegen die Gemeinde Wien noch gegen Hundertwasser oder dessen Rechtsnehmer oder Rechtsnachfolger irgendwelche urheberrechtlichen Ansprüche erhoben, obwohl ihm bekannt war, dass das ursprünglich gemeinsame Projekt nunmehr allein nach den Vorstellungen Hundertwassers weiter bearbeitet und fertiggestellt wurde.

Die Klägerin beantragt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, das „Hundertwasser‑Haus" zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, wenn dies

1) ohne Bezeichnung des em Univ.‑Prof. Arch Dipl.‑Ing. Josef Krawina als Originalurheber (in eventu Originalmiturheber) dieses Werks und/oder

2) in bearbeiteter und/oder veränderter Form, insbesondere unter Freistellung bzw unter Einbeziehung anderer Werke Hundertwassers, und/oder

3) auf der Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen (und nicht nach dem ausgeführten Bau) und/oder

4) in Form plastischer Nachbildungen des „Hundertwasser‑Hauses" geschieht.

Das Verbot soll sich insbesondere auf Kunstkarten und Poster, wie aus Beilage ./Q1 und ./Q2 bzw ./R ersichtlich, Seidentücher oder andere Textildrucke, wie aus Beilage ./U ersichtlich, und/oder Modelle, wie aus Beilage ./U ersichtlich, beziehen, wobei diese Beilagen einen integrierenden Bestandteil der einstweiligen Verfügung bilden sollen.

Krawina habe die architektonische Grundidee noch Ende 1979 Hundertwasser mitgeteilt. Er habe ein Modell aus Zündholzschachteln angefertigt und die Idee damit verdeutlicht. Hundertwasser sei mit der Gestaltungsidee einverstanden gewesen und habe seinerseits ein Modell aus Zündholzschachteln hergestellt, das Krawinas Modell im Wesentlichen gleich gewesen sei. Noch Ende 1979 und Anfang 1980 habe Krawina seine Entwürfe maßgeblich verändert und weiterentwickelt. Anfang bis Mitte Februar 1980 habe er einen grundlegend überarbeiteten Entwurf erstellt gehabt. Die Architektenzeichnungen und Schaubilder zeigten die Grundstruktur des Hauses bereits so, wie es später auch verwirklicht und ausgeführt worden sei. Das architektonische Konzept sei durch einzelne hochgezogene Türme und Vorsprünge sowie (im Bauteil Kegelgasse) durch stufenförmig abfallende Terrassen gekennzeichnet; auch die von außen über eine Freitreppe erreichbare Terrasse im ersten Stock des späteren Kaffeehauses sei schon vorgegeben gewesen. Ende Februar/Anfang März 1980 habe Krawina ein Balsaholz‑Modell angefertigt, in welchem die erwähnten Grundstrukturen weiter ausgearbeitet worden seien. Im Oktober 1981 habe Krawina noch detailliertere Zeichnungen angefertigt. Er habe eine Architekturzeichnung nach seinen Plänen, Zeichnungen und Konzepten herstellen lassen, aus welcher weitere architektonische Gestaltungselemente ersichtlich seien, wie sie gleichfalls in die endgültige (errichtete) Version des „Hundertwasser‑Hauses" eingeflossen seien. Dazu zählten insbesondere hervortretende Fenster und Erker, eine schräge Verbindung zweier Fenster an der Fassade Kegelgasse, der ebenerdige, das erste Geschoß mitumfassende Durchgang in der Kegelgasse sowie die zwei Stockwerke umspannende Aussparung in der Fassade Löwengasse. Auch eine Krönung der turmartigen Gebäudeteile sei bereits vorgesehen worden, allerdings noch durch kleine Kuben. Krawina habe ein weiter adaptiertes Arbeitsmodell erstellen lassen und beide Modelle Hundertwasser bereits im Mai 1980 zum Zweck der Fassadengestaltung übergeben. Krawina habe sich in der Folge aus dem Projekt zurückgezogen, weil er sich mit der aus seiner Sicht rein ornamentalen und „verspielten" Fassadengestaltung nicht habe identifizieren wollen. Das Projekt sei in weiterer Folge von einem Dienstnehmer der MA 19 (technisch) weiter betreut worden. Hundertwasser habe das Projekt weitergeführt, dabei hätten jedoch die von Krawina erarbeiteten Entwürfe, Pläne, Zeichnungen und Modelle weiter als Grundlage gedient. Sie seien architektonisch nur geringfügig bearbeitet worden. Die gesamte Baustruktur sei unverändert geblieben. Es fänden sich insbesondere folgende Charakteristika der Entwürfe Krawinas im „Hundertwasser‑Haus" wieder: Anordnung der beiden Hauptblöcke (abgestufte Terrassen einerseits mit hochgezogenem Turm an der Schnittstelle andererseits), Gehsteigüberbauung Löwengasse einschließlich des Aussichtsterrassencafés mit Zugang über eine Freitreppe, die beiden Türme (Stiegenaufgänge und Aufzug) sowie deren Krönung, hervortretende Fenster (zum Teil abgeschrägt), hervortretende Balkone (Erker), öffentliche Erschließung des Grünbereichs im Hof der Kegelgasse, zwei Stockwerke hoher Durchgang Kegelgasse, gleichfalls zwei Stockwerke umspannende Gebäudeaussparung Löwengasse, Markierung und Einbeziehung von Fassadenteilen des alten (abgerissenen) Gebäudeteils, Gartenanlage und Fußgängerzone Kegelgasse, Tiefgarage, gesamter Einreichplan, arkadenförmige Gehsteigüberbauung auf schlanken Säulen ruhend etc. Hundertwasser habe die Schaffung der künstlerisch‑architektonischen Grundstruktur durch Krawina zunächst auch nicht bestritten. Nach dem Bruch habe er allerdings die Leistungen des Architekten heruntergespielt und die Urheberschaft am gesamten Bauwerk für sich in Anspruch genommen. Krawina habe dagegen wegen seiner Arbeitsüberlastung, später aus Alters- und Krankheitsgründen nichts unternommen; er habe auf seine Rechte allerdings auch nie verzichtet. Hundertwasser habe zwar das Werk Krawinas bearbeitet und ihm auch seinen Stempel aufgeprägt; die gesamte architektonische Grundstruktur stamme jedoch von Krawina und trete im Vergleich zu den von Hundertwasser geprägten Elementen auch keineswegs in den Hintergrund. Die Beklagten könnten sich nicht auf die Freiheit des Straßenbildes berufen, weil sich die freie Werknutzung von vornherein nicht auf Pläne, Entwürfe und Modelle erstrecke und nur die naturgetreue Wiedergabe decke.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Hundertwasser habe schon vor der Errichtung des „Hundertwasser‑Hauses" Architektur gemalt und sich in Publikationen mit Architektur auseinandergesetzt. Er habe den Auftrag zur Errichtung des „Hundertwasser‑Hauses" erhalten, um seine Vorstellungen umsetzen zu können. Aufgabe Krawinas sei es von Anfang an gewesen, "Hundertwasserkunst" umzusetzen. Er sei in künstlerischen Belangen ausführendes Organ oder Erfüllungsgehilfe Hundertwassers gewesen. Krawina habe von vornherein gewusst, dass die Elemente der "Hundertwasserkunst", insbesondere hängende Gärten, Begrünung von Dächern, Einrichten von sogenannten Baummietern, unregelmäßige Gestaltung der Fassade unter Vermeidung von geraden Linien, unregelmäßige Fenster- und Türgestaltung auch an der Außenfront, farbliche Gestaltung im "Hundertwasserstil" und Planung der Unregelmäßigkeit in den einzelnen Wohnungsgrundrissen, Voraussetzung gewesen seien. Hundertwasser habe seine Vorstellungen Krawina mitgeteilt; er habe aber bald erkannt, dass der Architekt eine andere Sprache gesprochen habe. Zum Bruch sei es gekommen, weil Krawina seine eigenen Vorstellungen habe durchsetzen wollen. Die Pläne Krawinas seien dem Anliegen Hundertwassers diametral entgegengesetzt gewesen. Hundertwasser habe die Pläne Krawinas anfangs überzeichnet; später habe er ein Modell aus Zündholzschachteln gebaut, um sich Krawina gegenüber verständlicher zu machen. In Tonbandbriefen habe er Krawina genaue Anweisungen gegeben. Hundertwasser habe damit alles bestimmt, was letztlich in die Gestaltung des Hauses habe einfließen dürfen. Damit sei Hundertwasser auch Urheber der architektonischen Gestaltung, weil damit seine Vorstellungen verwirklicht worden seien. Das „Hundertwasser‑Haus" sei für jeden Laien erkennbar typische Hundertwasserkunst. Mit dem Balsaholz‑Modell habe Krawina Hundertwasserkunst in seine „banale Architektonik" übernommen. Von Krawinas Plänen sei nur der Baukörper übriggeblieben. Krawina habe bei seinem Ausscheiden auf alle Rechte verzichtet und damit insbesondere auch auf das Recht, die Pläne zu verwerten. Er habe zumindest schlüssig einer Bearbeitung zugestimmt. Durch seine lange Untätigkeit habe er seine Rechte aber jedenfalls verwirkt. Die Klägerin habe ihren Anspruch nicht ausreichend bescheinigt. Das Begehren gehe zu weit. Eine einstweilige Verfügung könne nach 20‑jähriger Untätigkeit nicht gewährt werden. Den Beklagten drohte durch die einstweilige Verfügung ein unermesslicher Schaden. Der Vollzug der einstweiligen Verfügung sei daher von einer Sicherheitsleistung von 10,000.000 S abhängig zu machen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Mit den Mitteln des Provisorialverfahrens könne nicht geklärt werden, ob überhaupt, allenfalls welche Ergebnisse der seinerzeitigen Mitarbeit Krawinas am „Hundertwasser‑Haus" urheberrechtlichen Schutz genössen. Von den Plänen und Ideen Krawinas sei nach den Aussagen einer Anzahl von Personen „außer dem eigentlichen Baukörper" so gut wie nichts übrig geblieben, soweit sichtbare Teile des Hauses betroffen seien. Die Klägerin habe die ihr obliegende Bescheinigung nicht erbracht. Nach dem gegenüber der Stadt Wien abgegebenen Verzicht seien die Urheberrechte nicht wirksam auf die Klägerin übergegangen. Es erübrige sich daher, auf die Verwirkung der Urheberrechte Krawinas durch 20‑jährigen Nichtgebrauch einzugehen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Klägerin könne gegen die Auffassung des Erstgerichts, den Beitrag Krawinas nicht feststellen zu können, nichts Stichhaltiges vorbringen. Ob Krawina gegenüber der Stadt Wien auf seine Rechte verzichtet habe, sei nicht erheblich, weil das Erstgericht schon aus anderen Gründen angenommen habe, dass die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht bescheinigt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Die Klägerin verweist darauf, dass sie bereits mit der Klage die Pläne des „Hundertwasser‑Hauses", Modellfotos und Architektenzeichnungen vorgelegt habe, von denen die Beklagten nicht einmal behaupteten, dass sie nicht von Krawina stammten. Die Beklagten haben tatsächlich nicht bestritten, dass Krawina Pläne verfasst hat, die Grundlage des ausgeführten Baues waren (vgl AS 145) und dass insbesondere das Balsaholz‑Modell von ihm stammt (AS 131); sie haben aber geltend gemacht, Krawina habe damit nur „Hundertwasserkunst" umgesetzt. Die Beklagten leiten daraus ab, dass Hundertwasser auch Urheber der architektonischen Gestaltung sei, weil damit seine Vorstellungen verwirklicht worden seien.

Strittig ist daher nicht, dass die Pläne des „Hundertwasser‑Hauses" von Krawina stammen, sondern strittig ist, ob Krawina Miturheber ist, obwohl (auch) die architektonische Gestaltung vom "Hundertwasserstil" geprägt ist. Der Stil ist, ebenso wie die künstlerische Form als solche, die Manier oder die Technik, nicht schutzfähig (3 Ob 753/54 = SZ 27/301 - Limonadenkrug; 4 Ob 16/94 = ÖBl 1995, 14 - Hallo Pizza uva); Gegenstand des Urheberrechtsschutzes ist immer nur eine bestimmte Formung des Stoffes (4 Ob 2085/96p = ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt mwN). Nicht der "Hundertwasserstil" genießt daher Schutz, sondern der jeweilige Gegenstand, den dieser Stil prägt. Urheber ist damit derjenige, der den Gegenstand geschaffen hat; bei einem Bauwerk ist das derjenige, von dem die maßgebenden Pläne stammen.

Die Beklagten gestehen - wie oben erwähnt - zwar zu, dass die Pläne von Krawina stammen; sie behaupten aber, Krawina habe von Hundertwasser konkrete Anweisungen erhalten, wie dieser den Bau auszuführen habe. Die von ihnen in diesem Zusammenhang wiedergegebenen Anweisungen (AS 123f) zeigen aber, dass Hundertwasser dem Architekten nicht die architektonischen Details in ihrer konkreten Ausformung vorgeben, sondern diesen angewiesen hat, seine Ideen (Ablehnung von geradlinig Geometrischem; Kritik an der Zeichnung von Fassaden mit den eingezeichneten Fenstern; Anweisung, wie ein altes Fensterteil in das neue Haus eingebracht werden soll; Kritik am quadratischen Durchlass, der das Fensterstück zunichte macht; Bestehen auf Bäumen und Baummietern; Gestaltung soll so erfolgen, dass man das Gefühl hat, das Haus werde dazu gebaut, dass es für Pflanzen und für Bäume da ist; Einfordern von Mosaiken und Erhebungen, von Buckel und Keramiken in der Fassade; Begrünung der Dachflächen; Vermeiden von Vorsprüngen bei Aufzugsschächten und Stiegenaufgängen, die aus der Vogelperspektive sichtbar wären) zu verwirklichen. Die konkrete Ausformung war aber offenkundig Sache des Architekten, der damit Schöpfer der architektonischen Grundstruktur ist (s Loewenheim in Schricker, Urheberrecht² § 7 Rz 8, wonach es bei der Ausarbeitung von Plänen darauf ankommt, ob es sich nur um eine nichtschöpferische mechanische Durchführung und Ausgestaltung handelt oder ob Freiraum für eigene künstlerische Gestaltung bleibt; maßgebend sei daher, wie detailliert die Weisungen sind).

Dem steht nicht entgegen, dass nach Auffassung des Erstgerichts nicht geklärt werden konnte, „ob überhaupt, allenfalls welche Ergebnisse der seinerzeitigen Mitarbeit des Architekt Krawina am Hundertwasser‑Haus urheberrechtlichen Schutz genießen". Das Erstgericht hat zur Begründung darauf verwiesen, dass die eidesstättigen Erklärungen einander diametral widersprächen. Eine sehr große Anzahl von Personen habe bekundet, dass von den ursprünglichen gestalterischen Ideen des Architekten „außer dem eigentlichen Baukörper" so gut wie nichts übrig geblieben sei, soweit sichtbare Teile des Hauses betroffen sind.

Auch das Erstgericht nimmt damit an, dass der Architekt den „eigentlichen Baukörper" geschaffen hat. Ob der „eigentliche Baukörper" urheberrechtlichen Schutz genießt, ist aber eine Rechtsfrage. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass nicht nur Hundertwassers Fassadengestaltung des "Hundertwasser‑Hauses", sondern auch dessen architektonische Gestaltung originell und damit eine eigentümliche geistige Schöpfung ist. Das gilt vor allem für jene architektonischen Details, durch die, wie durch die schräge Verbindung zweier Fenster oder die Gestaltung der abfallenden Terrassen, der "Hundertwasserstil" die Baustruktur prägt. Dass Hundertwasser diese Details in ihrer konkreten Ausformung dem Architekten vorgegeben hätte, behaupten aber - wie oben dargelegt - nicht einmal die Beklagten.

Es ist daher davon auszugehen, dass Hundertwasser und Krawina das "Hundertwasser‑Haus" gemeinsam geschaffen haben. In einem solchen Fall, wenn mehrere gemeinsam ein Werk geschaffen haben, bei dem die Ergebnisse ihres Schaffens eine untrennbare Einheit bilden, steht das Urheberrecht allen Miturhebern gemeinsam zu (§ 11 Abs 1 UrhG). Dabei kommt es nicht darauf an, wie umfangreich oder bedeutend der Beitrag ist; auch ein geringfügiger Beitrag reicht aus, um Miturheberschaft zu begründen (Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 11 Rz 7 mwN). Das Urheberrecht am gemeinsam geschaffenen Werk steht den Miturhebern gemeinschaftlich zu; sie bilden eine Gesamthandgemeinschaft. Jede Änderung des Werks oder dessen Verwertung bedarf damit der Zustimmung aller Miturheber. Verzichtet ein Miturheber, soweit dies gesetzlich zulässig ist (§ 19 Abs 2 UrhG: das Recht, die Urheberschaft in Anspruch zu nehmen, ist unverzichtbar), auf sein Urheberrecht, so wächst dies gemäß § 23 Abs 2 UrhG den übrigen Miturhebern zu (Ciresa aaO § 11 Rz 13 ff mwN). Dieser Verzicht ist den anderen Miturhebern gegenüber zu erklären (Ciresa aaO Rz 15).

Die Beklagten behaupten, dass Krawina bei seinem Ausscheiden aus dem Projekt auf alle Rechte verzichtet habe. Sie berufen sich in diesem Zusammenhang aber nicht auf einen Verzicht gegenüber dem Miturheber Hundertwasser, sondern auf einen Verzicht gegenüber der Gemeinde Wien. Das Erstgericht hat dazu festgestellt, dass Krawina von der Gemeinde Wien 1,060.620 S „zur Abgeltung aller seiner Leistungen und Rechte an diesem Projekt" erhalten habe. Dass Krawina auch - soweit überhaupt verzichtbar - auf seine Urheberrechte gegenüber dem Miturheber Hundertwasser verzichtet hätte, ist nicht festgestellt. Nur ein Verzicht gegenüber dem Miturheber könnte aber dazu führen, dass die Urheberrechte Krawinas Hundertwasser zugewachsen wären.

Dass ein solcher Verzicht gegenüber Hundertwasser ausdrücklich abgegeben worden wäre, behaupten auch die Beklagten nicht. Sie meinen aber, dass sich Krawina durch seine Erklärung gegenüber der Gemeinde Wien mit einer Bearbeitung seiner Pläne durch Hundertwasser einverstanden erklärt habe, und leiten daraus ab, dass die Verzichtserklärung Krawinas gegenüber der Stadt Wien "als Verzicht gegenüber Hundertwasser persönlich" wirke.

Ihre Ausführungen überzeugen nicht. Selbst wenn nämlich ein solcher Verzicht angenommen würde, könnte er sich immer nur auf die Ausführung des Baues nach den von Hundertwasser bearbeiteten Plänen Krawinas beziehen, zumal ein Verzicht nach ständiger Rechtsprechung einschränkend auszulegen ist (JBl 1987, 580; ÖBA 1998, 641 uva). Für einen Verzicht auch auf seine Verwertungsrechte, soweit sie die - über die Nutzung im Rahmen der Freiheit des Straßenbildes (§ 54 Abs 1 Z 5 UrhG) hinausgehende (s dazu 4 Ob 51/94 = SZ 67/70 - Hundertwasserhaus) - Vervielfältigung des Werks (§ 15 UrhG) durch Abbildung veränderter oder sonst bearbeiteter oder auf Grundlage von Plänen, Entwürfen oder Modellen angefertigter Ansichten des "Hundertwasser‑Hauses" auf Kunstkarten, Textilien etc oder durch plastische Nachbildungen betreffen, gegenüber der Gemeinde Wien bestand für Krawina ebensowenig ein Anlass wie für die Gemeinde Wien, einen solchen Verzicht entgegenzunehmen. Die Beklagten können daher aus der festgestellten Erklärung Krawinas gegenüber der Gemeinde Wien keinerlei Rechte ableiten.

Die Beklagten haben sich nicht nur auf einen Verzicht Krawinas berufen, sie haben auch geltend gemacht, dass er seine Rechte verwirkt hätte. Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass Krawina bis zur gegenständlichen Klage weder gegen die Gemeinde Wien noch gegen Hundertwasser oder dessen Rechtsnehmer oder Rechtsnachfolger irgendwelche urheberrechtlichen Ansprüche erhoben hatte, obwohl ihm bekannt war, dass das ursprünglich gemeinsame Projekt nunmehr allein nach den Vorstellungen Hundertwassers weiter bearbeitet und fertiggestellt wurde.

Eine Verwirkung von Rechten ist dem österreichischen Recht, anders als dem deutschen Recht, auch im Bereich des Immaterialgüterrechts fremd (4 Ob 73/99k = MR 1999, 229; 4 Ob 5/01s = wbl 2001/290 - Vergabe von Subadressen). Im deutschen Recht ist die Verwirkung als ein aus § 242 BGB abgeleiteter Einwand des Rechtsmissbrauchs anerkannt, der nur zwischen dem Rechtsinhaber und dem Verletzer wirkt (von Gamm, Urheberrechtsgesetz § 97 Rz 42 mwN; Wild in Schricker aaO § 97 Rz 95). Die deutsche Lehre und Rechtsprechung sieht Verwirkung im Urheberrecht als Ausnahme, die in besonderen Einzelfällen durchgreifen kann, vor allem dann, wenn es um Vergütungen für die Vergangenheit geht (Wild aaO § 97 Rz 96 mwN). Die Verwirkung erfasst daher allenfalls einzelne entstandene Ansprüche, nicht aber das urheberrechtliche Verwertungsrecht selbst. Die unverzichtbaren persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse können auch nicht verwirkt werden (Lütje in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz² § 102 Rz 13).

Die im vorliegenden Fall geltend gemachten Unterlassungsansprüche wären daher selbst dann nicht verwirkt, wenn der Sachverhalt nach den für das deutsche Recht geltenden Grundsätzen beurteilt würde. Das Gleiche gilt, wenn die zu § 1295 Abs 2 ABGB erarbeiteten Grundsätze angewandt werden. Rechtsmissbrauch läge nämlich nur vor, wenn der Schädigungszweck so eindeutig im Vordergrund stünde, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (3 Ob 7/90 = SZ 63/49; Reischauer in Rummel, ABGB² § 1295 Rz 59 mwN).

Der Unterlassungsanspruch ist daher - in Punkt 1 im Sinne des Eventualantrags, weil Krawina nicht alleiniger Urheber, sondern Miturheber ist - berechtigt. Die Klägerin ist als Werknutzungsberechtigte, der Krawina auch seine Urheberpersönlichkeitsrechte zur treuhändigen Wahrnehmung übertragen hat, aktiv legitimiert, sämtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Übertragung der dem Schutz der geistigen Interessen des Urhebers dienenden Rechte nach den §§ 19 bis 21 UrhG zur (treuhändigen) Wahrnehmung jedenfalls dann zulässig ist, wenn dies zur wirksamen Ausübung der eingeräumten Werknutzungsrechte durch eine Verwertungsgesellschaft erforderlich ist (4 Ob 353/86 = MR 1986 H 5, 14 [Walter] - Weihnachtslieder). Das Gleiche muss auch dann gelten, wenn - wie hier - der Urheber das unbeschränkte Werknutzungsrecht an seinem Werk nicht einer Verwertungsgesellschaft, sondern einem Dritten einräumt. Auch in diesem Fall liegt keine gewillkürte Prozessstandschaft vor, sondern der Dritte wird in die Lage versetzt, nicht nur die finanziellen Interessen des Urhebers, sondern auch die dem Schutz der geistigen Interessen dienenden Rechte entsprechend wahrzunehmen.

Das Unterlassungsbegehren ist nicht zu weit gefasst, weil die Beklagten mit jeder Vervielfältigung des "Hundertwasser‑Hauses" auch dessen architektonische Gestaltung vervielfältigen und damit in die Rechte Krawinas eingreifen. Angesichts der fortdauernden Rechtsverletzung ist die einstweilige Verfügung auch dringlich; es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob "Dringlichkeit" oder "Eilbedürftigkeit" eine Prozessvoraussetzung der einstweiligen Verfügung ist (zu der für das deutsche Recht angenommenen Prozessvoraussetzung der "Dringlichkeit" oder "Eilbedürftigkeit" s 4 Ob 357/84 = ÖBl 1984, 161 - Pelzwaren‑Schlagerverkauf).

Der Vollzug der einstweiligen Verfügung war jedoch vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, weil das Unterlassungsgebot die Beklagten hindert, bereits erzeugte Artikel zu vertreiben. Es greift damit tief in ihre Rechtssphäre ein. In einem solchen Fall kann der Vollzug der einstweiligen Verfügung auch dann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, wenn - wie hier - der Anspruch bescheinigt ist (§ 390 Abs 2 EO). Da die Sicherheit jederzeit erhöht werden könnte, genügt es derzeit, sie mit 100.000 EUR festzusetzen.

Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Es war auszusprechen, dass die Klägerin die gesamten Kosten vorläufig selbst zu tragen hat und die Beklagten die gesamten Kosten endgültig selbst zu tragen haben, weil die Klägerin nur insoweit unterlegen ist, als der Vollzug der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde.

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