European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1996:0040OB02085.96P.0514.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei, nicht aber jenem der klagenden Partei, wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - einschließlich des bestätigenden Ausspruches - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Der Antrag der klagenden Partei, zur Sicherung ihres mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches der beklagten Partei ab sofort zu untersagen, Türschilder mit folgender leicht stilisierter Darstellung, anzubieten, zu verkaufen oder zu vertreiben: in einer Reihe hintereinander schwimmende Entenfamilie (Entenmutter mit drei Küken), die rechts und links sowie oberhalb von verschiedenen Wasserpflanzen eingerahmt wird und über welcher Darstellung sich die Worte "Hier wohnt" und unter welcher sich ein freier Platz, auf dem ein Name eingetragen werden kann, befindet oder die der einen integrierenden Bestandteil dieser einstweiligen Verfügung bildenden Beilage ./B entspricht und/oder verwechselbar ähnlich ist, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 25.361,28 bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen (darin S 4.226,88 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin erzeugt und vertreibt Gebrauchsgegenstände und Geschenkartikel aus Keramik. Die Beklagte betreibt den Versand solcher Waren.
Seit Frühjahr 1994 stellt die Klägerin das hier schwarz‑weiß abgebildete, im Original färbig handbemalte, 13,5 cm lange, 10,5 cm breite und 1,2 cm starke Türschild aus Keramik her (Beilage ./B):
Dieses Türschild war im Dezember 1993 von Sebastian S***** entworfen worden, der das ausschließliche und weltweite Nutzungsrecht daran dem Geschäftsführer der Klägerin, Harald S*****, gegen eine Provision übertrug. Harald S***** übertrug seinerseits das Nutzungsrecht an die Klägerin. Diese stellte das Türschild erstmals im Frühjahr 1994 auf den Fachmessen in München, Hamburg und Frankfurt/Main, vor, wo es großen Anklang fand.
Die Beklagte bot zum ersten Mal in ihrem Katolog "S*****", Ausgabe Ostern 1995, folgendes, hier etwas verkleinert und schwarz‑weiß abgebildete, im Original färbige Türschild zum Stückpreis von S 120 zum Kauf an (Beilage ./D):
Im Katalog der Beklagten wurde dieser Artikel wie folgt beschrieben: "Türschild 'Entenmotiv'. Ein hübsches Türschild im Enten‑Design aus Gips gearbeitet, von Hand bemalt und glasiert. Das Türschild wird mit einem wasserfesten Stift beschriftet. Der Stift wird mitgeliefert. Maße: 15 x 10 x 2 cm."
Die beiden Türschilder unterscheiden sich - abgesehen von den Farben - im wesentlichen nur durch die Schwimmrichtung der Enten. Sonst entsprechen sie einander in allen Details wie Umrandung, Schriftzug, Anordnung und Ausgestaltung der Wasserpflanzen.
Die Beklagte bezog höchstens 240 solcher Türschilder von der S***** GmbH, ***** Bundesrepublik Deutschland (im folgenden kurz: S***** GmbH). Die S***** GmbH erzeugt die Türsschilder nicht selbst, sondern läßt sie wahrscheinlich in Fernost herstellen. Mit der nächsten Lieferung bezog die Beklagte von der S***** GmbH folgende, hier wiederum etwas verkleinert und schwarz‑weiß abgebildete, im Original färbige Türschilder, die sich in einigen Punkten von jenem der Klägerin unterscheiden (Beilage ./1):
Trotz der bereits geänderten Produktion gab die Beklagte in ihrem Weihnachtskatalog 1995 noch die Abbildung des Türschildes Beilage ./D wieder, weil sie im Juni, als sie den Katalog in Auftrag gab, noch kein Dia des Türschilds Beilage ./1 zur Verfügung hatte. In Ihrem Osterkatalog 1996 ist bereits das Türschild Beilage ./1 abgebildet. Die S***** GmbH ließ die geänderten Türschilder Beilage ./1 erzeugen, nachdem die Klägerin gegen sie am 11.Juli 1995 eine einstweilige Verfügung des Landgerichtes Hamburg "auf Erteilung einer Auskunft" (nach einer Urheberrechtsverletzung) erwirkt hatte und eine dagegen erhobene Beschwerde vom Oberlandesgericht Hamburg mit Beschluß vom 11.August 1995 zurückgewiesen worden war. Die Beklagte erfuhr erstmals auf Grund eines Schreibens des Klagevertreters vom 15.September 1995 von den Rechten der Klägerin an dem Türschild mit Enten‑Motiv. In diesem Schreiben wurde die Beklagte aufgefordert, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung zu unterfertigen, widrigenfalls die Klägerin gerichtliche Hilfe in Anspruch nehme. Im Antwortschreiben vom 26.September 1995 vertrat die Beklagte den Standpunkt, daß weder ein Wettbewerbs‑ noch ein Urheberrechtsverstoß vorliege. Ob die Türschilder der Klägerin überhaupt urheberrechtlich schutzfähig seien, sei zweifelhaft. Jedenfalls seien die beanstandeten Türschilder nicht mit jenen der Klägerin identisch.
Zur Sicherung ihres mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites zu verbieten, "Türschilder mit folgender leicht stilisierter Darstellung anzubieten, zu verkaufen oder zu vertreiben: in einer Reihe hintereinander schwimmende Entenfamilie (Entenmutter mit drei Küken), die rechts und links sowie oberhalb von verschiedenen Wasserpflanzen eingerahmt wird und über welcher Darstellung sich die Worte 'Hier wohnt' und unter welcher sich ein freier Platz, auf dem ein Name eingetragen werden kann, befindet, oder die der einen integrierenden Bestandteil dieser einstweiligen Verfügung bildenden Beilage ./B entspricht und/oder verwechselbar ähnlich ist." Die Türschilder der Klägerin seien eine eigentümliche geistige Schöpfung und genössen im Hinblick auf ihre individuelle Eigenart urheberrechtlichen Schutz. Die von der Beklagten vertriebenen Türschilder seien schlicht Plagiate. Der Unterlassungsanspruch gründe sich auf §§ 1 ff UrhG sowie §§ 1 und 14 UWG und alle weiteren in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Seit Mai 1995 verfüge sie nicht mehr über die in der Klage beanstandeten Türschilder (Beilage ./B). Vor dem 15.9.1995 habe sie von den angeblichen Rechten der Klägerin nichts gewußt. Im übrigen komme dem Türschild der Klägerin kein urheberrechtlicher Schutz zu, weil es ihm an Originalität fehle. Auch ein wettbewerbsrechtlicher Schutz sei zu verneinen. Eine mögliche sklavische Nachahmung im Sinn des § 1 UWG könnte nur den Hersteller, nicht aber die Beklagte treffen.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in der vom Kläger beantragten Fassung statt. Es nahm noch als bescheinigt an, daß die Beklagte seit Juni 1995 nur noch die geänderten Türschilder (Beilage ./1) - "ausgenommen allfällige retournierte Türschilder aus der ersten Lieferung" - verkaufe. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit des Türschilds Beilage ./B sei zu bejahen. Es sei objektiv als Kunst interpretierbar und weise eine auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität auf. Es hebe sich von den landläufigen, alltäglichen Türschildern ab, werde doch hier symbolisch eine Familie in ihrem abgegrenzten Lebensraum, also vergleichbar mit der Wohnung oder dem Wohnhaus einer Familie, dargestellt. Sowohl die von der Beklagten bis Juni 1995 als auch die seither angebotenen Türschilder seien Plagiate des Türschilds der Klägerin. Die erste Version (Beilage ./D) sei eine sklavische Nachahmung des Originals gewesen. Aber auch das Türschild Beilage ./1 greife in die Rechte der Klägerin ein, weil noch immer Übereinstimmung zwischen dem Original und dem Verletzungsgegenstand im schöpferischen Teil bestehe. Da die Beklagte die Urheberrechtsschutzfähigkeit des Originals bestreite, bestehe die Wiederholungsgefahr.
Das Rekursgericht verbot der Beklagten nur noch, "Türschilder anzubieten, zu verkaufen oder zu vertreiben, die der einen integrierenden Bestandteil der einstweiligen Verfügung bildenden Abbildung Beilage ./B entsprechen oder verwechselbar ähnlich sind", wies das Sicherungs(haupt- bzw -mehr‑)begehren, der Beklagten zu verbieten, Türschilder mit der im einzelnen geschilderten stilisierten Darstellung anzubieten, zu verkaufen oder zu vertreiben, ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Da die Beklagte die beanstandeten Türschilder in Österreich vertreibt, sei der Rechtsfall im Hinblick auf die "Schutzlandtheorie" nach österreichischem Recht zu beurteilen. Da die Klägerin in der Rekursbeantwortung nicht bemängelt habe, daß sich der Erstrichter mit dem auf das UWG gestützten Anspruch der Klägerin nicht auseinandergesetzt habe, genüge die Bemerkung, daß zwar das Türschild Beilage ./D als sklavische Nachahmung des Türschilds Beilage ./B angesehen werden müsse, mangels einer Behauptung der Klägerin, ihrem Produkt komme Verkehrsbekanntheit zu, aber dennoch ein Verstoß gegen § 1 UWG zu verneinen sei. Es sei daher allein der geltend gemachte Urheberrechtsschutz zu prüfen. Ein solcher Anspruch setze voraus, daß das Türschild der Klägerin Beilage./B ein Werk der bildenden Künste im Sinne des § 3 UrhG ist. Dieses Türschild enthalte zwar eine nur herkömmliche, alltägliche Darstellung einer Entenmutter mit drei Küken. Dem Gedanken, eine Entenfamilie in ihrem abgegrenzten Lebensraum inmitten von Wasserpflanzen auf einem Türschild als Sinnbild für das Wohnrevier einer Menschenfamilie darzustellen, könne aber eine gewisse Originalität und Individualität nicht abgesprochen werden. Damit hebe sich das Produkt der Klägerin in einer Weise von alltäglichen Entenbildern (etwa in Bilderbüchern für Kinder) und herkömmlichen Türschildern ab, daß ihm - auch im Vergleich mit anderen Gebrauchsgrafiken, denen in der Rechtsprechung Werkcharakter zuerkannt worden ist - Werkqualität zugebilligt werden könne. Mit Recht habe das Erstgericht auch in dem beanstandeten Produkt Beilage./D ein Plagiat erkannt. Die einzige Abweichung - die andere Schwimmrichtung der Enten - falle nicht ins Gewicht.
Ob die von der Beklagten im Rekurs bekämpfte Feststellung, daß sie auch noch nach dem Juni 1995 Türschilder Beilage ./D verkauft habe, richtig sei, könne dahingestellt bleiben. Die Wiederholungsgefahr sei nämlich schon deshalb zu bejahen, weil die Beklagte nach wie vor die Auffassung vertrete, in Ansehung des Türschildes Beilage ./D keinen Urheberrechtsverstoß begangen zu haben. Ob auch das Türschild Beilage ./1 gegen die Urheberrechte der Klägerin verstoße, sei hier nicht entscheidend. Zur Hintanhaltung exekutionsrechtlicher Probleme sei aber der Beklagten eingeräumt, daß Beilage ./1 auch nach Meinung des Rekurssenates nicht als Plagiat anzusehen sei. Bei der Fassung des Unterlassungsgebotes sei zu beachten, daß die Klägerin ein Haupt‑ und ein Eventualbegehren ("oder") erhoben habe. Die erstinstanzliche Entscheidung sei daher jedenfalls insoweit verfehlt, als dem Haupt‑ und dem Eventualbegehren stattgegeben worden sei. Das Sicherungshauptbegehren sei zu weit gefaßt, das Eventualbegehren entspreche hingegen den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Fassung von Unterlassungsbegehren.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den abweisenden Teil erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt; der gegen den stattgebenden Ausspruch gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist hingegen berechtigt.
Der Beklagten ist darin beizupflichten, daß dem Türschild der Klägerin Beilage ./B kein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz zukommt. Auch Werke der bildenden Kunst (§ 3 Abs 1 UrhG) müssen eigentümliche geistige Schöpfungen (§ 1 Abs 1 UrhG), also das Ergebnis schöpferischer geistiger Tätigkeit sein, das seine Eigenheit, die es von anderen Werken unterscheidet, aus der Persönlichkeit seines Schöpfers empfangen hat (ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaft Klagenfurt mwN). Maßgebend ist allein die individuelle Eigenart (Vinck in Nordemann/Vinck/Herting, Urheberrecht7 Rz 18 zu § 2 d UrhG), also die auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität des Werkes (SZ 58/201 = ÖBl 1986, 27 - Tagebücher; ÖBl 1990, 88 - Gästeurkunde; ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaft Klagenfurt uva). Die individuelle eigenartige Leistung muß sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben; sie setzt voraus, daß beim Werkschaffenden persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (SZ 58/201 = ÖBl 1986, 27 - Tagebücher; ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaft Klagenfurt; ÖBl 1996, 56 - Pfeildarstellung ua). Wenn auch nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine entsprechende Werkhöhe nicht mehr Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz ist (ÖBl 1992, 81 - Bundesheerformblatt; ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaft Klagenfurt ua), so ist doch auch für Werke des Kunstgewerbes (und der Gebrauchsgrafik) die Individualität und Originalität im dargestellten Sinn erforderlich (ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaft Klagenfurt ua). Auf den künstlerischen und ästhetischen Wert des Werkes kommt es freilich nicht an; auch ein minderwertiges oder geschmackloses Werk kann geschützt sein, sofern es nur die erforderliche Individualität aufweist (ÖBl 1982, 164 - Blumenstück ua).
Nicht schutzfähig sind Gedanken (Ideen) an sich (SZ 24/215 = ÖBl 1952, 28 - Fußball‑Seismograph; SZ 37/179 = ÖBl 1965, 125 - Mecki‑Igel ua); Gegenstand des Urheberrechtsschutzes ist nur eine bestimmte Formung des Stoffes (SZ 26/263 = ÖBl 1954, 18 - Kindercreme; ÖBl 1962, 77 - Peter‑Igel‑Puppen ua).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Türschild der Klägerin Beilage ./B kann dieser nicht der Charakter einer eigentümlichen geistigen Schöpfung im dargestellten Sinn zugebilligt werden. Die Darstellung eines kleinen, von Schilf umstandenen Teiches mit einer Entenmutter und ihren drei Küken weicht in keinem einzigen Element von dem Herkömmlichen, Landläufigen ab. Irgendeine persönliche Note des Schöpfers hat in das Bild keinen Eingang gefunden. Die Abbildung der Enten unterscheidet sich in keinem wesentlichen Punkt von den gängigen Entenbildern, wie sie in Kinderbüchern oder -zeitschriften gebraucht werden; das gleiche gilt für die Pflanzen. Aber auch der durch das Türschild zum Ausdruck gebrachten Idee fehlt die Originalität, ist doch das Motiv, die menschliche Familie und ihre Behausung mit einer Tierfamilie und ihrem Revier zu vergleichen, seit Alters her bekannt.
Das Urheberrechtsgesetz schützt - soweit hier von Belang - Werke der bildenden Künste (einschließlich des Kunstgewerbes: § 3 Abs 1 UrhG). Das Schaffenergebnis muß also objektiv als Kunst interpretierbar sein (M.Walter in MR 1989, 99 und MR 1991, 24), also mit den Darstellungsmitteln der bildenden Künste durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und zum Anschauen bestimmt sein, ohne Rücksicht darauf, ob es auch einen praktischen Gebrauchswert hat (Dittrich, Der urheberrechtliche Werkbegriff und die moderne Kunst, ÖJZ 1970, 365 ff [368]; ÖBl 1992, 181 - City‑Gemeinschaftswerbung Klagenfurt). Diese Voraussetzung erfüllt aber das Türschild der Klägerin Beilage ./B nicht.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher, soweit er auf das Urheberrecht gestützt wird, zu verneinen.
Der Beklagten kann aber auch kein Verstoß gegen § 1 UWG vorgeworfen werden.
Dem Rekursgericht ist allerdings nicht darin zu folgen, daß auf das UWG deshalb nicht mehr eingegangen werden müßte, weil die Klägerin darauf in der Rekursbeantwortung nicht mehr zurückgekommen ist. Da die Klägerin in erster Instanz obsiegt hat, hatte sie keinen Grund und war jedenfalls nicht verpflichtet, in der Rechtsmittelbeantwortung alle von ihr geltend gemachten Rechtsgründe ausdrücklich aufrechtzuerhalten. Es trifft auch nicht zu, daß ein Anspruch nach § 1 UWG allein deshalb zu verneinen wäre, weil die Klägerin Verkehrsbekanntheit ihres Produktes nicht behauptet hat. Diese ist nur für einen Fall sittenwidrigen Nachahmes von Bedeutung:
Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz genießt, ist zwar an sich nicht wettbewerbswidrig, verstößt aber dann gegen § 1 UWG, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Das trifft ua dort zu, wo der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichendem Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen - vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht - angemessenen Abstand halten. Eine "vermeidbare Herkunftstäuschung" (Schönherr in ÖBl 1980, 70) setzt voraus, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, daß damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und daß schließlich eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher mwN). Verwechslungsgefahr ist (nur) dann anzunehmen, wenn dem nachgeahmten Produkt wetttbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt. Verkehrsgeltung des nachgeahmten Produktes ist nicht notwendig, sondern nur eine gewisse Verkehrsbekanntheit (ÖBl 1986, 43 - Wochenplaner; ÖBl 1989, 39 - Klimt‑Wandleuchte; ÖBl 1992, 19 - Verpackungs‑Etiketten mwN); das Produkt muß also bereits in Verkehr gesetzt und auf diese Weise dem Publikum bekannt geworden sein (ÖBl 1991, 213 - Cartes Classiques uva).
Da die Klägerin den wettbewerblichen Schutz für Österreich in Anspruch nimmt, kommt es darauf an, ob ihr Produkt in Österreich Verkehrsbekanntheit erlangt hat. Dies hat die Klägerin nicht behauptet und läßt sich ihrem Vorbringen auch nicht entnehmen. Sie hat nur vorgebracht, daß ihr Türschild auf mehreren Messen in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt worden sei und Anklang gefunden habe; daß sie solche Waren auch schon in Österreich abgesetzt habe, wurde weder behauptet noch festgestellt. Auf eine vermeidbare Herkunftstäuschung könnte sich daher die Klägerin schon aus diesem Grund tatsächlich nicht mit Erfolg berufen.
Die fehlende Verkehrsbekanntheit stünde aber - entgegen der vom Rekursgericht offenbar vertretenen Meinung - der Annahme einer "unmittelbaren Leistungsübernahme" nicht im Wege. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt sittenwidrig, wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen (ÖBl 1989, 138 - MBS‑Familie; MR 1993, 30 - Bohr- und Fräsmaschine; ÖBl 1994, 22 - System der Besten mwN). Ob der Erzeuger des Türschilds Beilage ./D das Türschild der Klägerin Beilage ./B in erheblichen Teilen glatt übernommen hat, kann offenbleiben. Selbst bei Bejahung wäre für die Klägerin nichts zu gewinnen:
Die Beklagte hat das Türschild der Klägerin nicht selbst nachgemacht, sie hat also nicht das Erzeugnis der Klägerin übernommen; vielmehr hat sie das Türschild Beilage ./D von der S***** GmbH (die es auch nicht erzeugt hat) bezogen. Sittenwidriges Verhalten könnte der Beklagten erst ab dem Zeitpunkt vorgeworfen werden, wo sie die verbotswidrige Handlungsweise des Herstellers gekannt hat (vgl ÖBl 1985, 24 - Mart Stamm‑Stuhl mwN; MR 1993, 30 - Bohr‑ unnd Fräsmaschine). Selbst wenn man die vom BGH in GRUR 1992, 448 = WRP 1992, 466 ausdrücklich abgelehnte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach dem Händler eine erst nachträgliche Schlechtgläubigkeit (in Ansehung bereits gutgläubig erworbener Ware) nicht schadet, (SZ 58/136 = ÖBl 1986, 15 - Trachtenschmuck ua), in dieser Form nicht aufrechterhalten wollte, wäre ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht bescheinigt. Sie hat erst im September 1995 von dem Erzeugnis der Klägerin erfahren. Zu dieser Zeit hattte sie die Türschilder Beilage ./D schon abverkauft. Nach der - von der Beklagten in ihrem Rekurs bekämpften - Feststellung des Erstgerichtes verkaufte die Beklagte nach dem Juni 1995 nur noch "allfällig retournierte Türschilder aus der ersten Lieferung". Daraus ergibt sich aber nicht, daß die Beklagte tatsächlich nach Erhalt des Schreibens des Klagevertreters vom 15.September 1995 ein Türschild wie Beilage ./D verkauft hat. Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Es ist aber Sache der Klägerin, das sittenwidrige Verhalten der Beklagten zu behaupten und zu bescheinigen (MR 1993, 30 - Bohr- und Fräsmaschinen). Alle Ungewißheiten gehen daher zu ihren Lasten. Beilage ./1 ist keine unmittelbare Übernahme des Türschildes Beilage ./B; das hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht.
Da somit weder ein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz noch gegen das UWG vorliegt, waren die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen wird. Auf die im Rechtsmittel der Klägerin behandelte Frage der Spruchfassung ist demnach nicht einzugehen.
Der Ausspruch über die Kosten des Provisorialverfahrens erster Instanz gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 52 ZPO, für das Rechtsmitttelverfahren auf dieselbe Gesetzesstelle iVm § 50 Abs 1 ZPO.
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