OGH 14Os19/10s

OGH14Os19/10s13.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klein als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jora S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Fedor C***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 28. Oktober 2009, GZ 46 Hv 37/09b-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Fedor C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Fedor C***** - abweichend von der wegen §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB erhobenen Anklage - des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni 2009 in Wien den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt, eine Sache, die dieser durch sie erlangt hat, zu verheimlichen, indem er mit Jora S***** und Gicu B***** mit dem PKW Ford Escort im Wert von 1.000 Euro, welchen die Genannten im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in seinem Wissen dort kurze Zeit zuvor mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz der Sigrid R***** mittels Einbruch durch Aufzwängen der Beifahrertür weggenommen hatten, sohin durch eine mit Strafe bedrohte Handlung, die aus einem anderen Grund als gewerbsmäßiger Begehung mit einer Strafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht, wobei er die Umstände kannte, die diese Strafdrohung begründen, mitfuhr und dem ortskundigen Jora S***** den Weg nach Graz zeigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs l Z 5, 5a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) vorgetragene Einwand, dem Urteil seien keine Feststellungen zum Wert des gegenständlichen Fahrzeugs (von lediglich 1.000 Euro) zu entnehmen (Z 5 erster Fall), spricht - angesichts der rechtlichen Unterstellung unter § 164 Abs 1 und Abs 4 dritter Fall StGB - keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0117499). Dies trifft auch für die Frage, auf welcher Seite der Beschwerdeführer in das Fahrzeug gestiegen ist, zu.

Mit der Erklärung, das diesbezügliche Vorbringen auch unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit der angefochtenen Entscheidung zu erstatten, orientiert sich die Beschwerde nicht an den Kriterien des solcherart herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil nämlich genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421), was hier nicht behauptet wird.

Mit der Behauptung fehlender Feststellungen über den Vorsatz des Angeklagten Jora S***** bei der Wegnahme des Fahrzeugs wird die der Sache nach erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) mangels Bezugnahme auf die Urteilskonstatierungen, wonach der Genannte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Zueignungsvorsatz handelte (US 5 zweiter Absatz), nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0099810).

Gleiches gilt für die teils unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), teils nominell aus Z 5a inhaltlich geltend gemachte fehlende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen, Fedor C***** sei ortskundig und habe dem Angeklagten Jora S***** den Weg nach Graz gezeigt. Der Beschwerdeführer übergeht die entsprechenden Erörterungen der Tatrichter (US 5 unten, 6 oben und 7), welche dies aus den Aussagen des Jora S***** und des Gicu B***** (zu deren eigener Ortsunkundigkeit) und aus den Tatmodalitäten zu den der Verurteilung zu AZ 36 Hv 60/08k des Landesgerichts Wiener Neustadt zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen (welche - teilweise unter Verwendung von ebenfalls durch Aufzwängen der Fahrzeugtür gestohlener PKW der Marke Ford Escort - entlang der Südautobahn begangen wurden) im Zusammenhalt mit der unter anderem, aus der Beschädigung und des Startens des Fahrzeugs mittels eines Schraubenziehers abgeleiteten Kenntnis des Beschwerdeführers von dessen Herkunft aus einer betreffenden Straftat - logisch und empirisch unbedenklich (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 447 f) - schlossen. Entgegen der weiteren (nominell ebenfalls auf Z 5a gestützten) Mängelrüge ließ das Erstgericht die Feststellung, Jora S***** habe sich den PKW durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, keineswegs unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern stützte sich - aktenkonform (ON 45 S 3, 5) - auf dessen, sich im Sinne der Anklageschrift schuldig bekennende Verantwortung (US 5). Soweit in diesem Zusammenhang andeutungsweise eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) dahingehend geltend gemacht wird, Jora S***** habe mit keinem Satz ausgeführt, dass er das Fahrzeug behalten wollte, sondern dargelegt, er habe nur eine bestimmte Strecke überwinden wollen, entfernt sich die Beschwerde von der Aktenlage. Nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 45) bekannte sich der Genannte vielmehr „im Sinne der Anklage“ schuldig (ON 45 S 3) und gestand dabei ausdrücklich zu, dass er und sein Mittäter das Auto „gestohlen“ haben (ON 45 S 5, 7). Die weiteren Depositionen des Jora S*****, er habe nach Graz fahren wollen, den Wagen aber dann im Wald abgestellt (ON 45 S 7), stehen dem keineswegs erörterungsbedürftig entgegen. Dem Gebot zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend waren die Tatrichter daher auch nicht verpflichtet, sich mit dieser Aussage im Detail und mit allen daraus allenfalls ableitbaren Schlussfolgerungen auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0098377).

Das Beschwerdevorbringen, es sei auch einem Ortsunkundigen möglich, ohne „Einweiser“ den Weg vom Westbahnhof in Richtung Graz zu finden, stellt den Urteilsannahmen bloß eigene Auffassungen und Erwägungen gegenüber und bekämpft damit die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im Schöffenverfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099455).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bezeichnet die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts pauschal als unrichtig und beschränkt sich im Übrigen auf die Behauptung, dass der Beschwerdeführer das ihm angelastete Delikt gar nicht habe begehen können, weil „ausgehend von den erstrichterlichen Feststellungen beim Erstangeklagten das Delikt der dauernden Sachentziehung vorliege“ oder „auch der Tatbestand des § 136 StGB indiziert wäre“, ohne dies methodengerecht aus dem Gesetz abzuleiten (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass unter den in § 164 StGB genannten mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen jedenfalls die in §§ 125 bis 168e StGB (sechster Abschnitt) angeführten Delikte zu verstehen sind (RIS-Justiz RS0094691; SSt 54/26, 10 Os 200/82; Leukauf-Steininger Komm³ § 164 RN 12; Rainer SbgK § 164 Rz 1), soweit eine Sacherlangung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 164 Rz 10). Demnach kommen aber auch § 135 StGB und § 136 StGB - weil sie (auch) auf (zumindest vorübergehende) Sacherlangung gerichtet sein können und eine Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage (vgl 12 Os 72/98) durch die in § 164 StGB angeführten Tathandlungen möglich ist - als hehlereibegründende Vortaten in Betracht (ausdrücklich zu § 135 StGB: RIS-Justiz RS0094691 [T2]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs l StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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