Spruch:
Das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 12. November 1997, AZ 10 Bs 371/97 (= GZ 11 E Vr 964/96-19 des Landesgerichtes Leoben), mit dem aus Anlaß einer gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 23.Jänner 1997, GZ 11 E Vr 964/96-11, gerichteten Berufung in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO das bezeichnete Urteil des Landesgerichtes Leoben hinsichtlich der Angeklagten Günter S***** und Bernhard F***** zu Punkt II des Urteilssatzes in der rechtlichen Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 164 Abs 4 dritter Fall StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die beiden Angeklagten (bloß) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB schuldig erkannt wurden, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 164 Abs 4 dritter Fall StGB.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 23.Jänner 1997, GZ 11 E Vr 964/96-11, wurden Günter S***** und Bernhard F***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 dritter Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 7.September 1996 in Trofaiach dadurch, daß sie mehrere vom mitverurteilten Jugendlichen Christian F***** durch Diebstahl durch Einbruch erbeutete Flaschen Bier im Wissen um deren Herkunft konsumierten, Sachen, die ein anderer durch eine aus einem anderen Grund als den der Gewerbsmäßigkeit mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, an sich brachten, wobei ihnen der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war.
Aus Anlaß der gegen dieses Urteil von der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe ausgeführten Berufung erkannte das Oberlandesgericht Graz mit dem eingangs bezeichneten Berufungsurteil wie aus dem Spruch ersichtlich.
Dieses Urteil des Oberlandesgerichtes Graz verletzt - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - das Gesetz in der Bestimmung des § 164 Abs 4 StGB:
Rechtliche Beurteilung
Das Delikt der Hehlerei knüpft als klassische Anschlußtat (Kienapfel BT II3 § 164 RN 5; Liebscher in WK § 164 Rz 3) stets an eine Vortat, nicht aber - wie bei der Begünstigung nach § 299 StGB - an das strafbare Verhalten eines Vortäters an. Maßgeblich ist die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage (vgl Kienapfel BT II3 § 164 RN 13; Leukauf/Steininger StGB3 § 164 RN 8; Mayerhofer/Rieder StGB4 § 164 Anm 4; 13 Os 92,93/95). Demgemäß richten sich auch die Qualifikationen dieses Delikts entweder nach den in der Person des Hehlers gelegenen Umständen (etwa die Gewerbsmäßigkeit), nach dem Wert des verhehlten Gutes oder aber nach den ein höheres Unrecht der Anlaßtat bedingenden Unwertmodalitäten (Kienapfel BT II3 § 164 RN 92). Dies kommt einerseits schon im Wortlaut des Gesetzestextes zum Ausdruck (§ 164 Abs 4 dritter Fall StGB: "... wenn die mit Strafe bedrohte Handlung, durch die die Sache erlangt worden ist, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht oder übersteigt ..."), weil dieser Qualifikationsumstand auf einen gegenüber dem Grundtatbestand erheblich gesteigerten Unwert der strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen abstellt, nicht aber auf eine erhöhte Strafwürdigkeit des Vortäters, weshalb es für die Annahme dieser Qualifikation nicht entscheidend ist, ob der Vortäter etwa im Zustand voller Berauschung handelte (§ 287 StGB), strafunmündig, zurechnungsunfähig oder aber nach § 166 StGB privilegiert war (Mayerhofer/Rieder StGB4 E 3, Leukauf/Steininger Komm3 RN 13 und 78; Liebscher in WK Rz 3 und 5, Foregger/Kodek StGB6 Anm VI, Kienapfel BT II3 RN 92, jeweils zu § 164; SSt 47/64); gleiches gilt, wenn die bloß fakultativ anwendbaren Voraussetzungen einer Strafschärfung nach §§ 39 und 313 StGB vorliegen. Die hier aktuelle höhere Strafdrohung kann ferner nicht davon abhängig sein, daß etwa im Falle der Begehung eines Einbruchsdiebstahls durch Mittäter zumindest ein Täter erwachsen war und die Tat damit mit einer Strafe, welche fünf Jahre erreicht, bedroht war.
Bei Ahndung von Jugendstraftaten ist gemäß § 5 JGG 1988 grundsätzlich (ausgenommen nur die in Z 7 leg. cit genannten materiellrechtlichen Bestimmungen der §§ 17, 42 StGB) von den durch § 5 Z 2 bis 4 JGG geänderten Strafdrohungen auszugehen (13 Os 90/96; Foregger/Kodek StGB6 § 5 JGG Anm III). Demzufolge kommen die strafprivilegierenden Vorschriften des § 5 Z 4 JGG bei der Ausmessung einer über einen jugendlichen Straftäter nach § 164 Abs 4 StGB zu verhängenden Strafe zur Anwendung. Auf die Beurteilung (hier) der Vortat hingegen wirkt sich diese Sonderbestimmung für die Ahndung von Jugendstraftaten - der Auffassung des Oberlandesgerichtes Graz zuwider - nicht aus, weil das Alter des Vortäters keine das Unrecht der Anlaßtat tangierende Tatsache, sondern lediglich eine den Strafsatz beeinflussende persönliche Eigenschaft des Täters betrifft.
Die vom Oberlandesgericht Graz dazu ins Treffen geführte Entscheidung EvBl 1976/259 vermag seine Rechtsauffassung nicht zu stützen:
Der höhere Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB stellt darauf ab, daß dem Angeschuldigten eine Tat vorgeworfen wird, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist. Denn ein derartiger qualifiziert falscher Vorwurf birgt eine höhere Gefahr für den solcherart Verdächtigten und damit einen gesteigerten Unwert. Somit sind alle Behauptungen zu berücksichtigen, welche die beim Verleumdeten nach der vorgeworfenen Tat und nach den (allenfalls verleumderisch behaupteten) persönlichen Verhältnissen beim Angeschuldigten in Betracht kommende Strafdrohung bestimmen, währenddessen auch wie in diesem Fall Umstände, die bloß fakultativ strafschärfend wirken können, außer Betracht zu bleiben haben. Demzufolge ist für die Anwendung des höheren Strafsatzes des § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB auch das jugendliche Alter des Angeschuldigten im Zeitpunkt der angeblich von ihm begangenen Tat und die solcherart gemäß § 5 Z 4 JGG in Betracht kommende Änderung der Strafdrohung von Bedeutung. Diese für § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB deliktsspezifischen Überlegungen lassen sich aus dem Gesagten nicht auf die Beurteilung der ausschließlich von den Unrechtsmodalitäten der Vortat abhängenden Qualifikation nach § 164 Abs 4 dritter Fall StGB übertragen.
Da sich die in Rede stehende unrichtige recht- liche Beurteilung durch das Oberlandesgericht Graz lediglich zugunsten der Verurteilten Günter S***** und Bernhard F***** auswirkte, muß es mit einem feststellenden Erkenntnis sein Bewenden haben.
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