Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils - zu lauten hat:
„1. Die beklagten Parteien sind jeweils zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen schuldig, der klagenden Partei 48.000 EUR samt 4 % Zinsen aus 36.000 EUR vom 22. 10. 2004 bis zum 20. 10. 2008 und aus 48.000 EUR seit 21. 10. 2008 zu zahlen und die mit 10.881,49 EUR (darin enthalten 1.535,23 EUR USt und 1.670,10 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.
2. Das Mehrbegehren von 24.000 EUR sA wird abgewiesen."
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 7.732,09 EUR (darin 860,23 EUR USt und 2.570,70 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte verursachte einen Verkehrsunfall, bei dem der damals vierzehnjährige Kläger als Beifahrer auf einem Motorfahrrad schwer verletzt wurde. Durch eine sofortige Unterbindung der durchtrennten Oberschenkelarterie konnte das Leben des Klägers erhalten werden, jedoch war eine Amputation des linken Beins im mittleren Oberschenkeldrittel im Übergang vom ersten zum zweiten Drittel notwendig. Aufgrund der starken Verschmutzungen war eine Replantation des Beins nicht möglich. Außer den Verletzungen am Bein erlitt der Kläger Prellungen des Schädels, der Leber und der Niere, die folgenlos abheilten und nicht operativ versorgt werden mussten. In der Zeit vom 14. bis 28. September 2004 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung, davon bis zum 24. September 2004 auf der Intensivstation. Vom 28. September bis 23. Dezember 2004 und vom 9. Jänner bis 10. Februar 2005 war der Kläger zur Behandlung in einem Rehabilitationszentrum, wo eine Physiotherapie durchgeführt, der Stumpf trainiert und schließlich eine Beinprothese links angepasst wurde. Die primäre Behandlung der Verletzung des Klägers war damit abgeschlossen. Da eine Verunstaltung des Stumpfes gegeben ist, ist ein weiterer operativer Eingriff zur Korrektur indiziert. Der Kläger hat noch Phantomschmerzen. Er hat sich an seinen Zustand gewöhnt, bedauert aber, den linken Unterschenkel verloren zu haben. Er war vor dem Unfall sportlich aktiv, spielte in einer Fußballmannschaft und ging auch anderen sportlichen Aktivitäten nach. Der Kläger erlernt derzeit den Beruf eines Orthopädietechnikers und er hat vor, in Zukunft zu heiraten. Er ist nicht mehr in der Lage, bei Fußballspielen zuzusehen und auch nicht bereit, am Strand baden zu gehen. Menschenansammlungen, insbesondere auch Konzerte, meidet der Kläger, was die Lebensführung beeinträchtigt. Das körperliche Schmerzgeschehen und die psychischen Schmerzzustände ergaben insgesamt 12 Tage starke, 45 Tage mittlere und 180 Tage leichte Schmerzen.
Die Beklagten zahlten vor Klagseinbringung an den Kläger ein Schmerzengeld von 40.000 EUR sowie eine Verunstaltungsentschädigung von 12.000 EUR.
Mit der gegenständlichen Klage begehrte der Kläger (nach Klagsausdehnung) weitere 60.000 EUR an Schmerzengeld und eine weitere Verunstaltungsentschädigung von 12.000 EUR. Insgesamt verlangte der Kläger daher 100.000 EUR an Schmerzengeld und 24.000 EUR an Verunstaltungsentschädigung.
Die Beklagten wendeten ein, die Ansprüche des Klägers bereits ausreichend abgegolten zu haben.
Das Erstgericht gab der Klage mit 52.000 EUR statt (40.000 EUR Schmerzengeld und 12.000 EUR Verunstaltungsentschädigung), sodass dem Kläger einschließlich des Vorausempfangs 80.000 EUR an Schmerzengeld und 24.000 EUR an Verunstaltungsentschädigung zukommen würden.
Das Berufungsgericht verringerte den Zuspruch auf 14.000 EUR (10.000 EUR Schmerzengeld und 4.000 EUR Verunstaltungsentschädigung), zumal es ein Schmerzengeld in Gesamthöhe von 50.000 EUR und eine Verunstaltungsentschädigung in Gesamthöhe von 16.000 EUR für angemessen hielt. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Mit der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision begehrt der Kläger - erkennbar - die Wiederherstellung des Ersturteils. Er behauptet eine eklatante Fehlbemessung bei der Ausmittlung des Schmerzengelds, die völlig aus dem Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung falle. Das Berufungsgericht habe insbesondere die - hier besonders berücksichtigungswürdige - seelische Komponente völlig vernachlässigt. Zudem fehle es an Judikatur zur Entschädigungshöhe bei Vorliegen seelischer Schmerzen bei Minderjährigen infolge einer Amputation. Im Zusammenhang mit der Abgeltung für psychische Alteration müsse der Umstand besonders berücksichtigt werden, dass der Kläger im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls 14 Jahre alt gewesen sei und ihn als sportbegeistertem Jugendlichen die Amputation besonders hart getroffen habe. Ausgehend von den maßgeblichen Kriterien (Anzahl und Art der schweren Verletzungen, komplizierter und langwieriger Heilungsverlauf, verbunden mit Art und Umfang der verbleibenden Dauerfolgen sowie der körperlichen Schmerzen und psychischen Beeinträchtigungen) hinsichtlich des Schmerzengelds sowie des Ausmaßes der Entstellung infolge Amputation des Oberschenkels samt der daraus abzuleitenden Größe der Wahrscheinlichkeit der Behinderung des Klägers in seinem besseren Fortkommen und der Minderung der Heiratschancen sei - insbesondere im Hinblick auf das Alter des Klägers - ein Schmerzengeld in Höhe von 80.000 EUR und eine Verunstaltungsentschädigung in Höhe von 24.000 EUR erforderlich, um dem Kläger für das infolge des Unfalls erlittene Ungemach und für die sich aus den Unfallfolgen ergebende Beeinträchtigung des besseren Fortkommens einen angemessenen Ausgleich zu verschaffen.
Die Beklagten beantragten in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Klägers in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger zeigt zutreffend auf, dass dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbemessung des Schmerzengelds unterlaufen ist, weshalb die Revision - abweichend vom Regelfall (RIS-Justiz RS0042887) - aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit ausnahmsweise zulässig ist (vgl 2 Ob 166/07m mwN). Die Revision ist auch teilweise berechtigt.
I. Schmerzengeld:
1. Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und die Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzungen und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands abgelten und die durch Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen. Das Schmerzengeld ist nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für alles Ungemach, das der Verletzte bereits erduldet hat und voraussichtlich noch zu erdulden haben wird, grundsätzlich global festzusetzen (2 Ob 101/05z mwN; Danzl in Danzl/Gutièrrez-Lobos/Müller, Das Schmerzengeld9 70). Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (Danzl aaO 71; 2 Ob 237/01v = SZ 2002/50; 2 Ob 61/02p = ZVR 2004/43; 2 Ob 12/02g; 2 Ob 101/05z). In die Globalbemessung des Schmerzengelds sind neben den bereits erlittenen Schmerzen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einzubeziehen (2 Ob 261/04b; 2 Ob 78/05t; 2 Ob 101/05z; RIS-Justiz RS0031307 [T4]). Unter diesem Gesichtspunkt kann etwa auch das Bewusstsein eines die gewohnte Lebensgestaltung nachhaltig beeinflussenden Dauerschadens und die damit verbundene seelische Belastung bei der Bemessung des Schmerzengelds in Betracht zu ziehen sein (vgl Danzl aaO 149).
2. Was den Einfluss des Lebensalters des Verletzten auf die Schmerzengeldbemessung anlangt, so wird dieser in der Rechtsprechung grundsätzlich bejaht. In der Entscheidung 7 Ob 281/02b wurde etwa ausgeführt, dass bei der Festsetzung des Schmerzengelds auch das Ungemach, das der Verletzte voraussichtlich noch zu erdulden haben werde, zu berücksichtigen sei. Der Einwand der Unbeachtlichkeit des fortgeschrittenen Alters des Verletzten sei daher nicht richtig (vgl auch 2 Ob 166/07m).
3. In der Literatur wird vertreten, dass bei Kindern für Dauerschäden wegen der größeren Länge der Dauerfolge ein Zuschlag zum Schmerzengeld zuzugestehen sei. Es gehe dabei nicht um eine unterschiedliche Bewertung der Verletzung an sich, sondern um die Berücksichtigung der Schwere und Dauer des Leidens. Der Verletzte sei etwa durch eine Lähmung oder den Verlust von Gliedmaßen weniger betroffen, wenn er den größten und besten Teil seines Lebens schon hinter sich gebracht habe, als dann, wenn er fast das gesamte Leben noch vor sich habe. Dem Jugendlichen entgehe wesentlich mehr, der Großteil seiner Pläne könne nicht mehr verwirklicht werden und dementsprechend empfinde er den Verlust seiner Bewegungsfähigkeit als viel gravierender und viel intensiver. Diese Umstände seien auch in die Bemessung einzubeziehen. Dabei sei aber auch die abnehmende Intensität der Schmerzen zu berücksichtigen: Der seelische Schmerz wegen des durch die Körperverletzung herbeigeführten Verlusts der körperlichen Bewegungsfähigkeit bleibe nicht Tag für Tag durch die Jahre gleich, vielmehr trete nach der ersten Verzweiflung des Verletzten über den Zustand, in den er nun geraten sei, oft eine gewisse Gewöhnung ein. Im Ergebnis werde daher das Schmerzengeld etwa für die Lähmung eines Jugendlichen zwar erheblich höher ausfallen müssen als für einen älteren Menschen, aber sicherlich nicht ein Vielfaches erreichen können (Koziol, Die Bedeutung des Zeitfaktors bei der Bemessung ideeller Schäden, in Festschrift Hausheer [2002], 597 [599 f]; Danzl aaO 86 f).
4. Wenngleich bei der Bemessung des Schmerzengelds auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist, ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen, wobei der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen nicht gesprengt werden darf (2 Ob 237/01v = SZ 2002/50; 2 Ob 261/04b; RIS-Justiz RS0031075).
5. In folgenden Entscheidungen hatte sich der erkennende Senat mit der (tatsächlichen oder zumindest möglichen) Amputation von Gliedmaßen zu beschäftigen:
5.1. In der Entscheidung 2 Ob 24/02x wurden dem (1923 geborenen) Kläger, welcher folgende Verletzungen erlitt: Trümmerbruch des Unterschenkels, Rissquetschwunde in der Scheitel-Schläfen-Region, Prellung der Schulter, komplizierter Heilungsverlauf samt Erwägung einer Oberschenkelamputation, welche Verletzungen zu 2 - 3 Tagen sehr starken, 6 - 8 Wochen starken, 3 ½ - 4 Monate mittelstarken und 6 - 7 Monate leichten Schmerzen führten, ein Schmerzengeld von 55.000 EUR zugesprochen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es in dem genannten Fall zwar zu einem komplikationsreichen Heilungsverlauf, jedoch tatsächlich nicht zu einer Amputation von Gliedmaßen kam.
5.2. In der Entscheidung 2 Ob 255/01s wurde Schmerzengeld in Höhe von 72.673 EUR für folgende Verletzungen zuerkannt: Offener Verrenkungsbruch des linken oberen Sprunggelenks (mit Zerreißung bzw Absterben der vorderseitigen Sehnen, Gefäße und Nerven), Infektion des II. Mittelfußknochens (mit Teilentfernung des abgestorbenen Knochens samt Verkürzung und Verschmälerung des ganzen Vorfußes), Versteifung des Sprunggelenks (deutlich hinkender Gang), immer wieder eitrige Sekretionen zufolge Knocheneiterung, Amputation möglich. Schmerzen: 48 Tage starke, 81 Tage mittelstarke, 863 Tage leichte. Auch hier kam es zu einem ausgedehnten - auch in die Zukunft reichenden - Schmerzgeschehen, aber zu keiner tatsächlich durchgeführten Amputation; in Frage stand auch keine Amputation des Oberschenkels, sondern („nur") des Fußes.
5.3. Zu 2 Ob 151/01x wurde der 1961 geborenen Klägerin für den 1994 erlittenen Unfall mit Beckenfraktur, offenem Oberschenkelbruch mit Durchtrennung der Oberschenkelarterie und nachfolgender Amputation des Oberschenkels, schneidenden Phantomschmerzen und Beschwerden mit ekzematösen Veränderungen des Stumpfes, Zerrung des Sprunggelenks, Gehirnerschütterung, künstliche Einleitung eines Kaiserschnitts mit nachfolgender schwerster geistig-körperlicher dauernder Behinderung des Kindes, reaktiver Depression - Schmerzen: 3 Tage quälende; 3 Wochen starke; 4-6 Wochen mittelstarke; 3-5 Wochen leichte; für die Zukunft (bei ideal passender Prothese) 1 Woche mittelstarke und 1 Woche leichte pro Jahr, sonst (ohne ausreichende Korrektur) 3-5 Tage starke, 2-3 Wochen mittelstarke und 2-4 Wochen leichte (zusammengefasst und komprimiert), weiters bis 10 Jahre nach dem Unfall (aus psychischer Sicht) ca 5 Wochen leichte - ein Schmerzengeld in Höhe von 72.673 EUR zugesprochen.
6. Wenn auch die der letztgenannten Entscheidung zugrunde liegende Verletzung - insbesondere im Zusammenhang mit der Schwangerschaft der dortigen Klägerin - noch schwerer wiegt als die gegenständliche, so erscheint doch im Hinblick auf die Tendenz, den Schmerzengeldanspruch für gravierende Dauerfolgen deutlich höher festzusetzen als noch vor einigen Jahren (vgl 7 Ob 281/02b) und im Vergleich mit den beiden erstgenannten Entscheidungen die Zuerkennung eines Schmerzengelds von bloß 50.000 EUR an den Kläger dieses Verfahrens als wesentlich zu niedrig gegriffen. Neben dem Umstand, dass die genannten Entscheidungen schon vor mehreren Jahren ergingen und seither eine nicht unbeträchtliche Geldentwertung stattgefunden hat, gilt es hier besonders, das jugendliche Alter des - sportlich aktiven - Klägers zu berücksichtigen. Um all das Unbill, das der Kläger zu erdulden hatte und in Hinkunft voraussichtlich noch zu erdulden haben wird, abzugelten, erachtet der erkennende Senat ein Schmerzengeld von 80.000 EUR für angemessen. Unter Berücksichtigung der bereits voraus empfangenen 40.000 EUR steht dem Kläger daher noch der Betrag von (weiteren) 40.000 EUR an Schmerzengeld zu.
7. Soweit die Beklagten argumentieren, der „Schmerzkatalog" des unfallchirurgischen Sachverständigen ergebe bloß ein Schmerzengeld in Höhe von 30.000 EUR, weshalb mit einem Betrag von 50.000 EUR sowohl die seelischen Unbillen als auch die aus psychiatrischer Sicht krankheitswertigen Leiden des Klägers angemessen berücksichtigt wären, ist ihnen zu entgegnen, dass das Schmerzengeld nicht tageweise festzusetzen ist, sondern - wie oben - nach § 273 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falls, der körperlichen und seelischen Schmerzen sowie der Art und Schwere der Verletzung nach freier Überzeugung des Richters (RIS-Justiz RS0031415). Die von den Beklagten vergleichsweise genannten Entscheidungen (auch aus den 1980er-Jahren) mit teilweise geringeren Schmerzengeldbemessungen sind einerseits als überholt und andererseits als nicht einschlägig (bloße Knochenbrüche) zu erachten.
II. Verunstaltungsentschädigung:
1. Der Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung ist dann geboten, wenn das durch die Verunstaltung hervorgerufene äußere Erscheinungsbild das bessere Fortkommen beeinträchtigen kann. Dabei ist unter der Behinderung des besseren Fortkommens iSd § 1326 ABGB nicht bloß die Verhinderung des beruflichen Aufstiegs, sondern ganz allgemein die konkrete Gefahr zu verstehen, dass eine sonst mögliche Verbesserung der Lebenslage infolge der nachteiligen Veränderung der äußeren Erscheinung entfallen könnte. Der Beweis der Behinderung eines bestimmten besseren Fortkommens ist nicht erforderlich; es genügt vielmehr die bloße Möglichkeit einer solchen Behinderung, die allerdings nicht abstrakt, sondern nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Es reicht aus, wenn solche Nachteile nur in einem geringen Grad wahrscheinlich sind, wobei es ungewiss bleiben kann, ob der Schaden einmal eintreten wird (2 Ob 290/05v mwN).
2. Wenngleich auch bei der Bemessung der Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist, so ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen. Es ist auch zu berücksichtigen, dass in der jüngeren Rechtsprechung zum Schmerzengeld - wie schon erwähnt - die Ansicht vertreten wird, dieses tendenziell nicht zu knapp zu bemessen. Im Lichte dieser Judikatur ist es im Hinblick auf die lebensprägenden Auswirkungen von Behinderungen geboten, diese Tendenz auch für den Bereich der Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB zu übernehmen (vgl 7 Ob 36/03z).
3. In der letztgenannten Entscheidung wurde der zum Zeitpunkt des Unfalls achtjährigen Klägerin, die eine Amputation beider Arme, Replantation des linken Arms auf Oberarmhöhe mit der Folge einer Gelenksversteifung bzw zu erwartenden Funktionsuntüchtigkeit erlitt, eine Verunstaltungsentschädigung von 30.000 EUR zugesprochen. Vergleicht man diese - schwerwiegendere, jedoch bereits einige Jahre zurückliegende - Verletzung mit jener des hiesigen Klägers, der durch den Verlust eines Beins zweifellos Nachteilen im beruflichen oder privaten Fortkommen unterworfen sein kann, so erweist sich der vom Berufungsgericht als angemessen beurteilte Betrag von insgesamt 16.000 EUR als zu gering bemessen. Allerdings ist die vom Kläger begehrte und vom Erstgericht zuerkannte Verunstaltungsentschädigung von insgesamt 24.000 EUR im Vergleich mit der genannten Vorentscheidung (Amputation beider Arme ...) zu hoch gegriffen. Der erkennende Senat erachtet daher einen Betrag von insgesamt 20.000 EUR als adäquate Entschädigung aus dem Titel des § 1326 ABGB. Dem Kläger stehen somit aufgrund des Vorausbezugs von 12.000 EUR noch 8.000 EUR an (restlicher) Verunstaltungsentschädigung zu.
4. Die Zuerkennung einer Verunstaltungsentschädigung von 20.000 EUR für die gegenständliche Verletzungsfolge der Oberschenkelamputation (an einem 14-jährigen) steht - unter Berücksichtigung der Geldentwertung und der oben angesprochenen Tendenz der jüngeren Rechtsprechung - durchaus auch im Einklang mit der von den Beklagten genannten Entscheidung 8 Ob 52/86, welche ua die Zuerkennung einer Verunstaltungsentschädigung von umgerechnet rund 11.000 EUR (durch die Vorinstanzen) aufgrund einer Oberschenkelamputation an einem 16-jährigen zum Gegenstand hatte. Die von den Beklagten weiters zitierten Entscheidungen betrafen Beinfehlstellungen, die mit einer Amputation nicht zu vergleichen sind.
Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der (Teil-)Stattgebung der Klage mit 48.000 EUR und der Abweisung des Mehrbegehrens von 24.000 EUR abzuändern.
III. Kosten:
Die (nach § 43 Abs 2 ZPO zu treffende) Kostenentscheidung des Erstgerichts (das aufgrund der erst unmittelbar vor dem Schluss der Verhandlung erfolgten Klagsausdehnung von einem Streitwert von 36.000 EUR ausging) war - im Sinne der zum großen Teil berechtigten Berufung der Beklagten im Kostenpunkt - dahingehend zu korrigieren, dass die Rekursbeantwortung vom 27. 6. 2007 nicht (§ 72 Abs 3 ZPO) und die Urkundenvorlage vom 6. 11. 2007 nur nach TP 1 zu honorieren ist und Kopierkosten vom Honorar für den Schriftsatz erfasst sind (RIS-Justiz RS0122433). Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen vom 11. 1. 2008 war jedoch als „sonstiger Schriftsatz, der nicht in Tarifpost 1 oder 3 genannt ist" (RATG TP 2 I.1.e) - wie verzeichnet - nach TP 2 zu honorieren.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 2 , 50 Abs 1 ZPO. Nach überwiegender neuerer Rechtsprechung hat der (teilweise) Erfolg der Berufung im Kostenpunkt auf die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren keinen Einfluss (RIS-Justiz RS0119892 [T3, T4]; RS0087844 [T3, T4, T5]; zuletzt 2 Ob 221/08a und 3 Ob 38/09y; ggt 7 Ob 112/09k).
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