OGH 7Ob260/06w

OGH7Ob260/06w28.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei E***** Sparkassen AG, ***** vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei Leopoldine P*****, vertreten durch Prunbauer, Themmer & Toth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 36.340 sA (19 Cg 149/03a) und Einwilligung in die Löschung von Pfandrechten (Streitwert: EUR 145.000; 19 Cg 136/04t), über die Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. September 2006, GZ 11 R 61/06f-53, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. April 2006, GZ 19 Cg 149/03a, 19 Cg 136/04t-48, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die beklagte und widerklagende Partei (in der Folge: Beklagte) und ihr Ehegatte waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich ihr Wohnhaus befand. Sie betrieben bis 1990 einen Kfz-Handel und eine Kfz-Werkstätte, wobei die Beklagte in verantwortlicher Position mitarbeitete, die Aufsicht über die Kassa führte, teilweise die Buchhaltung erledigte und den Kundenverkehr abwickelte. Etwa 1990 übergaben sie das Unternehmen an ihren Sohn. Ab 1995 arbeitete die Beklagte für einige Jahre im Betrieb ihres Sohnes wieder mit.

Der Sohn der Beklagten ging mit Susanne N***** etwa 1999 eine Lebensgemeinschaft ein. Sie war Steuerberaterin und arbeitete als Prokuristin bei einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft. Sie fasste den Entschluss, sich aufgrund ihrer Berufserfahrung mit einem eigenen Unternehmen selbständig zu machen, das sich mit der Veranstaltung von Seminaren über kaufmännische Wissensbereiche und EDV-Themen im Wasserschloss K***** beschäftigen und dort auch einen Gastronomie- und Cateringbetrieb führen sollte. Sie besprach dieses Vorhaben mit ihrem Lebensgefährten und dessen Eltern. Ab dem Sommer 2000 führte sie zahlreiche Gespräche mit Mitarbeitern der Klägerin und widerbeklagten Partei (in der Folge: Klägerin), insbesondere mit Andrea G*****, wobei die Plausibilität der beabsichtigten Unternehmensgründung, auch mit Hilfe einer von Susanne N***** beauftragten Kostenaufstellung und Planrechnung, erörtert wurde. Den Mitarbeitern der Klägerin erschien das Unternehmenskonzept plausibel und überzeugend, zumal Susanne N***** selbst Steuerberaterin war und die geplanten Seminare aus diesem Fachbereich stammen sollten. Das Konzept sah unter anderem vor, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen, deren Geschäftsführer der Sohn der Beklagten sein sollte. Bei den Gesprächen stellte sich heraus, dass nur „geringe Eigenmittel" von Susanne N***** und dem Sohn der Beklagten aufgebracht werden konnten und ein Kreditvolumen von 7,5 Mio S für die Umsetzung des Vorhabens notwendig wäre. Die Mitarbeiter der Klägerin wiesen Susanne N***** darauf hin, dass entsprechende Besicherungen für den Kredit beigebracht werden müssten, insbesondere eine Pfandliegenschaft. Es wurden auch diverse Möglichkeiten zur Erlangung von Förderungen zur Unternehmensgründung erörtert, nämlich letztlich durch die Bürges Förderungsbank GmbH in Form einer Haftungsübernahme als Bürge und Zahler, durch die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH durch einen Zinsenzuschuss und durch die Niederösterreichische Beteiligungen Finanzierungs GmbH in Form der Übernahme einer stillen Beteiligung. Schon im Sommer 2000 stellte die Klägerin namens der in Gründung befindlichen S***** GmbH bei der Bürges Förderungsbank GmbH einen Antrag auf Übernahme einer Bürgschaft für einen Kredit der Klägerin von S 1,9 Mio.

Am 19. 7. 2000 stellte die Klägerin im Namen dieser zu gründenden Gesellschaft auch bei der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH einen Antrag auf Förderung durch einen Zinsenzuschuss. Die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH ist eine Bank, die im Rahmen der Bundesförderung unter anderem für den Tourismus geförderte Kredite vergibt, wobei diese Bank darauf spezialisiert ist zu prüfen, ob ein Unternehmensprojekt im Bereich des Tourismus wirtschaftlich tragfähig ist. Die zu fördernden Projekte werden anhand der Konzepte, vorzulegenden Kostenvoranschläge, Planrechnungen, eines Lokalaugenscheines und aufgrund der Fachkenntnisse der Mitarbeiter der Bank auf ihre Wirtschaftlichkeit und Plausibilität geprüft und es werden darauf basierend Erfolgsprognosen erstellt. Mag. Heimo T***** führte für diese Bank die sechs bis acht Wochen dauernde Prüfung durch. Anfang September 2000 teilten Mitarbeiter der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH den Mitarbeitern der Klägerin anlässlich einer gemeinsamen Besprechung über das Projekt K***** mit, dass der Prüfbericht positiv ausfallen und das Projekt als wirtschaftlich beurteilt werde; die Hotel- und Tourismusbank GmbH werde einen Kredit von S 4,4 Mio einräumen, wenn die Klägerin als Hausbank der Kreditnehmerin eine Haftung als Bürgin und Zahlerin übernehme, wie dies die Richtlinien der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH vorsähen. Mit Gesellschaftsverträgen vom 7. 9. 2000 wurden drei Gesellschaften gegründet, darunter die S***** GmbH, die spätere Kreditnehmerin.

Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 29. 9. 2000 fragte die Klägerin namens der S***** GmbH bei der Niederösterreichischen Beteiligungen Finanzierungs GmbH an, ob eine Förderung durch Eingehen einer stillen Beteiligung gewährt werde.

Andrea G***** verfasste im August und September 2000 ihre Stellungnahme zur Frage der Kreditgewährung und verwies darauf, dass die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH nach Durchführung ihrer Prüfung dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber stehe und die Finanzierung der Unternehmensgründung durch die Klägerin empfohlen werde. Vor dem 29. 9. 2000 entschied die Klägerin, dass sie der S***** GmbH die erforderlichen Kredite von S 6,3 Mio zum Zwecke der Unternehmensgründung gewähren werde und dass dieser Kredit durch eine Hypothek zu besichern sei.

Noch im Sommer 2000 haben Susanne N***** und der Sohn der Beklagten bei der Beklagten und ihrem Ehemann angefragt, ob sie zur Besicherung des Kredites bereit seien, ihre Liegenschaft mit einer Hypothek von etwa S 3 Mio zu belasten. Die Förderung dieser Kredite sei in Aussicht und sie würden diese Förderungen sicherlich erhalten. Die Beklagte und ihr Ehemann erklärten sich in der Folge bereit, eine Hypothek zu bestellen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Susanne N***** erklärte, die Hypothek solle bloß für einen befristeten Zeitraum bzw bis zum Einlangen der Förderungen bestellt werden.

Am 29. 9. 2000 fand eine Besprechung zwischen Andrea G*****, der Beklagten, ihrem Ehemann, ihrem Sohn und dessen Lebensgefährtin Susanne N***** statt. Andrea G***** erklärte der Beklagten und ihrem Ehemann, dass ihre Liegenschaft als Sicherstellung für zwei Kredite im Umfang von insgesamt S 6,3 Mio haften werde und insgesamt für das Unternehmen von Susanne N***** ein Finanzierungsvolumen von etwa S 7 Mio nötig sei. Sie erläuterte weiters, dass S 6,3 Mio der Unternehmensgründung dienten und dass der vorliegende Kredit von S 1,9 Mio einer dieser notwendigen Kredite sei. Sie ging mit den Anwesenden sowohl den Text des Kreditvertrages als auch des Pfandbestellungsvertrages und der Bürgschaftsverträge, die die Klägerin mit dem Sohn der Beklagten und dessen Lebensgefährtin schloss, durch. Die beiden unterschrieben den Kreditvertrag und die Bürgschaftsverträge. Andrea G***** übergab Susanne N***** am Ende des Gespräches den Pfandbestellungsvertrag, den die Beklagte und ihr Ehemann bei einem Notar unterschreiben sollten. Die Beklagte und ihr Mann unterfertigten den Vertrag, ohne ihn weiter durchzulesen. Der Sohn der Beklagten sagte zur Beklagten vor der Unterfertigung, dass die Verpfändung „eine sichere Angelegenheit" sei, weil die Förderung schon „im Anrollen" sei. Er sei überzeugt, dass kein Risiko bestehe.

Der am 2. 10. 2000 bei der Niederösterreichischen Beteiligungen Finanzierungs GmbH eingelangte Antrag wurde zwecks Erstellung eines Prüfberichtes an die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH weitergeleitet, bei der Mag. T***** mit dieser Prüfungstätigkeit befasst wurde. Er stellte am 3. 10. 2000 den ersten schriftlichen Prüfbericht fertig, worin er die Unternehmensgründung positiv beurteilte und die Förderung befürwortete. Die Mitarbeiter der Klägerin erhielten vom Inhalt des Prüfberichtes mündlich Kenntnis.

Am 8. 11. 2000 übermittelte die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH der Klägerin die schriftliche Zusage einer Kreditgewährung von S 4,4 Mio an die S***** GmbH. Die Zentrale der Klägerin fertigte in der Folge den Kreditvertrag betreffend einen von der Klägerin für den Kredit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH übernommenen Haftungskredit an die S***** GesmbH von S 4,4 Mio aus. Am selben Tag nahm Susanne N***** den zweiten Pfandbestellungsvertrag, lautend auf S 4,4 Mio, von Andrea G***** entgegen, um den Vertrag notariell beglaubigt von der Beklagten und ihrem Ehemann unterschreiben zu lassen. Sie taten dies, ohne den Vertrag durchzulesen.

Am 7. 2. 2001 unterschrieben Susanne N***** und der Sohn der Beklagten den Kreditvertrag über S 4,4 Mio.

Vor dem 15. 12. 2000 erstattete die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH gegenüber der Niederösterreichischen Beteiligungen Finanzierungs GmbH hinsichtlich des Unternehmensprojektes einen positiven Prüfbericht, in dem sie aber zum Ergebnis kam, dass zusätzliche bare Eigenmittel von S 1,5 Mio eingebracht werden müssten. Die Niederösterreichische Beteiligungen Finanzierungs GmbH fasste nun am 15. 12. 2000 den Beschluss, das Projekt ***** einer weiteren Prüfung auf Finanzierbarkeit hinsichtlich der Aufbringung dieser zusätzlichen Eigenmittel zu unterziehen. Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt im Februar oder März 2001 teilte die Niederösterreichische Beteiligungen Finanzierungs GmbH der Klägerin mit, dass die Förderung durch eine stille Beteiligung voraussichtlich nicht gewährt werde. Mit Beschluss vom 9. 4. 2001 lehnte sie eine stille Beteiligung ausdrücklich ab, weil nunmehr absehbar geworden sei, dass die zusätzlichen Eigenbarmittel von der S***** GmbH nicht aufgebracht werden könnten. Die Gesellschaft bezahlte am 29. 6. 2001 die erste Kreditrate vereinbarungsgemäß.

Anfang 2002 beendeten Susanne N***** und der Sohn der Beklagten ihre Lebensgemeinschaft.

Am 6. 2. 2002 war der Jahresabschluss der S***** GmbH für das Jahr 2000 negativ. Der Verlust belief sich auf S 1,478.106,76.

Am 9. 4. 2002 wurde der Konkurs über die S***** GmbH eröffnet, worauf die Klägerin die mit über EUR 450.000 aushaftenden Kredite fällig stellte.

Der Ehemann der Beklagten verstarb im Jahr 2004. Die Beklagte ist als Erbin nunmehr Alleineigentümerin der Liegenschaft.

Die Klägerin begehrt mit ihrer zu 19 Cg 149/03a des Erstgerichtes eingebrachten Hypothekarklage den Teilbetrag von EUR 36.340 sA und stützt sich auf den (ersten) Kredit- und Pfandbestellungsvertrag vom 29. 9. 2000. Die vorgelegten Unternehmenskonzepte seien stimmig und schlüssig gewesen und von den Fachleuten der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH als sinnvoll und erfolgversprechend erachtet worden. Im Zeitpunkt der Kreditgewährung sei die Kreditnehmerin nicht überschuldet gewesen. Der Jahresabschluss für das Jahr 2000 sei erst am 6. 2. 2002 beim Firmenbuch eingereicht worden. Die Klägerin habe die Beklagte vor Abschluss des Pfandbestellungsvertrages ordnungsgemäß über den Inhalt der Verträge aufgeklärt. Der wirtschaftliche Ruin des seine Geschäftstätigkeit eben erst aufnehmenden Unternehmens sei damals nicht erkennbar gewesen, weshalb der Klägerin keine Aufklärungs- oder Warnpflichtverletzungen vorzuwerfen seien. Die Gewährung von Förderungen sei keine Voraussetzung für die Pfandbestellungen gewesen. Die Klägerin habe nie den Anschein gesetzt, die Geschäftsführerin der Kreditnehmerin könne in ihrem Namen Erklärungen abgeben oder für sie verhandeln.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, dass die Klägerin den Kredit ohne sorgfältige Bonitätsprüfung gewährt habe. Es seien die Bestimmungen der §§ 25c und 25d KSchG (analog) anwendbar. Die Klägerin habe gewusst, dass die verpfändete Liegenschaft zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der Beklagten notwendig sei. In jedem Fall habe die Klägerin ihre Aufklärungs- und Warnpflicht gegenüber der interzessionistischen Realschuldnerin verletzt. Der Ruin der Kreditnehmerin sei unmittelbar bevorgestanden. Sie sei sowohl aufgrund der Verlustgebarung als auch aufgrund der mangelnden Eigenkapitalausstattung von Anfang an, sohin schon im Zeitpunkt der Unterfertigung der Pfandurkunden kreditunwürdig und überschuldet gewesen. Die Klägerin sei an der Irreführung der Beklagten darüber, dass die Pfandbestellung nur als Überbrückung bis zum Einlangen der Fördergelder dienen solle, beteiligt gewesen. Die Pfandbestellungsverträge seien wegen des krassen Missverhältnisses zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pfandschuldnerin sittenwidrig. Susanne N*****, die die Geschäftsführerin der Kreditnehmerin sei, sei als Verhandlungsgehilfin der Klägerin aufgetreten. Der Beklagten sei dadurch ein Schaden in der Höhe des gesamten aushaftenden Kredites von S 6,3 Mio = EUR 457.838,85 entstanden. Diese Forderung werde kompensando bis zur Höhe des Klagsbetrages eingewandt.

Die Klägerin bestreitet die Gegenforderung mangels rechtswidrigen Verhaltens der Klägerin.

Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage zu 19 Cg 136/04t des Landesgerichtes f ZRS im Wesentlichen unter Wiederholung ihres Vorbringens zur Klage die Löschung der Hypotheken.

Die Klägerin bestreitet das Widerklagebegehren unter Wiederholung ihres Vorbringens zur Klage.

Das Erstgericht sprach zu 19 Cg 149/03a aus, dass die Klagsforderung mit EUR 36.340 zu Recht, die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und daher die Beklagte im Sinne des Leistungsbegehrens schuldig sei. Zu 19 Cg 136/04t wies es das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass die Klägerin keinen Anlass dafür gegeben habe, Susanne N***** als ihre Verhandlungsgehilfin anzusehen. Eine allfällige Irreführung durch sie sei daher der Klägerin nicht zuzurechnen. Die Anwendung der §§ 25c und 25d KSchG auf die Interzession durch Pfandbestellung komme weder unmittelbar noch - mangels Vorliegens einer gewollten Gesetzeslücke - analog in Betracht. Grundsätzlich sei es jedermann unbenommen, auch risikoreiche Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die er nur unter besonders günstigen Bedingungen erbringen könne. Dieses Prinzip der Privatautonomie werde nur durch die Sittenwidrigkeit gemäß § 879 ABGB begrenzt. Da die Pfandbestellungsverträge eine reine Sachhaftung begründeten, welche immer durch den Wert des verpfändeten Vermögens begrenzt gewesen sei, bestehe kein krasses Missverhältnis zwischen dem Leistungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Pfandschuldners. Der Pfandschuldner habe nämlich für eine materiell fremde Schuld bloß mit einem im Zeitpunkt der Verpfändung bereits vorhandenen Vermögenswert einzustehen, weshalb keine krasse Überforderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten eintreten könne. Eine Aufklärungs- oder Warnpflicht der kreditgebenden Bank bestehe lediglich dort, wo die Bank im Zeitpunkt des Abschlusses des Interzessionsvertrages bereits in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder des bevorstehenden wirtschaftlichen Ruins des Hauptschuldners sei und dem Kreditnehmer gerade wegen der vom Dritten geleisteten Sicherheit trotzdem noch einen Kredit gewähre. Das Beweisverfahren habe keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass sich die Klägerin bei Begründung der Pfandhaftung bewusst gewesen wäre oder auch nur Grund zur Annahme gehabt hätte, dass der wirtschaftliche Ruin der Kreditnehmerin unmittelbar bevorstehe oder dass diese zur Kreditrückzahlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein werde. Dagegen spreche der Umstand, dass die erste Kreditrate am 29. 6. 2001 vereinbarungsgemäß gezahlt und der Konkurs erst am 9. 4. 2002 eröffnet worden sei. Die Klägerin habe die bankübliche Vorgangsweise, der Beurteilung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten durch die auf dem Gebiet des Tourismus besonders fachkundige und erfahrene Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH zu vertrauen, eingehalten. Diese habe die beabsichtigte Unternehmensgründung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten untersucht. Die Klägerin habe sich in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners verschafft, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tue.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellung des Erstgerichtes, dass die Heranziehung der Expertise der Tourismusbank eine branchenübliche Vorgangsweise sei, nicht, weil diese Feststellung seiner Rechtsmeinung nach nicht relevant sei. Im Übrigen teilte es die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Geschäftsführerin der Kreditnehmerin nicht als Verhandlungsgehilfin der Klägerin anzusehen sei. Eine (analoge) Anwendung der §§ 25c und 25d KSchG auf Pfandbestellungsverträge sei abzulehnen. Der Umstand, dass die verpfändete Liegenschaft der Befriedigung des Wohnbedürfnisses (der Familie) des Pfandbestellers diene, ändere nichts daran, dass es an der Voraussetzung des krassen Missverhältnisses zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Pfandschuldners als Interzedenten sowohl im Zeitpunkt der Pfandbestellung als auch später mangle, müsse doch auch hier der Pfandschuldner für eine materiell fremde Schuld nur mit einem im Zeitpunkt der Verpfändung schon vorhandenen Vermögenswert einstehen. Es liege keine ungewollte Gesetzeslücke vor, sodass sich die analoge Anwendung auf die Interzession durch bloße Pfandbestellung verbiete. Sei aber § 25c KSchG nicht anwendbar, so bestünden die allgemeinen vorvertraglichen Aufklärungspflichten. Es sei daher eine Warnpflicht der Bank gegenüber dem Bürgen oder Pfandbesteller nur dann ausnahmsweise und mit entsprechenden Vorbehalten anzunehmen, wenn die Bank schon Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Kreditnehmers habe. Eine eingehende Prüfung der Erfolgsaussichten des finanzierten Unternehmenskonzeptes könne vom Kreditgeber außerhalb des Anwendungsbereiches des § 25c KSchG nicht erwartet werden. Es sei zu berücksichtigen, dass den Mitarbeitern der Klägerin über das Projekt ***** mitgeteilt worden sei, dass der Prüfbericht positiv ausfallen und das Projekt als wirtschaftlich beurteilt werde. Die Tourismusbank habe auch tatsächlich einen Kredit über S 4,4 Mio eingeräumt. Die Klägerin sei aber nicht verpflichtet, eine (eigene) aktive Prüfung der Plausibilität des kreditfinanzierten Unternehmenskonzeptes durchzuführen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zur Widerklage EUR 20.000 übersteige. Es erklärte in beiden Verfahren die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen (§ 510 Abs 3 ZPO), dass aus den Feststellungen kein Verhalten der Klägerin ersichtlich ist, aus dem abgeleitet werden könnte, sie hätte die Geschäftsführerin der Kreditnehmerin bevollmächtigt, im Namen der Klägerin Verhandlungen zu führen. Es wurden lediglich die Kreditunterlagen zur notariellen Unterfertigung durch die Pfandbesteller übergeben.

Zutreffend legte das Berufungsgericht dar, dass die Rechtsprechung eine analoge Anwendung der §§ 25c ff KSchG auf Pfandbestellungsverträge ablehnt (9 Ob 85/02v, 9 Ob 27/05v; zuletzt 9 Ob 16/06b; RIS-Justiz RS0116829; RS0116606). Die zu dieser Judikatur geäußerte Kritik in der Lehre bezieht sich im Wesentlichen darauf, dass es keinen sachlichen Grund gebe, die Informationspflicht des Gläubigers nur gegenüber persönlich haftenden Interzedenten zu statuieren. Der sachhaftende Interzedent leide unter demselben Informationsdefizit wie der Mitschuldner, Bürge oder Garant und sei daher ebenso schutzwürdig, weshalb eine Regelungslücke vorliege und sich die analoge Anwendung des § 25c und damit § 25d KSchG auch auf Pfandbesteller gebiete (Apathy in Schwimann, ABGB³, § 25c KSchG, Rz 1, Eigner, Auslegungsfragen zu den §§ 25c und 25d KSchG, JAP 2000/2001, 214; P. Bydlinski, zu 9 Ob 85/02v, ÖBA 2002/1072). Goriany in „Aufklärungspflicht bei Interzessionen", JAP 2004/2005/14, sieht dagegen einen solchen sachlichen Grund der Differenzierung gerade in der Unbeschränktheit der persönlichen Haftung eines Interzedenten, die beim Pfandbesteller aufgrund dessen bloß dinglicher Haftung nicht gegeben sei.

Die geäußerte Kritik, mit der sich der Oberste Gerichtshof zuletzt abermals in der Entscheidung 9 Ob 16/06b eingehend auseinandersetzte, veranlasst auch den erkennenden Senat nicht, von der dargestellten Rechtsprechung abzugehen. Die Materialien zum BGBl I 1997/6 (EBzRV 311 BlgNR 20. GP 25) weisen unmissverständlich darauf hin, dass der Ausdruck „Interzedent im Folgenden - sowie auch im vorgeschlagenen Gesetzestext - für Bürgen, Mitschuldner und Garanten gleichermaßen verwendet" wird. Darüber hinaus nehmen die Materialien (EB S. 26 f) ausdrücklich auf die Leitentscheidung 1 Ob 544/95 Bezug und bekunden den Willen des Gesetzgebers, einer allfälligen Rechtsprechungsänderung vorzugreifen und die in der genannten Entscheidung zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung „festzuschreiben", weil dies der Rechtssicherheit diene. Damit wird auf die für eine Sittenwidrigkeit erforderliche massive Überforderung des Haftenden Bezug genommen. Diese soll nach der zitierten Entscheidung gegeben sein, wenn sich der Interzedent zu Zahlungen verpflichtet, die seine gegenwärtigen oder in absehbarer Zukunft zu erwartenden Einkommensverhältnisse und Vermögensverhältnisse bei weitem übersteigen, also seine Gutstehung bei realistischer Betrachtungsweise seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Gläubigerbank keinen Sinn ergibt, weil eine vertragsgemäße Erfüllung der Ansprüche der Gläubigerbank - wenn überhaupt - erst in ferner Zukunft zu erwarten ist. Dadurch kommt es zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der beiderseitigen Interessenlagen. Dieses dargestellte und vom Gesetzgeber offenbar missbilligte Ungleichgewicht der Interessenlagen kann also bei einer reinen Sachhaftung nicht eintreten, da hier ja der Schuldner über einen bereits existierenden Vermögenswert verfügt. Nach dem Willen des Gesetzgebers geht es also nicht generell um das bloße Informationsinteresse eines Interzedenten über die Vermögenslage des Hauptschuldners, sondern es soll damit nur der persönlich Haftende, der damit seine wirtschaftliche Existenz (mangels Vermögenswerte) auch in weiterer Zukunft wegen Überschuldung gravierend gefährdet, geschützt werden. Die §§ 25c und 25d KSchG können daher auf die Interzession durch bloße Pfandbestellung mangels einer Gesetzeslücke nicht analog angewendet werden.

Auch wenn die Beurteilung von Ausmaß und Inhalt der Beratungs- und Aufklärungspflicht einer Bank grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls ist (7 Ob 37/04y; RIS-Justiz RS0106373; RS0111165; RS0116208), kann aber der Beurteilung des Berufungsgerichts zu dieser Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht gefolgt werden, was im Sinne der Rechtssicherheit aufzugreifen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Banken nur in Ausnahmefällen verpflichtet, etwa Bürgen vor Abschluss des Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären. Solche Personen haben die erforderlichen Informationen grundsätzlich selbst einzuholen und auf deren Grundlage ihr finanzielles Risiko einzuschätzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bürge in einer Nahebeziehung zum Schuldner steht und von diesem selbst alle näheren Auskünfte fordern und verlangen kann. Die Bank darf diesfalls annehmen, dass der Bürge gerade wegen seiner Nahebeziehung zum Schuldner für dessen Verbindlichkeiten einstehen wolle. Lediglich wenn für die Bank erkennbar ist, dass der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorsteht oder dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein wird und die Bank damit rechnen muss, dass diese Umstände den nahen Angehörigen nicht ebenfalls bekannt sind, hat sie im Rahmen der vorvertraglichen Beziehung eine entsprechende Aufklärungs- und Warnpflicht zu erfüllen (1 Ob 93/02m, RIS-Justiz RS0026805, RS0026488). Diese Grundsätze gelten auch für die Pfandbestellung (1 Ob 93/02m mwN; RIS-Justiz RS0026779).

Auf den vorliegenden Fall angewandt, bedeutet dies Folgendes:

Das Erstgericht stellte - nicht weiter präzisiert - fest, dass Susanne N***** und der Sohn der Beklagten „nur geringe Eigenmittel" hatten und ein Kreditvolumen von S 7,5 Mio notwendig gewesen sei, um das geplante Projekt verwirklichen, („auszufinanzieren") zu können. Die Klägerin forderte die Besicherung der Kredite durch eine Pfandliegenschaft. Weiters steht fest, dass die Klägerin die Kreditnehmerin in den Verfahren zur Erlangung von drei Förderungen vertreten hat.

Nicht hingegen steht fest, wie hoch die Eigenmittel waren und wie hoch die erwartete Förderung in Form der stillen Beteiligung durch die Niederösterreichische Beteiligungen Finanzierungs GmbH sein sollte, wie sich im Zeitpunkt der Kreditgewährung die finanzielle Situation der Kreditnehmerin, ihrer Geschäftsführerin und des Sohnes der Beklagten darstellte und ob das geplante Projekt „ausfinanziert" war, die Kreditnehmerin also wirtschaftlich in der Lage war, den Betrieb aufzunehmen und auf Dauer (absehbar) zu führen. Dazu ist es auch nötig festzustellen, ob die Klägerin bei ihrer Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Kreditnehmerin die drei Förderungen bereits fix zugrundelegte, was dadurch indiziert sein könnte, dass sie mit der Kreditgewährung bis zu den positiven, aber nur mündlichen Stellungnahmen von Förderstellen zuwartete. War dies der Fall, dann muss man sich damit auseinandersetzen, ob auch ohne Förderung das Projekt auf Grund der eigenen Mittel der Kreditnehmerin, ihrer Geschäftsführerin und des Sohnes der Beklagten ausfinanziert hätte werden können oder ob mit dem Entfall einer Förderung ein Deckungsloch entstand, wodurch das geplante Projekt scheitern und damit auch die wirtschaftliche Existenz der Kreditnehmerin beeinträchtigt werden musste. Dass die Kreditnehmerin eine Kreditrate bedienen konnte, ist - im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Vorinstanzen - nicht aussagekräftig. Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der Kreditgewährung auf Grund der finanziellen Verhältnisse der Kreditnehmerin bei allfälliger Ablehnung einer Förderung absehbar ein Deckungsloch entstehen würde, das ein Scheitern des Projektes und damit die Nichtbedienung des Kredites wahrscheinlich machte.

Legte die Klägerin bei der Prüfung der Ausfinanzierung des Projektes alle drei Förderungen zugrunde, obwohl noch keine verbindlichen Förderzusagen vorlagen, also nicht einmal die Ausfinanzierung des Projektes und damit der künftige Bestand des Unternehmens vor Aufnahme des Betriebs gesichert war, hätte eine Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank bestanden, dass die Förderungen zwar mündlich zugesagt, aber noch nicht bewilligt wurden und daher zurzeit nicht einmal die Ausfinanzierung des Projektes gesichert ist, bevor sie mit den wirtschaftlich an dem Projekt nicht Beteiligten Hypothekarverträge abschloss. Das von den Pfandbestellern übernommene Risiko geht nämlich weit über die hier zu erwartende Pfandhaftung, nämlich für das unternehmerische Risiko, dass ein ausfinanziertes Projekt wirtschaftlich nicht erfolgreich ist, hinaus. Diese Pflicht besteht umsomehr, als die Klägerin selbst in die Förderungsverfahren eingebunden war und über deren Stand besser Bescheid wusste als die anderen Beteiligten. Es musste ihr klar sein, dass mündliche, informelle Auskünfte keine verbindlichen Förderzusagen sind. Kann ein Projekt nicht ausfinanziert werden, so ist dessen Scheitern im Hinblick auf die fehlenden Eigenmittel, die dies ausgleichen könnten, absehbar und im Sinne der Judikatur auch unmittelbar bevorstehend. In einem solchen Fall treffen nämlich die Bank Aufklärungs- und Warnpflichten, auch wenn sie im Allgemeinen zu keiner tiefgreifenden Prüfung der Realisierbarkeit des vom Hauptschuldner geplanten Projektes verpflichtet ist.

Sollte dies der Fall sein, müsste auch noch festgestellt werden, ob die Beklagte und ihr Ehegatte die Hypothekarverträge auch abgeschlossen hätten, wenn sie von der klagenden Bank pflichtgemäß über das Risiko der fehlenden Mittel bei Ablehnung der Förderung aufgeklärt worden wären. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so wäre die Beklagte zur Anfechtung der Pfandbestellungsverträge wegen Irreführung infolge Unterlassung der Aufklärung (vgl 6 Ob 508/86) berechtigt. Für das Veranlassen eines Irrtums im Sinne des § 871 ABGB genügt nach der Judikatur schon das Unterlassen einer gebotenen Mitteilung (RIS-Justiz RS0016188).

Sollte hingegen feststehen, dass die Beklagte und ihr Ehemann jedenfalls bereit gewesen waren, die Pfandbestellungsverträge mit der Klägerin zu schließen, so fehlte es an einem von der Klägerin veranlassten Irrtum.

Sollte sich aber herausstellen, dass die Klägerin aufgrund der vorhandenen Eigenmittel der Unternehmensgründer dennoch davon ausgehen konnte, dass auch bei Nichtgewährung der Förderungen das Projekte umgesetzt und der Kredit zurückgezahlt werden könnte, hätte sie keine Aufklärungs- und Warnpflichtverletzung zu vertreten, da sich aus dem Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Fall sonst kein Anhaltspunkt für die Notwendigkeit einer gesonderten betriebswirtschaftlichen Prüfung des beabsichtigten Projektes auf seinen unternehmerischen Erfolg hin nur im Interesse des Pfandbestellers ergibt. Dies würde die Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank überspannen.

Erst nach Verbreiterung der Tatsachengrundlage im aufgezeigten Sinn wird über die Rechtssache abschließend entschieden werden können.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte