OGH 9Ob85/02v

OGH9Ob85/02v5.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****bank ***** reg.Gen.mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei Waltraud D*****, Hausfrau, *****, vertreten durch MMag. Dr. Herbert Greiml, Rechtsanwalt in Oberzeiring, wegen EUR 72.672,83 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 4. Februar 2002, GZ 1 R 15/02a-34 , womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Judenburg vom 23. November 2001, GZ 2 C 2520/99m-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit Franz D***** schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 72.672,83 sA samt 6 % Zinsen und 5 % Verzugszinsen aus diesem Betrag vom 21. 5. 1999 bis 7. 12. 1999 sowie von 5,5 % Zinsen aus diesem Betrag ab 1. 4. 2000 zu bezahlen und die mit EUR 13.575,-- (darin EUR 2.259,11 USt und EUR 1.101,14 Barauslagen) - davon zur ungeteilten Hand mit Franz D***** EUR 7.884,41 (darin EUR 1.131,03 USt und EUR 1.095,32 Barauslagen) - bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen; dies alles bei sonstiger Exekution in den Hälfteanteil der beklagten Partei an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 4.165,10 (darin EUR 428,81 USt und EUR 1.592,26 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit EUR 6.101,72 (darin EUR 309,12 USt und EUR 4.247,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei lebt in aufrechter Ehe mit Franz D*****. Die Ehegatten sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****; darüber hinaus ist Franz D***** Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Die Beklagte ist überdies Mitgesellschafterin der von Franz D***** 1996 gegründeten Franz D***** Bau- und Möbeltischlerei GmbH. Mit Klage vom 7. 9. 1999 begehrte die klagende Partei von Franz D***** als Erstbeklagtem und Waltraud D***** als Zweitbeklagter zur ungeteilten Hand die Zahlung eines Betrages von S 1 Mio sA, wobei von der zweitbeklagten Partei nur die Sachhaftung der ihr zur Hälfte gehörenden Liegenschaft in Anspruch genommen wird. Die klagende Partei habe dem Erstbeklagten mehrere Kredite eingeräumt, wofür die vorgenannten Liegenschaften verpfändet worden seien. Für den klagsgegenständlichen Abstattungskredit vom 28. 3. 1997 in der Höhe von S 2,500.000,-- seien 6 % Zinsen, für den Verzugsfall 5,5 % Verzugszinsen vereinbart worden. Der Erstbeklagte hafte als Hauptschuldner unbeschränkt persönlich und sachlich, die Zweitbeklagte nur als Realschuldnerin mit ihrer Liegenschaftshälfte. Trotz Mahnungen und Fälligstellung seien von den beklagten Parteien seit Februar 1999 keine Zahlungen mehr geleistet worden. Nach anfänglicher Bestreitung anerkannte Franz D***** das Klagebegehren und wurde mit Anerkenntnisurteil vom 4. 7. 2001 zur Zahlung von S 1 Mio samt 6 % Zinsen und 5 % Verzugszinsen aus diesem Betrag vom 21. 5. 1999 bis 7. 12. 1999 sowie 5,5 % Zinsen ab 1. 4. 2000 verurteilt.

Die Zweitbeklagte Waltraud D***** - im Folgenden nur mehr "Beklagte" genannt - beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt das Begehren dem Grunde und der Höhe nach, insbesondere seien Rückzahlungen (in nie konkretisierter Höhe) getätigt worden. Dem Grunde nach wendete sie die Sittenwidrigkeit des Pfandvertrages ein, weil sie bei Unterfertigung der Pfandurkunde keine Sach- oder Rechtsbelehrung erhalten habe. Sie habe die Pfandurkunde ungelesen unterfertigt, da sie ihrem Gatten vertraut habe und bei Nichtunterfertigung mit ernsthaften ehelichen Problemen zu rechnen gehabt hätte. Sie sei geschäftlich völlig unerfahren, da sie weder mit Kreditgeschäften noch mit den Geschäftsabläufen der D***** GmbH vertraut gewesen sei. Darüber hinaus sei der klagenden Partei bei Eingehen des Pfandvertrages mit der Pfandbestellerin bekannt gewesen, dass diese über kein Einkommen und Vermögen außer der verpfändeten Liegenschaftshälfte, auf welchem das Wohnhaus der Familie stehe, verfüge.

Jedenfalls sei die Anwendung des § 25d KSchG geboten, weil zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Pfandurkunde ein unbilliges Missverhältnis zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und eingegangener Verpflichtung bestanden habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zusätzlich zum unstrittigen Sachverhalt traf es im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Beklagte war nach dem Pflichtschulbesuch etwa 12 Jahre als angelernte Maschinenführerin beschäftigt; das Arbeitsverhältnis endete 1987. In den Jahren 1980 bis 1985 erbaute sie gemeinsam mit ihrem Gatten ein Einfamilienhaus auf der gemeinsamen Liegenschaft, in welchem die Ehegatten und zwei Kinder im Alter von 14 und 20 Jahren wohnen. Am 28. 3. 1997 gewährte die klagende Partei Franz D***** zur Restfinanzierung eines Hallenanbaues der D***** GmbH einen Abstattungskredit in Höhe von S 2,500.000,--, zu dessen Besicherung die Beklagte die ihr gehörende Liegenschaftshälfte zum Pfand bestellte. Es waren 6 % Zinsen bei vierteljährlicher Zinsenverrechnung und für den Verzugsfall 5 % Verzugszinsen vereinbart. Die Kreditsumme sollte in 180 Monatsraten á S 21.304,--, zahlbar am 1. eines jeden Monates ab 1. 5. 1997, zurückgezahlt werden. Wie schon zuvor andere Kreditverbindlichkeiten der Ehegatten wurde auch diese Kreditsumme grundbücherlich sichergestellt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verfügte die Beklagte über kein eigenes Einkommen, später war sie kurzfristig bei der D***** GmbH für geringwertige Arbeiten angestellt. Die Geschäftsführung der GmbH oblag ausschließlich ihrem Ehegatten; sie selbst war über den Geschäftsgang nicht informiert. Der Inhalt des Kreditvertrages und der Pfandurkunden wurde zwischen der Beklagten und ihrem Gatten nicht näher besprochen, desgleichen nicht zwischen den Mitarbeitern der klagenden Partei und der Beklagten. Die Beklagte unterfertigte die Pfandurkunde, weil sie ihrem Ehegatte voll vertraute, aber auch, weil sie für den Fall der Nichtunterfertigung eheliche Streitigkeiten befürchtete. Dem seitens der klagenden Partei auftretenden Mitarbeiter war bekannt, dass die Beklagte über kein eigenes Einkommen verfügte. Es erfolgte keine Aufklärung der Beklagten hinsichtlich der damit übernommenen Belastungen bzw der diesbezüglichen Folgen. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung war die Beklagte geringfügig beschäftigt und bezog ein Einkommen von S 3.800,-- monatlich. Seit Februar 1999 leistete Franz D***** keine Rückzahlungen mehr aus dem gegenständlichen Kreditverhältnis, sodass sämtliche Kredite zur Zahlung fällig gestellt wurden. Der Betrag haftet zumindest mit S 1 Mio unberichtigt aus.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Beklagte Verbraucherin im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG gewesen sei. § 25d KSchG normiere ein richterliches Mäßigungsrecht als Schutzbestimmung für Interzedenten. Im konkreten Fall habe ein krasses Missverhältnis zwischen den Interessen der klagenden Partei und der eingegangen Verpflichtung der Beklagten bestanden. In Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes sei der Beklagten ihre Schuldigkeit daher zur Gänze zu erlassen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Da es sich auch bei der Pfandbestellung um einen Fall der Interzession handle, sei die analoge Anwendung des § 25d KSchG auch auf Pfandbesteller, welche nicht zugleich persönliche Schuldner seien, geboten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Frage, ob und in welchem Umfang das richterliche Mäßigungsrecht gemäß § 25d KSchG zum Tragen komme, kein über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil es noch keine Rechtsprechung über die analoge Anwendung des § 25d KSchG auf reine Pfandhaftungen gibt; sie ist auch berechtigt.

Die Vorinstanzen prüften den vorliegenden Sachverhalt nur unter dem Blickwinkel einer analogen Anwendung des § 25d KSchG und gelangten dabei zu einer Abweisung des Klagebegehrens. Ausgehend davon unterblieb eine weitergehende Sittenwidrigkeitskontrolle im Sinne des § 879 ABGB. Da der Oberste Gerichtshof, worauf noch einzugehen ist, die analoge Anwendung des § 25d KSchG auf Pfandbestellungen nicht für gesetzesgemäß hält, ist zunächst auf den erhobenen Einwand der Sittenwidrigkeit einzugehen, zumal zunächst mit dem Maßstab der guten Sitten zu klären ist, was wirksam vereinbart wurde und erst im zweiten Schritt eine allfällige Mäßigung der Haftungssumme zu prüfen ist (vgl Peter Bydlinski "Wirksamkeit, Reichweite und Beendigung der Bürgenhaftung: Neue Entwicklungen in Österreich? Zugleich ein erster Versuch über die Bürgenkündigung" in ÖBA 1999, 93). Der Oberste Gerichtshof setzte sich zuletzt in seiner Entscheidung 1

Ob 87/98w (= SZ 71/117) mit der im Schrifttum an Begründungsdetails

der Leitentscheidung 1 Ob 544/95 (= SZ 68/64) zur Sittenwidrigkeit

von Interzessionen durch Familienangehörige geübten Kritik auseinander und gelangte zum Ergebnis, dass immer ein krasses Missverhältnis zwischen dem Haftungsumfang einerseits und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten andererseits Voraussetzung für eine weitere Inhaltskontrolle von Interzessionen sei (so auch 1 Ob 107/00t = EvBl 2001/10 ua mwN). Schon in ihrer Kommentierung der Leitentscheidung 1 Ob 544/95 zeigten Peter Bydlinski ("Die Sittenwidrigkeit von Haftungsverpflichtungen, zugleich Bemerkungen zur Entscheidung des OGH vom 27. 3. 1995, 1 Ob 544/95.... und zum BMJ-Entwurf des § 31a Abs 3 bis 6 KSchG" in ZIK 1995, 135 f) und Graf ("Verbesserter Schutz vor riskanten Bürgschaften; Überlegungen zu einem bemerkenswerten OGH-Urteil und einem aktuellen Gesetzesentwurf" in ÖBA 1995, 776) auf, dass dieses für eine Sittenwidrigkeit erforderliche Merkmal der massiven Überforderung bei Verpfändungen von vornherein fehlt, weil der Sicherungsgeber in einem solchen Fall seinen Vermögenswert ja bereits hat und damit nicht seine Zukunft belastet (P. Bydlinski aaO FN 14) bzw Pfandverträge von diesem Prinzip in der Regel nicht erfasst werden, weil hier die Gefahr, dass der Interzedent eine Verbindlichkeit eingeht, die er nicht werde erfüllen können, nicht in vergleichbarem Maß gegeben ist (Graf aaO FN 13).

Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall gegeben. Der Umstand allein, dass auf der Liegenschaft, welche der beklagten Pfandbestellerin zur Hälfte gehört, auch das Wohnhaus steht, welches der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Familie dient, vermag für sich daran nichts zu ändern, dass es an der Voraussetzung des krassen Missverhältnisses zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Pfandschuldners als Interzedenten sowohl im Zeitpunkt der Pfandbestellung es auch später mangelt, muss doch auch hier die Pfandschuldnerin für eine materiell fremde Schuld nur mit einem im Zeitpunkt der Verpfändung schon vorhandenen Vermögenswert einstehen.

Eine Verletzung von Aufklärungs- oder Warnpflichten lässt sich ebenfalls nicht erkennen: Nach der Rechtsprechung sind Banken nur in Ausnahmefällen verpflichtet, etwa Bürgen vor Abschluss des Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären. Solche Personen haben die erforderlichen Informationen grundsätzlich selbst einzuholen und auf deren Grundlage ihr finanzielles Risiko einzuschätzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bürge in einer Nahebeziehung zum Schuldner steht und von diesem selbst alle näheren Auskünfte fordern und erlangen kann. Diese Erwägungen gelten auch beim Pfandbesteller. Grundsätzlich ist es nicht üblich, dass die Bank demjenigen, der ein Pfand bestellt, Auskünfte über die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers erteilt (6 Ob 291/01i; 10 Ob 427/97k = ecolex 1998, 621 jeweils mwN). Eine Ausnahme besteht lediglich dort, wo die Bank bereits in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder des bevorstehenden wirtschaftlichen Ruins des Hauptschuldners ist (10 Ob 427/97k). Eine solche Ausnahmesituation lag aber hier nicht vor.

Unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB erweist sich sohin der Pfandvertrag als anfechtungsfest.

Damit stellt sich die Frage nach der Anwendung des Mäßigungsrechtes nach § 25d KSchG. Dieses richterliche Mäßigungsrecht wurde durch die Novelle BGBl I 1997/6 - ebenso wie § 25c - als Schutzbestimmung für Interzedenten eingeführt (EBZRV 311 BlgNR 20. GP 25). Schon aus der Formulierung des Abs 1 der zitierten Bestimmung "der Richter kann die Verbindlichkeit eines Interzedenten (§ 25c) ... "ergibt sich klar, dass der Begriff des Interzedenten aus § 25d mit demjenigen des § 25c KSchG ident ist. Insoweit ist auch Apathy (in Schwimann ABGB VI2 Rz 1 zu § 25d KSchG) zu folgen. § 25c KSchG knüpft die Folge der Haftungsbefreiung bei Verletzung einer Warnpflicht durch den Gläubiger daran, dass ein Verbraucher einer Verbindlichkeit "als Mitschuldner, Bürge oder Garant (Interzession) beitritt". Apathy (aaO Rz 1 zu § 25c KSchG) vertritt hiezu die Meinung, dass damit zwar die Pfandbestellung im fremden Interesse nicht ausdrücklich genannt sei, es sich aber auch hiebei um einen Fall von Interzession handle. (Der Autor beruft sich dazu auf Zitate betreffend den allgemeinen, auch in der Rechtsprechung anerkannten Interzessionsbegriff.) Da es keinen sachlichen Grund gebe, die Informationspflicht des Gläubigers nur gegenüber persönlich haftenden Interzedenten zu statuieren, sei zumindest die analoge Anwendung des § 25c auf Pfandbestellter geboten, wenn diese nicht zugleich persönliche Schuldner seien. Dieser Ansicht folgt auch Eigner ("Auslegungsfragen zu den §§ 25c, d KSchG in JAP 2000/2001, 214). Dieser Autor beruft sich darauf, dass man dem Gesetzgeber nicht unterstellen könne, er habe in der KSchG-Novelle den Interzessionsbegriff neu definieren und einschränken wollen. Der sachhaftende Interzedent leide unter demselben Informationsdefizit wie der Mitschuldner, Bürge oder Garant und sei daher ebenso schutzwürdig. Die analoge Anwendung des § 25d auf Pfandbesteller sei auf alle Fälle geboten, da die Verpfändung der einzigen Habe (zu denken sei an eine Eigentumswohnung) für Pfandbesteller genauso existenzbedrohend sein könne, wie die Übernahme einer Bürgschaft oder Garantie für einkommenslose Personen. Ein Analogieschluss setzt eine Gesetzeslücke voraus, dh also, dass der Rechtsfall nach dem Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von rechtswegen einer Beurteilung bedarf. Es muss also eine "planwidrige Unvollständigkeit", dh eine nicht gewollte Lücke, vorliegen (RIS-Justiz RS0098756). Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht. Ohne Vorliegen einer Gesetzeslücke gleichsam an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und einen Regelungsinhalt (rechtsfortbildend) zu schaffen, dessen Herbeiführung ausschließlich diesem obläge, steht den Gerichten hingegen nicht zu (RIS-Justiz RS0098756 [T 3]). Eine solche Lücke vermögen die zitierten Autoren jedoch nicht aufzuzeigen und eine solche lässt sich auch sonst nicht erkennen:

Die Materialien zum BGBl I 1997/6 (EBRV 311 BlgNR 20. GP ) weisen zunächst unmissverständlich (EB S 25 Z 1) darauf hin, dass der Ausdruck "Interzedent im Folgenden - so wie auch im vorgeschlagenen Gesetzestext - für Bürgen, Mitschuldner und Garanten gleichermaßen verwendet" wird. Darüber hinaus nehmen die Materialien (EB S 26 f) ausdrücklich auf die Leitentscheidung 1 Ob 544/95 = EvBl 1995/56 uva Bezug und bekunden den Willen des Gesetzgebers, einer allfälligen Rechtsprechungsänderung vorzugreifen und die in der genannten Entscheidung zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung "festzuschreiben", weil dies der Rechtssicherheit diene. Auch der Gesetzgeber wollte daher das Vorliegen des schon vorher erwähnten Missverhältnisses als Grundvoraussetzung jeder weiteren Inhaltskontrolle der Interzession zugrundelegen. Daraus folgt, dass die Anführung der persönlich haftenden Mitschuldner, Bürgen und Garanten als Interzedenten keine zufällige oder unvollständige ist und der Gesetzgeber die bloße Sachhaftung von einer Kontrolle bzw einer Mäßigung nach § 25c bzw § 25d KSchG ausnehmen wollte. Damit liegt aber keine ungewollte Gesetzeslücke vor, sodass sich die analoge Anwendung auf die Interzession durch bloße Pfandbestellung verbietet.

Die Vorentscheidungen waren daher im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Soweit die Haftung der beklagten Partei für die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit der Sachhaftung beschränkt wurde, ergibt sich dies aus dem klaren Urteilsbegehren, über welches ohne Verstoß gegen § 405 ZPO nicht hinausgegangen werden kann.

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