Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit der beim Erstgericht am 29. 4. 2003 zu 4 C 23/03b zu Protokoll gegebenen Klage begehrte die Antragstellerin die Scheidung ihrer Ehe mit dem Antragsgegner nach § 49 EheG aus dem alleinigen Verschulden des Antragsgegners. Der Antragsgegner überreichte seinerseits am 25. 6. 2003 zu 4 C 34/03w des Erstgerichtes eine Widerklage mit dem Begehren auf Scheidung der Ehe nach § 49 EheG aus dem alleinigen Verschulden der Antragstellerin. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 15. 7. 2003 wurden beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Teilurteil vom 10. 2. 2005 schied das Erstgericht die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners.
Diese Entscheidung bekämpfte der Antragsgegner mit Berufung, wobei er ausschließlich den Verschuldensausspruch bekämpfte und dessen Abänderung dahingehend beantragte, dass die Ehe aus dem alleinigen Verschulden der Antragstellerin geschieden werde.
Mit Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 26. 1. 2006 wurde der Berufung des Antragsgegners nicht Folge gegeben. Die vom Antragsgegner dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 6. 4. 2006 zurückgewiesen (2 Ob 74/06f).
Mit der am 2. 8. 2006 überreichten Eingabe begehrt die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach §§ 81 ff EheG.
Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, die Rechtskraft des Scheidungsurteils sei bereits mit 28. 4. 2005, dem Zeitpunkt der Erhebung der Berufung des Antragsgegners gegen das erstinstanzliche Scheidungsurteil, eingetreten, sodass der Aufteilungsantrag gemäß § 95 EheG verfristet sei.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss „ersatzlos" auf und trug dem Erstgericht „die Einleitung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Abweisungsgrund" auf. Die Rechtskraft des Scheidungsurteils sei erst mit Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes über die Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Antragsgegners gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht eingetreten. Im Hinblick darauf, dass in den Scheidungsurteilen in erster und zweiter Instanz jegliches (Mit-)Verschulden der Antragstellerin am Scheitern ihrer Ehe verneint und jeweils vom alleinigen Verschulden den Antragsgegners ausgegangen wurde und dieser in seinen Rechtsmitteln auch kein (Mit-)Verschulden eingestanden habe, sei die Rechtskraft der vom Antragsgegner (ausschließlich) bezüglich der Verschuldensaussprüche bekämpften Entscheidungen auch bezüglich des Scheidungsausspruchs selbst erst durch die Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Antragsgegners mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 6. 4. 2006 eingetreten, sei doch ein Scheidungsbegehren nach § 49 EheG abzuweisen, wenn das Gericht zu einer Verneinung jeglichen Verschuldens des Beklagten gelange. Damit sei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Aufteilungsverfahren die Jahresfrist des § 95 EheG noch nicht abgelaufen.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.
Der „außerordentliche Revisionsrekurs" des Antragsgegners ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 64 Abs 1 AußStrG ist ein Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall; vielmehr hat das Gericht zweiter Instanz ausdrücklich ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Dieser Ausspruch ist aber, wie auszuführen sein wird, in der vorliegenden Konstellation nicht vorgesehen.
Ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss im Sinne des § 64 AußStrG liegt nur dann vor, wenn das Erstgericht in einem weiteren Rechtsgang neuerlich über die selbe Frage entscheiden soll. Liegt hingegen in Wahrheit bereits eine abändernde, abschließende Entscheidung des Rekursgerichtes vor, die nur sprachlich mit einer Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes und einer Zurückverweisung einhergeht, so richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof nach § 62 AußStrG (RIS-Justiz RS0044046; Klicka in Rechberger, AußStrG § 64 Rz 2; ebenso zu § 527 ZPO RIS-Justiz RS0007218 ua). Dies sind etwa Fälle, in denen das Erstgericht einen Antrag wegen Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung zurückweist und das Rekursgericht diesen Zurückweisungsbeschluss aufhebt (damit inhaltlich die Zulässigkeit des Verfahrens bejaht, dh einen Beschluss des Erstgerichts abändert) und die Sache (den gesamten Verfahrensgegenstand, nicht nur die Frage der Verfahrensvoraussetzung) zur Durchführung des ordnungsgemäßen Verfahrens an das Erstgericht zurückverweist. In diesem Fall liegt kein Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss vor, sondern in Wahrheit eine abändernde Rekursentscheidung, weil sich das Erstgericht nicht mehr mit der vom Rekursgericht behandelten Frage auseinandersetzt, sondern das Gesamtverfahren fortzusetzen hat (Klicka aaO).
Voraussetzung für das Vorliegen eines in Wahrheit abändernden Beschlusses im Sinne dieser Rechtsansicht ist jedoch stets, dass damit abschließend über die Unzulässigkeit oder Unrichtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz abgesprochen wird (RIS-Justiz RS0007218;
RS0044035). Entscheidend ist, ob nach der zweitinstanzlichen Beschlussfassung über denselben Entscheidungsgegenstand im anhängigen Verfahren eine neuerliche Entscheidung zu erfolgen hat (6 Ob 661/82);
nicht ausschlaggebend ist demgegenüber, ob das Rekursgericht im Aufhebungsbeschluss die Wendung „ersatzlos" gebraucht hat oder nicht. In diesem Sinne wurde ein Aufhebungsbeschluss als abändernd und damit nicht unter § 527 ZPO fallend angesehen, wenn das Vorliegen eines Prozesshindernisses bzw das Fehlen einer Prozessvoraussetzung abschließend geklärt wurde (vgl RIS-Justiz RS0044033, RS0044125; vgl auch RS0044035 und RS0044109, RS0044037, RS0044142, RS0044046). Im vorliegenden Fall wurde jedoch gerade nicht über eine Verfahrensvoraussetzung entschieden; die Frist des § 95 EheG ist vielmehr nach herrschender Auffassung eine materiell-rechtliche Fallfrist (RIS-Justiz RS0116131, RS0110013, RS0057726 und RS0057717). Damit liegt aber in Wahrheit bloß eine unterschiedliche Beurteilung einer materiellen (Vor-)Frage durch die Vorinstanzen vor, nicht eine endgültige Beurteilung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der erstinstanzlichen abweisenden Sachentscheidung (vgl 8 Ob 531/80 sowie 5 Ob 52/94).
In diesem Sinne wurde bereits zur Rechtslage nach dem AußStrG 1854 vertreten, dass dann, wenn das Erstgericht einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens aufgrund seiner Rechtsansicht, die Jahresfrist des § 95 EheG sei bei Stellung des Antrages bereits abgelaufen gewesen, abgewiesen hat und diese Entscheidung vom Rekursgericht aufgehoben wurde, weil dieses die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes nicht teilt, darin nicht etwa ein in Wahrheit abändernder Beschluss, sondern ein Aufhebungsbeschluss im Sinne des § 14b AußStrG 1854 in der Fassung WGN 1989 liegt (8 Ob 322/99g). Gleiches muss auch für die insoweit nicht veränderte Rechtslage nach § 64 Abs 1 AußStrG 2003 gelten. Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als unstatthaft, ohne dass auf die darin angesprochenen inhaltlichen Argumente einzugehen wäre. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass dem Antragsgegner ohnedies die (neuerliche) Bekämpfung der vom Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu fällenden Sachentscheidung offensteht, sodass die hier vertretene Auffassung auch nicht zu einer Rechtsschutzlücke führt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG. Dabei war der Deutlichkeit halber auszusprechen, dass der Revisionsrekurswerber die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels unabhängig vom weiteren Verfahrensausgang jedenfalls selbst zu tragen hat.
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