OGH 3Ob131/05v

OGH3Ob131/05v13.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) S***** Gesellschaft mbH & Co, 2.) S***** Handels GmbH, 3.) S***** GmbH, alle *****, und 4.) Mag. Jürgen S****, alle vertreten durch Dr. Adolf Concin und Dr. Heinrich Concin, Rechtsanwälte in Bludenz, wider die beklagte Partei Ernst D***** OHG, ***** vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unzulässigkeit der Exekution (Streitwert 25.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 4. April 2005, GZ 2 R 69/05w-34, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Bezau vom 28. Dezember 2004, GZ 5 C 65/04d-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 1.578,09 EUR (darin 263,01 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die nun klagenden Parteien sind auf Grund des im Verfahren AZ 8 Cg 44/02a des Landesgerichts Feldkirch ergangenen teilweise abändernden Urteils des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 26. Juni 2003 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 30. September 2003, AZ 2 R 97/03m, schuldig, ab sofort in einem näher bestimmten Einkaufszentrum in Vorarlberg im geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern den Einzelhandel - bzw. die Überlassung von Verkaufsflächen zum Einzelhandel - mit Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Lebens- und Genussmitteln, Wasch- und Putzmitteln, Drogerie- und Haushaltswaren, auf einer größeren Verkaufsfläche als 400 m2 zu unterlassen. Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision der nun klagenden Parteien mit Beschluss vom 18. November 2003, 4 Ob 209/03v (dazu Mayer, ecolex 2005, 481), mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO mit näherer Begründung zurück.

Auf Grund des genannten Exekutionstitels und des Vorbringens der betreibenden und nun beklagten Partei, die verpflichteten und nun klagenden Parteien übten ständig den Einzelhandel im geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern auf einer größeren Verkaufsfläche als 400 m2 aus bzw. überließen solche Verkaufsflächen Anderen zum Einzelhandel mit Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Drogerie- und Haushaltswaren, bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 17. Dezember 2003 die Unterlassungsexekution (§ 355 EO) und verhängte über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von insgesamt 10.000 EUR, je verpflichteter Partei 2.500 EUR; einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 21. Jänner 2004 nicht Folge. Das Erstgericht verhängte mit Beschluss vom 2. Februar 2004 über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von insgesamt 14.000 EUR, je verpflichteter Partei weitere 3.500 EUR. Die klagenden Parteien brachten am 10. März 2004 eine ausdrücklich als solche bezeichnete Impugnationsklage mit dem Begehren ein, ihren Einwendungen Folge zu geben, die mit Beschluss vom 17. Dezember 2003 bewilligte Exekution für unzulässig zu erklären und die Exekutionsbewilligung vom 17. Dezember 2003 und den Strafbeschluss vom 2. Februar 2004 aufzuheben. Dazu trugen sie im Wesentlichen vor, sie hätten des Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck erfüllt, nämlich bereits vor der Exekutionsführung seit Ende Oktober 2003 die Verkaufsflächen für Waren des täglichen Bedarfs durch entsprechende Um- und Rückbauten sowie durch eine entsprechende Änderung des Warensortiments auf unter 400 m2 reduziert, nämlich auf 399,56 m2. Weiters habe die Stadt H***** mit Bescheid vom 2. März 2004 festgestellt, dass die raumplanungsrechtlichen Schwellenwerte (max. 400 m2 für Waren des täglichen Bedarfs) beim gegenständlichen Einkaufsmarkt eingehalten worden seien. Dieser Bescheid sei für das Zivilgericht bindend. Anzuwenden sei auch das Vlbg. RaumplanungsG und nicht die Einkaufszentren-Warenliste-VO. Lediglich die zweitklagende Partei betreibe den Einkaufsmarkt. Die klagenden Parteien treffe aus allfälligen Verstößen gegen die Unterlassungsverpflichtung aus näher genannten Erwägungen auch kein Verschulden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte dazu im Wesentlichen fest:

Die erstklagende Partei ist Eigentümerin einer Liegenschaft, mit der Wohnungseigentum verbunden ist. Die zweitklagende Partei betreibt auf dieser Liegenschaft einen näher genannten „Einkaufspark". Die drittklagende Partei ist Komplementärin der erstklagenden Partei, der Viertkläger ist Geschäftsführer der erst-, zweit- und drittklagenden Parteien. Die Gesamtverkaufsfläche des Einkaufsparks beträgt 959,80 m2. In dieser Gesamtverkaufsfläche sind konkret angeführte Teilflächen vorhanden, die eine Verkaufsfläche von 550,76 m2 ergeben. Zum Warensortiment gab das Erstgericht im Detail einzelne in bestimmten Regalen dargebotene Produkte mit Angabe der Quadratmeter an.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004 wurde das Verfahren gemäß § 40 Vlbg. BauG LGBl 2001/52 gegen die erstklagende Partei zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands eingestellt und gemäß § 38 Abs 1 lit b Vlbg. BauG festgestellt, dass die raumplanungsrechtlichen Schwellenwerte bei diesem Einkaufsmarkt nach Maßgabe der im Bescheid getroffenen Feststellungen und insbesondere der Plan- und Beschreibungsunterlagen eines näher bezeichneten Architekten vom 3. Februar 2004 sowie der vorgelegten Warengruppenaufstellung, welche einen wesentlichen Bestandteil des Bescheids bildeten, eingehalten werden. Die Genehmigung wurde unter der Auflage erteilt, dass der Baubehörde eine Planausfertigung über die Einteilung der Zonen zum Verkauf der Güter des täglichen Bedarfs iSd § 15 Abs 1 lit a Z 1 Vlbg. RaumplanungsG (maximal 400 m2) sowie der sonstigen Güter des nicht täglichen Bedarfs iSd § 15 Abs 1 lit a Z 3 Vlbg. RaumplanungsG (maximal 200 m2) vorzulegen ist. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, grundsätzlich sei der Spruch des Exekutionstitels maßgeblich. Für die Beurteilung der Verkaufsfläche sowie der Begriffsbestimmungen sei das Vlbg. RaumplanungsG und nicht die im Titelverfahren verwendete Einkaufszentren-Warenliste-VO heranzuziehen. § 15 Abs 4 Vlbg. RaumplanungsG stelle ausschließlich auf die Flächen ab, die unmittelbar der Darstellung von Waren bzw. deren Verkauf dienten und auch für Kunden zugänglich seien, danach betrage die Gesamtverkaufsfläche 550,56 m2. Die Verkaufsfläche für Güter des täglichen Bedarfs betrage 457,82 m2, sodass der Titelentscheidung nicht entsprochen worden sei. An den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004 sei das Gericht nicht gebunden. Außerdem sei der diesem Bescheid zugrundeliegende Plan nicht überprüfbar.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu; erhebliche Rechtsfragen seien nicht zu prüfen, weil der Exekutionstitel eindeutig sei und es sich um eine Einzelfallentscheidung handle.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, die Bindungswirkung des Bescheids des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004 sei zu verneinen. Dieser Bescheid sei nach der Exekutionsbewilligung und der Fassung des Beschlusses über Verhängung einer Geldstrafe erlassen worden. Mit diesem Bescheid sei einerseits das Verfahren über die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands nach dem BauG eingestellt und andererseits festgestellt worden, dass die Schwellenwerte eingehalten worden seien. Es handle sich dabei nicht um einen das Zivilgericht bindenden Rechtsgestaltungsbescheid. Eine Bindungswirkung bestehe auch deshalb nicht, weil dieser Bescheid ausschließlich auf Güter des täglichen Bedarfs iSd § 15 Abs 1 lit a Z 1 Vlbg. RaumplanungsG abstelle und nicht auf Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebens- und Genussmittel, Wasch- und Putzmittel, Drogerie- und Haushaltswaren. Mit dem Bescheid sei nur eine Tatsache, dass nämlich der Schwellenwert eingehalten worden sei, bekundet worden, sodass der Gegenbeweis nach § 292 Abs 2 ZPO zulässig sei. Die Kläger hätten auch den Beweis ihrer Schuldlosigkeit nicht erbracht.

Die außerordentliche Revision der Kläger ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Grundsätzliches zum Anspruchsgrund:

Nach dem Klagebegehren und Klagevorbringen machen die klagenden Partei Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung und den Strafbeschluss geltend, obwohl nur zum Teil - kein Verstoß gegen den Exekutionstitel, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung und des Strafbeschlusses die Verkaufsfläche 400 m2 nicht überschritten habe - die in § 36 Abs 1 Z 1 bis Z 3 EO zulässigen Einwendungsgründe (vgl. dazu Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 36 Rz 2) zur Darstellung gebracht werden, zum anderen Teil - soweit den Bescheid des Bügermeisters der Stadt H***** betreffend - erkennbar Gründe, die als Oppositionsklagegründe nach § 35 EO (Einwendungen, die auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind) gelten könnten. Auch in der Revision (ON 35 AS 814 oben) führen die klagenden Parteien aus, dass dieser Umstand einen Oppositionsgrund bilde. Festzuhalten bleibt, dass sowohl für die Klage nach § 35 EO wie die nach § 36 EO die Eventualmaxime gilt (§ 35 Abs 3 EO, § 36 Abs 2 EO).

b) Zum Impugnationsgrund (fehlende Überschreitung der Verkaufsfläche von 400 m2):

Der vorliegende Exekutionstitel beruht auf einem Unterlassungsanspruch der beklagten Partei wegen Verstoßes der klagenden Parteien gegen § 1 UWG (Rechtsbruch), wobei im Titelverfahren der im Verwaltungsrecht liegende Rechtsbruch als Vorfrage zu beurteilen war. Denn nach stRsp handelt sittenwidrig iSd § 1 UWG, wer sich schuldhaft über ein - auch nicht wettbewerbsregelndes - Gesetz hinwegsetzt, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, sofern der konkrete Verstoß objektiv geeignet ist, den freien Leistungswettbewerb zu beeinträchtigen (stRsp, 4 Ob 86/93 = ÖBl 1994, 15 = ecolex 1993, 758 u.v.a.). Ob der Beklagte eine Verwaltungsvorschrift verletzte, muss der Zivilrichter dabei als Vorfrage selbständig prüfen (4 Ob 331/82 = SZ 56/2 u.a.); die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG wegen eines Gesetzesverstoßes setzt eine Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde nicht voraus. Das Bewilligungsgericht hat bei seiner Entscheidung über den Exekutionsantrag diesen dahin zu prüfen, ob das Begehren (§ 54 EO) durch den Exekutionstitel gedeckt ist (§ 7 EO); dies gilt auch für die Exekution nach § 355 EO (3 Ob 39/04p u.a.; Jakusch in Angst, EO, § 7 Rz 5 und 57; Klicka in Angst, EO, § 355 Rz 9; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 21). Besteht der Exekutionstitel in einer nach Spruch und Begründung getrennten Entscheidung - wie hier -, so ist bei der Erledigung des Exekutionstitels allein der Spruch maßgeblich (3 Ob 18/02x [insoweit nicht veröffentlicht]; Jakusch aaO § 7 Rz 5). Nur wenn die reine Wortinterpretation des Spruchs zu keinem sinnvollen Ergebnis führt, darf zu seiner Auslegung auch die der Entscheidung beigegebene Begründung herangezogen werden. Die Auslegung hat nach dem objektiven Wortsinn zu geschehen; weder die dem Titel zugrunde liegende materielle oder formelle Rechtslage noch die Absicht des „Schöpfers" des Exekutionstitels ist maßgebend (stRsp, 3 Ob 61/04y mwN u.v.a.; RIS-Justiz RS0000205; Jakusch aaO § 7 Rz 5 f mwN).

Die Frage, was unter Waren des täglichen Bedarfs zu verstehen ist, wurde im Titelverfahren ausdrücklich behandelt und für den konkreten Rechtsstreit abschließend und bindend geklärt. Der 4. Senat hat im Titelverfahren ausgeführt, das Berufungsgericht habe die Beurteilung, welche Güter solche des täglichen Bedarfs seien, an Hand der Einkaufszentren-Warenliste-VO des BMfWuA BGBl II 2000/277 vorgenommen. Dies begegne sowohl angesichts des eindeutigen Zwecks dieser Vorschrift, einer Gefährdung der Nahversorgung der Bevölkerung entgegenzuwirken (§ 77 Abs 8 GewO), welches Ziel erkennbar auch § 15 Abs 1 Vorarlberger Landesgesetz über die Raumplanung (LGBl Nr 1996/39 idgF, im Folgenden nur Vlbg. RaumplanungsG) anstrebe, als auch wegen der dort verwendeten Begriffe ("Konsumgüter des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs"), die mit der Warenklassifikation des § 15 Abs 1 lit a Z 1 Vlbg. RaumplanungsG ("Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere Lebensmittel; Waren des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werden; sonstige Waren des nicht täglichen Bedarfs") inhaltlich übereinstimmen, keinen Bedenken. Die Auffassung der beklagten (nun klagenden) Parteien, eine Ware, die grundsätzlich eine solche des täglichen Bedarfs sei (z.B. Getränke, Waschmittel), werde im Fall der Abgabe in Großpackungen (Kisten) zu einer Ware des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werde, habe das Berufungsgericht zutreffend als mit der Gesetzessystematik unvereinbar abgelehnt. Die von den beklagten Parteien bei ihrer Berechnung der m2 zugrunde gelegte Unterscheidung bei alkoholischen Getränken in "hochalkoholische", die vom Durchschnittsbürger nicht täglich konsumiert würden, und sonstige alkoholische Getränke, finde in der Einkaufszentren-Warenliste-VO keinen Niederschlag, weil dort alkoholische und alkoholfreie Getränke generell als Konsumgüter des täglichen Bedarfs eingestuft würden.

Angesichts dieser Ausführungen des Obersten Gerichtshofs im Titelverfahren im Zusammenhalt mit der oben dargestellten Rsp zur Unterscheidung, ob der Titel Entscheidungsgründe oder keine Begründung wie etwa ein Vergleich oder ein Versäumungsurteil enthält, und ob die Gründe zur Auslegung herangezogen werden dürfen, ist die Rechtsauffassung der Revision, zum näheren Verständnis des Spruchs des Exekutionstitels wären nicht die hier wiederholten Entscheidungsgründe des Titelverfahrens, sondern nur § 15 Abs 1 lit a Z 1 Vlbg. RaumplanungsG (mit seiner Abgrenzung der einzelnen Warengruppen) bzw. die Verordnung der Vlbg. Landesregierung LGBl Nr. 2000/15 und die dazu entwickelte - im Rechtsmittel nicht näher genannte - einschlägige Rsp und Auslegung heranzuziehen, als unzutreffend abzulehnen. Der Exekutionstitel stellt auf Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Lebens- und Genussmitteln, Wasch- und Putzmitteln, Drogerie- und Haushaltswaren ab, während § 15 Vlbg. RaumplanungsG unter der Überschrift „Einkaufszentren" in seinem Abs 1 lit a Z 1 wie folgt lautet: In Bauflächen können besondere Flächen für Einkaufszentren festgelegt werden, sofern eine solche Widmung nach einem Landesraumplan in der betreffenden Gemeinde für zulässig erklärt ist. Wenn dies nach den für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnissen erforderlich ist, ist im Landesraumplan insbesondere a) die Widmung auch nur eingeschränkt für Einkaufszentren für bestimmte Warengruppen für zulässig zu erklären, und zwar für 1. Waren des nicht täglichen Bedarfs, die nach dem Kauf regelmäßig mit Kraftfahrzeugen abgeholt oder transportiert werden, wie Möbel, Baustoffe und -geräte, Gartenbedarf, Fahrzeuge, Maschinen, Elektro-Haushaltsgroßgeräte sowie Sportgroßgeräte.

Die zweite Instanz hat ausgeführt (S 14 der Berufungsentscheidung), wenn das Erstgericht zu den 399,56 m2 Verkaufsfläche noch weitere 57,82 m2 hinzuzähle und zum Ergebnis komme, dass dem Exekutionstitel zuwidergehandelt worden sei, sei dies jedenfalls insofern nicht zu beanstanden, als eine Verkaufsfläche von 400 m2 jedenfalls überschritten worden sei. Angesichts dieser Billigung einer Feststellung geht der Oberste Gerichtshof daher in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen davon aus, dass die zulässige Verkaufsfläche iSd § 15 Abs 4 (jetzt Abs 5) Vlbg. RaumplanungsG idF LGBl Nr. 1998/48, 1999/43 und 2006/23) iVm der VO der Vlbg. Landesregierung LGBl Nr. 2000/15 von 400 m2 überschritten wurde. Grundsätzlich hat im Impugnationsprozess betreffend eine Unterlassungsexekution der Beklagte (= betreibender Gläubiger im Exekutionsverfahren) den von ihm im Exekutionsantrag nur zu behauptenden Verstoß des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel zu beweisen (zuletzt 3 Ob 45/05x mwN zur stRsp und zur einschlägigigen überwiegenden Literatur). Dieser Beweis ist der beklagten Partei angesichts der Feststellungen der Vorinstanzen gelungen.

c) Zum Oppositionsgrund (Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H*****)

Zu der in der außerordentlichen Revision primär relevierten Frage der Bindung des Exekutionsgerichts an den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004 ist vorweg dessen Spruch darzustellen:

Das Verfahren gem. § 40 Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 gegen die ... [erstklagende Partei] zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes wird eingestellt.

Gemäß § 38 Abs 1 lit. b Baugesetz wird festgestellt, dass die ...

[erstklagende Partei] die raumplanungsrechtlichen Schwellenwerte beim

Einkaufsmarkt im Gebäude ... nach Maßgabe des vorstehenden

Sachverhaltes und der Plan- und Beschreibungsunterlagen ... [des

Architekten] vom 03.02.2004, sowie die vorgelegten

Warengruppenaufstellungen, welche einen wesentlichen Bestandteil

dieses Bescheides bilden, unter nachstehenden Auflagen einhält:

1. Der Behörde ist eine Planausfertigung über die Einteilung der Zonen zum Verkauf der Güter des täglichen Bedarfs im Sinn des § 15 Abs. 1 lit. a Ziffer 1 RPG (max. 400 m2) sowie der sonstigen Güter des nicht täglichen Bedarfs im Sinne des § 15 Abs. 1 lit. a Ziffer 3 RPG (max. 200 m2) vorzulegen. ...

Nach § 38 Abs 1 lit b Vlbg. BauG ist die Behörde berechtigt, jederzeit zu überprüfen, ob die Ausführung der Baubewilligung, dem Freigabebescheid oder sonst der Bauanzeige entspricht. Zufolge § 40 leg.cit. hat die Behörde, wenn eine Überprüfung nach § 38 Abs 1 lit a oder b einen Grund zur Beanstandung ergibt - unabhängig von einem Vorgehen nach § 39 [Baueinstellung und Gefahrenabwehr] - den Bauherrn aufzufordern, innerhalb eines Monats näher genannte Maßnahmen zu setzen. Im vorliegenden Fall war Grund für diesen Bescheid nach dessen Begründung ein vorhergehender Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 6. November 2003 und eine hiezu ergangene Berufungsentscheidung vom 30. Dezember 2003, womit die nun zweitklagende Partei als Betreiberin des Einkaufsmarkts angewiesen wurde, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, nachdem bei einer Prüfung im August 2003 festgestellt wurde, dass die Schwellenwerte (max. 400 m2 für Waren des täglichen Bedarfs) nach der VO der Vlbg. Landesregierung LGBl Nr. 2000/15 überschritten worden seien. Wohl stellt das Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheids der Verwaltungsbehörde, mit dem die im Titelverfahren gemäß § 1 UWG als Vorfrage beurteilte und bejahte Gesetzesverletzung nun verneint wird, einen Umstand dar, der vom Verpflichteten grundsätzlich mit Oppositionsklage (§ 35 EO) geltend gemacht werden kann (Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 35 Rz 64 f), wenn dadurch ein Anspruch der verpflichteten Partei entstand, der dem betriebenen privatrechtlichen Beseitigungsanspruch entgegensteht, also gerade jenes Recht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage geschaffen wurde, dessen die verpflichtete Partei aus privatrechtlichen Gründen entbehrt (vgl. 3 Ob 128/02y zur Begründung einer Zwangsdienstbarkeit für eine Gashochdruckleitung nach dem EnergiewirtschaftsG durch Bescheid [zweiter Rechtsgang]; 3 Ob 248/05z; RIS-Justiz RS0115296). Die zweite Instanz hat nun eine Bindung an den genannten Bescheid vom 2. März 2004 unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Titelverfahren abgelehnt, weil es sich dabei um keinen rechtsgestaltenden Bescheid handle und dieser Bescheid ausschließlich auf die Güter des täglichen Bedarfs iSd § 15 Abs 1 lit a Z 1 Vlbg. RaumplanungsG abstelle und nicht iSd Exekutionstitels auf den Einzelhandel - bzw. die Überlassung von Verkaufsflächen zum Einzelhandel - mit Waren des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Lebens- und Genussmitteln, Wasch- und Putzmitteln, Drogerie- und Haushaltswaren. Die Frage nach der Richtigkeit letzterer Auffassung kann hier auf sich beruhen.

Denn dass der Bescheid vom 2. März 2004 bereits rechtskräftig ist, haben die klagenden Parteien in erster Instanz weder in ihrer Klage noch auch später je konkret behauptet. Dass der Bescheid noch nicht rechtskräftig, ja mangels Zustellung noch nicht einmal rechtswirksam gewesen sei, hat bereits die zweite Instanz ausgeführt (S 11 der Berufungsentscheidung oben), ohne dass dies von den klagenden Partei in ihrer außerordentlichen Revision bestritten worden wäre. Einerlei ist, ob man den Bescheid vom 2. März 2004 als rechtsgestaltend oder bloß deklarativ ansehen will, und ob er daher hier über relevante Rechte oder Rechtsverhältnisse absprach oder nicht, weil die Gerichte nach stRsp nur an rechtskräftige Bescheide einer Verwaltungsbehörde gebunden sind (RIS-Justiz RS0036981). Schon deshalb muss eine Bindung des Exekutionsgerichts an diesen Bescheid scheitern, könnte doch die Unterlassungsverpflichtung der klagenden Partei jedenfalls nicht vor Eintritt der - hier nicht behaupteten, aber auch nicht festgestellten - Rechtskraft des Bescheids wegfallen.

Auch dass die klagenden Parteien die im Bescheid genannten „Auflagen" zur Vorlage einer Planausfertigung über die Zoneneinteilung - womit wohl erst eine Überprüfung der von ihnen behaupteten Tatsachen möglich wäre - bereits erfüllt hätten, wurde nie vorgebracht. Das wäre indes dann nicht von Belang, wenn die im Bescheid getroffene Feststellung tatsächlich nur mit einer Auflage im technischen Sinn verknüpft worden wäre. Denn § 29 Abs 1 Vlbg. BauG statutiert, wenn das Bauvorhaben den Voraussetzungen des § 28 Abs 2 nicht entspricht, so ist durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen sicherzustellen, dass diese Voraussetzungen geschaffen werden. Werden nun einem Bescheid Nebenbestimmungen, das heißt Willensäußerungen der Behörde, die zum Hauptinhalt des Bescheids hinzutreten können, beigesetzt, so ist vor allem in Hinblick auf die Rechtsfolgen von entscheidender Bedeutung, ob diese als Auflagen oder Bedingungen zu qualifizieren sind. Für eine Bedingung ist charakteristisch, dass der Bestand der Bewilligung vom ungewissen Eintritt eines künftigen Ereignisses, sei es aufschiebend, sei es auflösend, abhängt (stRsp des VwGH, 91/10/0028, 2002/06/03 u.a.). Die Wirksamkeit des individuellen Verwaltungsakts ist daher vom Eintritt postulierter Bedingungen abhängig, die Nichtbefolgung von Auflagen berührt dagegen den Bestand eines solchen Verwaltungsakts, dem sie beigefügt wurden, nicht. Das Wesen von Auflagen besteht darin, dass die Verwaltungsbehörde in einem dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende, d.h. pflichtenbegründende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, mit denen der Inhaber des Rechts für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Weg der Vollstreckung erzwingbaren Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet wird. Das durch den Hauptinhalt des Spruchs gestaltete Rechtsverhältnis bleibt auch bei Nichtbeachtung der Auflage aufrecht. Nur für den Fall der Gebrauchnahme vom erteilten Recht wird ein bestimmtes Verhalten (Tun, Unterlassen, Dulden) vorgeschrieben (stRsp des VwGH, 91/10/0028 mwN u. a.). Die Nichtbefolgung einer Auflage hebt daher den Bestand des individuellen Verwaltungsakts, dem sie beigefügt wurde, nicht auf. Wären daher die im Bescheid vom 2. März 2004 erteilten „Auflagen" solche im technischen Sinn, so wäre die Feststellungswirkung nicht von deren Erfüllung abhängig. Eine Beurteilung dessen, ob hier Bedingung oder Auflage im technischen Sinn vorliegt, kann im Anlassfall, wie sogleich zu begründen sein wird, - selbst bei Ausklammerung der bereits erörterten Frage nach der Rechtskraft des Bescheids vom 2. März 2004 - unterbleiben.

Dem privatrechtlichen Unterlassungsanspruch der betreibenden (und hier beklagten) Partei müsste ein Anspruch der verpflichteten (und hier klagenden) Parteien kraft öffentlichen Rechts (in casu: Bescheid des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004) entgegen stehen. Aus diesem Bescheid ergibt sich bloß, dass offenbar nun - ab wann, geht daraus nicht hervor - die 400 m2-Grenze nicht (mehr) überschritten wird. Wäre die erteilte „Auflage" eine solche im technischen Sinn, so könnten die klagenden Parteien die Verwirklichung des geltend gemachten Oppositionsgrunds nur durch Belege über deren Erfüllung nachweisen, läge dagegen eine Bedingung im technischen Sinn vor, so hinge die Feststellungswirkung des Bescheids von deren - gleichfalls nachzuweisenden - Eintritt ab. Nach allen bisherigen Erwägungen kommt es somit auch nicht mehr darauf an, ob der Bürgermeister der Stadt H***** den Bescheid vom 2. März 2004 als zuständige Raumplanungsbehörde erlassen hat; nach dessen Inhalt wurde er aber offenbar auf Grund seiner Zuständigkeit als Baubehörde erster Instanz in Vollziehung des Vlbg. BauG tätig.

d) Die Einwendung der klagenden Parteien, sie treffe an einem Verstoß gegen den Exekutionstitel wegen der besonderen Komplexität des Vlbg. RaumplanungsG und seine „legistischen Unzulänglichkeiten" kein Verschulden, wurde nicht in der Klage, sondern erstmals in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 21. Dezember 2004 (ON 28 AS 267 oben) erstattet und entzieht sich wegen des Verstoßes gegen die bereits erwähnte Eventualmaxime einer sachlichen Erledigung, auch wenn das Berufungsgericht die Einwendung in merito behandelte. Die beklagte Partei hat diesen Umstand in ihrer Revisionsbeantwortung gerügt (S 16 ihrer Revisionsbeantwortung). An sich wären allerdings die inhaltlichen Ausführungen der zweiten Instanz dazu zu billigen (§ 510 Abs 3 ZPO).

e) Auf die Frage, ob die ausdrücklich als Impugnationsklage bezeichnete und ausgeführte Klage vom Gericht in Ansehung des Bescheids des Bürgermeisters der Stadt H***** vom 2. März 2004 letztlich in eine Oppositionsklage umzudeuten wäre, muss vor dem Hintergrund der voranstehenden Ausführungen nicht mehr eingegangen werden.

f) Für die von den klagenden Parteien angeregte Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 140 Abs 1 B-VG zur Anfechtung des § 15 Abs 1 lit a Vlbg. RaumplanungsG besteht mangels Präjudizialität keine Veranlassung.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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