Spruch:
Der Revisionsrekurs und die "Gegenäußerung" der verpflichteten Partei werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt: Die betreibende Partei hatte der Mutter der Verpflichteten 1997 zu Kreditkonto Nr. 0696-31703/01 einen (auf deren Liegenschaft EZ 737 pfandrechtlich sichergestellten) Kredit über 6,1 Mio S gewährt. Die Verpflichtete ist zufolge Übergabsvertrag vom 23. April 1999 Eigentümerin der nun von der betreibenden Bank in Exekution gezogenen Liegenschaft EZ 261; aufgrund des genannten Übergabsvertrags wurde zugunsten der Mutter der Verpflichteten ein verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt. Die Verpflichtete unterfertigte Mitte/Ende August 1999 im Zusammenhang mit einer Ausweitung des Kredits ihrer Mutter um 100.000 S ungelesen eine Garantieerklärung über 6,2 Mio S in der Meinung, es handle sich um eine Haftung für 100.000 S im Zusammenhang mit der Zession von Mieten an die betreibende Partei. Mit vollstreckbarem Norariatsakt vom 28. Februar 2001 verpflichtete sich die Mutter der Verpflichteten, den aushaftenden Betrag von 715.451,94 SFR = 6,1 Mio S bis längstens 15. März 2001 zurückzuzahlen. Einen Hinweis, dass für diese Schuld eine Bürgschaft oder Mithaftung dritter Personen besteht, enthält der Notaratsakt nicht. Die betreibende Partei stellte die Kreditforderung am 14. August 2001 fällig und informierte davon die Verpflichtete mit Brief vom 28. August 2001. Mit Urteil vom 4. April 2003, bestätigt mit Urteil des Berufungsgerichts vom 10. Juli 2003 - beide Urteile enthalten im Spruch keinen Hinweis auf eine Solidarverpflichtung - wurde die Verpflichtete zur Zahlung von 145.350 EUR s.A. verpflichtet. Denn die Garantie könne wegen Irrtums (§ 871 ABGB) zufolge des inzwischen erfolgten Verjährungseintritts nicht mehr angefochten werden, eine Anfechtung wegen List (§ 870 ABGB) müsse daran scheitern, dass der Verpflichteten aus näher genannten Gründen der Beweis eines arglistigen Verhaltens der betreibenden Partei mißlungen sei.
Die betreibende Partei beantragte auf Grund dieser beiden Urteile zur Hereinbringung der Geldforderung von 145.350 EUR sA die Zwangsversteigerung der Liegenschaft der Verpflichteten EZ 261 mit dem hier wesentlichen Vorbringen, das zu Gunsten der Mutter der Verpflichteten einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot sei für diese Zwangsversteigerung unwirksam, weil die Verpflichtete und die Verbotsberechtigte für die betriebene Forderung solidarisch hafteten. Die Verbotsberechtigte sei Hauptschuldnerin, die Verpflichtete habe bis zum Höchstbetrag von 145.350 EUR die Garantenhaftung übernommen. Gegen die Verbotsberechtigte habe bereits ein vollstreckbarer Notariatsakt vorgelegen, sodass die Exekutionstitel gegen die Verpflichtete nicht auf beide haftende Personen lauteten. Die Gesamtschuld dieser beiden Personen sei jedoch durch die vorgelegten Urkunden (Notariatsakt gegen die Verbotsberechtigte sowie Urteile erster und zweiter Instanz gegen die Verpflichtete) bescheinigt.
Das Erstgericht bewilligte unter Punkt 1. die beantragte Zwangsversteigerung.
Das Rekursgericht wies in Abänderung von Punkt 1. den Exekutionsantrag ab. Zwar werde das Exekutionshindernis des im Grundbuch einverleibten rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und/oder Belastungsverbots auch durch jeden Exekutionstitel gebrochen, der ihn und den Liegenschaftseigentümer solidarisch zur Leistung und damit zur Duldung des Zugriffs auf das gesamte Vermögen beider Schuldner verpflichte. Im vorliegenden Fall sei weder aus der entsprechenden Verpflichtungserklärung im vollstreckbaren Notariatsakt noch aus dem Spruch der vorgelegten Urteile eine derartige Solidarverpflichtung ersichtlich. Das einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot stehe daher einer Bewilligung der Zwangsversteigerung entgegen.
Der von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es könne auch die Meinung vertreten werden, dass in Fällen, in denen die Solidarverpflichtung aus der Entscheidungsbegründung unmissverständlich hervorgehe, das Beharren auf einem Nachweis im Spruch ein übertriebener, dem Geist der EO zuwiderlaufender Formalismus sei - zugelassene Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
a) Das einverleibte rechtsgeschäftliche Belastungs- und Veräußerungsverbot steht der exekutiven Bewilligung der Belastung oder Veräußerung der Liegenschaft u.a. dann nicht entgegen, wenn der Verpflichtete und der Verbotsberechtigte die betriebene Forderung nach dem Exekutionstitel als Gesamtschuldner zu leisten haben (vstSenat 3 Ob 130/86 = SZ 60/124 = JBl 1987, 592 = EvBl 1987/154 = NZ 1987, 297 [Hofmeister] = MietSlg 39/29 = RdW 1987, 287; 3 Ob 2387/96t = NZ 1998, 84; 3 Ob 2320/96i = NZ 1998, 210 = ÖBA 1998, 233 u.a.; RIS-Justiz RS0010734, RS0002625; Angst in Angst, EO, § 87 Rz 11, § 133 Rz 18; Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 133 Rz 22); andere Gründe kommen hier nicht zum Tragen. Es muss die Durchbrechung des Exekutionshindernisses aufgrund einer bestehenden Solidarverpflichtung dem Exekutionstitel zweifelsfrei zu entnehmen sein. Wie in der E 3 Ob 130/86 eingehend ausgeführt wurde, ist es eine schuldrechtliche Frage, ob eine solche Solidarhaftung im Einzelfall besteht. Sie ist im Titelprozess abschließend zu klären. Durch diesen urkundlichen Nachweis der Solidarverpflichtung im Exekutionstitel wird der Exekutionsrichter von der Prüfung entbunden, wie das Verhalten des Verbotsberechtigten sonst, allenfalls unter Bedachtnahme auf die §§ 863 und 914 ABGB, zu werten wäre. Besteht jedenfalls der Exekutionstitel in einer nach Spruch und Begründung getrennten Entscheidung - wie hier -, so ist bei der Erledigung des Exekutionstitels allein der Spruch maßgeblich (3 Ob 18/02x [insoweit nicht veröffentlicht]; Jakusch in Angst aaO § 7 Rz 5). Nur wenn die reine Wortinterpretation des Spruchs zu keinem sinnvollen Ergebnis führt, darf zu seiner Auslegung auch die der Entscheidung beigegebene Begründung herangezogen werden. Jede danach verbleibende Unklarheit des Exekutionstitels geht zu Lasten des Betreibenden. Die Auslegung hat nach dem objektiven Wortsinn zu geschehen; weder die dem Titel zugrunde liegende materielle oder formelle Rechtslage - die hier für die betreibende Partei sprechen mag - noch die Absicht des Verfassers des Exekutionstitels ist maßgebend (stRsp, zuletzt 3 Ob 20/03t; RIS-Justiz RS0000205; Jakusch aaO § 7 Rz 5 f mwN).
Daher muss in einem Fall wie dem vorliegenden der Exekutionsrichter aus dem Spruch des Exekutionstitels die Solidarverpflichtung von Verpflichtetem und Verbotsberechtigtem und damit die Brechung des Exekutionshindernisses zweifelsfrei entnehmen können. Nicht zu prüfen ist hier, ob sich die Solidarverpflichtung aus dem gegen den Verbotsberechtigten gerichteten Titel ergeben muss.
Der Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
b) In der E 3 Ob 162/03z, 163/03x (= MR 2004, 130 [Korn]; RIS-Justiz RS0118686) hat der erkennende Senat mit eingehender Begründung ausgesprochen, unter Bedachtnahme auf die E des EGMR vom 6.Februar 2001 Beer gegen Österreich und die darauf gestützte Rechtsfortbildung durch Analogie im österr. Verfahrensrecht bleibe das Exekutionsbewilligungsverfahren in erster Instanz jedenfalls einseitig. In zweiter Instanz bleibe es gleichfalls weiterhin einseitig, soweit die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren durch Anhörung des Rekursgegners nicht aus besonderen - nur von der zweiten Instanz im Einzelfall im Rahmen ihres pflichtgemäßen rechtlichen Ermessens beurteilbaren - Gründen geboten erscheine; letzterer Gesichtspunkt könne - in manchen Fällen (vgl. 3 Ob 92/03f) - dann zum Tragen kommen, wenn eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls unzulässig sei und das Rekursgericht deshalb als letzte Instanz entscheide. In dritter Instanz sei das Rechtsmittelverfahren an sich gleichfalls einseitig, sofern nicht der Oberste Gerichtshof im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung für geboten halte. Ausgehend von diesen Grundsätzen, an denen bereits mehrfach festgehalten wurde, ist die "Gegenäußerung" der Verpflichteten gleichfalls zurückzuweisen, weil hier kein Fall vorliegt, der im Einzelfall die Erstattung einer Rechtsmittelgegenschrift geboten erscheinen ließe.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)