OGH 3Ob45/05x

OGH3Ob45/05x30.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johann H*****, und 2. Theresia H*****, beide vertreten durch Dr. Robert Müller und Mag. Gregor Riess, Rechtsanwälte in Hainfeld, wider die beklagte Partei Egmont H*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung (§ 36 EO), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 22. September 2004, GZ 7 R 153/04m-10, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Jänner 2005, GZ 7 R 153/04m-13, womit das Urteil des Bezirksgerichts Neulengbach vom 4. Mai 2004, GZ 2 C 3/03s-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 549,33 EUR (darin 91,56 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 8. Jänner 2002 (richtig 2003) bewilligte das Erstgericht dem Beklagten zur Erwirkung einer Unterlassung die Exekution nach § 355 EO gegen die Kläger. Im Exekutionsantrag hatte der Beklagte behauptet, mit dem Abbrennen des 8. Kohlenmeilers im Jahr 2002 ab 29. November 2002 hätten die Kläger dem Exekutionstitel zuwider gehandelt, nach dem sie Immissionen von Rauch und Gas mit einem bestimmten Jahresmittelwert an Benzolgehalt und von Gestank durch geeignete Maßnahmen zu unterlassen hätten. Der Benzolgehalt der Immissionen übersteige den im Titel genannten Wert.

Mit ihrer Klage begehrten die im Exekutionsverfahren Verpflichteten, wie sie letztlich klarstellten, diese Exekution für unzulässig zu erklären. Im Rubrum wird allerdings angeführt: „wegen 7.267,78 EUR sA".

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts und beurteilte die Klage wie jenes als Impugnationsklage. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Einen Bewertungsausspruch enthält das Urteil nicht.

Auf Grund des mit ordentlicher Revision des Beklagten verbundenen Antrags nach § 508 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch zuließ.

Die Revision ist jedoch entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nach § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Rechtsmittel kann aus folgenden Erwägungen trotz Fehlens des an sich erforderlichen (3 Ob 85/98s u.v.a.; RIS-Justiz RS0001005; 3 Ob 269/00f = EvBl 2001/196 = MietSlg 53.751) Bewertungsausspruchs behandelt werden:

An sich macht der (mittlerweile abgeänderte) Zulässigkeitsausspruch („nicht zulässig bzw. „zulässig") die erforderliche Bewertung nicht überflüssig, auch wenn der ursprüngliche nach § 500 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO einen 4.000 EUR übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands voraussetzt, der abgeänderte aber nach § 508 Abs 1 ZPO einen 20.000 EUR nicht übersteigenden (1 Ob 574, 575/94 u.v.a.; RIS-Justiz RS0042296; RS0042544; 6 Ob 253/00z = EFSlg 94.563; 1 Ob 299/01d). Schon mehrfach wurde eine Ergänzung der angefochtenen Entscheidung dann für nicht notwendig erachtet, wenn sich der zugrunde gelegte Wert aus den Entscheidungsgründen ergab (3 Ob 1/87 [insoweit unveröff.]; 8 ObA 333/99z). Hier liegt ein vergleichbarer Fall vor.

Zutreffend und im Revisionsverfahren auch nicht in Frage gestellt beurteilten die Vorinstanzen das Klagebegehren - ungeachtet der ursprünglichen Formulierung - als solches nach § 36 EO. So entspricht auch die Formulierung des Urteilsspruchs erster Instanz dem einer Impugnationsklage nach Rsp und Lehre (EvBl 1973/184; EFSlg 69.958/4; vgl. auch 3 Ob 28/91 = JBl 1992, 193 [Buchegger]; Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 36 Rz 47; Jakusch in Angst, EO, § 36 Rz 50).

Nach der Rsp zur Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen im Exekutions- und im dieses zur Gänze betreffenden Impugnationsklageverfahren müssen die Entscheidungsgegenstände beider übereinstimmen (3 Ob 98/98b = JUS-Z 2588; 3 Ob 299/99p = EvBl 2000/201 = RPflE 2000/94; Jakusch aaO § 36 Rz 47 mwN). Ob dasselbe zwingend auch für andere Exekutionsarten gilt, kann hier offen bleiben. Im konkreten Fall bewertete das Berufungsgericht als Rekursgericht in seiner über die Exekutionsbewilligung ergangenen Entscheidung deren Gegenstand mit mehr als 4.000 EUR, nicht aber mehr als 20.000 EUR. Mit einer solchen Bewertung im Einklang stehen sowohl sein ursprünglicher Zulassungsausspruch als auch sein dem Abänderungsantrag stattgebender Beschluss. Damit kann aber hier ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich im vorliegenden Einzelfall aus den Entscheidungen der zweiten Instanz eine 4.000 EUR übersteigende Bewertung ergibt. Dies rechtfertigt die sofortige Entscheidung über die Revision.

2. Der Beklagte zeigt in seinem Abänderungsantrag erhebliche Rechtsfragen nicht auf.

Seine Ausführungen zur Beweislastverteilung im Allgemeinen gehen an der maßgebenden Beweisregel vorbei. Die jeder Belegstelle aus der reichen österreichischen Literatur zur Exekutionsordnung entbehrende und die gegenteiligen Judikaturzitate in der von ihm selbst erwirkten Entscheidung im Exekutionsverfahren zu 3 Ob 153/03a missachtende Behauptung, es fehle „bisher weitgehend" eine „dezidierte" Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Beweislastverteilung bei den exekutionsrechtlichen Klagen (nach §§ 35, 36 EO) grenzt an Realitätsverweigerung. Vielmehr hat nach stRsp im Impugnationsprozess betreffend eine Unterlassungsexekution der Beklagte (= betreibender Gläubiger im Exekutionsverfahren) den von ihm im Exekutionsantrag nur zu behauptenden Verstoß des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel zu beweisen (RZ 1959, 16; ÖBl 1976, 27; RIS-Justiz RS0004418; 3 Ob 80/84 = SZ 57/137 = ÖBl 1985, 85 = RdW 1985, 42; 3 Ob 153/03a u.v.a.; RS0000756; zuletzt 7 Ob 261/04i). Diese Auffassung wird auch in der aktuellen Literatur praktisch einhellig gebilligt (Jakusch aaO Rz 52; Klicka in Angst, EO, § 355 Rz 22; Rebernig aaO Rz 58; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 62, je mwN; die nicht näher begründete ggt Ansicht von Holzhammer, [nunmehr] ZVR4 158 und Heller/Berger/Stix, EO4 2885 und 2896 wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in SZ 57/137 abgelehnt). Von ihr abzugehen besteht kein Anlass. Wie das Gericht zweiter Instanz, das im angefochtenen Urteil die Beweislastverteilung ohnehin richtig vornahm, selbst erkennt, betreffen die von ihm zitierten beiden Entscheidungen nicht vergleichbare Fälle.

Ob die Kläger - entgegen der Ansicht der Berufungsrichter - den Verstoß gegen den Exekutionstitel im konkreten Fall zugestanden haben, begründet abgesehen von hier nicht erkennbarer erheblicher Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Selbst wenn man nicht die jedenfalls diskutable Ansicht verträte, schon der misslungene Beweis für das im Exekutionsantrag behauptete Abbrennen eines 8. Meilers müsste bereits zum Erfolg des Klagebegehrens führen, ist die Auffassung, der Verstoß gegen den Exekutionstitel sei nicht ohne weiteres aus der Anzahl der 2002 abgebrannten Holzkohlenmeiler iVm einer (wenn auch auf einem Sachverständigengutachten beruhenden) Feststellung im Titelurteil ableitbar, jedenfalls gut vertretbar.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Kostenzuspruch an die Kläger, die auf die Unzulässigkeit der Revision hinwiesen, gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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