OGH 7Ob197/06f

OGH7Ob197/06f30.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Hans-Georg D*****, vertreten durch Rechtsanwälte Ganzert, Ganzert & Partner OEG in Wels, gegen die beklagte Partei Herta D*****, vertreten durch Dr. Heidi Bernhart, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalt, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. März 2006, GZ 45 R 525/05x-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 17. Juni 2005, GZ 7 C 36/03m-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 399,74 (darin EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Zum besseren Verständnis sind aber der unstrittige - für die Entscheidung wesentliche - Sachverhalt und der bisherige Verfahrensgang doch vorweg kurz darzustellen:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 23. 5. 2002 geschieden und das alleinige Verschulden des Klägers an der Zerrüttung festgestellt. Die Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung (ein Wohnhaus) befindet, steht je zur Hälfte im Eigentum der Streiteile. Der Kläger bewohnt dieses „eheliche Wohnhaus" schon seit Ostern 1998 nicht mehr. Das Aufteilungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger zuletzt die Herabsetzung der mit gerichtlichem Vergleich vom 27. 3. 2003 festgelegten Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten von EUR

1.200 monatlich ab 1. 1. 2003 auf EUR 550 von 1. 9. 2003 bis 31. 12. 2003 und auf EUR 340 monatlich ab 1. 1. 2004.

Das Erstgericht verpflichtete den Kläger, der Beklagten monatlich EUR 720 von 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 und EUR 730 ab 1. 1. 2005 zu bezahlen und wies das Mehrbegehren, die monatlichen Unterhaltszahlungen auf EUR 550 bzw EUR 340 herabzusetzen, ab. Das vom Kläger (mit dem Begehren, die Unterhaltspflicht auf monatlich EUR 350 von 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 und auf EUR 360 ab 1. 1. 2005 weiter herabzusetzen) angerufene Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es billigte unter anderem auch die Beurteilung des Erstgerichtes, dass sich die Beklagte eine aus der weiteren Benützung des „ehelichen Wohnhauses" resultierende Kostenersparnis im konkreten Einzelfall nicht anrechnen lassen müsse, und sprach (zunächst) aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den nachträglich abgeänderten Zulassungsausspruch begründete es wie folgt:

Der Argumentation in der Zulassungsbeschwerde sei darin beizupflichten, dass aus einigen der zitierten Entscheidungen - denen allerdings anders gelagerte Sachverhalte zugrunde gelegen seien - der Grundsatz abgeleitet werden könnte, bei der Geldunterhaltsbemessung sei jede wirtschaftliche Wohnkostenersparnis angemessen zu berücksichtigen, die dadurch eintrete, dass die unterhaltsberechtigte Person nicht ihren vollständigen (das Wohnen einschließenden) Unterhalt abzudecken habe (7 Ob 178/02f). Außerdem fehle zur Frage der Auswirkungen, die das nach der Scheidung fortdauernde Bewohnen der im Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Ehewohnung durch einen der beiden auf den Unterhaltsanspruch des anderen entfalte, oberstgerichtliche Rechtsprechung.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Zulassungsbegründung und den Ausführungen der Revision ist zu erwidern, dass sich der erkennende Senat mit den auch hier strittigen Themen bereits in der Entscheidung vom 28. 9. 2005, 7 Ob 95/05d (anlässlich der Zurückweisung einer ordentlichen Revision) befasst und dazu (unter teilweiser Wiedergabe der Ausführungen in dem zu 2 Ob 180/05t entschiedenen, völlig vergleichbaren Fall [auch dort war der Unterhaltspflichtige bei aufrechter Ehe aus dem gemeinsamen Haushalt in einem im Hälfteeigentum der Ehegatten stehenden, in der Folge jedoch von der Unterhaltsberechtigten allein bewohnten Haus ausgezogen]) folgendes ausgesprochen hat:

„Nach stRsp können vom Unterhaltspflichtigen getragene Wohnungskosten grundsätzlich einen auf den Geldunterhalt anrechenbaren Naturalunterhalt darstellen (vgl RIS-Justiz RS0005907, RS0009578, RS0047248, RS0047254, RS0047258, RS0105634; vgl auch Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 577 ff; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht3 153f mwN). Verlässt der Unterhaltsverpflichtete bei aufrechter Ehe grundlos die Ehewohnung, und bleibt der unterhaltsberechtigte Ehegatte allein in der Ehewohnung zurück, ist der Unterhaltsverpflichtete unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als wäre er in der Wohnung verblieben, weshalb die von ihm zur Beschaffung und Erhaltung der Wohnung erbrachten Naturalleistungen nur zur Hälfte auf den Geldunterhaltsanspruch des anderen Ehegatten anzurechnen sind

(vgl 2 Ob 1/01p mwN = SZ 74/13 = RIS-Justiz RS0114742).

In diesem zuletzt entschiedenen Fall [= 2 Ob 180/05t] war im Revisionsverfahren nicht strittig, dass die noch in Rede stehenden Hauskosten (wie Gemeindeabgaben und Wohnbauförderungsdarlehensraten), die zum Teil von der Klägerin, zum Teil vom Beklagten bezahlt wurden, von den Streitteilen als Hälfteeigentümern der Liegenschaft unterhaltsrechtlich zur Hälfte zu tragen sind. Nach der Auffassung des dortigen Berufungsgerichtes hätten die vom Beklagten geleisteten Zahlungen allerdings (zur Hälfte) den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin gemindert, während diese mit ihren gleichartigen Aufwendungen auf eine Bereicherungsklage zu verweisen gewesen wäre. Einer solchen Beurteilung, die offenbar auch dem Beklagten vorschwebt, hat die zitierte Entscheidung jedoch wie folgt widersprochen:

Dem ist nicht zuzustimmen. Vielmehr kommt eine Anrechnung von Hauskostenzahlungen des Beklagten als Naturalunterhalt auf den Geldunterhalt der Klägerin nur dann in Frage, wenn sich aus diesem Titel ein positiver Saldo (bei Zahlung von mehr als der Hälfte der Hauskosten) zu Gunsten des Beklagten ergibt. Um eine Erhöhung des Geldunterhaltsanspruches der Klägerin handelt es sich hiebei entgegen dem Verständnis des Berufungsgerichtes nicht. Vielmehr ist dieser primäre Anspruch mangels eines solchen Saldos aus der Tragung von Hauskosten nicht zu mindern ... (2 Ob 180/05t; Hervorhebungen in Fettdruck nicht im Original)".

Entgegen dem Standpunkt der Revision kann also nicht vom Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Unterhaltsbemessung ausgegangen werden, wenn die vom Unterhaltspflichtigen bei aufrechter Ehe grundlos verlassene und von der Unterhaltsberechtigten weiter benützte frühere Ehewohnung nicht im Alleineigentum des Unterhaltsverpflichteten sondern im Miteigentum beider Ehegatten steht (RIS-Justiz RS0119434 [T1]; vgl auch RS0114742). Es liegt aber auch kein Abweichen von der zitierten Rechtsprechung, das im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, vor, wenn die Vorinstanzen es abgelehnt haben, angesichts der den (Liegenschafts-)Anteilen ohnehin entsprechenden (bzw diese nicht überschreitenden) Aufwendungen der Streitteile eine Minderung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aus dem Titel der Ersparnis infolge Weiterbenützung des „ehelichen Wohnhauses" vorzunehmen.

Ob es nach den Umständen dieses Falles nicht „angemessen" erscheine, eine Wohnkostenersparnis zu berücksichtigen, ist ein singuläres Bemessungsproblem, das keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft. Die Entscheidungen der Vorinstanzen enthalten im erörterten Punkt zumindest keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung als Voraussetzung der Zulässigkeit der Revision (vgl 1 Ob 123/04a). Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist sie daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

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