OGH 2Ob271/05z

OGH2Ob271/05z12.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard T*****, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei Christian A*****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 6.554 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 16. August 2005, GZ 5 R 154/05m-17, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 29. April 2005, GZ 11 C 135/04k-10, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 3. Mai 2005, GZ 11 C 135/04k-11, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger kaufte bei der in Unterschleißheim/München ansässigen G***** A***** GmbH eine 7,8 t schwere hydraulische Abkantpresse. Es wurde vereinbart, dass sich die Verkäuferin um den Transport der Maschine nach Österreich kümmern solle. Die Verkäuferin beauftragte mit dem Transport die Spedition A***** GmbH & Co KG, die ihrerseits der „Spedition As*****" und diese wiederum der österreichischen G***** W***** GmbH den Transportauftrag erteilte. Von dieser wurde letztlich der Beklagte als Frachtführer mit der Durchführung des Transportes der Maschine von München nach Schwanberg beauftragt. Der Auftrag umfasste nur den Transport, nicht auch die Abladung der Maschine. In dem dem Beklagten ausgefolgten Frachtbrief war der Kläger mit seiner Firmenanschrift in Unterfresen als Empfänger angeführt.

In der Folge ersuchte der Kläger die Verkäuferin telefonisch, die Maschine zur „Firma Anton K*****" (in der Folge: Firma K*****) in Rettenbach zu liefern, da die örtlichen Gegebenheiten beim Anwesen des Klägers das Abladen der Maschine von einem Sattelschlepper nur unter schwierigen Bedingungen ermöglichen würden. Die Maschine sollte daher auf dem Betriebsgelände der Firma K***** auf einen Lkw dieses Unternehmens umgeladen werden. Der Kläger hatte der Firma K***** den Auftrag erteilt, die Maschine sodann zu ihm nach Unterfresen zu transportieren und dort abzuladen. Die neue Lieferadresse, die der Kläger auf Anfrage auch der Spedition A***** GmbH & Co KG bekannt gegeben hatte, wurde dem Beklagten jedoch nicht mitgeteilt. Dieser fuhr daher, wie im Frachtbrief vorgesehen, mit dem Sattelschlepper zum Anwesen des Klägers in Unterfresen. Nachdem er dort eingetroffen war, erklärte er auf die diesbezügliche Frage des Klägers, von einer anderen Lieferadresse nichts gewusst zu haben. Daraufhin ersuchte der Kläger die Firma K***** telefonisch, mit einem Kranwagen zum Abladen der Maschine zu ihm zu kommen.

Nach dem Eintreffen des Kranwagens versuchte dessen Fahrer mehrmals vergeblich, die vom Beklagten in der Zwischenzeit losgezurrte Maschine vom Sattelschlepper abzuladen. Daraufhin besprachen der Kläger, der Kranwagenfahrer und der Beklagte, den Sattelschlepper und den Kranwagen zueinander in eine günstigere Position zu bringen, um danach neuerlich einen Abladeversuch unternehmen zu können. Als der Beklagte mit dem Sattelschlepper anfuhr, um sein Fahrzeug umzustellen, kippte die Abkantpresse, die vor dem Losfahren nicht mehr fixiert worden war, von der Ladefläche herab und wurde beschädigt. Der Beklagte hätte wissen müssen, dass sich durch die Entladeversuche des Kranwagenfahrers die Position der Maschine auf der Ladefläche verändern konnte. Der an der Abkantpresse eingetretene Schaden beträgt EUR 5.000 exkl. USt. Die Bergung der Maschine verursachte dem Kläger überdies Kosten von EUR 1.554. Der Kläger begehrte vom Beklagten zuletzt EUR 6.554 sA und brachte vor, das bloße Eintreffen des Gutes am Ablieferungsort habe noch nicht dessen Ablieferung bewirkt. Den Beklagten treffe daher die Obhutshaftung gemäß Art 17 CMR. Jedenfalls aber hafte er deliktisch nach den §§ 1295 ff ABGB, weil er den Sattelschlepper sorgfaltswidrig in Bewegung gesetzt habe, ohne das bereits entsicherte Ladegut neuerlich zu fixieren. Der Beklagte habe die Verzurrung selbst gelöst und hätte vor Einleiten des Fahrmanövers wissen müssen, dass die Maschine nicht mehr ausreichend gesichert sei. Der Frachtvertrag sei ein Vertrag zugunsten Dritter, woraus sich die Aktivlegitimation des Klägers ergebe.

Der Beklagte wandte ein, dem Kläger stehe in Ermangelung eines direkten Vertragsverhältnisses kein vertraglicher Anspruch gegen den Beklagten zu. Der Haftungszeitraum gemäß Art 17 CMR sei mit der Bereitstellung der Maschine zur Entladung beendet gewesen. Für den Schaden habe die mit der Abladung beauftragte Firma K***** einzustehen. Der Beklagte habe allenfalls als Erfüllungsgehilfe des Empfängers an der Entladung mitgewirkt. Er sei gemäß Art 17 Abs 4 lit c CMR von jeglicher Haftung befreit. Am Entstehen des Schadens treffe ihn kein Verschulden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von EUR

3.277 sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und erörterte - teilweise auch im Rahmen der Feststellungen - rechtlich, der Empfänger sei nach Ankunft des Gutes am Ablieferungsort berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen. Dieser hafte gemäß Art 17 CMR iVm § 429 HGB für Beschädigungen des beförderten Gutes nur, wenn der Schaden zwischen Übernahme und Ablieferung eingetreten sei. Die Entladung falle nicht notwendigerweise in den Haftungszeitraum; es sei jedoch auf den Einzelfall abzustellen und dabei entscheidend, wer die Entladung tatsächlich vorgenommen habe. Sei der Frachtführer nicht zum Be- oder Entladen verpflichtet, wirke er jedoch dabei mit, hafte er für von ihm verschuldete Schäden nicht aus dem Frachtrecht, sondern wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte am Entladevorgang mitgewirkt. Er habe die Gewahrsame an der Maschine noch nicht aufgegeben gehabt, als er mit seinem Sattelschlepper angefahren und die Maschine zu Boden gefallen sei. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er die Maschine vor dem Losfahren nicht fixiert habe, obwohl ihm die Gefahr des Herabfallens von der Ladefläche aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der möglichen Positionsveränderung durch die vorangegangenen Entladeversuche erkennbar gewesen sei. Aber auch der Kläger habe durch seine Anordnung, die Maschine in seinem Anwesen abzuladen, zur Verursachung des Schadens beigetragen. Dies gelte ebenso für den Fahrer der Firma K*****, deren Kran zur Abladung der Maschine nicht geeignet gewesen sei. Ein Mitverschulden dieser beiden Personen liege auch darin, dass sie den Beklagten zur Veränderung der Position des Sattelschleppers aufgefordert hätten. Demnach sei vom gleichteiligen Verschulden des Klägers und des Beklagten auszugehen.

Das von beiden Streitteilen angerufene Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, hingegen jener des Klägers Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht meinte das Berufungsgericht, aus dem Frachtbrief ergebe sich nicht, dass der Beklagte als Unterfrachtführer tätig geworden sei. Außerdem folge aus Art 34 CMR, dass ein nachfolgender Frachtführer, der vom vorangehenden Frachtführer Gut und Frachtbrief übernommen habe, gemeinsam mit dem Hauptfrachtführer dem Berechtigten als Gesamtschuldner hafte. Der Unterfrachtführer trete in den Frachtvertrag ein und werde Vertragspartner des Hauptfrachtvertrages nach den Bedingungen des Frachtbriefes. Da der Beklagte zum Entladen des Transportgutes nicht verpflichtet gewesen sei, sei der Schaden nicht im Obhutszeitraum eingetreten. Dieser habe mit der Bereitstellung des Fahrzeuges beim Kläger zum Zwecke der Entladung geendet. Die Beschädigung der Maschine sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht während des Ausladens, sondern nur deshalb erfolgt, weil der Beklagte es vor dem neuerlichen Anfahren des Sattelschleppers fahrlässig verabsäumt habe, die von ihm losgezurrte Maschine wieder zu fixieren. Dieses Versäumnis stehe mit den Entladungsversuchen in keinem Zusammenhang. Insoweit habe er auch nicht als Erfüllungsgehilfe des Empfängers gehandelt, da der Schaden nicht im Rahmen seiner Mithilfe beim Entladen eingetreten sei. Ein Mitverschulden des Klägers oder des Kranwagenfahrers liege nicht vor, weil die Sicherung der Maschine alleinige Aufgabe des Beklagten gewesen sei.

Auf Antrag des Beklagten änderte das Berufungsgericht mit Beschluss vom 6. 10. 2005 seinen Ausspruch, mit dem es die ordentliche Revision nicht zugelassen hatte, dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Zur Begründung führte es aus, das Unterlassen der neuerlichen Fixierung der Maschine könnte nach den vom Beklagten zitierten Entscheidungen doch zum Entladevorgang zu zählen sein. In diesem Falle wäre das Berufungsgericht von der einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von einschlägiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist im Sinne des Eventualantrages auch berechtigt. Der Beklagte macht zusammengefasst geltend, mit der Entladung sei nicht er, sondern ein drittes Unternehmen beauftragt gewesen. Der Entladevorgang falle daher nicht mehr in den Obhutszeitraum. Der Beklagte habe bei der Entladung auch nicht die Oberaufsicht innegehabt. Das Berufungsgericht habe die dem Lkw-Fahrer des Beklagten vorgeworfenen Hilfeleistungen zu Unrecht nicht dem Entladevorgang zugezählt. Soweit er an der Entladung mitgewirkt habe, sei der Lkw-Fahrer als Erfüllungsgehilfe des Klägers anzusehen. Keinesfalls könne sein Verhalten dem Beklagten zugerechnet werden. Der Kläger sei als Empfänger des Gutes gegenüber dem Hauptfrachtführer, nicht aber gegenüber dem Beklagten als Unterfrachtführer anspruchslegitimiert. Die Voraussetzungen für die „Samtfrachtführerhaftung" nach Art 34 CMR lägen nicht vor. Die Anspruchsberechtigung des Klägers sei auch nicht aus Art 13 CMR ableitbar, zumal diese Bestimmung Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung des Gutes nicht umfasse.

Hiezu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen weder ein „Lkw-Fahrer" noch ein sonstiger Mitarbeiter des Beklagten, sondern nur - worauf der Kläger in der Revisionsbeantwortung zutreffend verweist - dieser selbst (in eigener Person) am Schadensereignis beteiligt war. Soweit in der Rechtsrüge des Beklagten in Abweichung von diesen Feststellungen von der Mitwirkung einer solchen Person am Entladevorgang ausgegangen wird, ist der Revisionsgrund daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Unstrittig ist, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten, der nach

den erstinstanzlichen Feststellungen als Unterfrachtführer anzusehen

ist, kein direktes Vertragsverhältnis begründet wurde. Der Oberste

Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Empfänger

des Transportgutes als in den Schutzbereich des vom Unterfrachtführer

mit seinem Auftraggeber abgeschlossenen Vertrages einbezogener, weil

der Vertragsleistung nahestehender Dritter vertragliche Ansprüche

geltend machen könne, weil ihm gegenüber der insoweit „belastete"

Vertragsteil in gleicher Weise Schutzpflichten und Pflichten zu

sorgfältigem Verhalten bei der Erbringung seiner Leistung wie

gegenüber seinem Vertragspartner zu erfüllen habe (1 Ob 603/95 = wbl

1996, 410 [nur LS] mwN; 1 Ob 2377/96g = JBl 1998, 310; 1 Ob 66/98g =

ZfRV 1998/48; RIS-Justiz RS0037785 [T18]; Schütz in Straube, HGB I³ § 435 Rz 8).

Diese Auffassung wurde von Jesser-Huss mit dem Hinweis auf die im Schrifttum überwiegend vertretene Ansicht kritisiert, der Unterfrachtvertrag sei ein echter Vertrag zugunsten Dritter. Dem Empfänger stünden daher jedenfalls - ohne „Umweg über das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" - direkte vertragliche Ansprüche aus dem Unterfrachtvertrag zu (ecolex 2000, 22 [bei FN 13 und 14]; in diesem Sinne auch SZ 55/20 sowie Schütz aaO § 425 Rz 26 mwN).

Auf diesen Meinungsstreit ist hier nicht weiter einzugehen, weil sich, wie noch zu zeigen sein wird, aus beiden Varianten die vom Beklagten in Abrede gestellte Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Beklagten aus dessen mit seinem Auftraggeber abgeschlossenen Unterfrachtvertrag ergibt (vgl RIS-Justiz RS0103797).

Auf diesen Unterfrachtvertrag ist das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anzuwenden, zumal eine grenzüberschreitende Güterbeförderung von Deutschland nach Österreich stattgefunden hat (Art 1 CMR). Die Ausstellung eines durchgehenden Frachtbriefes wurde von den Streitteilen weder behauptet, noch sind die dafür erforderlichen Tatsachen festgestellt. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist jedoch Art 34 CMR für die Beurteilung der anstehenden Rechtsfragen ohnedies ohne Relevanz, weil es in diesem Rechtsstreit nicht um die Klärung einer allfälligen Haftung des beklagten Unterfrachtführers gegenüber dem (mit dem Empfänger nicht identen) Absender geht (vgl 7 Ob 96/99i = ZfRV 1999/73; Csoklich, Anmerkungen zu Art 34 CMR, ÖJZ 2003/3, 41).

Gemäß Art 17 Z 1 CMR haftet der Frachtführer für eine Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Ablieferung im Sinne dieser Vorschrift ist jener Vorgang, durch den der Frachtführer die zur Beförderung erlangte Obhut über das Gut mit ausdrücklicher oder stillschweigender Einwilligung des Verfügungsberechtigten wieder aufgibt und diesen in die Lage versetzt, die tatsächliche Gewalt über das Gut auszuüben (SZ 54/160; ZVR 1985/145; 7 Ob 683/86; 1 Ob 28/00z). Der Ablieferungsvorgang ist abgeschlossen, wenn ein Verhältnis hergestellt wird, das dem zur Entgegennahme bereiten Empfänger die Einwirkungsmöglichkeit auf das Gut einräumt. Wie die Übernahme ist auch die Ablieferung ein zweiseitiger Akt, die der Mitwirkung des Empfängers bedarf (ZVR 1985/145; RIS-Justiz RS0074012). Das Gut kann daher dem Berechtigten mit dessen Einverständnis auch durch Abstellen auf einem bestimmten Platz zur Verfügung gestellt werden (ZVR 1985/145; 7 Ob 683/86; 1 Ob 28/00z). Die CMR enthält keine Regelung, ob das Entladen in den Obhutszeitraum fällt. Obliegt die Entladung dem Frachtführer, untersteht die Entladetätigkeit noch seiner Obhut. Hat dagegen der Absender oder der Empfänger zu entladen, erfolgt dies außerhalb des Obhuts- und Haftungszeitraumes des Frachtführers gemäß Art 17 CMR (vgl 10 Ob 75/05k; Schütz in Straube aaO § 429 Rz 9).

Im vorliegenden Fall oblag die Entladung dem Kläger als Empfänger des Transportgutes, der sich dazu eines dritten Unternehmers bediente. Entscheidend für die Beendigung des Obhutszeitraumes des Beklagten war demnach, ab welchem Zeitpunkt dem empfangsbereiten Kläger bzw dem von ihm mit der Entladung beauftragten Dritten am letztlich genehmigten Abladeort die Ladefläche des beladenen Transportfahrzeuges zum Zwecke der Entladung zugänglich war (RIS-Justiz RS0062537). Diese Voraussetzung lag jedenfalls bei Beginn der Entladeversuche durch den Kranwagenfahrer vor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte im Einverständnis mit dem Kläger das Transportgut aus seiner Obhut entlassen und in jene des Klägers übertragen (vgl ZVR 1985/145). Das schädigende Ereignis trat somit - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte - erst nach dem Ende der Obhutszeit des Art 17 CMR ein.

Zu allen Fragen, welche die CMR als Vertragsordnung nicht regelt, sind die (nach dem IPR zur Anwendung gelangenden) Bestimmungen des nationalen Rechts heranzuziehen (RIS-Justiz RS0073696; Schütz aaO § 452 Anh I Art 17 CMR Rz 1). Kollisionsrechtliche Fragen stellen sich hier nicht, weil sowohl die Vertragsparteien des Unterfrachtvertrages als auch der Kläger in Österreich ansässige Unternehmer sind. Für außerhalb der Obhutszeit verursachte Vermögensschäden haftet der Frachtführer nach dem allgemeinen Schuldrecht (6 Ob 215/02i; Schütz aaO), hier also nach den einschlägigen Bestimmungen des ABGB. In der schon mehrfach zitierten Entscheidung ZVR 1985/145 (2 Ob 637/84) beurteilte der Oberste Gerichtshof einen vergleichbaren Sachverhalt: Auch im damaligen Anlassfall hatte der Fahrer des Transportfahrzeuges dem Empfänger die Gewahrsame über das Transportgut bereits eingeräumt, ehe er von dem mit der Abladung betrauten Kranfahrer die Anweisung erhielt, ca einen Meter weit zurückzufahren, um ein sicheres Aufnehmen der Ladung mit dem Kran zu gewährleisten. Nach Zurücklegung einer Strecke von ca einem halben Meter war das bereits losgegurtete Transportgut (ein Fräswerk) vom Anhänger gerutscht.

Der erkennende Senat vertrat dazu die Rechtsansicht, ein zur (besseren) Durchführung weiterer Entladetätigkeit durch den Empfänger erforderliches Fahrmanöver mit dem Transportfahrzeug stelle keine bloße Gefälligkeit des Frachtführers dar, sondern sei seine vertragliche Nebenpflicht, die sich aus dem Beförderungsvertrag ergebe. Bei der Erfüllung dieser vertraglichen Nebenpflicht sei dem Lenker des Frachtführers jedoch kein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten (die von der klagenden Partei behauptete abrupte Bremsung konnte nicht erwiesen werden) unterlaufen. Da die Entladung der klagenden Partei oblegen sei, habe der Entladevorgang zu ihrem Risikobereich gehört. Sie hätte daher die zur Sicherung des Gutes gegen die mit der Abladung verbundenen Gefahren notwendigen Vorkehrungen treffen müssen. Diese seien ihr auch dann oblegen, wenn sich im Zuge des Abladevorganges ein weiteres Fahrmanöver des Transportfahrzeuges als notwendig erwiesen habe. Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, dass der Lenker die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen treffen hätte müssen, könne mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit des Entladevorganges zum Risikobereich der klagenden Partei nicht geteilt werden. Ob dem Lenker aber die Verletzung einer Warnpflicht zur Last falle, für welche der Frachtführer gemäß § 1313a ABGB einzustehen habe, sei nicht zu prüfen, weil die klagende Partei ihre Ansprüche auf die Verletzung einer solchen vertraglichen Nebenpflicht nicht gestützt und in diese Richtung auch kein Sachvorbringen erstattet habe.

Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall insoweit übertragbar, als es auch hier dem über die Ladung bereits verfügungsberechtigten Kläger bzw dem von ihm mit der Abladung betrauten dritten Unternehmer oblegen wäre, vor dem Umstellen des Transportfahrzeuges Vorkehrungen zur Sicherung des Transportgutes zu treffen. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen kann dem Beklagten daher nicht vorgeworfen werden, die Maschine nicht neuerlich fixiert zu haben. Dass dem Beklagten bei seinem Fahrmanöver ein fahrtechnischer Fehler unterlaufen wäre, wurde weder behauptet noch festgestellt. Anders als in der zitierten Entscheidung hat der Kläger jedoch Sachvorbringen erstattet, aus welchem der Vorwurf einer Warnpflichtverletzung durch den Beklagten abgeleitet werden kann. Auf den Frachtvertrag sind nach herrschender Ansicht subsidiär die Bestimmungen über den Werkvertrag anzuwenden (RIS-Justiz RS0021783; Schütz aaO § 425 Rz 24 mwN). Den Frachtführer trifft demnach auch die Warnpflicht gemäß § 1168a Satz 3 ABGB (vgl auch 1 Ob 603/95) und zwar auch gegenüber dem Empfänger, ob dieser nun als gemäß § 881 Abs 2 ABGB berechtigter oder in den Schutzkreis des Unterfrachtvertrages einbezogener Dritter anzusehen ist.

Der Kläger hat in erster Instanz behauptet, der Beklagte hätte um die unzureichende Sicherung der Maschine Bescheid wissen müssen und damit implizit auch vorgebracht, dass dem Beklagten die Gefahr der Beschädigung des Transportgutes vor dem Verstellen des Transportfahrzeuges vorhersehbar gewesen sei. Dem sind auch die Vorinstanzen auf Sachverhaltsebene gefolgt, allerdings mit dem unzutreffenden rechtlichen Schluss, der Beklagte wäre zur Fixierung der Ladung verpflichtet gewesen. Unter dem Aspekt einer möglichen Warnpflichtverletzung wurde das Sachvorbringen des Klägers hingegen weder erörtert noch geprüft. Nach den Feststellungen war die Entscheidung, das Transportfahrzeug umzustellen, Ergebnis einer „Besprechung" zwischen dem Kläger, dem Beklagten und dem Kranwagenfahrer. Ob hiebei das Erfordernis der Sicherung der Maschine zur Sprache kam, steht ebensowenig fest, wie die Erkennbarkeit der Gefahr des Herabkippens auch für den Kläger bzw den zur Entladung herangezogenen Kranwagenfahrer. Des weiteren ist noch ungeklärt, welche Dispositionen bei einer entsprechenden Warnung durch den Beklagten getroffen worden wären. Erst nach Kenntnis dieser Tatumstände kann aber beurteilt werden, ob der Beklagte die Beschädigung des Ladegutes wegen einer schuldhaften Verletzung der vertraglichen Warnpflicht zu vertreten hat und ob den Kläger ein seinen Ersatzanspruch minderndes Mitverschulden trifft (vgl M. Bydlinski in KBB, § 1168a ABGB Rz 11).

Aus diesem Grund - und um die Parteien nicht mit einer von ihnen nicht bedachten Rechtsansicht zu überraschen - sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgericht wird die dargelegte Rechtsansicht mit den Parteien zu erörtern und ihnen die Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und zu Beweisanboten zu geben haben. Nach Maßgabe dieses Vorbringens wird es das Verfahren sodann zu ergänzen und Feststellungen über die noch offenen Fragen zu treffen haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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