OGH 5Ob270/03x

OGH5Ob270/03x9.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Handelsgesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Peter Schnabl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Helmut N*****, vertreten durch Rechtsanwälte Neudorfer Griensteidl, Hahnkamper, Stapf & Partner, Wien, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert EUR 2.180,- -) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Juli 2003, GZ 35 R 30/03a-26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 4. November 2002, GZ 11 C 5/02-21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Zweifamilienhaus H*****. Der Klägerin gehört die im ersten Obergeschoß des Hauses gelegene Wohnung top 2 mit einem von der Nordseite des Hauses aus begehbaren Garten, dem Beklagten die Erdgeschoß-Wohnung top 1 mit einem Garten, der unmittelbar von der Wohnung aus zugänglich ist.

Das Wohnungseigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft wurde im Jahr 1958 von Rechtsvorgängern der Streitteile begründet. Der Wohnungseigentumsvertrag vom 3. 10. 1958 wies die den Wohnungen zugeordneten Freiflächen in einem beigelegten Plan mit verschiedenen Farben aus, und zwar rot schraffiert für den Eigentümer der Wohnung top 1, blau schraffiert für den Eigentümer der Wohnung top 2.

Die farblich gekennzeichneten Freiflächen sind annähernd gleich groß. Jene, die top 1 zugeordnet ist, hat ein Ausmaß von 52,41 m2 und stimmt in der Natur - von geringen, hier nicht weiter interessierenden Planabweichungen abgesehen - mit dem eingezäunten bzw abgegrenzten Garten des Beklagten überein; die Freifläche der Klägerin besteht aus einem ebenfalls eingezäunten bzw abgegrenzten Garten im Ausmaß von ca 50 m2 und einer mit Natursteinplatten belegten Zugangsfläche entlang der Nordseite des Hauses.

Obwohl der Garten des Beklagten laut Wohnungseigentumsvertrag nur von der Wohnung top 1 betreten werden kann, ist im Maschendrahtzaun, der den Weg zum Garten der Klägerin in Anschluss an die nordseitige Hauswand begrenzt, eine ca 1 m breite Tür vorgesehen. Dieser Zaun samt Tür zum Garten des Beklagten wurde bereits beim Bau des Hauses im Jahr 1958 errichtet. Auch die sonstigen Gartenbegrenzungen (etwa eine ca 30 cm hohe Natursteinmauer zwischen den Gärten und die am Ende der Zugangsfläche in den Maschendrahtzaun eingelassene Tür zum Garten der Klägerin) wurden damals geschaffen.

Der Beklagte hat die Wohnung top 1 samt Zubehör (Garage und Gartenanteil) im Jahr 1972 in Kenntnis des Wohnungseigentumsvertrags erworben, verkaufte das Objekt 1979 seiner Mutter und erhielt es im Jahr 1994 von dieser wieder geschenkt. Die Klägerin hat die andere Wohnung samt Zubehör im Jahr 1998 von einer Tochter des ursprünglichen Eigentümers gekauft. Ihrem Geschäftsführer ist bei der Besichtigung des Grundstücks die Gartentür zum Gartenteil des Beklagten nicht aufgefallen. Dem Grundbuch war kein Geh- oder sonstiges Benutzungsrecht des Eigentümers von top 1 an der Zugangsfläche neben dem Haus zu entnehmen.

Der Beklagte nimmt für sich das Recht in Anspruch, seinen Garten über die Zugangsfläche neben dem Haus (also nicht nur von seiner Wohnung aus) zu betreten.

Mit der am 17. 12. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin (kurz zusammengefasst) die Feststellung, dass der Beklagte kein Recht hat, über die Gartenzugangsfläche der Klägerin zu gehen, insbesondere um von dort den zu top 1 gehörigen Garten oder vom Garten die Zugangsfläche direkt zu erreichen. Außerdem sollte der Beklagte schuldig erkannt werden, das Betreten der Gartenzugangsfläche laut Feststellungsbegehren zu unterlassen. Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, dass die strittige Zugangsfläche in ihrem Wohnungseigentum stehe, zumal sie das Objekt im Vertrauen auf das Grundbuch unbelastet erworben habe; dem Beklagten stehe kein Recht zu, die Zugangsfläche zu benutzen.

Der Beklagte beantragte die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens. Seine Einwendungen laufen im Wesentlichen darauf hinaus, dass schon die ursprünglichen Wohnungseigentümer die vom Wohnungseigentumsvertrag abweichende Vereinbarung getroffen hätten, dem Eigentümer von top 1 einen Zugang zum Garten über die strittige Zugangsfläche zu verschaffen. Dieses Zugangsrecht habe die Klägerin gegen sich gelten zu lassen, weil es stets (insbesondere durch die von Anfang an vorhandene Gartentür) offenkundig gewesen sei. Außerdem habe der Beklagte das seit Bestehen des Hauses (auch von seinen Rechtsvorgängern) ausgeübte Zugangsrecht ersessen.

Soweit es auf Details des beiderseitigen Prozessvorbringens (siehe dazu die ausführliche Wiedergabe in ON 21, 2 bis 5) ankommt, wird darauf bei der Behandlung der Rechtsmittelschriften noch einzugehen sein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging dabei vom eingangs (verkürzt) wiedergegebenen Sachverhalt sowie von folgenden für das Revisionsverfahren bedeutsamen Feststellungen aus:

Die Errichter und ersten Wohnungseigentümer des Hauses H***** haben die Zugehörigkeit der Gartenfläche(n) zu (jeweils) einer Wohnung des Hauses nicht weiter besprochen. Der diesbezügliche Plan war ein integrierender Bestandteil des Wohnungseigentumsvertrags. Ein Zugang auf Widerruf wurde nicht bewilligt.

Dass jener Teil (der Freifläche), der an der nördlichen Außenseite des Hauses vorbeiführt, eigentlich der Klägerin gehört, ist für diese erst anlässlich einer im Mai 1999 durchgeführten Vermessung hervorgekommen.

Der Beklagte und seine Familienmitglieder benutzten und benutzen seit dem Jahr 1972 immer wieder den von außen durch die Gartentür führenden Eingang zu dem zu seiner Wohnung gehörigen Gartenanteil.

Nicht festgestellt werden konnte, dass die ursprünglichen Wohnungseigentümer vereinbart hätten, der Eigentümer der im Parterre gelegenen Wohnung dürfe über den Zugangsweg zu seinem Gartenanteil zugehen, und dass sie von der "Färbelung der Beilage zum Wohnungseigentumsvertrag" einvernehmlich abgegangen wären. Weiters konnte nicht festgestellt werden, "dass der Beklagte den Zugang zum Garten ersessen hat".

In der rechtlichen Würdigung dieses Sachverhalts gelangte das Erstgericht zum Schluss, dass die aus dem Wohnungseigentumsvertrag und dem Plan ersichtlichen Nutzungsrechte auch in den Vertrag eingeflossen seien, mit dem der Beklagte das Objekt top 1 im Jahr 1972 kaufte. Dass der Zaun in natura etwas anders gesetzt und Gartentüren vorhanden waren, die für den Zugang verwendet wurden, habe an der vertraglichen Vereinbarung nichts geändert. Anhaltspunkte für ein einvernehmliches Abgehen von den Plänen hätten sich im Beweisverfahren nicht ergeben. Auch eine Ersitzung des Zugangsrechts sei nicht erfolgt. Da der Beklagte sein Objekt am 2. 10. 1972 kaufte, die vorliegende Klage aber schon am 17. 12. 2001 einlangte, sei die 30-jährige Ersitzungsfrist des § 1470 ABGB noch nicht abgelaufen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hielt daran fest, dass die strittige Gartenzugangsfläche laut Wohnungseigentumsvertrag eindeutig dem Objekt top 2 zugewiesen sei und sich in diesem Vertrag auch kein Anhaltspunkt für das vom Beklagten in Anspruch genommene Zugangsrecht finde. Der Nachweis einer diesbezüglichen Vereinbarung sei dem Beklagten nicht gelungen. Mangels einer solchen Vereinbarung sei nur mehr eine allfällige Ersitzung zu prüfen. Dazu habe der Beklagte ausgeführt, dass er gemäß § 1493 ABGB berechtigt sei, die Ersitzungszeit seines Rechtsvorgängers einzurechnen. Im konkreten Fall scheide aber eine Ersitzung des Beklagten überhaupt aus, weil diese einen redlichen und echten Besitz voraussetze. Ein Rechtsbesitzer sei redlich, wenn er glauben könne, dass ihm die Ausübung des Rechtes zusteht; hingegen sei er unredlich, wer wisse oder aus den Umständen vermuten müsse, dass das Recht einem anderen zugehört bzw gar nicht besteht. Demnach gehe die Redlichkeit schon dann verloren, wenn sich jemand nur aus leichter Fahrlässigkeit für berechtigt hält, es in Wahrheit aber gar nicht ist. Auch diesbezüglich wiege der Wortlaut des gegenständlichen Vertrages samt Plan so schwer, dass dem auch anderslautende "Versprechen" der Rechtsvorgänger des Beklagten nicht entgegenstehen würden. Der Beklagte gestehe selbst ein, dass er nach dem Lesen des Wohnungseigentumsvertrages (vor Abschluss des Kaufvertrages) eigentlich davon ausgegangen sei, dass sich die Verhältnisse so gestalten, wie sie jetzt von der Klägerin behauptet werden. Dadurch hätte er gute Gründe gehabt, einen Blick ins Grundbuch zu werfen, das keine Belastung (der Zugangsfläche) aufgewiesen habe und auch gegenwärtig nicht aufweise. Daraus sei dem Beklagten ein Vorwurf zu machen, der eine Ersitzung mangels Ersitzungsbesitzes ausschließe.

Auf die Frage, ob der Klägerin die Kenntnis ihrer Vertreterin (beim Abschluss des Kaufvertrages) vom Bestehen eines Zugangsrechtes zuzurechnen ist, sei nicht einzugehen, weil ein solches Recht eben nicht vorliege. Die Frage der Wissenszurechnung wäre nur in dem Zusammenhang bedeutsam gewesen, als die Klägerin bei Offenkundigkeit der Servitut nicht auf den Grundbuchsstand hätte vertrauen dürfen.

Darüber hinaus sei zu bedenken, dass das vom Beklagten behauptete Zugangsrecht über den Gartenteil der Klägerin eine Wegservitut darstellen würde. Die Begründung von Realservituten sei jedoch nur an ganzen Grundbuchskörpern oder einzelnen Parzellen als dienendem Grundstück zulässig, nicht jedoch an ideellen Anteilen. Daher könne ein Wohnungseigentümer ob seinem Mindestanteil keine Grunddienstbarkeit zugunsten eines anderen Wohnungseigentümers (Mindestanteil) einräumen (KG Wels R 617/77 = RPflSlgG 1832). Die gegenteilige Entscheidung (KG Wels R 437/90 = NZ 1990/185 m Anm Hofmeister) betreffe den Problemkreis der Sondernutzung von mit Wohnungseigentum verbundenen Abstellplätzen wegen der damals nur für 2 Abstellplätze als Zubehör zulässigen Nutzungsrechte und sei mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar. Verbiete sich jedoch die Verbücherung einer vertraglich eingeräumten Realservitut an mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht verbundenen Miteigentumsanteilen nach dem WEG (1949 oder 1975), so stehe dies auch der Ersitzung entgegen, da nicht ersessen - und in der Folge verbüchert - werden könne, was in verbücherungsfähiger Form vertraglich gar nicht vereinbart werden könne.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, jedoch nicht EUR 20.000 übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass es zum Problemkreis einer dem Wohnungseigentumsvertrag von vornherein widersprechenden Nutzung durch einen von nur zwei Wohnungseigentümern und einer Begründung von Realservituten am Mindestanteil des einen Wohnungseigentümers zu Lasten des Mindestanteils des anderen Wohnungseigentümers keine Judikatur des Höchstgerichtes gebe.

Gegen das Berufungsurteil hat der Beklagte Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag erhoben, die vorinstanzlichen Urteile so abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen wird. In eventu sollen die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung an das Gericht erster oder zweiter Instanz zurückverwiesen werden.

Von der Klägerin liegt dazu eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn ihres Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Die Rechtsmittelausführungen des Beklagten lassen sich so zusammenfassen, dass er dem Berufungsgericht drei Fehler bei der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls vorwirft:

1.) Die Auslegung des Wohnungseigentumsvertrages könne gar nicht zum Ergebnis führen, dass die strittige Zugangsfläche vom Beklagten nicht benützt werden darf, weil nach der zwingenden Vorschrift des § 1 Abs 2 letzter Halbsatz WEG 1948 (Zubehör-)Wohnungseigentum nur an deutlich abgegrenzten Teilen der Liegenschaft begründet werden konnte, was angesichts der von Anfang an vorhandenen Einfriedungen nur auf die eigentlichen Gartenflächen, nicht aber auf deren Zugang zutreffe.

2.) Dass der Mindestanteil eines Wohnungseigentümers nicht mit einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Wohnungseigentümers eines anderen Mindestanteils belastet werden könne, sei unrichtig. Außerdem könnte ein Zugangsrecht auch als unregelmäßige persönliche Dienstbarkeit ausgestaltet sein.

3.) Die Unredlichkeit eines Ersitzungsbesitzers könne nicht daraus abgeleitet werden, dass das beanspruchte Recht im Grundbuch nicht eingetragen ist, weil diesfalls eine Ersitzung gar nicht notwendig wäre. Da für den Besitzer die Vermutung der Redlichkeit spreche, wäre es Sache der Klägerin gewesen, die Unredlichkeit des Beklagten zu behaupten und nachzuweisen. Aus dem festgestellten Sachverhalt lasse sich weder die Unredlichkeit des Beklagten noch die seiner Rechtsvorgänger ableiten. Das Berufungsgericht hätte demnach die Redlichkeit des Beklagten (und seiner Rechtsvorgänger) bejahen und (wie in der Berufung gegen das erstgerichtliche Urteil beantragt) Feststellungen dazu treffen müssen, welche Ersitzungszeit seiner Rechtsvorgänger sich der Beklagte einrechnen kann.

Dazu wurde erwogen:

1.) Dass die Klägerin bzw deren Rechtsvorgänger an der strittigen Zugangsfläche gar kein (Zubehör-)Wohnungseigentum erworben haben kann, trifft nicht zu und ließe sich auch nicht mit dem Vorbringen des Beklagten vereinbaren, der Zugang zu seinem Garten erfolge (auch) "über den Gartenteil des anderen Eigentümers" (ON 3, AS 8). § 1 Abs 2 WEG 1948 sah zwar - so wie § 1 Abs 2 WEG 1975 (vgl jetzt § 2 Abs 3 WEG 2002) - die Begründung von Zubehörwohnungseigentum nur an solchen Teilen der Liegenschaft vor, die deutlich abgegrenzt sind, doch sollte damit nur eine Beweiserleichterung für die Feststellung des Umfangs des Akzessoriums geschaffen werden. Die Abgrenzung sollte sinnlich wahrnehmbar sein, war also nicht allein auf die Errichtung von Zäunen oder Mauern beschränkt (vgl Faistenberger/Barta/Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 49 zu § 1). Letztlich ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen, ob eine Abgrenzung ausreichend deutlich ist (vgl Würth in Rummel 3, Rz 14 zu § 2 WEG 2002 [so auch schon in Vorauflagen des Kommentars]). Dass dabei in einem Zweifamilienhaus weniger strenge Anforderungen gelten als in einer großen Wohnungseigentumsanlage, liegt auf der Hand. Nach diesen Kriterien hat auch die in der Außerstreitstellung der Zugehörigkeit der fraglichen Zugangsfläche zum Wohnungseigentumsobjekt der Klägerin enthaltene Feststellung einer deutlichen Abgrenzung Bestand.

2.) Nach herrschender Judikatur kann ein Wohnungseigentümer seinen mit Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt verbundenen Mindestanteil auch mit Realservituten zugunsten des Wohnungseigentümers eines andern Mindestanteils derselben Liegenschaft belasten (RIS-Justiz RS0082754). Eine solche Dienstbarkeit kann zwar inhaltlich nicht über das dem Besteller an seinem Wohnungseigentumsobjekt zustehende ausschließliche Nutzungs- und Verfügungsrecht hinausgehen (5 Ob 70/91 = NZ 1992, 156/235 [Hofmeister]), darf also beispielsweise nicht in die gemeinschaftlichen Nutzungsrechte an allgemeinen Teilen der Liegenschaft eingreifen, doch träfe dies bei der Einräumung eines Mitbenützungsrechtes an einer im Zubehörwohnungseigentum stehenden Grundfläche ohnehin nicht zu. Dass die vom Beklagten geltend gemachte Ersitzung des strittigen Zugangsrechts mangels Verbücherungsfähigkeit nicht in Frage käme, ist daher kein tragfähiges Argument.

3.) Um den Einwand der Klägerin zu widerlegen, sie habe ihr Wohnungseigentumsobjekt - konkret die strittige Zugangsfläche - im Vertrauen auf den Grundbuchsstand lastenfrei erworben, hat der Beklagte auf die Offenkundigkeit seines Zugangsrechts (die Sinnfälligkeit der Tür zu seinem Garten) verwiesen, das schon die ursprünglichen Wohnungseigentümer vereinbart hätten und von ihm ersessen worden sei.

Dazu ist vorweg klarzustellen, dass dann, wenn dem Beklagten tatsächlich der Nachweis eines Zugangsrechts gelänge, ein lastenfreier Erwerb der Klägerin im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs nicht in Frage käme. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich eine nicht verbücherte Dienstbarkeit gegen den Käufer der dienenden Liegenschaft wirksam, wenn sie im Erwerbszeitpunkt offenkundig war (6 Ob 117/97t = MietSlg 49.028; 8 Ob 16/00m = ecolex 2001/11 ua jeweils mwN). Dazu genügt es, dass er bei einiger Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen können, dass sich auf dem erworbenen Objekt Einrichtungen befinden, die das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen (RIS-Justiz RS0011633 und RS0034803; vgl auch RIS-Justiz RS0011676, RS0034730 ua). Einen derartigen Hinweis liefert auch ein Zugangstor, das bei einer von Wegerechten freien Liegenschaft keine Funktion hätte (vgl 8 Ob 134/63 = SZ 36/92). Dass der Garten des Beklagten von der strittigen Zugangsfläche aus durch eine im Zaun vorhandene Tür zu betreten war, hätte also die Klägerin dazu veranlassen müssen, Erkundigungen über ein etwaiges Zugangsrecht einzuholen; sie durfte sich nicht auf den Grundbuchsstand verlassen. Dass ihrem Geschäftsführer die Gartentür bei der Besichtigung des Objekts nicht aufgefallen ist, ändert daran nichts, weil in diesem Zusammenhang schon fahrlässige Unkenntnis schadet (2 Ob 229/73 = SZ 47/29 ua; zuletzt 6 Ob 88/03i mwN).

Auf eine vom ursprünglichen Wohnungseigentümer der Einheit top 2 (dem Miterrichter des Hauses und der Garteneinfriedung) dem anderen Wohnungseigentümer eingeräumte Dienstbarkeit des Gartenzugangs über die strittige Grundfläche kommt der Beklagte in seiner Revision selbst nicht mehr zurück. Offenbar hat er sich der Einsicht gebeugt, dass die Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit nur dann den Eintragungsgrundsatz durchbricht (6 Ob 79/98f = SZ 71/214; 8 Ob 16/00m = ecolex 2001/11; 7 Ob 127/00b mwN), wenn der Berechtigte über einen Erwerbstitel verfügt (vgl 8 Ob 622/91 = MietSlg 44.024; 7 Ob 127/00b; siehe im Übrigen RIS-Justiz RS0011631) oder das Recht ersessen hat (RIS-Justiz RS0011707). Die negative Tatsachenfeststellung, es sei nicht erweislich, dass die ursprünglichen Wohnungseigentümer ein Recht des Gartenzugangs des Eigentümers der Einheit top 1 über die strittige Grundfläche vereinbart haben, wurde nämlich vom Berufungsgericht bestätigt und schließt im Kontext ein nachweislich tituliertes Zugangsrecht des Beklagten (das er noch in seiner Berufung gegen das erstgerichtliche Urteil verfochten hatte) aus.

Es bleibt aber die vom Beklagten geltend gemachte Ersitzung zu prüfen.

Insoweit liegt keine den OGH bindende (die Ersitzung ausschließende) Tatsachenfeststellung der Vorinstanzen vor, weil der vom Erstgericht den Sachverhaltsfeststellungen zugeordnete Satz, es sei nicht erweislich, "dass der Beklagte den Zugang zum Garten ersessen hat", gar kein Tatsachensubstrat enthält und lediglich als Äußerung einer Rechtsansicht verstanden werden kann. Das Berufungsgericht wiederum hat diese Rechtsansicht mit Argumenten zu untermauern versucht, die einer Überprüfung nicht standhalten. Eines - der Hinweis auf die vermeintliche rechtliche Unmöglichkeit, ein Wohnungseigentumsobjekt mit einer Realservitut zu belasten - wurde bereits als unzutreffend erkannt. Das andere - der Schluss von der fehlenden Eintragung eines Zugangsrechts im Grundbuch auf die Schlechtgläubigkeit bzw Unredlichkeit des Beklagten beim Erwerb der Wohnungseigentumseinheit top 1 - ist ebenfalls nicht stichhältig. Da die Ersitzung ein äußerbücherliches Recht entstehen lässt, ist die (mögliche) Kenntnis des Besitzers vom fehlenden Bucheintrag des in Anspruch genommenen Rechts kein Indiz für dessen Schlechtgläubigkeit. Auch die Indizwirkung der Unterlassung eines Bucheintrags durch den Rechtsnachfolger des Besitzers bzw eines Bemühens darum ist zu schwach, wäre doch sonst die gesetzlich vorgesehene Fortsetzung des Ersitzungsbesitzes (§ 1493 ABGB) bei Grunddienstbarkeiten fast regelmäßig in Frage gestellt. Die dem Beklagten vom Berufungsgericht angelastete Kenntnis des Wohnungseigentumsvertrags bzw der daraus ersichtlichen Zugehörigkeit der strittigen Zugangsfläche zum Wohnungseigentumsobjekt top 2 vermag schließlich die Annahme einer unredlichen Besitzausübung schon deshalb nicht zu begründen, weil die Wohnungseigentümer nicht gehindert waren, den Gartenzugang vertraglich zu regeln. Die Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit unterlag keinem Formgebot; sie konnte auch schlüssig erfolgen (1 Ob 295/98h; vgl auch 3 Ob 276/61 = JBl 1963,377).

Um zu der vom Beklagten behaupteten Ersitzung eines Zugangsrechts über die im Zubehörwohnungseigentum der Klägerin stehenden Grundfläche zu gelangen, fehlt also nach der derzeitigen Aktenlage lediglich der Nachweis eines ausreichend langen, nämlich 30-jährigen Besitzes (§§ 1468, 1470, 1493 ABGB). Da die Ausübung eines dem beanspruchten Recht entsprechenden Besitzes bereits feststeht, ist nur mehr der Nachweis des ausreichend langen Besitzers vom Beklagten zu fordern; der Beweis der Unredlichkeit des Beklagten und der Fehlerhaftigkeit des Besitzes obliegt der Klägerin (1 Ob 42/82 = JBl 1983, 480; 7 Ob 226/01p = NZ 2003/9 ua jeweils mwN; siehe im Übrigen RIS-Justiz RS0034237, RS0034243, RS0034251 und RS0010185).

Zur Dauer seines Ersitzungsbesitzes (angeblich seit 1972) und des nach § 1493 ABGB einzurechnenden Ersitzungsbesitzes des früheren Wohnungseigentümers des Objektes top 1 (der schon 1958 begonnen haben soll), hat der Beklagte in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil die Feststellung begehrt, dass seine Rechtsvorgängerin stets davon überzeugt war, zur Erreichung ihres Gartenanteils über den in Frage stehenden Zugangsweg gehen zu dürfen. Dem Kontext der Rechtsmittelausführung ist zu entnehmen, dass den Verfahrensergebnissen eine seit 1958 andauernde Ausübung des vermeintlichen Rechts entnommen werden könne, dass es also konkret um die Feststellung der Dauer der Besitzausübung durch die Rechtsvorgängerin des Beklagten und die Einrechnung nach § 1493 ABGB geht. Mit diesem jetzt in der Revision wiederholten Argument, die Rechtslage hätte ergänzende Feststellungen darüber verlangt, welche Ersitzungszeit dem Beklagten insgesamt zugute kommt, hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Tatsächlich ist nach § 1493 iVm § 1463 ABGB derjenige, der eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer redlich übernimmt, als Nachfolger berechtigt, die Ersitzungszeit seines redlichen Rechtsvorgängers mit einzurechnen. Dabei wird zwischen Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge nicht unterschieden (RIS-Justiz RS0034604). Der vom Beklagten geforderten Einrechnung der Besitzzeit seiner Rechtsvorgängerin stehen also keine rechtlichen Hindernisse entgegen; es liegt insoweit ein entscheidungswesentlicher sekundärer Feststellungsmangel vor.

Der Mangel haftet auch schon der erstinstanzlichen Entscheidung an. Da seine Behebung neue Beweisaufnahmen erforderlich machen könnte und auch neues Tatsachenvorbringen zu sonstigen Ersitzungsvoraussetzungen nicht gänzlich auszuschließen ist, erscheint es zweckmäßig, die Verfahrensergänzung dem Erstgericht aufzutragen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

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