OGH 8ObA45/03f

OGH8ObA45/03f30.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Herbert Bernold als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Hohenstaufengasse 10-11, 1010 Wien, vertreten durch Grießer Gerlach Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, vertreten durch Dr. Helwig Aubauer, Mag. Harald Kaszanits, Abteilung für Sozialpolitik, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass die bei der r***** GmbH, C***** GmbH und g***** ***** GmbH tätigen Zusteller, die eine Tätigkeit wie in den Werkverträgen /B, /C und /D sowie den Zustellerfibeln /E, /F und /G vereinbarten und unter den in den Zustellerfibeln und im Antrag umschriebenen Verpflichtungen ausüben, als Arbeitnehmer die sich aus den §§ 1151 bis 1164 ABGB ableitenden Rechtsansprüche gegen die genannten Handelsgesellschaften als Arbeitgeber besitzen und diese Bestimmungen auf die Vertragsverhältnisse anzuwenden sind, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Im Konzern der S***** AG - Sparte Mediendienstleistungen - sind die Unternehmen r***** GmbH, C***** GmbH und g***** GmbH tätig. Die r***** und die C***** befassen sich mit der Zeitungszustellung. Die g***** betreibt die Zustellung von Werbemitteln. Alle drei Unternehmen sind Mitglieder der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller behauptet zu seinem im Spruch genannten Antrag folgenden Sachverhalt:

"Die Zustelltätigkeit der genannten Unternehmen wird in der Weise durchgeführt, dass sie als Auftraggeber mit als "selbständig Erwerbstätigen" bezeichneten Auftragnehmern als "Werkverträge" bezeichnete Verträge schließen. Die Textierung des Vertrages stammt vom Auftraggeber. Vor Aufnahme einer Tätigkeit ist der Vertrag vom Auftragnehmer zu unterzeichnen.

Die Werkverträge der C***** und der r***** (./B und ./C) enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:

I.

Der Auftragnehmer übernimmt als selbständig Erwerbstätiger gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG als "neuer Selbständiger" die Zustellung der vom Auftraggeber bestimmten Zeitungen in den vereinbarten Gebieten (Zustellbezirken) an den vereinbarten Zustelltagen.

Der nähere organisatorische Ablauf der Hauszustellung ist der beiliegenden Zustellerfibel zu entnehmen, die auch als Bestandteil des gegenständlichen Werkvertrages gilt.

II.

Die Honorare werden nach den gesondert vereinbarten Richtlinien bemessen und werden monatlich im Nachhinein in Rechnung gestellt.

Der Auftragnehmer verfügt über alle für seine Tätigkeit erforderlichen Betriebsmittel selbst und es sind auch alle diesbezüglichen Aufwendungen mit dem vereinbarten Honorar abgegolten.

Das Honorar wird für die ordnungsgemäße Leistungserbringung gewährt und es bestehen darüber hinaus keine wie immer gearteten Honorar- oder Vergütungsansprüche.

III.

Der Auftragnehmer ist bei der Erfüllung des Auftrages als selbständig Erwerbstätiger weitestgehend ungebunden. Es liegt insbesondere keine persönliche Arbeitsverpflichtung vor und kann sich der Auftragnehmer generell und jederzeit bei der Erbringung der bedungenen Tätigkeiten durch geeignete Dritte vertreten lassen.

Überträgt der Auftragnehmer die vereinbarten Tätigkeiten, erfolgt dies auf seine Kosten und Gefahr und er haftet dem Auftraggeber gegenüber für die ordnungsgemäße Leistungserbringung.

Aus administrativen Gründen hat der Auftragnehmer die Namen der Vertreter mitzuteilen; sollte sich der Auftragnehmer nur helfen lassen, ist dies nicht notwendig. Im Vertretungsfall entsteht zwischen dem Vertreter und dem Auftraggeber kein wie immer geartetes Vertragsverhältnis. Die Honorierung des Vertreters oder Helfers erfolgt ausschließlich durch den Auftragnehmer entsprechend den mit ihm vereinbarten Bedingungen. Einen Vergütungsanspruch hat der Auftragnehmer ausschließlich gegenüber dem Auftraggeber. Der Auftragnehmer haftet dem Auftraggeber jedoch für die Einhaltung aller im Zusammenhang mit der Erbringung seiner Tätigkeit maßgebenden gesetzlichen Vorschriften auch durch seine Vertretung oder Helfer....

IV.

Auftraggeber wie Auftragnehmer gehen in beiderseitiger Übereinstimmung und beiderseitigem Willen davon aus, dass es sich beim gegenständlichen Vertragsverhältnis um die "neue Selbständigkeit" handelt und diese Tätigkeit der Sozialversicherungspflicht nach dem GSVG (§ 2 Abs 1 Z 4) unterliegt...

V.

Dieser Vertrag kann von beiden Seiten jederzeit aufgekündigt werden....

Im Rahmenwerkvertrag der g***** (/D) ist festgehalten:

1.2 Gegenstand des Unternehmens der Auftraggeberin ist die Verteilung von Werbe- und Informationsmaterial sowie Sammelboxen direkt an Haushalte zum festgesetzten Termin in einem vereinbarten Verteilungsgebiet. Um die Aufträge der Kunden der Auftraggeberin zu erfüllen, vergibt diese jeweils projektbezogen eine bestimmte Anzahl von Verteilungsaufträgen an Subunternehmer. Diese Aufträge an Subunternehmer werden nach Ort und Umfang des Auftrages sowie unter Bedachtnahme auf den Abschlusszeitpunkt verteilt...

2.1 Weder ist die Auftraggeberin verpflichtet, den Auftragnehmer mit einem Auftrag zu betrauen, noch ist der Auftragnehmer verpflichtet, einen von der Auftraggeberin angebotenen Auftrag anzunehmen oder zu erfüllen.

2.2 Der Auftragnehmer übernimmt jeweils für ein von ihm akzeptiertes Verteilungsgebiet Werbemittel bzw Sammelboxen zur Verteilung. Der Auftragnehmer ist bei der Durchführung der von ihm übernommenen Tätigkeit in Zeiteinteilung, Dauer und Gestaltung des Tätigkeitsablaufes an keinerlei Weisungen der Auftraggeberin gebunden. Der Auftragnehmer ist an keine Arbeitszeitvorgaben gebunden, sondern kann darüber frei entscheiden, zu welchen Zeiten er die Aufträge (Werke) erfüllt. Der Auftragnehmer hat nur den Auftrag (das Werk) zum vereinbarten Abschlusszeitpunkt zu vollenden.

2.3 Sollte es dem Auftragnehmer, aus welchem Grund auch immer, nicht möglich sein, den übernommenen Auftrag, ganz oder auch nur teilweise, zu erfüllen, hat er das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen die Verteilungstätigkeit für die Auftraggeberin zu beenden bzw von der Vereinbarung zurückzutreten; noch nicht verteiltes Werbematerial und Sammelboxen sind unverzüglich zurückzustellen.

2.4 dieses Rahmenwerkvertrages entspricht weitgehend dem dritten Absatz des Punktes III der Werkverträge der r***** und der C*****.

Punkt 3. des Rahmenwerkvertrages der g***** sieht vor, dass das Honorar gegen Legung einer entsprechenden Rechnung zu überweisen ist.

Punkt 4. legt fest, dass der Auftragnehmer selbst und auf eigene Rechnung für die zur Erfüllung seines Auftrages erforderlichen Betriebs- und Hilfsmittel zu sorgen hat, wobei die Möglichkeit eingeräumt ist, gegen gesonderte Vergütung und Kaution von der Auftraggeberin Betriebs- und Hilfsmittel ("Handwagerl") anzumieten.

Punkt 5. regelt, dass der Auftragnehmer keinem Konkurrenzverbot unterliegt.

Punkt 8. lautet:

8.1 Diese Rahmenvereinbarung gilt vorerst für unbestimmte Zeit; die einzelnen Verteilungsaufträge werden jeweils für ein bestimmtes Verteilungspaket erteilt: Der Auftraggeber ist aufgrund dieser Rahmenvereinbarung weder zur Erteilung eines Einzelverteilungsauftrages verpflichtet noch zu wiederholten Auftragserteilungen, insbesondere auch nicht für ein bestimmtes Gebiet. Das Vertragsverhältnis kann beiderseits ohne Einhaltung besonderer Fristen jederzeit aufgelöst werden.

Die im Wesentlichen gleichlautenden Zustellerfibeln der C***** und r***** legen fest, dass die Auslieferung der Zeitungen an dem vorbestimmten Ablageplatz erfolgt. Dort befinden sich die für den Auftragnehmer bestimmten Zeitungspakete, die mit seiner Zustellbezirksbezeichnung gekennzeichnet sind. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, dafür Sorge zu tragen, dass die Zeitungen bis spätestens 6.00 Uhr (r***** 11.30 Uhr) an die vom Auftraggeber bekanntgegebenen Hinterlegungsplätze (wie zB Wohnungstür, Zeitungsrolle, Briefschlitze oder Kästen) zugestellt werden. Bei Undurchführbarkeit der Zustellung hat der Auftragnehmer seinen Gebietsleiter zu verständigen (bei r***** ist nach Beendigung der Tour ein zweiter Zustellversuch vorzunehmen).

In Punkt 2. ist festgehalten, dass die Auftragnehmer die zur Erfüllung der Tätigkeit erforderlichen Haustürschlüssel und Zustellbücher erhalten und die Verantwortung für die zweckentsprechende Verwendung oder Verwahrung tragen. Überall dort, wo Haustürschlüssel zur Verfügung stehen, müssen die Produkte an die Wohnungstür zugestellt werden. Sollte der Auftragnehmer in seinem Zustellbezirk für Wohnhausanlagen noch keine Schlüssel haben, ist die Adresse dem Gebietsleiter unverzüglich bekanntzugeben, damit dieser Schlüssel besorgen kann. Das Zustellbuch als wesentliche Arbeitsunterlage ist tagesaktuell und vollständig zu führen. Alle Lieferveränderungen, die mit Nachtragslisten bekanntgegeben werden, sind täglich einzutragen. Für eine klaglose Zustellung in Vertretungsfällen sind daher auch alle sonst noch wichtigen Hinweise (Ablageplätze, Zustelltage usw) zu vermerken. Nachtragslisten, Reklamationen und sonstige Mitteilungen werden dem Auftragnehmer unter dem Deckblatt seines Zeitungspaketes beigepackt (oder auch - r***** - vom Depotleiter übergeben). Bei Erhalt vorgedruckter Etiketten hat eine entsprechende Aufklebung zu erfolgen. Zustellreklamationen werden übermittelt. Sollte eine unverzügliche ordnungsgemäße Zustellung nicht möglich sein, ist der Gebietsleiter unverzüglich zu kontaktieren. Abokündigungen dürfen vom Auftragnehmer nicht entgegengenommen werden.

In der Zustellerfibel der C***** ist überdies geregelt, dass bei Beauftragung des Auftragnehmers mit dem Inkasso dieser zusätzlich zum vereinbarten Honorar 2 % Inkassoprovision verrechnen kann, wenn er 80 % der Rechnungssumme bis zum 10. und den Rest bis spätestens 18. des Kalendermonats einbezahlt. Ferner legt die Zustellerfibel der C***** fest, dass jeder Zusteller ein Leseblatt gratis erhält. II. 1. Haftung hält fest: Der Zusteller führt die ihm übertragenen Tätigkeiten selbständig aus und haftet gegenüber dem Auftraggeber für die erforderliche Sorgfalt und für sämtliche Mängel der von ihm erbrachten Tätigkeiten. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Nachtruhe der in den Zustellbezirken wohnenden Menschen nicht unnötig gestört wird. Lärmentwicklungen im Stiegenhaus oder durch defekte Fahrzeuge sind jedenfalls zu vermeiden. Ausdrücklich gilt als vereinbart, dass sich der Zusteller generell und jederzeit bei der Verrichtung der bedungenen Tätigkeiten auf eigene Kosten und Gefahr durch geeignete Dritte vertreten lassen kann. Er haftet daher auch dem Auftraggeber gegenüber für die ordnungsgemäße Leistung seiner Subunternehmer.

Schließlich findet sich in den Zustellerfibeln ein Vordruck des "ersten Ansprechpartners in den Nachtstunden" mit einer Rubrik für Name und Telefonnummer und der Vordruck des tagsüber zur Verfügung stehenden Gebietsleiters.

Die Fibeln schließen mit dem Satz: Mit dieser Fibel wollen wir Ihnen das nötige Grundwissen über den reibungslosen Ablauf der Zustellung vermitteln. Heben Sie sie gut auf, damit Sie dieses Einmaleins der Zustellung jederzeit als griffbereites Nachschlagwerk zu Händen haben. Wir hoffen, in Ihnen einen treuen und verlässlichen Zusteller gefunden zu haben und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Tätigkeit....

Die Zustellerfibel der g***** enthält - abgesehen von den gleichlautenden Bestimmungen über die Haftung und die Ansprechpartner sowie den Schlusssatz - weniger detaillierte Bestimmungen über die Zustellvorgänge. Auch hier ist allerdings festgehalten, dass die Auslieferung der Werbemittelpakete an bekannten Abgabeplätzen bzw Depots erfolgt. Ferner verweist diese Fibel darauf, dass unabhängig von der jeweiligen Form der Wunsch, keine Werbemittel zu erhalten, zu berücksichtigen ist. Stückzahlreklamationen hat auch der Auftragnehmer der g***** zu erheben.

Die Zusteller werden täglich von Kontrolloren überprüft. Die Prüfung bezieht sich darauf, ob sie ihre Tätigkeit ordnungsgemäß erledigen, insbesondere, ob sie bei den Abgabestellen die Zustellprodukte abholen. Die Zustellung selbst wird stichprobenartig überprüft. Die Abrechnung erfolgt in der Weise, dass der Zusteller eine Mengenliste auszufüllen hat, woraus das zugestellte Produkt, die Abwurfstelle und das Datum hervorgeht. Anhand dieser Liste wird von den Unternehmen für den Zusteller monatlich eine Rechnung geschrieben.

Pro Zustellung erhält der Zusteller 5 Cent. Die Möglichkeit, 100 Zeitungszustellungen in der Stunde durchzuführen (Stundenlohn von EUR 5) besteht nur bei optimalen Verhältnissen. Der Zusteller bekommt Kilometergeld. Das verwendete Fahrzeug hat er zu stellen und zu erhalten. Für eine Vertretung des Zustellers ist eine entsprechende Einschulung und Kenntnis der Gepflogenheiten notwendig, um die Tätigkeit verrichten zu können, insbesondere um den gesetzten Zeitrahmen einzuhalten."

Aus diesem Sachverhalt leitet der Antragsteller ab, dass auf die Zusteller als Arbeitnehmer die §§ 1151 bis 1164 ABGB anwendbar seien. Bei sämtlichen Unternehmen seien zumindest drei Zusteller in der beschriebenen Art und Weise beschäftigt. Es handle sich großteils um ausländische Arbeitnehmer, die sich in einer wirtschaftlichen Zwangssituation befänden, sodass sie sich mit dem von den Arbeitgebern postulierten Vertragsbedingungen einverstanden erklärten. Aus den Zustellerfibeln ergäben sich die wahren Vertragspflichten der Auftragnehmer, die für ein Arbeitsverhältnis geradezu typisch seien. Die Zusteller seien dadurch weisungsunterworfen, dass sie an einer bestimmten Abgabestelle zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zeitungen oder das Werbematerial abholen müssten. Die wesentliche Arbeitsunterlage und zugleich das Kontrollinstrument sei das Zustellbuch, das tagesaktuell und vollständig zu führen und somit einem Fahrtenbericht eines Chauffeurs zu vergleichen sei. Auch die Nachtragslisten habe der Zusteller zu beachten. Bekanntgegebene Veränderungen seien sofort zu berücksichtigen. Damit greife der Auftraggeber in den Arbeitsablauf ein. Überdies müssten die Zusteller Vertriebsmitteilungen befolgen und etwa Etiketten aufkleben. Auch Zustellreklamationen seien vom Zusteller zu erledigen. Durch die Inkassoverpflichtung sei teilweise das Unternehmerrisiko auf die Zusteller überwälzt worden. Überdies sei der Zusteller jeweils verpflichtet, sofort mit dem Gebietsleiter Kontakt aufzunehmen, wenn sich am routinemäßigen Ablauf etwas ändere. Der Auftraggeber habe sich auf diese Weise vorbehalten, den Arbeitsablauf zu regeln. Durch die Haftungsbestimmungen in den Zustellerfibeln sei eine Verpflichtung des Zustellers zur Durchführung der übernommenen Aufgaben gegeben. Die Abrechnung der Leistungen erfolge monatlich, ähnlich einer Akkordarbeit, durch Bekanntgabe der Zustellungen. Der Zusteller sei insofern an Zeitvorgaben gebunden, als er die Produkte zu einem bestimmten Zeitpunkt an der Abgabestelle abholen und zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Arbeit fertig sein müsse. Die zur Verfügung stehende Zeitspanne sei so bemessen, dass nur bei Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten die Zeitvorgaben erfüllt werden könnten. Bei der Möglichkeit der Stellvertretung handle es sich um eine reine Alibibestimmung. Die Zeitungen selbst seien zur Verfügung gestellt worden. Ebenso die erforderlichen Haustorschlüssel. Das gelte auch für die übrigen Arbeitsunterlagen (Zustellbuch, Vertriebsmitteilungen, Etiketten). Nur das Fahrzeug selbst müsse der Zusteller gegen Leistung von Kilometergeld zur Verfügung stellen.

Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Feststellungsantrages. Sie wendet ein, dass der Antrag auf die Feststellung bereits geklärter materieller Rechtsfragen abziele. Der Oberste Gerichtshof gehe davon aus, dass die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein freier Dienstvertrag vorliege, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen sei. Der Antrag der Antragstellerin sei an zahlreiche Bedingungen und an einen letztlich nicht konkret feststehenden Sachverhalt geknüpft. Für die Behauptung der Einräumung eines Vertretungsrechtes als bloßes Scheinrecht habe der Antragsteller kein Tatsachenvorbringen erstattet. Inhaltlich ergäbe sich die Erteilung von fachlichen Weisungen aus der Natur des Auftrages, was dem Werkvertragcharakter nicht schade.

Rechtliche Beurteilung

Der Feststellungsantrag ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Im Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG sind Aktiv- und Passivlegitimation amtswegig zu prüfen (8 ObA 224/97t; 9 ObA 222/98g; 9 ObA 170/99m). Aktiv und passiv legitimiert sind ausschließlich kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 54 Abs 2 ASGG unter Hinweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG), welche im Rahmen ihres Wirkungsbereiches Anträge stellen können. Die Aktivlegitimation des Antragstellers ist ebenso gegeben (RIS-Justiz RS0051126) wie jene der Antragsgegnerin (§ 4 Abs 1 ArbVG).

Richtig ist, dass ein Feststellungsantrag gemäß § 54 Abs 2 ASGG einen Sachverhalt enthalten muss, der ein Feststellungsinteresse begründet. Die Formulierung der Bestimmung deckt sich mit jener des § 228 ZPO. Danach kann das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten oder Rechtsverhältnissen mit Feststellungsklage dann geltend gemacht werden, wenn ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung besteht. Dieses rechtliche Interesse ist vom Obersten Gerichtshof auf der Grundlage des vom Antragsteller zu behauptenden Sachverhalts, der auch auf das rechtliche Interesse Bezug nehmen muss, von Amts wegen zu prüfen. Sein Fehlen führt nach ständiger Rechtsprechung zur Abweisung der Klage mit Urteil. Feststellungsanträge zur Klärung abstrakter Rechtsfragen, welchen bloß eine theoretische Bedeutung zukommt, erfüllen die Voraussetzungen eines rechtlichen Interesses auch im Rahmen eines Feststellungsantrages nach § 54 Abs 2 ASGG nicht, weil abstrakte Rechtsfragen grundsätzlich nicht feststellungsfähig sind. Der Antrag nach § 54 Abs 2 ASGG muss ebenso wie eine Feststellungsklage der Prävention und der Prozessökonomie dienen. Die den Gegenstand des Feststellungsantrages bildenden Rechte oder Rechtsverhältnisse müssen einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Es genügt die Behauptung, dass die dem Antrag zugrunde liegende Rechtsfrage für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Der vom Antragsteller zu behauptende Sachverhalt und die der Feststellung des Rechtes oder des Rechtsverhältnisses zugrunde liegende rechtliche Beurteilung müssen im Verhältnis der Schlüssigkeit zueinander stehen (SZ 71/51; zuletzt 8 ObA 222/02h). Allerdings genügen die Antragsbehauptungen entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin diesen Voraussetzungen: Der Antrag zielt auf die Feststellung der echten Arbeitnehmereigenschaft der für die drei Unternehmen tätigen Zusteller und damit auf die Anwendbarkeit der §§ 1151 bis 1164 ABGB. Der vom Antragsteller behauptete Sachverhalt deckt sich grundsätzlich mit den von ihm vorgelegten Urkunden (Werkverträge /B bis /D; Zustellerfibeln /E bis /G). Das Vorbringen, bei dem eingeräumten Vertretungsrecht handle es sich lediglich um ein "Scheinrecht", stellt eine Rechtsbehauptung dar, über deren Zutreffen auf Grundlage der Sachverhaltsbehauptungen des Antragstellers rechtlich zu befinden sein wird. Dem Feststellungsantrag steht auch nicht entgegen, dass er sich auf die Anwendbarkeit bestimmter Normen des ABGB bezieht: Die Rechtsprechung ist in der Frage rechtlicher Qualifikationen eines Rechtsverhältnisses - insbesondere wenn es sich um Dauerschuldverhältnisse handelt - großzügig (vgl Rechberger/Frauenberger in Rechberger² § 228 ZPO Rz 5 mwN; ferner EvBl 1980/36; 5 Ob 97/93 uva). Da einem echten Arbeitsvertrag andere Rechte und Pflichten als anderen Vertragsverhältnissen entspringen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass hier nur die abstrakte Klärung der rechtlichen Qualifikation eines Rechtsverhältnisses vorzunehmen ist.

Der Feststellungsantrag ist jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass dem Antrag nur dann Berechtigung zukäme, wenn die Vertragsverhältnisse der Zusteller weder als Werkverträge noch als sogenannte freie Dienstverträge, sondern als echte Arbeitsverträge zu qualifizieren wären: Obwohl die Bestimmungen des 26. Hauptstücks des ABGB (§§ 1151 bis 1164) vom Dienstvertrag schlechthin sprechen, geht in Österreich die ganz überwiegende Auffassung in Lehre und Rechtsprechung davon aus, dass diese Regelungen unmittelbar nur auf den abhängigen Arbeitsvertrag anzuwenden sind (vgl Strasser, Abhängiger Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag, DRdA 1992, 93 mwN; DRdA 1984/5 [Grillberger]; DRdA 1984/18 [Wachter]). Bei sachlicher Rechtfertigung wird bloß eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen auf den freien Dienstvertrag erwogen (vgl zum Meinungsstand dazu Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag, DRdA 1984, 405 [410 ff]; ferner Schrammel, Freier Dienstvertrag ohne Zukunft? ecolex 1997, 274 f; 8 ObA 240/95). Der Feststellungsantrag des Antragstellers ist ohne Zweifel auf die Feststellung der echten Arbeitnehmereigenschaft (und nicht bloß Arbeitnehmerähnlichkeit) und damit auf die unmittelbare Anwendung der genannten Bestimmungen gerichtet.

Der echte Arbeitsvertrag unterscheidet sich nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sowohl vom freien Dienstvertrag als auch vom Werkvertrag durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber (Krejci in Rummel³ § 1151 ABGB, Rz 36 bis 61; Strasser aaO [94] Wachter aaO [408], Tomandl, Arbeitsrecht 1³ 198; DRdA 1990/38 [Runggaldier]; SZ 70/52; SZ 70/167; RIS-Justiz RS0021743; RS0021306; RS0021332 uva).

Dabei wurden insbesondere von der Rechtsprechung verschiedene Kriterien erarbeitet, deren Vorhandensein und deren Bedeutung im konkreten Fall zu prüfen sind, und die dann zusammenfassend in einem Gesamtbild darauf zu bewerten sind, ob die für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages geforderte persönliche Abhängigkeit ausreichend begründet ist oder nicht. Diese für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit sprechenden Merkmale sind vor allem Weisungsgebundenheit, die persönliche, auf Zeit abgestellte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, die Fremdbestimmtheit der Arbeit, deren wirtschaftlicher Erfolg dem Arbeitgeber zukommt, die funktionelle Einbindung der Dienstleistung in ein betriebliches Weisungsgefüge und die Beistellung des Arbeitsgerätes durch den Dienstgeber (vgl dazu Strasser aaO [96 ff], Wachter aaO [407 f], Krejci in Rummel³ aaO Rz 38, 40, 55, 56, 57, 58 und 59; ferner SZ 70/52 uva). Dabei ist in Lehre und Rechtsprechung ebenfalls unbestritten, dass nicht alle Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit gemeinsam vorliegen müssen und in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen können. Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems (vgl Strasser aaO [94]) die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (SZ 70/52, zuletzt 8 ObA 163/01f; 8 ObS 273/01g).

Bei der Beurteilung der Weisungsunterworfenheit als entscheidendes Kriterium der Fremdbestimmung ist jedoch der Unterschied zwischen persönlichen und sachlichen Weisungen zu berücksichtigen. Sachliche Weisungen kommen auch bei Werkverträgen oder Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vor, wobei in vielen Fällen derartige Verträge ohne Weisungen nicht vorstellbar sind (vgl Strasser aaO [97] und sein Beispiel der Erteilung von Weisungen an den Rechtsanwalt). Unter persönlichen Weisungen hingegen versteht man Weisungen, die die persönliche Gestaltung der Dienstleistung zum Gegenstand haben und die, soweit sie berechtigt nach dem Vertragsinhalt erteilt werden, die eigene Gestaltungsfreiheit bei der Erbringung der Dienstleistung weitgehend ausschalten (Strasser aaO [96 f] mwN). Gerade die Freiheit von persönlichen Weisungen, also die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbständig zu regeln und jederzeit zu ändern, wird als entscheidendes Kriterium angesehen, das gegen eine persönliche Abhängigkeit spricht (SZ 70/52).

Ob unter Zugrundelegung dieser Kriterien Zeitungs- und Werbemittelzusteller als echte Arbeitnehmer anzusehen sind, lässt sich - ebenso wie bei Kolporteuren - nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Vertragsgestaltung beantworten (Tomandl, Rechtsstaatgroteske um Werkverträge, ecolex 1996, 284 [289]; Schrammel aaO [276]). Dabei ist allerdings die Bezeichnung und Gestaltung des schriftlichen Vertrages nur dann maßgeblich, wenn sie mit der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses übereinstimmt (SZ 54/75; 8 ObA 2158/96b; 9 ObA 10/99g uva).

Die bisher dazu ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes bzw Erkenntnisse des VwGH können daher nur insoweit herangezogen werden, als sie im Wesentlichen vergleichbare Sachverhalte betrafen: Das Erkenntnis des VwGH vom 15. 12. 1994, 94/09/0085, das die Tätigkeit von Werbematerialverteilern betraf, verneinte nur das Vorliegen eines Werkvertrages zwischen der Auftraggeberin und den Werbematerialverteilern und bejahte das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 2 Abs 2 lit b des AuslBG, ohne eine Aussage darüber treffen zu müssen, ob es sich um einen echten oder um einen sogenannten freien Dienstvertrag handelte. Im Erkenntnis vom 31. 1. 1995, 92/08/0213, (ARD 4637/25/95) bejahte der VwGH im Hinblick auf die persönliche Arbeitspflicht, die Vorgabe von Arbeitszeiten und detaillierten Vorschriften über das Verhalten am Arbeitsplatz hinsichtlich der Arbeitskleidung, "aktives Anbieten" von Zeitungen, "gepflegtes Äußeres" sowie fehlende freie Preisgestaltung und Mindestverkaufszeiten die persönliche Abhängigkeit eines Zeitungskolporteurs.

In der Entscheidung 9 ObA 63/93 (Arb 11.116) war unstrittig, dass der dort klagende Zeitungsverkäufer Dienstnehmer der Beklagten war, der selbständige Vertrieb der Zeitungen daher nicht von den Kolporteuren, sondern von der Beklagten, die sich ihrer Dienstnehmer bediente, besorgt wurde.

In der Entscheidung 8 ObA 46/98t wurde die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers wegen der nicht nur theoretisch gegebenen Vertretungsmöglichkeit und mangels regelmäßiger Arbeitspflicht nicht als echter Arbeitsvertrag gewertet, wobei offen gelassen wurde, ob es sich um einen Werkvertrag oder um einen freien Arbeitsvertrag handelte.

In 6 Ob 260/99z wurde die Erteilung von zwei Aufträgen zur Verteilung einer Zeitschrift als Werkvertrag qualifiziert (ähnlich 1 Ob 603/89).

Von diesem zuletzt genannten Fall unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt jedoch dadurch, dass die Aufträge zur Verteilung die Erbringung eines bereits in sich geschlossenen Werkes beinhalteten, während hier Inhalt der Rahmenverträge die Mehrheit bloß gattungsmäßig umschriebener Leistungen ist. Damit steht aber fest, dass die den Entscheidungen 6 Ob 260/99z und 1 Ob 603/89 zugrunde liegenden Aufträge eine für den Werkvertrag typische letztlich abgeschlossene Tätigkeit beinhalteten (vgl dazu Mazal, Freier Dienstvertrag oder Werkvertrag? ecolex 1997, 277 [278 f]; ferner Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages 120).

Entscheidungswesentliche Bedeutung kommt der Frage zu, ob die Zusteller in der persönlichen Gestaltung ihrer Arbeit weitgehend frei sind und ob eine persönliche Arbeitspflicht besteht. Diese Frage ist auf der Grundlage der auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit nicht zu überprüfenden Antragstellerbehauptungen zu beantworten. Der Oberste Gerichtsshof hat in seiner rechtlichen Beurteilung den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt ohne weitere Prüfung zu Grunde zu legen (RIS-Justiz RS0109384; JBl 1998, 598; Kuderna ASGG² 354 f).

Der Antragsteller bezieht sich selbst ausdrücklich auf den Inhalt der vorgelegten Verträge samt "Zustellerfibeln" und bringt als zusätzliches Sachverhaltselement vor, dass die Vertretungsmöglichkeit praktisch ausgeschlossen sei, weil nur ortskundige Vertreter in der Lage wären, die notwendigen Zustellungen zu bewirken.

Zur persönlichen Gestaltungsfreiheit ist festzuhalten, dass diese nicht dadurch als eingeschränkt zu erachten ist, dass die Zusteller an einer bestimmten Abgabestelle die für sie bestimmten Zustellpakete entgegennehmen und die Zustellung innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne bewirken müssen: Dabei handelt es sich um sachliche, in der Natur der durchzuführenden Zustellungen liegende Vorgaben. Umgekehrt kommt auch dem Umstand, dass die Zusteller räumlich nicht in die Betriebsstätte der Auftraggeber eingebunden waren, keine Bedeutung zu, zumal Zusteller schon bedingt durch die Art der Tätigkeit im "Außendienst" arbeiten, wodurch die örtliche Eingliederung in den Betrieb naturgemäß kaum oder jedenfalls nur in viel geringerem Maße besteht (vgl zum vergleichbaren Fall des Vertreters RIS-Justiz RS0107423; SZ 70/56).

Als ganz wesentlich ist hier einzustufen, dass von einer Arbeitspflicht der Zusteller nicht gesprochen werden kann: Selbst wenn man aus der bloßen Berechtigung, die Vertragsverhältnisse mit sofortiger Wirkung zu beenden, noch nicht auf eine persönliche Unabhängigkeit in den aufrechten Rechtsverhältnissen schließen könnte (VwGH ARD 4637/25/95; vgl aber 4 Ob 81/78), ist doch hier jedenfalls von einem echten Vertretungsrecht bzw dem Recht, Gehilfen beizuziehen, auszugehen: Wenngleich die Vereinbarung einer generellen Vertretungsbefugnis die persönliche Abhängigkeit und Dienstnehmereigenschaft nur dann ausschließt, wenn das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung erfolgt (vgl dazu Rebhahn, Dienstnehmerbegriff und persönliche Abhängigkeit bei Vertretungsbefugnis, WBl 1998, 277 [278]), liegen hier keine Indizien vor, dass sich bei dem eingeräumten Vertretungsrecht bloß um ein Scheinrecht handelt oder zumindest um ein solches, dessen Nutzung nach den Umständen des Falls nicht zu erwarten war: Dass das eingeräumte Vertretungsrecht bloß ein "Scheinrecht" sei, lässt sich dem vorgebrachten Sachverhalt nicht entnehmen. Mag auch aus den im Antrag genannten Gründen eine bloß einmalige Vertretungstätigkeit mangels entsprechender Ortskenntnisse des Vertreters untunlich sein, steht einer regelmäßigen Vertretung eines "eingeschulten" Vertreters (etwa bei Urlaub, Krankheit oder sonstiger Verhinderung des Zustellers) nichts im Weg: Es ist keinesfalls undenkbar oder nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nur unwahrscheinlich, dass sich ein Zusteller regelmäßig eines oder auch mehrerer solcher "eingearbeiteter" Vertreter (aus dem Familien- oder Bekanntenkreis) bedient, etwa um selbst eine günstige Gelegenheit zu einer anderen kurzfristigen, aber lukrativeren Tätigkeit zu nützen, oder sich sogar überhaupt die Zustelltätigkeit mit einem zweiten Zusteller "teilt". Es sind daher mit Einräumung des Vertretungsrechts durchaus auch wirtschaftliche Vorteile (vgl dazu Rebhahn aaO [286]) für die Zusteller verbunden. Das gilt auch für die mögliche Beiziehung eines Gehilfen. Es wurde nicht einmal klargestellt, ob das Volumen des zu verteilenden Materials auf die persönliche Arbeitsfähigkeit des jeweiligen Vertragspartners beschränkt ist. Dass für die Durchführung der Zustelltätigkeit Schlüssel notwendig sind, steht dieser Beurteilung ebenfalls nicht entgegen, kann doch diese Schlüsselübergabe vom Zusteller an seinen Vertreter ohne Schwierigkeiten bewerkstelligt werden.

Aus den allein maßgeblichen Sachverhaltsbehauptungen des Antragstellers geht weder hervor, dass eine fortgesetzte Erbringung und Entgegennahme von Arbeitsleistungen bei Abschluss der Rahmenverträge beabsichtigt war noch, dass sich - durch schlüssiges Verhalten - im Lauf der Zeit ein Verpflichtungswille entwickelte. Quantitative Aspekte, wie lange Dauer, Regelmäßigkeit und Umfang der Leistungen könnten dafür ein Indiz sein (vgl dazu Schäffl in ZAS 1989/19; ferner DRdA 1990/38 [Runggaldier]). Das Vorliegen solcher Aspekte - bei deren Vorhandensein die Rechtsfrage möglicherweise anders zu beurteilen wäre - behauptete der Antragsteller nicht. Er brachte insbesondere nichts vor, woraus der Schluss zu ziehen wäre, dass eine Verpflichtung der Zusteller besteht, sich für bestimmte Zeiträume zur Verfügung zu halten und Verhinderungen (etwa durch Urlaub oder Krankheit) zu melden. Auch eine Verpflichtung, für eine Vertretung zu sorgen, ist aus den den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhaltsangaben nicht abzuleiten. Aus dem insoweit schlüssigen und daher nicht verbesserungswürdigen (RIS-Justiz RS0085698) Sachvorbringen geht vielmehr nur hervor, dass die durch die Zustellerfibeln determinierte Leistungsverpflichtung jeweils erst durch Übernahme der Zustellstücke entsteht und somit eine ständige Einsatzbereitschaft nicht verlangt wird (vgl dazu 9 ObA 10/99g). Daraus, dass ein "Rahmenwerkvertrag" geschlossen wurde und aus dem Schlusssatz der Zustellerfibeln lässt sich eine Verpflichtung der Zusteller, zu vorausbestimmten Zeiten Dienstleistungen zu erbringen, nicht ableiten. Dass aber ab Übernahme der Zeitungs- bzw Werbemittelpakete die Durchführung der Zustellung dieser übernommenen Zustellstücke geschuldet wird, ist gerade kein typisches Charakteristikum des echten Arbeitsvertrages.

Dem Umstand, dass die Zusteller ein Zustellbuch zu führen, Nachtragslisten zu beachten und Kontrollen zu gewärtigen haben, kommt keine entscheidende Bedeutung zu: Die Führung eines Zustellbuches ist für den geordneten Ablauf der Zustelltätigkeit ebenso unerlässlich wie die Bekanntgabe von Lieferveränderungen durch "Nachtragslisten". Dass Kontrollen durchgeführt werden, lässt ebenfalls keine Rückschlüsse auf die persönliche Abhängigkeit der Zusteller zu, dienen doch die Kontrollen einem sachlichen Zweck, nämlich der Überprüfung, ob die Zustellungen ordnungsgemäß bewirkt wurden.

Neben der Möglichkeit der Vertretung in Verbindung damit, dass nach den Sachverhaltsbehauptungen eine persönliche Arbeitspflicht zu verneinen ist, ist hier hervorzuheben, dass - zum Unterschied zur "Kolporteurentscheidung" des VwGH - keine inhaltlichen Gestaltungsmerkmale (dort detaillierte Vorschriften über das Verhalten am Arbeitsplatz hinsichtlich Arbeitskleidung, "aktives Anbieten" von Zeitungen, "gepflegtes Äußeres") vorliegen. Anhaltspunkte dafür, dass es für den Auftraggeber von besonderer Bedeutung ist, dass die Zustellungen von den Auftragnehmern persönlich, nicht aber von Vertretern vorgenommen werden, bestehen nicht.

Der Frage der Beistellung von Arbeitsgeräten (vgl Strasser aaO [100 f]) kommt keine bestimmende Bedeutung zu, weil von einer "totalen" Beistellung des Arbeitsgerätes (Strasser aaO [101]) hier keinesfalls gesprochen werden kann: Zeitungen bzw Werbemittel können nicht als "Arbeitsgerät" bezeichnet werden. Wenn überhaupt, kann als "Arbeitsgerät" nur das Zustellbuch betrachtet werden, dem aber die Notwendigkeit der Verwendung des eigenen PKW des Zustellers gegenübersteht.

Eine maßgebliche Gesamtbetrachtung hat daher zur Beurteilung zu führen, dass - vergleichbar der Entscheidung 8 ObA 46/98t - die für die Annahme eines echten Arbeitsvertrages vorausgesetzte ausgeprägte persönliche Abhängigkeit der Zusteller insbesondere durch die Möglichkeit der Vertretung bzw Beiziehung von Gehilfen zu verneinen ist. Daran kann weder die vorgebrachte wirtschaftliche Abhängigkeit (vgl dazu ZAS 1989/19 [Schäffl]; Glosse Runggaldier zu DRdA 1990/38, Strasser aaO [102 f]) noch die im Antrag erwähnte "vorgeschriebene Fahrtroute" etwas ändern. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zu den insoweit widersprüchlichen Sachverhaltsangaben im Antrag (an einer Stelle bezieht sich das Vorbringen nur auf die einzuhaltenden Zeitvorgaben; an anderer Stelle wird - im Widerspruch zu den vorgelegten Urkunden - eine vorgegebene Fahrtroute behauptet) erübrigt sich jedoch: Selbst unter Zugrundelegung der Tatsache, dass den Zustellern die Fahrtroute vorgeschrieben wird, ist allein der Umstand, dass hier nach den maßgeblichen Sachverhaltsbehauptungen keine persönliche Arbeitspflicht besteht, und ein umfassendes Vertretungsrecht eingeräumt wurde, das weit über die Möglichkeit der Substituierung von Hilfstätigkeiten (vgl 8 ObA 26/99b = ecolex 1999/317) hinausgeht, ausschlaggebend für die Verneinung eines echten Arbeitsvertrages (RIS-Justiz RS0021752).

Der Antrag war daher abzuweisen, wobei sich ein näheres Eingehen auf die Frage, ob entgegen der Bezeichnung der Verträge als "Werkverträge" vom Vorliegen freier Dienstverträge auszugehen ist (wofür gewichtige Argumente sprechen), im Hinblick auf das gestellte Begehren erübrigt.

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