OGH 9ObA170/99m

OGH9ObA170/99m3.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Zeitler und Dr. Hajek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, Deutschmeisterplatz 2, 1013 Wien, vertreten durch Dr. Georg Griesser und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Otmar Körner, Referent der Sektion Industrie der Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Es wird festgestellt, dass die F***** S***** GesmbH verpflichtet ist, ihren nach dem 16. 3. 1994 in den Ruhestand getretenen Dienstnehmern die in der Betriebsvereinbarung vom 16. 3. 1994 geregelten Ruhegeldansprüche gemäß dieser Betriebsvereinbarung, jedoch unter Außerachtlassung des zum 31. 12. 1996 seitens der F***** S***** GesmbH vorgenommenen Widerrufes zu zahlen.

Hingegen wird das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass die F***** S***** GesmbH verpflichtet sei, die in der Betriebsvereinbarung vom 16. 3. 1994 geregelten Ruhegeldansprüche gemäß dieser Betriebsvereinbarung, jedoch unter Außerachtlassung des zum 31. 12. 1996 seitens des Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH vorgenommenen Widerrufes auch den vom 1. 1. 1994 bis 16. 3. 1994 in Ruhestand getretenen Dienstnehmern zu zahlen, abgewiesen.

Text

Begründung

Die Ö***** F***** S***** GesmbH besitzt eine Gewerbeberechtigung für das industriemäßige Gewerbe der fabrikmäßigen Erzeugung von Isotopen sowie von technischen Geräten auf dem Gebiet der Atomenergie. Für die Antragsgegnerin gilt der Kollektivvertrag für Angestellte der Industrie (Rahmenkollektivvertrag) vom 1. 11. 1991. Dieser wurde zwischen dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten und der Wirtschaftskammer Österreich abgeschlossen.

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass die F***** S***** GesmbH verpflichtet ist, die in der Betriebsvereinbarung vom 16. 3. 1994 geregelten Ruhegeldansprüche gemäß dieser Betriebsvereinbarung, jedoch unter Außerachtlassung des zum 31. 12. 1996 seitens der Forschungszentrum Seibersdorf GesmbH vorgenommenen Widerrufes, ihren ab 1. 1. 1994 in den Ruhestand getretenen Dienstnehmern zu zahlen.

Er brachte vor, dass zwischen den seit 1. 1. 1994 in den Ruhestand getretenen Dienstnehmern der Antragsgegnerin und dieser die Frage strittig geworden sei, ob die Antragsgegnerin berechtigt gewesen sei, Leistungen aus einer auf eine Betriebsvereinbarung gegründeten Betriebspension ab 1. 1. 1997 einzustellen. Es handle sich dabei um eine Rechtsfrage des materiellen Rechtes auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG, welche für mindestens drei Arbeitnehmer von Bedeutung sei und einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffe.

Dazu behauptet der Antragsteller folgenden Sachverhalt:

Die Ö***** F***** S***** GesmbH - im Folgenden F***** genannt - ist eine am 5. 10. 1956 eingetragene Handelsgesellschaft. Sie weist als Hauptgesellschafter die Republik Österreich (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) auf. Das Unternehmen wurde für Forschungszwecke gegründet. Von vornherein war es offenkundig, dass das Forschungszentrum darauf angewiesen ist, dass die öffentliche Hand den jährlichen Abgang deckt. Dies geschieht auch laufend. Das F***** ist zu etwa zwei Drittel auf Zuschüsse des Bundes angewiesen, während es etwa ein Drittel durch eigene Einkünfte erzielen kann. Gewinne konnte es niemals aufweisen. Auf Grund der Zuschüsse des Bundes und der eigenen Einkünfte konnte jeweils eine ausgeglichene Bilanz erstellt werden. Ursprünglich sollten die Zuschüsse des Bundes um die Inflationsrate erhöht werden. Tatsächlich geschah dies aber nicht, sondern sie blieben konstant. Prozentuell sank daher der Bundeszuschuss am Gesamtbudget. Das Forschungszentrum versuchte diesen Abgang durch eigene Einkünfte auszugleichen, allerdings gelang dies nur teilweise. Tatsächlich konnten die eigenen Einkünfte jedenfalls seit 1993 kontinuierlich gesteigert werden, jedoch nicht in einem solchen Ausmaß, um die rückläufigen Zuschüsse des Bundes auszugleichen. Das F***** - damals noch "Ö***** S***** für A***** GesmbH" (S*****) - schloss am 27. 10. 1978 mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung - im Folgenden BV 1978 genannt - ab. In der Präambel heißt es unter anderem: "Die S***** wird für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie für das Sterbegeld zu Gunsten ihrer Dienstnehmer laufend Zuwendungen nach den folgenden Richtlinien gewähren:

1. Geltungsbereich und Wirksamkeitsbeginn: Diese Vereinbarung gilt für alle Dienstnehmer der S***** und deren Hinterbliebene und tritt mit 1. 1. 1977 in Kraft.

2. Grundsätzliche Bestimmungen:

a) ein Rechtsanspruch auf die Leistung von laufenden Zuwendungen besteht nicht. Das ist den Leistungsempfängern jeweils gesondert zur Kenntnis zu bringen.

b) Für die laufenden Zuwendungen sind von den Dienstnehmern keine Beiträge zu entrichten.

Abschnitt A: "Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung"

3. ... Voraussetzungen (es folgt eine detaillierte Anführung der Mindestdienstzeiten, der Voraussetzungen für den Fall der Berufsunfähigkeit sowie über die Stellung eines schriftlichen Ansuchens).

4. Berechnungsgrundlage

a) Für die laufenden Zuwendungen (derzeit 14 mal im Jahr) bildet ab 1. 1. 1977 der Monatsdurchschnitt des Arbeitseinkommens des letzten Kalenderjahres vor der Beendigung des Dienstverhältnisses bei der S***** die Grundlage. Das Arbeitseinkommen besteht ......

b) Soweit in dieser Vereinbarung nichts anderes bestimmt wird, erhält der Dienstnehmer eine laufende Zuwendung, deren Höhe von den anrechenbaren Dienstjahren und von der Berechnungsgrundlage lit a abhängt. Die Zuwendung beträgt nach einer 15-jährigen Dienstzeit 40 % und für jedes weitere Dienstjahr zusätzlich 2 % der Berechnungsgrundlage .....

c) Die laufenden Zuwendungen werden monatlich im Voraus, die Sonderzahlungen analog der Sozialversicherungspension ausgezahlt.

d) Der Aufsichtsrat wird unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Lage der S***** fallweise prüfen, ob wegen der geänderten Umstände die Höhe der laufenden Zuwendungen eine Veränderung erfahren soll. Ob eine Erhaltung im Wert der Zuwendung möglich ist, hängt von der jeweiligen finanziellen Lage der Gesellschaft ab. Die firmeninterne Zulage beträgt ...... ."

Auf Grund der Einführung des Rechnungslegungsgesetzes wurde die Bildung von Rückstellungen für Pensionen obligat. Die bisherigen Rückstellungen entsprachen diesen gesetzlichen Erfordernissen nicht. Da eine Erhöhung der ohnedies bereits reduzierten Zuschüsse des Bundes nicht in Frage kam, wurde die Geschäftsführung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mit Schreiben vom 12. 1. 1993 aufgefordert, die freiwilligen Pensionsleistungen in jenem erforderlichen Ausmaß einzuschränken, dass ihre Finanzierbarkeit unter Annahme einer real konstanten Entwicklung des Betriebskostenzuschusses des Bundes und bei realistischer Einschätzung der künftigen Einnahmen aus Drittmitteln langfristig gewährt bleiben. Um diesem Wunsch Nachdruck zu verleihen, forderte das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mit weiterem Schreiben vom 14. 7. 1993, die freiwilligen und einstellbaren Pensionszusagen an die aktiven Mitarbeiter unverzüglich einzustellen.

Die vom Feststellungsantrag betroffenen Dienstnehmer (Pensionisten) hatten vom Inhalt der beiden Schreiben keine Kenntnis. Den Dienstnehmern wurde auch nicht eigens mitgeteilt, dass kein Anspruch auf die Leistung von laufenden Zuwendungen bestünde. Anlässlich der 1993 beginnenden Verhandlungen über eine neue Betriebsvereinbarung wurde gegenüber den Dienstnehmern auch keine Erklärung abgegeben, ob die BV 1978 einen Rechtsanspruch einräume oder nicht. Am 16. 3. 1994 wurde zwischen dem Betriebsausschuss der Antragsgegnerin und dieser eine neue Betriebsvereinbarung - im Folgenden BV 1994 genannt - abgeschlossen. Die BV 1994 weist die gleiche Gliederung wie die BV 1978 auf. Die Präambel lautet "Vereinbarung über die Gewährung eines freiwilligen Zuschusses der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie von Sterbegeld für ehemalige Dienstnehmer des Ö***** (= Ö***** F***** S***** GesmbH).

1. Die Geschäftsführung des Ö***** (im Folgenden kurz Arbeitgeber genannt) und der Betriebsausschuss kommen überein, dass die Gewährung eines freiwilligen und jederzeit widerrufbaren Zuschusses zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie von Sterbegeld für ehemalige Dienstnehmer der S***** - nunmehr Ö***** F***** S***** GesmbH - vom 27. 10. 1978, per 31. 12. 1993 eingestellt und die Betriebsvereinbarung, wie folgt, geändert wird:

2. Grundsätzliche Bestimmungen

a) Ein Rechtsanspruch auf den Erwerb künftiger Anwartschaften besteht nicht. Das ist den Leistungsempfängern jeweils gesondert zu Kenntnis zu bringen.

b) Für die laufenden Zuwendungen sind von den Dienstnehmern keine Beträge zu entrichten.

Abschnitt A - Alters- und Berufsunfähigkeits- und Invaliditätsversorgung

3. Voraussetzungen

a) Anspruch besteht ab dem 20. Lebensjahr und für Lehrlinge nach abgeschlossener Lehrlingsausbildung. Voraussetzung ist, dass das Dienstverhältnis zum Ö***** wegen Erreichen des Pensionsalters gelöst worden ist bzw nach dem Ausscheiden aus dem Ö***** kein Dienstverhältnis eingegangen wird und in weiterer Folge ein Pensionsanspruch nach dem ASVG zuerkannt wird.

b) ... (regelt den Fall der Berufsunfähigkeit)

c) ... (regelt die Verpflichtung zu einem schriftlichen Ansuchen).

4. Berechnungsgrundlage

a) Die Berechnungsgrundlage für die Feststellung der Höhe der Vorsorgeleistungen bildet der durchschnittliche Monatsgrundlohn bzw -gehalt unter anteiliger Berücksichtigung zu Sonderzahlungen des letzten Jahres.

b) Soweit in dieser Vereinbarung nichts anderes bestimmt wird, erhält der Dienstnehmer eine laufende Zuwendung, deren Höhe von den anrechenbaren Dienstjahren und von der Berechnungsgrundlage lit a abhängt. Die Zuwendung beträgt für die ersten 15 Dienstjahre 2,66 % der Berechnungsgrundlage pro anrechenbarem Dienstjahr und erhöht sich für jedes weitere Dienstjahr um 2 % der Berechnungsgrundlage, wobei höchstens 35 Dienstjahre bis 31. 12. 1993 berücksichtigt werden ....

c) Die laufenden Zuwendungen werden monatlich im Voraus, die Sonderzahlungen analog der Sozialversicherungspension ausgezahlt.

d) Eine Valorisierung der laufenden Zuwendungen wird nicht vorgenommen. ...

... 11. a) Die laufenden Zuwendungen beginnen mit der Sozialversicherungspension, frühestens jedoch mit Ablauf des Zeitraums, für den eine gesetzliche oder freiwillige gewährte Abfertigung bestimmt wird bzw dem Ende einer Gleitpension; sie enden mit dem Ablauf des Monats, in dem der Bezieher gestorben ist.

b) Die Gewährung von Leistungen ist ausgeschlossen und bereits

gewährte Zahlungen sind zu beenden ..... (Es folgt eine Aufzählung

von Ausschlussgründen, welche in der Person des Dienstnehmers begründet, für den vorliegenden Antrag aber unwesentlich sind).

.... 4. Übergangsbestimmungen: Mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1994 werden

keine weiteren Prozentpunkte der Berechnungsgrundlage erworben. Die bis zum 31. 12. 1993 angesammelten Prozente werden als sogenannte "Sollrenten" festgestellt. Die Ermittlung dieser Sollrente erfolgt gemäß Anh 1 Z 3 mit der Maßgabe, dass als Berechnungsgrundlage der durchschnittliche monatliche Grundlohn bzw -gehalt (Z 2) des Jahres 1993 herangezogen wird, wobei diese Berechnungsgrundlage in ihre Bestandteile unter und über der Jahres-ASVG-Höchstbeitragsgrundlage des Jahres 1993 gesplittet wird. Von dem so festgestellten Bestandteil der Berechnungsgrundlage unter der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage wird ein fiktiver ASVG-Anteil abgezogen, dem als ASVG-Beitragsmonate die tatsächlich beim Ö***** zurückgelegten Dienstmonate zu Grunde gelegt werden .... Die derart festgestellte Sollrente wird für jeden Dienstnehmer einzeln ermittelt und ist im Anh 2 "Sollrente - 1993" aufgelistet und ist ein integrierender Bestandteil zur Betriebsvereinbarung vom 27. 10. 1978 in der geänderten Fassung vom 31. 12. 1993. Diese Sollrenten werden mit 2 % per anno - mit Ausnahme des Abfertigungszeitraumes - verzinst und bei Inanspruchnahme nach Erfüllung der Voraussetzungen ausbezahlt. Bei guten wirtschaftlichen Erfolgen, die über die in der 20-jährigen Finanzplanung festgeschriebenen Werte hinausgehen, wird der Verwaltungsausschuss eine eventuelle Wertanpassung der derzeit mit 2 % per anno festgelegten Dynamisierung vorschlagen ..."

Am 20. 12. 1996 teilte das F***** den vom vorliegenden Antrag erfassten Pensionisten mit, dass die ihnen gebührende Zuschussleistung mit sofortiger Wirkung ab 1. 1. 1997 eingestellt werde. In der Folge unterbreitete das F***** ab 10. 1. 1997 ein Barabfindungsangebot, in welchem es sich gegen einen Verzicht auf jegliche weitere Ruhegeldleistungen bereit erklärte, 22,5 % des versicherungsmathematischen Barwertes der Pensionszusage abzugelten. Als Grund für diesen Schritt wurde nachgeschoben, dass es die Geschäftsführung verabsäumt habe, für die Pensionsleistung die erforderlichen Rückstellungen zu bilden und außerdem für offene Überzeitguthaben keine finanzielle Vorsorge getroffen worden sei. Außerdem seien die Bundeszuschüsse stark gekürzt worden. Aus diesem Grund sei ein neuerliches "Sparpaket" erforderlich. Nur ein Teil der nach dem 1. 1. 1994 in Pension getretenen Dienstnehmer erhob gegen die Einstellung des Pensionzuschusses Klage, andere warten den Ausgang dieser Gerichtsverhandlung ab. Das F***** steht in diesem Verfahren auf dem Standpunkt, dass die Präambel Punkt 2a der BV 1978 trotz der Änderung durch die BV 1994 weiter gelte, sohin ein Rechtsanspruch auf die Leistung nicht bestehe. Lediglich infolge eines Versehens sei es nicht dazu gekommen, dass diese Bestimmung in die neue Betriebsvereinbarung Aufnahme gefunden habe.

Aus diesem Sachverhalt ergebe sich folgende Rechtsauffassung des Antragstellers: Schon die in der BV 1978 vereinbarten Pensionszuschussleistungen begründeten einen Rechtsanspruch. Zum einen sei den Dienstnehmern Punkt 2a der Präambel nicht bekannt gegeben worden. Zum anderen könne die Bestimmung nicht losgelöst von Punkt 4d gelesen werden, wo ausdrücklich eine Einbindung des Aufsichtsrates zur Beurteilung der Frage vorgesehen sei, ob die jeweilige finanzielle Lage der Gesellschaft eine Leistung nicht mehr zulasse. Es sei darin von der Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens die Rede. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin liege daher keine frei widerrufliche oder einen Rechtsanspruch nicht begründende direkte Leistungszusage vor, sondern eine an das Bestehen wirtschaftlicher Schwierigkeiten geknüpfte Widerrufbarkeit. Darauf könne sich die Antragsgegnerin aber nicht berufen, weil schon von Anfang an klar gewesen sei, dass sie aus eigenen Einkünften ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen könne und daher auf Subventionen des Hauptgesellschafters angewiesen sei. Wenn dieser seine Subventionen nunmehr einschränke, sei dies sittenwidrig im Sinne des § 879 ABGB und könne nicht zu Lasten der Dienstnehmer bzw der Pensionisten gehen. Entscheidend sei aber, dass die Betriebsvereinbarung vom 16. 3. 1994 jene aus 1978 ersetze. Es handle sich bei der BV 1994 um eine umfassende neue Regelung, die sich in Gliederung und Aufbau an ihre Vorgängerin halte. Aus dieser würden die Bestimmungen wörtlich übernommen, welche gleich bleiben sollten, während ebenso die von einer Änderung betroffenen Bestimmungen der BV 1978 deutlich gemacht würden. Es handle sich um eine vollständige und abschließende Neuregelung. Hervorzuheben sei, dass in Punkt 2a der Präambel nunmehr ein Hinweis darauf, dass ein Rechtsanspruch auf laufende Zuwendungen nicht bestehe, dadurch ersetzt worden sei, dass lediglich ein Rechtsanspruch auf den Erwerb künftiger Anwartschaften nicht bestehe. Daraus müsse geschlossen werden, dass Punkt 2a der BV 1978 durch den neuen Punkt 2a der BV 1994 derogiert werde. Die bisher erworbenen Anwartschaften sollten bestehen bleiben, während lediglich ein Rechtsanspruch auf den Erwerb neuer Anwartschaften versagt bleibe. Von der Nichteinräumung eines Rechtsanspruches auf laufende Leistung aus der BV 1994 sei keine Rede mehr. Vielmehr sei im Punkt 3 zur BV 1978 ausdrücklich von einem Anspruch die Rede, der ab dem 20. Lebensjahr entstehe und die Lösung des Dienstverhältnisses wegen Erreichen des Pensionsalters zur Voraussetzung habe.

Auch aus der Einführung von Übergangsbestimmungen erhelle, dass die BV 1994 im Vergleich zu jener aus 1978 eine neue Regelung bringen sollte. Es sollte eine "Sollrente" unter Berücksichtigung der bisherigen Pensionsanwartschaftszeiten gebildet werden. Diese Absicht ergebe sich auch aus der Präambel der BV 1994, aus der hervorgehe, dass die Gewährung der bisherigen Zuschüsse laut BV 1978 "eingestellt" und diese BV durch jene aus 1994 geändert werden solle. Die BV 1994 könne daher nicht anders als so verstanden werden, dass die vor dem Inkrafttreten des BPG liegenden Anwartschaftsrechte unverfallbar gemacht werden sollten. Es sei gerade dadurch bestimmt worden, was das BPG vorgesehen habe (§ 7 Abs 3 Z 4 BPG). Die nunmehr vom Forschungszentrum eingenommene Rechtsansicht, laufende Leistungen ohne Angabe von Gründen einstellen zu können, lasse sich damit nicht in Einklang bringen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Feststellungsantrag als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, diesen abzuweisen. Ein auf § 54 Abs 2 ASGG gestützter Antrag sei dann nicht zulässig, wenn eine Klage nach § 54 Abs 1 ASGG oder aber eine Leistungsklage möglich sei. Insbesondere sei ein Antrag nach § 54 Abs 2 ASGG dann nicht möglich, wenn - wie aus dem Antrag hervorgehend - die Rechtsfrage nur die Arbeitnehmer eines einzelnen Betriebes betreffe. Darüberhinaus beziehe sich der Antrag auf Ansprüche von nur zwei Pensionisten, welche ohnehin schon Leistungsklagen eingebracht hätten, sodass es an deren rechtlichem Interesse fehle. Der Antrag sei auch sachlich nicht berechtigt. Nach dem klaren Wortlaut der BV 1978 erwachse den Dienstnehmern daraus kein Rechtsanspruch auf Pensionszuschussleistungen. Die BV 1994 habe lediglich eine weitere Einschränkung gebracht, wonach weitere Anwartschaftszeiten nicht mehr anfallen könnten, ohne gegenüber der BV 1978 einen Rechtsanspruch auf Leistungen zu begründen. Der Schritt der Antragsgegnerin sei auch im Hinblick auf wirtschaftliche Schwierigkeiten gerechtfertigt.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und nach dem behaupteten Sachverhalt auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG ist unter anderem die aktive und passive Legitimation von Amts wegen zu prüfen (RdW 1990, 25; 9 ObA 612/93, 8 ObA 224/97t, 9 ObA 222/98g uva). Aktiv und passiv legitimiert sind ausschließlich kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§ 54 Abs 2 ASGG unter Hinweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG), welche im Rahmen ihres Wirkungsbereiches Anträge stellen können. Die Antragsgegnerin bestreitet diese Legitimation im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich, vertritt jedoch die Rechtsauffassung, dass ein aus § 54 Abs 2 ASGG gegründeter Antrag deshalb nicht zulässig sei, weil das Feststellungsinteresse über den Betrieb der Antragsgegnerin nicht hinaus gehe und demzufolge nur eine auf § 54 Abs 1 ASGG gegründete Feststellungsklage zulässig sei. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Herrschend ist vielmehr die Ansicht, dass über dieselbe Frage sowohl ein Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG, als auch nach § 54 Abs 2 ASGG anhängig gemacht werden kann, und zwar auch dann, wenn die vom Feststellungsantrag umfasste Rechtsfrage des materiellen Rechts nur für die Arbeiterschaft eines Betriebes von Bedeutung ist (Gamerith, Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG DRdA 1988, 303, 311; Kuderna ASGG2 354).

Da der Oberste Gerichtshof auf der Grundlage der auf ihre Richtigkeit nicht zu überprüfenden Antragstellerbehauptungen über den Feststellungsantrag zu entscheiden hat, ist auf den Einwand der Antragsgegnerin nicht einzugehen, dass diejenigen Arbeitnehmer, welche ein rechtliches Interesse an einer Feststellung hätten, ohnehin Leistungsklagen eingebracht haben (Kuderna aaO 355). Genausowenig zielführend ist der weitere Einwand, dass auch das Sachvorbringen strittig sei, weil der Oberste Gerichtshof in seiner rechtlichen Beurteilung den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt ohne weitere Prüfung zu Grunde zu legen hat. Der Antragsgegner ist vielmehr auf rechtliche Argumente beschränkt (RIS-Justiz RS0109384, insbes 8 ObA 224/97t = JBl 1998, 598).

Der Feststellungsantrag ist soweit nicht berechtigt, als er sich auf Arbeitnehmer bezieht, welche vom 1. 1. bis 16. 3. 1994 in den Ruhestand getreten sind. Wenngleich die BV 1994 rückwirkend mit 31. 12. 1993, 24 Uhr, in Kraft treten sollte, kann nicht übersehen werden, dass die Betriebsvereinbarung selbst zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als den Betriebsparteien grundsätzlich keine Rechtsetzungsbefugnisse mehr hinsichtlich der bis zum Vertragsabschluss aus dem Betrieb ausgeschiedenen Arbeitnehmern mehr zukam (Arb 10.763 = ZAS 1989/15 [Tomandl] = DRdA 1990/3 [Grillberger], Arb 11.357 mwN), sodass mit Wirkung für diese Personen Rechte weder begründet noch abgeändert werden konnten. Mit dem vorliegenden Antrag wird aber ausdrücklich die Feststellung begehrt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die in der Betriebsvereinbarung vom 16. 3. 1994 geregelten Ruhegeldansprüche gemäß dieser Betriebsvereinbarung .... zu zahlen.

Berechtigt ist der Feststellungsantrag hingegen in Bezug auf die seit 17. 3. 1994 ausgeschiedenen und in den Ruhestand getretenen Arbeitnehmer. Der normative Teil von Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen ist gemäß §§ 6 und 7 ABGB nach seinem objektiven Inhalt auszulegen; maßgeblich ist, welchen Willen des Normengebers der Leser dem Text entnehmen kann (RIS-Justiz RS0010088;

Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II3, 398; Kuderna, Die

Auslegung kollektivvertraglicher Normen und Dienstordnungen sowie

deren Ermittlung im Prozess in DRdA 1975, 161, Schwarz/Löschnigg,

Arbeitsrecht7 120). Zutreffend verweist der Antragsteller darauf,

dass die Betriebsvereinbarung 1994 in ihrer Systematik der

Betriebsvereinbarung 1978 folgt und nicht nur partielle Änderungen

wiedergibt, sondern mit nahezu derselben Gliederung wie die frühere

Betriebsvereinbarung eine Detailregelung auch für jene Bereiche

trifft, welche einer Änderung nicht unterzogen wurden. Dazu kommt

noch die Formulierung in der Präambel (Punkt 1) der BV 1994, in der

davon die Rede ist, dass die Gewährung eines "freiwilligen jederzeit

widerrufbaren Zuschusses" (- ob eine freie Widerruflichkeit

tatsächlich gegeben war, braucht zufolge der Novationswirkung der BV

1994 nicht geprüft zu werden -) .... vom 27. 10. 1978, per 31. 12.

1993 eingestellt und die Betriebsvereinbarung, wie folgt geändert

wird ..... ." Entgegen der früheren Vereinbarung enthält Punkt 2a der

BV 1994 nicht mehr die Wendung, dass ein "Rechtsanspruch auf die Leistung von laufenden Zuwendungen nicht besteht", vielmehr heißt es nunmehr, dass "ein Rechtsanspruch auf den Erwerb künftiger Anwartschaften nicht besteht". Schon der Wortsinn "Anwartschaften" lässt eine Subsumtion auch von "Leistungen" nicht zu. Vielmehr gewinnt Punkt 2a (neu) im Zusammenhang mit Z 14 Abs 1 der BV 1994 Sinn, wonach "mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1994 keine weiteren Prozentpunkte der Berechnungsgrundlage mehr erworben werden sollen und die bis zum 31. 12. 1993 angesammelten Prozente als sogenannte "Sollrente" festgestellt werden." Auch aus dem Bedeutungszusammenhang wird somit einem objektiven Leser der Betriebsvereinbarung 1994 klar, dass die Betriebsparteien (- soferne dies mit der früheren Betriebsvereinbarung beabsichtigt gewesen sein sollte -) das Fehlen eines Rechtsanspruches auf Zuschüsse oder die jederzeitige Widerruflichkeit (zum Unterschied siehe insbes DRdA 1994/12 [Apathy]; Strasser in DRdA 1990, 313, 314; Schrammel Betriebspensionsgesetz 16

f) der Leistung weder aufrecht erhalten noch neu begründen wollten. Die Betriebsvereinbarung 1994, mit welcher die Gewährung von Pensionszuschüssen durch den Arbeitgeber neu geregelt wurde, enthält somit keinen Widerrufs- oder Rechtsanspruchsvorbehalt für Leistungen, sodass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 3 Z 3 BPG nicht erfüllt ist. Daraus folgt, dass das Betriebspensionsgesetz (siehe Art V "Übergangs- und Schlussbestimmungen" sowie Art VI "Inkrafttreten und Vollziehung") grundsätzlich Anwendung zu finden hat. Das BPG hat die Zulässigkeit von Widerrufsvorbehalten erheblich eingeschränkt. Das Gesetz differenziert zwischen Einschränkungen der Anwartschaften (§ 8) und Einschränkungen der bereits angefallenen Leistungen (§ 9). Gemeinsam haben die genannten Bestimmungen, dass ein gänzliches Entfallen von Anwartschaften nur ausnahmsweise (vor Ablauf der Wartezeit - dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages -) und ein gänzliches Entfallen von Ruhegeldleistungen (- dies wäre die Folge der behaupteten einseitigen "Einstellung" durch den Arbeitgeber -) überhaupt nicht mehr zulässig ist (Schrammel BPG 125). Da die BV 1994 die BV 1978 zur Gänze ersetzt hat, stellt sich die Frage einer einschränkenden Anwendung des BPG nur auf "neue Anwartschaften" (8 ObA 147/97v = SZ 70/213 = Arb 11.652 u. a.) diesfalls nicht. Der einseitige Leistungswiderruf durch den Arbeitgeber per 31. 12. 1996 ist somit ohne Wirkung auf bereits erworbenen Leistungsansprüche.

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