OGH 9Ob219/02z

OGH9Ob219/02z16.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarethe D*****, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Watschinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. Christoph H*****, Rechtsanwalt, *****, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Graziani-Weiss ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 29.069,13 sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27. Mai 2002, GZ 3 R 53/02p-13, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Mit dem Teilurteil des Landesgerichtes Linz vom 27. 9. 1996, GZ 32 Cg 159/95s (früher: 6 Cg 159/85) - 91, wurde gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass sie der Klägerin für alle künftig eintretenden Schäden hafte, die der Klägerin aus dem Eingriff vom 21. 5. 1982 entstanden sind. Das Berufungsurteil, womit das Teilurteil bestätigt wurde, wurde beiden Streitteilen am 1. 8. 1997 zugestellt. Am 30. 8. 2001 brachte die Klägerin die vorliegende Klage auf Zahlung von S 400.000 sA ein. Dieser Betrag stehe als Ersatz für Pflegeleistungen (monatlich S 25.000 für die Zeit von Juli 1988 bis Oktober 1989) zu.

Rechtliche Beurteilung

Zur Mängelrüge des Nebenintervenienten:

Abgesehen davon, dass aus seinem Beweisantrag (AS 34), mit dem er sich selbst als Zeugen namhaft macht, nicht hervorgeht, zu welchem Thema die Beweisaufnahme erfolgen sollte (zu aktenkundigen Prozesserklärungen oder zur Auslegung von Urkunden ohne Behauptung eines darüber hinausgehenden Parteiwillens?), wurde der Rügepflicht des § 468 Abs 2 ZPO nicht entsprochen. Ein Berufungswerber stützt sich nämlich bei gesetzmäßiger Ausführung einer Rechtsrüge grundsätzlich "ausdrücklich" auf die getroffenen Feststellungen (SZ 72/75; RIS-Justiz RS0112020). Da sich die beklagte Partei im Rahmen ihrer Berufung nicht auf in anderen Urteilsteilen als dem Feststellungsabschnitt enthaltene ("verborgene") Feststellungen beruft, wäre der Berufungsgegner verpflichtet gewesen, den behaupteten, ihm nachteiligen Verfahrensfehler schon in seiner Berufungsbeantwortung zu rügen (§468 Abs 2 ZPO).

Zur Rechtsrüge der Klägerin:

Nach der Rechtsprechung (2 Ob 49/98i = ZVR 1998/128 uva) ist für die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1480 ABGB wesentlich, dass sich die Ansprüche von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen richten, die in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, die regelmäßige Wiederkehr mithin für die entsprechenden Ansprüche typisch ist. Diese regelmäßige Wiederkehr bezieht sich auf die Zeit, nicht auch auf die Gleichmäßigkeit des Betrages. Es besteht kein überzeugender Grund, von der auch vom Berufungsgericht berücksichtigten Rechtsauffassung abzuweichen, wonach diese Voraussetzungen auch auf die Kosten einer Pflegeperson zutreffen (2 Ob 49/98i mwN).

Zur Rechtsrüge des Nebenintervenienten:

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass in der im Vorverfahren "unpräjudiziell für den Ausgang des Verfahrens und für den Rechtsstandpunkt der Beklagten" erfolgten Außerstreitstellung des Klagebegehrens in der Höhe von einem Schilling kein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis - damals noch gar nicht verfahrensgegenständlicher - Pflegekostenteile liegt, ist jedenfalls vertretbar und somit nicht revisibel.

Gleiches gilt für die durch vertretbare Urkundenauslegung gewonnene Rechtsauffassung, dass sich der - nach eingetretener Rechtskraft des Feststellungsurteils - schriftlich erkärte Verzicht auf die Verjährungseinrede gerade nicht auf solche Pflegekosten bezog, die damals vom Leistungsbegehren noch gar nicht umfasst waren und deren Verjährung durch die Einbringung der Feststellungsklage zunächst unterbrochen worden war, ohne dass sich die erneut begonnene Verjährungsfrist ihrem Ende zugeneigt hätte. Damit kann aber auch keine Rede davon sein, dass die nunmehr erhobene Verjährungseinrede gegen Teu und Glauben verstoße.

Als vertretbare Auslegung des Prozessvorbringens der beklagten Partei nicht überprüfbar erweist sich auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass die beklagte Partei schon im Verfahren erster Instanz ihren Verjährungseinwand auch hinsichtlich der für die Zeit von Juli 1988 bis Oktober 1989 zusätzlich geltend gemachten und vor Rechtskraft des Feststellungsurteils angefallenen Pflegekosten ausreichend deutlich erhoben habe, sodass die weitere Konkretisierung in der Berufung nicht dem Neuerungsverbot unterliege. Selbst eine Änderung der rechtlichen Argumentation wäre, weil ohne Abweichung von den festgestellten Tatsachen erfolgt, unschädlich (RIS-Justiz RS0016473).

Zur Rechtsrüge beider Revisionswerber betreffend die Unterbrechungswirkung der Feststellungsklage und das Entstehen einer Judikatsschuld:

Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl 1964/321, SZ 39/19, SZ 67/135; RIS-Justiz RS0034771, insbes. 2 Ob 187/71, 1 Ob 147/01a; RS0034371; 9 Ob 69/00p uva) wird durch die Einbringung einer Feststellungsklage die Verjährung aller in diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen und daher zukünftigen Schadenersatzansprüche unterbrochen. Soweit ein stattgebendes Feststellungsurteil die Verpflichtung zum Ersatz künftig fällig werdender wiederkehrender Beträge in sich begreift, unterliegen diese dann neuerlich der dreijährigen Verjährung (RIS-Justiz RS0034202). Entgegen der Auffassung der Revisionswerber ist der Ausdruck "künftig" aber keinesfalls so aufzufassen, dass darunter nur solche wiederkehrenden, somit der kurzen Verjährung nach § 1480 ABGB unterliegenden Leistungen gemeint sind, die in die Zeit nach dem Ende der Unterbrechungswirkung - d.i. nach herrschender Rechtsprechung (zuletzt 1 Ob147/01a), der Zeitpunkt der Zustellung, nach anderer Ansicht (s die Zitate in 3 Ob 33/00z) derjenige der Rechtskraft des Feststellungsurteils - fällig werden. Die oben zitierten Entscheidungen lassen vielmehr keinen Zweifel daran aufkommen, dass unter "künftigen" Leistungen alle diejenigen gemeint sind, welche bei Einbringung der Feststellungsklage noch nicht fällig waren, also auch solche, welche zwischen Einbringung der Feststellungsklage und Zustellung des Feststellungsurteils angefallen sind. Die vom Nebenintervenienten ins Treffen geführten Entscheidungen belegen teils diese Rechtsauffassung, teils (zB SZ 43/222) behandeln sie wiederkehrende Leistungen, die erst nach dem Feststellungsurteil entstanden waren. Hingegen findet sich keine Judikatur, welche den nicht näher begründeten Standpunkt der Revisionswerber stützen könnte, dass die im Zeitraum zwischen Einbringung der Feststellungsklage und dem Ende der Unterbrechungswirkung aus wiederkehrenden Leistungen entstandenen Ansprüche bloß deshalb, weil auch sie von den Wirkungen des Feststellungsurteils umfasst sind, nach Ende der Unterbrechungswirkung nicht mehr der kurzen Verjährungsfrist nach § 1480 ABGB, sondern "als Judikatsschuld" der 30 jährigen Verjährungsfrist unterlägen.

Den Revisionswerbern gelingt es somit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

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