OGH 10ObS390/01b

OGH10ObS390/01b16.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ali Y*****, vertreten durch Dr. Christa Springer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. August 2001, GZ 9 Rs 213/01m-112, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. Februar 2001, GZ 15 Cgs 137/97i-107, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:

Der Kläger kann nach den maßgeblichen, die wesentlichen Berufsanforderungen enthaltenden dem Sachverhaltsbereich zu unterstellenden Ausführungen des Berufungsgerichtes, den Beruf eines Tagportiers in Ämtern und mittelgroßen Betrieben aufgrund seines Leistungskalküls ohne Einschränkung ausüben. Die Bekämpfung dieser Feststellungen in dritter Instanz ist nicht möglich. Die vom Revisionswerber behaupteten Berufsanforderungen des Verweisungsberufes entfernen sich von der Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung, wonach von folgendem Berufsanforderungsprofil auszugehen ist: "Arbeiten mit leichter körperlicher Belastung, vorwiegend in sitzender Arbeitshaltung bei nur einfachem bis durchschnittlichem Zeitdruck. Einäugiges durchschnittliches Sehvermögen reicht aus, weil es sich nicht um Bewachungsdienst oder Nachtportierberufe handelt. Es fällt keine Nachtarbeit an. Ein Gehör von Umgangssprache von ca 4 m reicht aus."

Die davon abweichenden Revisionsausführungen müssen daher unbeachtlich bleiben.

Die Frage der Lohnhälfte stellt sich nicht, weil der Kläger den Verweisungsberuf des Portiers - wie bereits ausgeführt - ohne Einschränkung ausüben kann und daher jedenfalls auch in der Lage ist, die Lohnhälfte zu erzielen (RIS-Justiz RS0084408 [T2]; RS0084693; SSV-NF 3/157, 9/46; 10 ObS 122/01s mwN). Auch die nur unzureichende Kenntnis der deutschen Sprache und der Analphabetismus des Klägers stehen der Verweisung nicht entgegen, weil mit dem Gesundheitsstand zusammenhängende Beeinträchtigungen, die die Erlangung eines Arbeitsplatzes erschweren, nicht zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0085017; SSV-NF 6/26; 10 ObS 3/00i mwN).

Abschließend ist nur noch darauf hinzuweisen, dass das Verweisungsfeld für Versicherte, die - wie der Kläger - keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt ident ist (RIS-Justiz RS0084505; RS0084605). Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, hindert die in § 255 Abs 3 ASVG enthaltene Zumutbarkeitsformel ("durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücktsichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeit noch zugemutet werden kann") eine Verweisung auf Tätigkeiten, die den bisher ausgeübten unähnlich sind, nicht (10 ObS 18/02y; 10 ObS 343/00i; 10 ObS 140/99g mwN). Sie soll nur in Ausnahmefällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der vom Versicherten - nicht nur während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag - ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müsste (RIS-Justiz RS0084991; SSV-NF 6/12 ua zuletzt: 10 ObS 18/02y). Nach einem in der Lehre (Grillberger, Österreichisches Sozialrecht5 77) vertretenen Standpunkt soll durch die Zumutbarkeitsformel vor allem verhindert werden, dass sich der Versicherte höher qualifizierte Berufe oder gar selbständige Erwerbstätigkeiten entgegenhalten lassen muss, die er bei seinem Gesundheitszustand noch ausüben könnte, obwohl hiefür eine grundlegende Umschulung nötig wäre, die er oft gar nicht absolvieren könnte (10 ObS 18/02y; 10 ObS 140/99g ua). Ein derartiges Problem liegt hier aber nicht vor.

Der Kläger hat nach den Feststellungen als "Zieher" die Tätigkeit des Spulens und Ziehens, teilweise auch Glühens von Wolframdrähten ausgeübt. Im Sinn der dargestellten Grundsätze kann nicht gesagt werden, dass ihm die Tätigkeit eines Portiers nicht mehr zugemutet werden könnte (vgl SSV-NF 6/12 mwN 10 ObS 10 ObS 343/00i). Dass zwischen diesen beiden Tätigkeiten "keinerlei Ähnlichkeit oder Verwandtschaft besteht" (S 5 der Revision) reicht für eine derartige Beurteilung nicht aus.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Ivaliditätspension nach § 255 Abs 3 ASVG liegen daher nicht vor, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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