OGH 6Ob41/00y

OGH6Ob41/00y5.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Baumann, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. George W*****, über den Revisionsrekurs des Kindes, vertreten durch seine Mutter Adelheid W*****, diese vertreten durch Dr. Peter Keul und Dr. Alexander Burkowski, Rechtsanwälte in Linz, und des Vaters DI George G*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30. September 1999, GZ 14 R 199/99d-177 idF des Beschlusses vom 27. Jänner 2000, GZ 14 R 199/99d-183, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 3. März 1999, GZ 5 P 2498/95g-195, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben. In Ansehung der Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge auf 2.800 S vom 1. 9. 1991 bis 31. 8. 1993, 3.600 S vom 1. 9. 1993 bis 31. 8. 1994, 4.600 S vom 1. 9. 1994 bis 31. 12. 1997 und 5.000 S ab 1. 1. 1998 und in Ansehung der Abweisung des Mehrbegehrens wird der Beschluss des Rekursgerichtes bestätigt.

In Ansehung der zuerkannten Zinsen werden die Beschlüsse der Vorinstanzen insoweit teilweise dahin abgeändert, dass die Zinsenentscheidung insgesamt lautet:

"Weiters ist der Vater schuldig, 4 % Zinsen aus nachstehenden Beträgen für folgende Zeiträume binnen 14 Tagen zu zahlen:

"Aus 1.100 S vom 4. 4. 1995 bis 30. 4. 1995, aus 2.200 S vom 1. 5. 1995 bis 31. 5. 1995, aus 3.300 S vom 1. 6. 1995 bis 30. 6. 1995, aus 4.400 S vom 1. 7. 1995 bis 31. 7. 1995, aus 5.500 S vom 1. 8. 1995 bis 31. 8. 1995, aus 6.600 S vom 1. 9. 1995 bis 30. 9. 1995, aus 7.700 S vom 1. 10. 1995 bis 31. 10. 1995, aus 8.800 S vom 1. 11. 1995 bis 30. 11. 1995, aus 9.900 S vom 1. 12. 1995 bis 31. 12. 1995, aus 11.000 S vom 1. 1. 1996 bis 31. 1. 1996, aus 12.100 S vom 1. 2. 1996 bis 28. 2. 1996, aus 13.200 S vom 1. 3. 1996 bis 31. 3. 1996, aus 14.300 S vom 1. 4. 1996 bis 30. 4. 1996, aus 15.400 S vom 1. 5. 1996 bis 31. 5. 1996, aus 16.500 S vom 1. 6. 1996 bis 30. 6. 1996, aus 17.600 S vom 1. 7. 1996 bis 31. 7. 1996, aus 18.700 S vom 1. 8. 1996 bis 31. 8. 1996, aus 19.800 S vom 1. 9. 1996 bis 30. 9. 1996, aus 20.900 S vom 1. 10. 1996 bis 31. 10. 1996, aus 22.000 S vom 1. 11. 1996 bis 30. 11. 1996, aus 23.100 S vom 1. 12. 1996 bis 31. 12. 1996, aus 24.200 S vom 1. 1. 1997 bis 31. 1. 1997, aus 25.300 S vom 1. 2. 1997 bis 28. 2. 1997, aus 26.400 S vom 1. 3. 1997 bis 31. 3. 1997, aus 27.500 S vom 1. 4. 1997 bis 30. 4. 1997, aus 28.600 S vom 1. 5. 1997 bis 31. 5. 1997, aus 29.700 S vom 1. 6. 1997 bis 30. 6. 1997, aus 30.800 S vom 1. 7. 1997 bis 31. 7. 1997, aus 31.900 S ab 1. 8. 1997 bis 31. 8. 1997, aus 33.000 S ab 1. 9. 1997 bis 30. 9. 1997, aus 34.100 S ab 1. 10. 1997 bis 31. 10. 1997, aus 32.680 S vom 1. 11. 1997 bis 30. 11. 1997, aus 35.200 S vom 1. 12. 1997 bis 31. 12. 1997, aus 36.700 S vom 1. 1. 1998 bis 31. 1. 1998, aus 38.200 S vom 1. 2. 1998 bis 28. 2. 1998, aus 39.700 S vom 1. 3. 1998 bis 31. 3. 1998 und aus 41.200 S ab 1. 4. 1998.

Das Zinsenmehrbegehren wird abgewiesen".

Text

Begründung

Der mj. George wächst bei seiner obsorgeberechtigten Mutter auf, die als Angestellte 20.000 S im Monat verdient und im Jahr 1995 ihr zweites Kind geboren hat. Sein unehelicher Vater ist gebürtiger Ägypter, dem mit Wirkung vom 14. 12. 1983 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Der Vater ist seit 1980 mit einer ägyptischen Staatsbürgerin verheiratet, mit der er zwei Kinder, geboren am 1983 und 1988, hat. Er kaufte 1987 eine Eigentumswohnung in Linz, an deren Adresse er seither auch polizeilich gemeldet ist.

Zum beruflichen Werdegang des Vaters und seiner finanziellen Situation trafen die Vorinstanzen (die Feststellungen des Erstgerichtes wurden teils durch eigene Feststellungen des Rekursgerichtes ergänzt) insgesamt folgende Feststellungen:

Der Vater absolvierte von 1969 bis 1973 das Studium der Bodenkultur in Kairo. Von 1973 bis 1978 war er in Kairo als Gerichtssachverständiger für Bodenkultur und Industrieangelegenheiten für das ägyptische Justizministerium tätig. Von 1979 bis 1981 arbeitete er bei Projekten der E***** mit dem Sitz in Mailand und einem Büro bei der Voest Alpine als "Hauptarbeitnehmer und Hauptabwickler". Ab 1981 bis zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft war er als Projektmanager bei der Voest-Alpine Consulting angestellt. Am 1. 4. 1985 wechselte er zur Voest-Alpine Industrial Services GmbH. Er entfaltete dort jedoch - abgesehen vom April 1985 - keine Tätigkeit. Vielmehr wurde ihm unbezahlter Sonderurlaub zur Ausübung seiner Aufgaben bei der E***** im Zusammenhang mit einem Projekt in Korea gewährt. Am 1. 8. 1988 wurde er von der Voest-Alpine Industrieanlage GmbH als Angestellter übernommen. Für dieses Unternehmen war er aber ebenfalls nicht tätig. Das Dienstverhältnis endete ebenso wie die parallel dazu laufende Karenzierung durch Fristablauf am 31. 7. 1990. Während des letzten Dienstverhältnisses war er nach wie vor für die E***** tätig. 1985 erzielte er ein Einkommen als Konsulent von annähernd 40.000 S brutto zuzüglich Spesen. Er war ab 1. 5. 1985 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (PVAng) weiter versichert. Im Zeitraum vom 1. 8. bis 30. 9. 1990 bezog er Arbeitslosengeld. Der Arbeitslosenbezug endete nach zwei Monaten, weil der Vater erklärt hatte, das Studium der Datentechnik aufzunehmen. Ab 1. 10. 1990 scheint wiederum eine Weiterversicherung bei der PVAng und seit 1. 1. 1994 eine Selbstversicherung in der Krankenversicherung auf. Nach dem endgültigen Ausscheiden aus der "Voest" übernahm der Vater zu Beginn des Jahres 1991 einen Posten bei der J. C. E***** mit dem Sitz in Australien, den er seither innehat. Er bezieht dort seit 1991 mindestens ein "basic salary", also ein Grundgehalt von 1.400 USD. Er ist für dieses Unternehmen als Konsulent für die Vertretung im "Mittleren Osten" (arabische Staaten) zuständig.

Bei einer durchgehenden Beschäftigung des Vaters bei der Voest hätte er im November 1997 einen Monatsbruttogehalt von 45.600 S erhalten. Nun stehen in Österreich die Chancen für den Vater schlecht, eine seiner Qualifikation, also einer Einstufung in IV oder V des Kollektivvertrages der Angestellten in der Industrie, entsprechende Arbeitsstelle und ein Einkommen von 40.000 S brutto oder darüber zu beziehen. Grund dafür ist das nunmehrige Alter von knapp 50 Jahren und die lange Abstinenz in einem seiner technischen Ausbildung entsprechenden inländischen Beruf, verbunden mit der fortgeschrittenen technischen Entwicklung. In diese Vorgänge war der Vater seit Längerem nicht mehr eingebunden. Am internationalen Arbeitsmarkt kann er aber auf Grund der akademischen Ausbildung, seiner beruflichen Qualifikation und seiner bisherigen Berufslaufbahn ein Gehalt von 40.000 S brutto erzielen. Die fehlende Gleichwertigkeit der Ausbildung in Ägypten mit einer österreichischen Universitätsausbildung tritt hinter die für eine Berufskarriere in seinem Bereich maßgeblichen Kriterien, nämlich die persönliche Tüchtigkeit und Lernmotivation zurück.

Einem Bruttoeinkommen von 40.000 S entspricht ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 29.500 S, einem Bruttoeinkommen von 45.000 S ein solches von 33.223 S.

Die Eigentumswohnung des Vaters ist 77,8 m2 groß. 1998 betrug der erzielbare Mietzins für eine derartige Wohnung am Linzer Wohnungsmarkt 65 S bis 70 S pro m2. Bei Vermietung im Jahr 1998 wäre daher ein monatlicher Mietzins von durchschnittlich 5.200 S zu erzielen gewesen.

Am 20. 12. 1993 wurde dem Vater das ihm vom Land Oberösterreich gewährte Wohnbauförderungsdarlehen per 1. 10. 1994 aufgekündigt, weil er die Wohnung nicht entsprechend benutzte. Der Vater zahlte am 24. 8. 1995 den einschließlich der Zinsen aushaftenden Betrag von 720.724,54 S.

Der Vater war zunächst auf Grund eines am 3. 1. 1988 geschlossenen Vergleiches zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 2.000 S für den mj. George verpflichtet. Die Mutter stellte seither namens des Kindes folgende, den Unterhalt betreffende Anträge: Am 24. 8. 1994 auf Erhöhung der Unterhaltsbeiträge ab 1. 9. 1991 auf 2.800 S, ab 1. 9. 1993 auf 3.600 S und ab 1. 9. 1994 auf 5.000 S monatlich;

am 8. 7. 1997 auf Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge ab Antragstag auf 8.900 S;

am 3. 4. 1998 auf den Zuspruch von "8 % Zinsen aus dem begehrten Unterhaltsbeiträgen ab Antragstag".

Auf Grund entsprechender Einverständniserklärungen des Vaters erhöhte das Erstgericht die Unterhaltsbeiträge mit Beschluss vom 10. 10. 1994 (ON 78) ab 1. 9. 1991 auf 2.500 S, ab 1. 9. 1993 auf 3.000 S und ab 1. 9. 1994 auf 3.500 S sowie mit Beschluss vom 2. 6. 1998 (ON 139) vom 1. 9. 1995 bis 31. 8. 1996 auf 3.560 S, vom 1. 9. 1996 bis 31. 8. 1997 auf 3.620 S, vom 1. 9. 1997 bis 31. 12. 1997 auf 3.700 S und ab 1. 1. 1998 auf 4.500 S. Eine darüber hinausgehende Unterhaltserhöhung lehnte der Vater ab. Soweit das Erstgericht dem Kind Mehrbeiträge zusprach, wurden die betreffenden Beschlüsse mehrfach vom Rekursgericht aufgehoben.

Zuletzt setzte das Erstgericht die monatlichen Unterhaltsbeiträge mit Beschluss vom 3. 3. 1999 wie folgt fest:

Vom 1. 9. 1991 bis 31. 8. 1993 mit 2.800 S, vom 1. 9. 1993 bis 31. 8. 1994 mit 3.600 S, vom 1. 9. 1994 bis 31. 7. 1997 mit 5.000 S, vom 1. 8. 1997 bis 31. 1. 1998 mit 5.700 S und ab 1. 1. 1998 mit 6.500 S, und zwar zuzüglich "je 8 % Zinsen vom 4. 4. 1995 bis 31. 12. 1996, 7,75 % Zinsen vom 1. 1. 1997 bis 31. 12. 1997 und 7,25 % Zinsen ab 1. 1. 1998". Das darüber hinausgehende Erhöhungsmehrbegehren und das Zinsenmehrbegehren (insgesamt 8.900 S ab 1. 8. 1997 und durchgehend 8 % Zinsen) wies es ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Kindes nicht, dem Rekurs des Vaters hingegen teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichtes teilweise dahin ab, dass es dem Vater insgesamt folgende monatliche Unterhaltsbeiträge auferlegte: Vom 1. 9. 1991 bis 31. 8. 1993 2.800 S, vom 1. 9. 1993 bis 31. 8. 1994 3.600 S, vom 1. 9. 1994 bis 31. 12. 1997 4.600 S und ab 1. 1. 1998 5.000 S. Weiters verpflichtete es den Vater zur Zahlung von 4 % Zinsen aus dem jeweils festgesetzten monatlichen Gesamtbetrag ab dem jeweiligen Monatsersten, beginnend allerdings mit 4. 4. 1995, weil das Zinsenbegehren für vorangehende Zeiträume verjährt sei (also aus 4.600 S vom 4. 4. 1995 bis 30. 4. 1995, aus 9.200 S vom 1. 5. 1995 bis 31. 5. 1995, aus 13.800 S vom 1. 6. 1995 bis 30. 6. 1995 usw) und letztlich aus 156.800 S ab 1. 1. 1998. Das Mehrbegehren des Kindes wies es ab.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, dass von einer Anspannung des Vaters auf ein im Inland erzielbares Einkommen abzusehen sei, weil er seit 1991 im Ausland berufstätig sei und es keine Indizien dafür gebe, dass die Arbeitsaufnahme im Ausland zur Umgehung der Unterhaltspflicht erfolgt sei. Die Angaben des Vaters, er beziehe bloß das Grundgehalt ("basic salary") von 18.000 S monatlich, seien aber schon im Hinblick auf sein früher in Österreich bezogenes Einkommen von 40.000 S wenig glaubwürdig. Es sei davon auszugehen, dass er ein darüber hinausgehendes Einkommen oder Einkommensbestandteile erhalte, deren Offenlegung mangels seiner erforderlichen Mitwirkung im Verfahren nicht zu erreichen gewesen sei. Für ein höheres als das angegebene Einkommen des Vaters spreche auch der Umstand, dass der Vater sich nicht scheue, eine "kaum bewohnte" Eigentumswohnung in Linz zu unterhalten, ohne sie zu vermieten. Es sei daher in diesem Fall im Sinn des § 273 ZPO auf die Möglichkeit einer Schätzung zurückzugreifen, wobei dem Rekursgericht ein Einkommen von rund 28.000 S netto monatlich angemessen erscheine. In die Bemessungsgrundlage seien auch die fiktiven monatlichen Mieteinnahmen für die grundlos leerstehende Wohnung von 5.000 S für den Zeitraum 1. 9. 1994 bis 31. 7. 1997, 5.100 S monatlich für den Zeitraum vom 1. 8. 1997 bis 31. 12. 1997 und 5.200 S monatlich ab 1.

1. 1998 einzubeziehen. Im Hinblick auf die weiteren Sorgepflichten

des Vaters für seine Ehefrau und zwei eheliche Kinder ergebe sich bei

Heranziehung der Prozentsatzmethode, dass der Unterhaltsanspruch des

mj. George bis 31. 8. 1994 über den begehrten Beträgen liege, sodass

zumindest diese zuzusprechen seien, und ab 1. 9. 1994 4.600 S (20 % -

3 % - 2 % - 1 % = 14 %) sowie ab 1. 1. 1998 5.000 S (22 % - 3 % - 2 %

- 2 % = 15 %) angemessen seien. Die zuerkannten Beträge seien ab 4.

4. 1995 gemäß den §§ 1333, 1334 ABGB mit 4 % per anno zu verzinsen. Eine Kreditaufnahme des mj. George hätte einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurft. Eine Verzinsung über das gesetzliche Ausmaß hinaus komme trotz der behaupteten Kreditaufnahme durch die Mutter nicht in Betracht, weil der Kredit nicht als Verbindlichkeit des Kindes gelten könne, sodass dieses auch nicht aktiv legitimiert sei, höhere als die gesetzlichen Verzugszinsen geltend zu machen.

Diese Entscheidung bekämpfen sowohl der Vater als auch das Kind mit Revisionsrekurs. Der Vater wendet sich nach wie vor gegen jede Erhöhung seiner Unterhaltsverpflichtung über die von ihm zugestandenen Beträge hinaus sowie gegen den Zuspruch von Staffelzinsen, während das Kind die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses anstrebt.

Auf Antrag der Revisionsrekurswerber änderte das Rekursgericht seinen ursprünglichen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses dahin ab, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob dem Kind bei Unterhaltsrückständen höhere als die gesetzlichen Verzugszinsen zuzuerkennen seien und ob die Zuerkennung gestaffelter Zinsen ein aliud gegenüber dem Begehren auf "8 % aus den Unterhaltsbeiträgen" darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind im Hinblick auf die Frage der Verzinsung zulässig und insoweit im Ergebnis teilweise berechtigt.

a) Zur Zinsenfrage:

Zum Revisionsrekurs des Kindes:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, unterliegt rückständiger Geldunterhalt wie jede sonstige Geldforderung der Verzugsfolgenregelung nach den §§ 1333, 1334 ABGB (6 Ob 540/94 = ecolex 1994, 38; 5 Ob 1592/94).

Der Verzugsschaden gemäß § 1333 ABGB ist schadenersatzrechtlich als Mindestpauschale zu qualifizieren, dessen Leistung der Geschädigte unabhängig vom Nachweis eines konkreten Schadens in dieser Höhe jedenfalls verlangen kann. Der Geschädigte kann jedoch den durch § 1333 ABGB nicht begrenzten Verzugsschaden als Folgewirkung des Primärschadens geltend machen, wenn der Ersatzpflichtige infolge leichter Fahrlässigkeit des Schädigers für den positiven Schaden einzustehen hat. Es liegt dann an ihm, zu behaupten und zu beweisen, dass in seinem Vermögen ein die gesetzlichen Zinsen übersteigender Vermögensnachteil als positiver Schaden eingetreten ist (verstärkter Senat 1 Ob 315/97y = SZ 71/56; RIS-Justiz RS0109502). Ein Verzugsschaden liegt insbesondere in höheren Zinsenaufwendungen, wenn der Gläubiger oder ein sonst Geschädigter den ihm vorenthaltenen Kapitalsbetrag zur Tilgung laufender Kredite verwendet und sich dadurch Kreditzinsen erspart hätte (1 Ob 20/94 = SZ 68/169 ua; RIS-Justiz RS0080055).

Im vorliegenden Fall schenkte offenbar das Erstgericht der Mutter Glauben, dass sie dem Kind den Unterhalt in dem vom Vater nicht geleisteten Umfang durch eine Kreditaufnahme oder Kontoüberziehung vorfinanzierte. Dass das Kind nicht selbst Kreditnehmer war, ist unstrittig. Damit ist aber der den gesetzlichen Zinssatz übersteigende Zinsenschaden nicht im Vermögen des Kindes eingetreten. Das Kind ist nicht geschädigt. Grundsätzlich kann aber nur ein unmittelbar durch eine rechtswidrige Handlung Verletzter Schadenersatz begehren (ZVR 1974/252; 2 Ob 343/98z = RdW 1999, 400 = ZVR 2000/7 ua; RIS-Justiz RS0022638).

Im Fall der Verweigerung oder teilweisen Verweigerung angemessener Unterhaltszahlungen für ein Kind durch den geldunterhaltspflichtigen Elternteil ist es einerseits denkbar, dass der betreuende Elternteil für das Kind den Unterhalt leistet und sich dann vom geldunterhaltspflichtigen Elternteil Ersatz holen will. Es kann aber auch sein, dass der betreuende Elternteil im Zuge der Versorgung des Kindes kurzfristig Beträge vorschießt, ohne für den anderen Elternteil leisten und diesen entlasten zu wollen und ohne Ersatz von ihm zu verlangen (3 Ob 606/90 = SZ 63/202; 7 Ob 2031/96v). Im ersteren Fall steht dem betreuenden Elternteil selbst Anspruch auf Ersatz nach § 1042 ABGB zu. Gegen eine solche Absicht, die Verbindlichkeit des anderen Elternteils übernehmen zu wollen, um nach der Erfüllung den Ersatz selbst einzuklagen, spricht es allerdings, wenn der betreuende Elternteil den Unterhaltsantrag für das Kind gestellt hat. Es liegt dann nahe, der betreuende Elternteil habe die von ihm bezahlten Beträgen den Kindern nur vorschussweise zur Verfügung gestellt (7 Ob 2031/96v mwN).

Die Mutter kann daher unter Umständen (auch) von ihr zur Kapitalbeschaffung aufgewendete Zinsbeträge als Verwendungsausspruch gegen den Vater geltend machen. Dem Kind selbst steht ein Anspruch auf Ersatz der von der Mutter zu zahlenden Kreditzinsen nicht zu. Das Kind könnte nur dann die die gesetzlichen Zinsen übersteigenden Kreditzinsen geltend machen, wenn die Mutter eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung für die Kreditaufnahme beantragt und erhalten hätte. Da eine solche Genehmigung dann nicht zu erlangen ist, wenn das Kind - wie hier - ohnehin durch laufende Unterhaltsbeiträge des primär unterhaltspflichtigen Elternteiles etwa in Höhe des Durchschnittsbedarfes versorgt ist, kann hier schon deshalb kein Fall der Schadensverlagerung vorliegen, weil es am Erfordernis des typischerweise bei der ersatzberechtigten Person eintretenden Schadens (vgl 2 Ob 162/97f = RdW 1999, 525) fehlt. Auf das im Revisionsrekurs des Kindes gebrauchte Argument, es wäre praxisfremd, bei einer Finanzierung seines laufenden Bedarfes mittels Fremdkredites eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zu fordern, braucht hier schon deshalb nicht eingegangen werden, weil der Vater ohnehin laufend Unterhaltsbeiträge (wenn auch in geringerem Ausmaß als begehrt und letztlich festgesetzt) leistete.

Der Zuspruch eines die gesetzlichen Zinsen übersteigenden Zinsenschadens kommt daher hier nicht in Betracht.

Allerdings ist der Revisionsrekurs des Kindes insoweit teilweise berechtigt, als damit (auch) ein Zinsenzuspruch "für die ab 1. 1. 1998 fällig gewordenen Beträge" angestrebt wird. Da die Mutter in Vertretung des Kindes mit ihrem am 3. 4. 1988 gestellten Antrag erkennbar auch Zinsen für die durch Zeitablauf bis dahin angewachsenen Rückstandsbeträge begehrte, waren auch die bis einschließlich April 1998 (und nicht nur bis Jänner 1998) aufgelaufenen Rückstände staffelweise zu verzinsen. Auf erst ab Mai 1998 zu leistende Unterhaltsbeträge konnte der Antrag mangels Fälligkeit der jeweiligen Folgebeträge aber keinen Erfolg haben.

Zur Höhe der zu verzinsenden Beträge wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.

Zum Revisionsrekurs des Vaters:

Soweit der Vater meint, der Zuspruch gestaffelter Zinsen sei vom Antrag nicht gedeckt, ist ihm zu erwidern, dass der Antrag, "dem Vater 8 % Zinsen aus den begehrten Unterhaltsbeträgen ab Antragstag aufzulegen", nicht anders als dahin verstanden werden kann, dass die Zinsen entweder ab Einbringung der Erhöhungsanträge oder ab dem begehrten Erhöhungszeitpunkten verlangt werden. Welcher dieser beiden Zeitpunkte gemeint war, kann hier dahingestellt bleiben, weil der erste Unterhaltserhöhungsantrag noch vor dem Ablauf der Verjährungsfrist für das Zinsenbegehren gestellt wurde und sich der zweite Erhöhungsantrag auf künftige Unterhaltsbeiträge bezog. Es würde jeder Sinnhaftigkeit entbehren, warum die geltend gemachten Unterhaltsrückstände erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mutter offenbar klar wurde, dass sie auch Zinsen begehren könnte und den dementsprechenden Antrag einbrachte (3. 4. 1998), verzinst werden sollten. Mit dem Antrag auf Zuerkennung von Zinsen war ja ein Antrag auf Unterhaltserhöhung gar nicht verbunden. Er wurde erst nachträglich und gesondert gestellt. Dass Zinsen je nach Verzugseintritt und Anwachsen der Verbindlichkeit zu staffeln sind, bedarf keiner näheren Erörterung.

Den Vorinstanzen ist jedoch insofern ein Fehler unterlaufen, als sie Zinsen nicht nur vom Differenzbetrag zwischen den ohnehin bereits zuerkannten (und wovon mangels anderer Anhaltspunkts auszugehen ist, vom Vater offensichtlich auch geleisteten Unterhaltsbeträgen) und den durch die jeweiligen Beschlussfassungen erhöhten Unterhaltsbeiträgen, sondern von den gesamten - zusammengesetzt aus den ursprünglich festgesetzten und den nun dazu gekommenen - Beträgen zuerkannten. Der Verzug des Vaters bestand aber, soweit aktenkundig, nur in Ansehung der in den jeweiligen Zeiträumen strittigen Erhöhungsbeträge, nicht aber in Ansehung der ohnehin bereits rechtskräftig feststehenden Teile der Unterhaltsbeiträge, die im Spruch des Rekursgerichtes beim Zinsenausspruch zusätzlich enthalten sind. Die Rekursentscheidung ist daher dahin abzuändern, dass die gesetzlichen Verzugszinsen nur von den rückständigen Differenzbeträgen, die in den jeweiligen Unterhaltsperioden offen waren, zuerkannt werden. Diese Differenzbeträge entsprechen in der Zeit vom 4. 4. 1995 bis 31. 12. 1997 dem Betrag von 1.100 S (4.600 S - 3.500 S und ab 1. 1. 1998 1.500 S (5.000 S - 3.500 S).

b) Zur Unterhaltshöhe ist keiner der Revisionsrekurse berechtigt.

Zum Revisionsrekurs des Vaters:

Der Unterhaltspflichtige muss bei der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse mitwirken. Andernfalls kann sein Einkommen nach freier Würdigung geschätzt und bei Erledigung von Anträgen auf Änderung der bisherigen Unterhaltsfestsetzung von dessen bisherigen Einkommensverhältnissen ausgegangen werden (3 Ob 553/91 = EvBl 1992/50 ua; RIS-Justiz RS0047432). Eine Schätzung der Unterhaltsbemessungsgrundlage kommt erst in Betracht, soweit das Gericht die Grundlagen für die Unterhaltsbemessung nicht ermitteln kann (2 Ob 509/95; 1 Ob 599/95 ua; RIS-Justiz RS0047430).

Der Vater hat zwar eine Bestätigung seines Dienstgebers über sein "Basic salary" vorgelegt. Die Tatsacheninstanzen haben ihm aber keinen Glauben geschenkt, dass er ausschließlich das darin genannte Entgelt bezieht. Da der Vater bestritt, weitere Einkünfte zu erhalten und nicht bereit war, sonstige Unterlagen, die auf seine tatsächlichen finanziellen Verhältnisse schließen ließen, vorzulegen, hat das Rekursgericht von der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Unterhaltssachen in solchen Fällen gebilligten Möglichkeit der Einkommensschätzung Gebrauch gemacht. Die Würdigung der Argumente des Vaters als nicht glaubhaft entzieht sich als im Revisionsrekursverfahren unanfechtbarer Akt der Beweiswürdigung der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Da bei der Unterhaltsbemessung auch der Ertrag des Vermögens des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist (EFSlg 73.939) und der Vater nach den Feststellungen der Vorinstanzen über eine seit Jahren leer stehende Eigentumswohnung in Linz verfügt, haben die Vorinstanzen zu Recht fiktive Mieteinnahmen in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Der Vater befand sich bereits seit 1991 mit seiner Familie im Ausland, sodass von einer kurzfristigen auswärtigen Berufstätigkeit, während der der Vater nicht zur Aufgabe seiner Wohnmöglichkeit in Österreich gezwungen werden solle, keine Rede sein kann. Das erstmals in seinem erst nach Rekursvorlage eingebrachten Schriftsatz erstattete Vorbringen, dass seine Ehefrau und seine Kinder nun wieder in Linz lebten und die Kinder dort zur Schule gingen, konnte vom Rekursgericht schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil Ergänzungen des Rechtsmittels nach Ablauf der Rechtsmittelfrist auch im außerstreitigen Verfahren unzulässig sind (RIS-Justiz RS0007007) und im Übrigen offenbar Umstände behauptet werden, die erst nach der Entscheidung erster Instanz eingetreten sind und somit jedenfalls dem Neuerungsverbot unterliegen (1 Ob 154/00d uva).

Zum Revisionsrekurs des Kindes:

Von einem aktuellen Gehalt, das der Vater im Fall der durchgehenden Beschäftigung bei der "Voest" beziehen würde, ist das Rekursgericht zu Recht nicht ausgegangen, war der Vater dort offensichtlich bloß der Form halber angestellt - aus welchen Gründen, blieb trotz mehrerer entsprechender Anfragen unklar -, und er hatte überdies einen bis 31. 7. 1990 befristeten Dienstvertrag. Heute hätte er dort auch keine Chance mehr, wieder eine Anstellung zu erlangen. Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, kann es dem Vater nicht als Verschulden zugerechnet werden, dass er nicht am Dienstverhältnis mit der "Voest" festhielt und nun schon seit vielen Jahren im Ausland berufstätig ist. Eine Anspannung auf das bei der Voest erzielbare Einkommen eines Angestellten mit gleicher Ausbildung wie die des Vaters kommt daher nicht in Frage. Da der Vater vielmehr schon während der Zeit seiner formellen Anstellung bei der "Voest" im "internationalen Bereich" tätig war und nach wie vor im Ausland arbeitet, hat sich das Rekursgericht zu Recht auch am internationalen Einkommensniveau für die vom Vater gewählte Berufssparte orientiert.

Der Revisionsrekurs rügt auch, dass die Vorinstanzen keinen weiteren Sachverständigen zur Ermittlung des durchschnittlichen Einkommensniveaus auf "internationaler Ebene" eingeholt haben. Hiezu ist auszuführen:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann ein vom Rekursgericht verneinter Mangel erster Instanz auch im außerstreitigen Verfahren nicht mehr in dritter Instanz geltend gemacht werden. Von diesem Grundsatz ist nach einigen Entscheidungen der Fall auszunehmen, dass es um besonders schutzwürdige Interessen des Kindeswohles geht (1 Ob 2292/96g = RZ 1997/57; 9 Ob 204/98k; 10 Ob 355/99z). Selbst wenn im vorliegenden Fall die betreffende Mängelrüge als zulässig anzusehen wäre, wäre sie dennoch unberechtigt. Die Rechtsmittelausführungen bleiben nämlich jede Erklärung schuldig, warum ein weiterer Sachverständiger trotz fehlender konkreter Anhaltspunkte über Art und Umfang der Tätigkeit des Vaters und trotz Fehlens jeglicher Unterlagen wie etwa Steuererklärungen, Arbeitsverträge usw zu anderen Ergebnissen über die Verdienstmöglichkeiten des Vaters als der vom Erstgericht beigezogene Sachverständige gelangen sollte. Im Hinblick auf die große Bandbreite der Aufgaben und Einkünfte bei weitgehend selbständigen Konsulenten im internationalen Bereich lässt sich das Einkommen im hier vorliegenden Einzelfall nur annähernd schätzen. Zur Frage, warum diese Schätzung des beigezogenen Sachverständigen, an der sich die Vorinstanzen orientierten, unrichtig sein sollte, vermag das Rechtsmittel kein einziges konkretes Argument aufzuzeigen.

Der Beschluss des Rekursgerichtes ist daher in Ansehung der zuerkannten Unterhaltsbeiträge zu bestätigen, aber im Zinsenausspruch dahin abzuändern, dass nur die jeweils aktuellen monatlichen Erhöhungsbeträge im gesetzlichen Ausmaß zu verzinsen sind, wobei die Staffelungbis zum Antrag auf Zuerkennung von Verzugszinsen fortzusetzen war.

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