Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 5.601,69 (darin S 933,61 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte von den Beklagten Zahlung von S 105.883,18 sA und brachte vor, eine bei ihr beschäftigte Hausbesorgerin sei als Radfahrerin aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des Erstbeklagten zu Sturz gekommen und dabei erheblich verletzt worden. Dies habe bewirkt, daß sich die Hausbesorgerin vom 29. 8. 1995 bis 11. 2. 1996 im Krankenstand befunden habe und die ihr obliegenden Hausbesorgertätigkeiten nicht habe verrichten können. Mit dem Arbeitsausfall der Hausbesorgerin seien für die Klägerin Aufwendungen in Höhe von insgesamt S 105.883,18 entstanden, die von den Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes gefordert würden. Die Klägerin habe im Zeitraum 29. 8. 1995 bis 20. 11. 1995 Lohnfortzahlungen an die Hausbesorgerin in Höhe von S 45.403,93 geleistet, die ebenso ersatzfähig seien wie die von der Klägerin gleichfalls getragenen Kosten der Vertretung der Hausbesorgerin (§ 17 Abs 2 HbG) bis zum 11. 2. 1996 in Höhe von S 60.479,25. Der Zweitbeklagte sei Halter, die Drittbeklagte Haftpflichtversicherer des vom Erstbeklagten gelenkten Kraftfahrzeuges gewesen.
Die Beklagten stellten das Alleinverschulden des Erstbeklagten am Verkehrsunfall außer Streit und wendeten im übrigen ein, daß es sich bei sämtlichen von der Klägerin geltend gemachten Positionen um mittelbare Schäden handle, die der Schädiger nicht zu ersetzen habe.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 45.403,93 sA (Lohnfortzahlung) und wies das Mehrbegehren von weiteren S 60.479,25 sA (Vertretungskosten) ab. Es ging hiebei davon aus, daß die seit nahezu 20 Jahren bei der Klägerin beschäftigte Hausbesorgerin durch den gegenständlichen Verkehrsunfall eine Verletzung im linken Handgelenk und eine Zerrung des rechten kleinen Fingers erlitten hat. Insbesondere aufgrund der erstgenannten Verletzung befand sie sich vom 29. 8. 1995 bis 12. 2. 1996 durchgehend im Krankenstand und waren ihr über den gesamten Zeitraum auch die von einem Hausbesorger üblicherweise verrichteten Tätigkeiten weder möglich noch zumutbar. Die Klägerin leistete an die Hausbesorgerin vom 29. 8. 1995 bis 23. 10. 1995 Entgeltzahlungen in voller Höhe sowie vom 24. 10. 1995 bis 20. 11. 1995 im Ausmaß von 49 % des Entgelts. Zudem refundierte sie ihr jene Aufwendungen, die die Hausbesorgerin für ihre eigene Vertretung vorerst selbst hatte tragen müssen.
Ausgehend von diesem Sachverhalt vertrat das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß es sich zwar bei den von der Klägerin geleisteten Lohnfortzahlungen um Aufwendungen handle, welche nach ständiger Rechtsprechung vom Schädiger zu ersetzen seien; diese Ansicht könne aber in Ansehung der Vertretungskosten nicht aufrechterhalten werden, zumal diesfalls die Klägerin unrechtmäßig bereichert wäre.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die Beklagten zur Zahlung von S 42.810,41 sA (Lohnfortzahlung ohne Kommunalsteuer und Dienstgeberbeiträge zum Familienbeihilfenausgleichsfonds) verpflichtet und das Mehrbegehren von S 63.072,77 sA abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei und führte zur Rechtsrüge der Klägerin folgendes aus:
Grundsätzlich stehe nur dem unmittelbar Geschädigten ein Schadenersatzanspruch zu, nicht aber einem Dritten, es sei denn, daß ein Fall bloßer Schadensverlagerung vorliege. Dies sei zusammengefaßt dann der Fall, wenn das wirtschaftliche Risiko des Schadens nicht beim unmittelbar Verletzten liege, sondern durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen auf einen Dritten überwälzt worden sei. Diesfalls könne auch der Dritte, auf den der beim unmittelbar Geschädigten eingetretene Schaden "überwälzt" worden sei, diesen Schaden im eigenen Namen wider den Schädiger geltend machen. Nun treffe es zwar zu, daß es nach der Bestimmung des § 17 Abs 1 HbG (vorerst) dem Hausbesorger obliege, unter anderem im Falle eines Unfalls für eine Vertretung auf eigene Kosten zu sorgen, sowie weiters, daß dieser berechtigt sei, den Ersatz dieser Kosten vom Hauseigentümer zu verlangen (Abs 2) - daß die Klägerin derartige Zahlungen im vorliegenden Fall auch erbracht habe, sei nicht weiter strittig -, doch könne von einer "Schadensverlagerung" schon begrifflich erst dann gesprochen werden, wenn im Vermögen des Dritten "ein Minus", also ein Schaden eingetreten sei. Dieser müsse also aufgrund des Unfallsgeschehens und der von ihm deshalb geleisteten Zahlungen schlechter gestellt sein, als dies ohne das zu beurteilende schädigende Ereignis der Fall gewesen wäre. Beim gegenständlichen Sachverhalt habe das Erstgericht aber zutreffend erkannt, daß im Falle eines Zuspruchs der von der Klägerin ersetzten Vertretungskosten iSd § 17 Abs 2 HbG diese nicht schlechter-, sondern vielmehr bessergestellt wäre, zumal sich die Berufungswerberin diesfalls während der gesamten Dauer des Krankenstandes ihrer Hausbesorgerin jene Aufwendungen, die auch ohne Unfallereignis für die Hausbesorgerin zwingend aufgelaufen wären (Lohnzahlung), unter Berücksichtigung der zu Recht als Schadenersatzforderung geltend gemachten und zugesprochenen Lohnfortzahlung zur Gänze erspart hätte. Eine solche Konsequenz widerspräche aber allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts, könne doch der Geschädigte auch im Fall einer zu beurteilenden "Schadensverlagerung" nur tatsächlich entstandene Schäden ersetzt erhalten, keineswegs aber aus einem vom Schädiger verschuldeten Schadensereignis weitere vermögenswerte Vorteile für sich in Ansatz bringen. Diese Voraussetzungen würden aber im Fall von den Beklagten zu ersetzender Vertretungskosten bei gleichzeitigem Wegfall von Lohnzahlungspflichten der Klägerin unzweifelhaft vorliegen, sodaß das Erstgericht zu Recht den Eintritt eines Schadens im Vermögen der Klägerin verneint habe. Daß die Berufungswerberin aber der Hausbesorgerin auch im fraglichen Zeitraum unverändert einen "Sachbezug" in Form der von dieser weiterhin benützten Dienstwohnung (§ 13 HbG) gewährt habe, könne daran schließlich deshalb nichts ändern, weil die von der Klägerin zu ersetzenden "Vertretungskosten" lediglich das dem Hausbesorger gebührende Entgelt im engeren Sinn (§ 7 HbG), nicht aber weitere Einkommensbestandteile beträfen, in Ansehung des Vertreters des Hausbesorgers also solche Aufwendungen für die Klägerin überhaupt nicht (und daher auch insgesamt nicht doppelt) angefallen seien.
Die Zulassung der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht - soweit dies für das drittinstanzliche Verfahren noch von Bedeutung ist - damit, daß zur von der Klägerin relevierten Anwendbarkeit der zur Schadensverlagerung ergangenen Judikatur auch auf vom Hauseigentümer nach § 17 Abs 2 HbG ersetzte Vertretungskosten keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihr insgesamt ein Betrag von S 103.289,66 sA zugesprochen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, der Schadenseintritt sei in bezug auf die verletzte Hausbesorgerin zu beurteilen; jene an die Klägerin weiterverrechneten Zahlungen, die sie aus eigenem Vermögen an ihre Vertreter habe leisten müssen, stellten einen Schaden dar. Ohne die unfallsbedingten Verletzungen wären keine Vertretungskosten aufgelaufen; die Klägerin habe sich deshalb nichts erspart. Einem Hausbesorger gebühre auch die Benützung einer Dienstwohnung als Sachbezug; dieses Entgelt habe die Klägerin unabhängig vom Ersatz der Entgeltfortzahlung leisten müssen, ohne daß dem eine Leistung der Hausbesorgerin gegenübergestanden wäre. Die letztlich vom Hauseigentümer zu tragenden Vertretungskosten stellten einen Fall der Schadensverlagerung dar.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung steht grundsätzlich nur dem unmittelbar Geschädigten ein Schadenersatzanspruch zu, für einen Drittschaden haftet der Schädiger nicht. In Fällen bloßer Schadensverlagerung ist der Schädiger allerdings auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Ersatz verpflichtet. Ist der Schaden also eine typische Folge, die die übertretene Norm verhindern wollte, hat ihn aber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder rechtsgeschäftlicher Regelung ausnahmsweise wirtschaftlich ein Dritter zu tragen, dann ist der Schädiger verpflichtet, diesem Ersatz zu leisten (SZ 67/52 mwN; vgl Koziol/Welser I10 467 f mwN).
Stellt man nun im vorliegenden Fall auf den eigenen Schaden der Klägerin als potentiell mittelbar Geschädigte ab, wie es die Vorinstanzen getan haben (vgl auch Harrer in Schwimann2 Vorb zu §§ 1293 ff ABGB Rz 23), so besteht eine Verpflichtung der Beklagten, Vertretungskosten zu ersetzen, schon deshalb nicht, weil die Klägerin durch die Tragung dieser Kosten entsprechend den Ausführungen der Vorinstanzen keinen Schaden erlitten hat. Der Ersatz des fortgezahlten Lohnes (§ 14 HbG) wurde der Klägerin im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung (SZ 67/52; SZ 69/27; RIS-Justiz RS0043287) ohnehin schon rechtskräftig zuerkannt. Für die Vertretung der Hausbesorgerin mußte die Klägerin gemäß § 17 Abs 2 HbG nicht mehr aufwenden, als der Hausbesorgerin sonst als Entgelt (§ 7 HbG) gebührt. Die Vertretungskosten bilden daher neben der Lohnfortzahlung keinen zusätzlichen Schaden. Demgegenüber würde die von der Klägerin vertretene Ansicht im Ergebnis dazu führen, daß sie im fraglichen Zeitraum Hausbesorgerleistungen erhalten würde, ohne hiefür ein Entgelt leisten zu müssen. Für eine solche Bereicherung steht das Schadenersatzrecht aber nicht zur Verfügung.
Stellt man hingegen mit der Rechtsmittelwerberin - wie in den Lohnfortzahlungsfällen; vgl auch Lukas, Von liquidierbaren Drittschäden, anzurechnenden Vorteilen und echten Gesamtschulden, JBl 1996, 481, 489 ff, 567 ff - auch bei den Hausbesorgervertretungskosten auf den Schaden des unmittelbar Verletzten ab, so kommt es darauf an, ob der Verletzte ohne die gesetzliche Regelung einen Schaden erlitten hätte, sodaß der Anspruch wegen Schadensüberwälzung auf den Dienstgeber überzuleiten wäre. Hiebei ist § 17 Abs 2 HbG nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit Abs 1 zu sehen. Ohne diese gesetzliche Regelung müßte der Hauseigentümer bei Krankheit oder Unfall des Hausbesorgers selbst auf eigene Kosten für Vertretung sorgen. Nach der Vertretungsvorschrift des § 17 HbG ist hingegen grundsätzlich (mit der Einschränkung des Abs 1 zweiter Satz) der Hausbesorger verpflichtet, auf eigene Kosten Ersatz zu stellen; er erhält sodann aber die Vertretungskosten (im Umfang gemäß Abs 2) vom Hauseigentümer ersetzt. Insgesamt ändert die gesetzliche Regelung also nichts daran, daß der Dienstgeber die Vertretungskosten wirtschaftlich zu tragen hat; eine Schadensüberwälzung findet nicht statt. Auch so gesehen steht der Klägerin der Ersatz der Vertretungskosten somit nicht zu.
Ob der Klägerin nach den Grundsätzen der Lohnfortzahlung Ersatz dafür gebührte, daß der Hausbesorgerin auch während ihres Krankenstandes als Sachbezug die Dienstwohnung zur Verfügung gestellt wurde (§ 13 HbG), ist für die Frage des Ersatzes der Vertretungskosten, die allein den Gegenstand des Revisionsverfahrens bilden, nicht von Bedeutung. Einen derartigen Anspruch hat die Klägerin in erster Instanz nicht erhoben.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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