OGH 9Ob282/99g

OGH9Ob282/99g1.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Manfred Korn, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Siegfried S*****, Vermögensberater, *****, vertreten durch Dr. Klaus Estl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 333.500 sA und Feststellung (S 20.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 12. Juli 1999, GZ 3 R 119/99m-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger führt zur Begründung der Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision aus, einerseits sei das Berufungsgericht von der bisherigen Rechtsprechung zur Sachverständigenhaftung generell und den bestehenden Aufklärungspflichten bei der Vermittlung von Geldanlagen abgewichen, andererseits fehle eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Umfangs der Sorgfaltspflichten eines Anlageberaters.

Beides ist, wie sich bereits aus den in der Revision zitierten Entscheidungen ergibt, nicht der Fall.

Rechtliche Beurteilung

Nach der Entscheidung 1 Ob 599/93 (= SZ 67/54) war die dort klagende

Bank - anders als beispielsweise im Fall 1 Ob 540/95 (= SZ 68/77) -

nicht nur als Kreditgeber, sondern auch als Anlageberater tätig. Dabei fiel ins Gewicht, dass die wahre rechtliche Natur des "Produkts", dessen Finanzierung die Bank übernommen hatte, insoweit verschleiert wurde, als den Kunden verborgen geblieben war, dass sie mit dem Erwerb der "Hausanteilscheine" tatsächlich keinen Anteil am Grundvermögen erwarben, wie dies die Bezeichnung nahelegte und dort angenommen wurde. Im vorliegenden Fall wurde nicht festgestellt, dass der Kläger je annahm, über die Gesellschaftsbeteiligungen hinaus reale Sicherheiten (Anteil am Grundvermögen) erworben zu haben; vielmehr räumte er selbst ein, dass es richtig sein dürfte, dass ihm derartiges nicht zugesagt wurde (ON 14, AS 80). Der Kläger strebte mit den Gesellschaftsbeteiligungen vielmehr eine höhere Rendite als mit einem Sparbuch an. Er wollte Steuervorteile lukrieren und sein Geld nicht auf einem Sparbuch mit geringer Rendite "liegen lassen". Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stellte das Erstgericht weiters noch fest, dass der Kläger keine absolut sichere Geldanlage wie bei einem Sparbuch annahm, sondern vielmehr ein gewisses Risiko zur Erzielung höherer Erträge in Kauf nahm. Selbst die Kenntnis des sogenannten G*****-Reports (Überschrift: "Schwerwiegende Informations-Manipulationen der I*****"), der bereits die Ankündigung enthielt, zahlreiche Anleger werden hohe Vermögensschäden erleiden, hinderte den Kläger nicht, weitere Gesellschaftsbeteiligungen einzugehen. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurde der Kläger hinsichtlich der "Serie 30" (Beteiligung an der G***** OHG) darauf hingewiesen, dass ein Konkurs praktisch unmöglich sei, weil die Gesellschaft kein Fremdkapital in Anspruch nehme. Ein Konkurs über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde vom Erstgericht auch nicht festgestellt. Soweit der Revisionswerber behauptet, Immobiliensicherheit sei "vorgetäuscht" worden, geht er nicht von den getroffenen Feststellungen aus.

Bereits in der ebenfalls vom Kläger zitierten Entscheidung 7 Ob 685/90 (= ecolex 1991, 314) befasste sich der Oberste Gerichtshof mit dem Sorgfaltsmaßstab, für den ein Vermögens- und Anlageberater im Sinne der §§ 1299, 1300 ABGB einzustehen hat; er hafte für die Kenntnisse und die Sorgfalt eines ordentlichen Anlageberaters; der Sorgfaltsmaßstab dürfe nicht überspannt werden. Dabei sei es letztlich eine Frage der Einzelfallgerechtigkeit, welche (weiteren oder anderen) Erkundigungen er nach der Sachlage hätte einholen können oder sollen.

Auch in neuerer Zeit hat sich der Oberste Gerichtshof mehrmals mit

Fragen der Anlageberaterhaftung im Zusammenhang mit

Wertpapiergeschäften befasst (4 Ob 516/93 = ecolex 1993, 669; 7 Ob

575/93 = ecolex 1994, 15; 1 Ob 632/94 = ecolex 1995, 171; 6 Ob 518/95

= ecolex 1995, 797; 2 Ob 2107/96h = ecolex 1996, 740; 10 Ob 44/97m

ua, jeweils mwN). Er hat auch schon dargelegt, dass etwa die stille Beteiligung an einem Unternehmen in aller Regel ein risikoträchtiges Geschäft ist, bei dem im Falle der Anlageberatung eine Aufklärungspflicht besteht (SZ 61/148; SZ 67/54 ua). Der Anlageberater hat seinen Kunden somit grundsätzlich über die Risikoträchtigkeit einer stillen Beteiligung aufzuklären. Dies gilt auch für andere risikoträchtige Beteiligungsformen. Welche konkreten Verhaltenspflichten ihn dabei treffen, ist allerdings eine Frage des Einzelfalls (2 Ob 2107/96h unter Hinweis auf Welser, Rechtsgrundlagen des Anlegerschutzes, ecolex 1995, 79, und Tutsch, Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflicht, ecolex 1995, 84). Nach den dortigen Feststellungen hatte der Anlageberater ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform dargestellt, was zu seiner Haftung führte. Seine Revision wurde mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls und Nichtüberschreitung des dem Berufungsgericht zustehenden Beurteilungsspielraumes zurückgewiesen.

Zu der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung 10 Ob 44/97m ist darauf hinzuweisen, dass damit die außerordentliche Revision des Klägers in einem Parallelprozess gegen einen anderen Anlageberater, in dessen Büro der Beklagte zunächst als selbständiger Vermögensberater arbeitete, mit dem Hinweis auf die Abhängigkeit von den besonderen Umständen des Einzelfalles, deren Lösung auch dort keine erhebliche Rechtsfrage begründete, zurückgewiesen wurde (RIS-Justiz RS0042779; vgl auch 9 Ob 2/98d; 10 Ob 105/98h; 7 Ob 166/99h ua).

Es zeigt sich auch im vorliegenden Fall, dass das Berufungsgericht von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Haftung eines Anlageberaters nicht in krasser Fehlbeurteilung abgewichen ist, wobei es, wie bereits erwähnt, eine Frage des Einzelfalls darstellt, welche konkreten Verhaltenspflichten den Anlageberater dabei gegenüber einem bestimmten Kunden und die Beziehung auf das jeweilige "Produkt" treffen. Die Behauptung, dass eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zum gegenständlichen Themenkomplex fehle, hat der Revisionswerber selbst durch die von ihm umfangreich zitierten Entscheidungen widerlegt. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird von ihm damit nicht aufgezeigt.

Stichworte