Spruch:
Die Revision der beklagten Parteien wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Erstbeklagte führte und führt als Baumeister ein kleineres Unternehmen. Er hatte ab 1985 bei einer Bank in ***** (der Rechtsvorgängerin der Klägerin) mehrere Wertpapierkonten eröffnet und über die Bank Wertpapiere an- und verkauft. Im Laufe der Jahre steigerte er sein Investitionsvolumen. Aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses gestattete die Bank dem Erstbeklagten, Wertpapiere auch ohne Barzahlung, also im Kreditwege, anzuschaffen. Der Erstbeklagte nutzte diese Möglichkeit. Zunächst stand den für Wertpapierkäufe in Anspruch genommenen Krediten ein höherer Wert der deponierten Wertpapiere gegenüber ("Überdeckung" zugunsten der Bank). Etwa ab Jahresmitte 1989 kam es zu einem größeren Kursverfall von Aktien und vor allem von Optionsscheinen.
Im Herbst 1990 teilte ein Angestellter der Klägerin dem Erstbeklagten mit, daß sein Wertpapierkonto einen Sollstand von 15 Mill.S aufweise. Der Erstbeklagte verpfändete ein Sparbuch und seine Wertpapierkonten. Der Einlagenstand des Sparbuchs in der Höhe von S 3,870.000,-- wurde von der Klägerin zur teilweisen Abdeckung der Wertpapierkonten des Erstbeklagten verwendet.
Im Jahr 1991 verpfändeten der Erstbeklagte und seine Gattin (die Zweitbeklagte) mehrere Liegenschaften mit einem Pfandvertrag über einen Höchstbetrag von S 5 Mill. Der Erstbeklagte fertigte auch einen mit 26.9.1991 datierten Kreditvertrag über S 5 Mill. mit einer Laufzeit bis 31.10.1992. Die Laufzeit wurde in der Folge bis 31.10.1993 prolongiert. Der Kredit wurde nicht zurückgezahlt.
Mit der am 16.12.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, die Beklagten für schuldig zu erkennen, der Klägerin den Betrag von S 1 Mill. sA zu bezahlen, der Erstbeklagte bei sonstiger Exekution, die Zweitbeklagte bei Exekution in die im Klagebegehren angeführte Pfandliegenschaften. Die Klägerin habe dem Erstbeklagten einen Kredit eingeräumt und zumindest in der Höhe von S 1 Mill. zugezählt. Die Zweitbeklagte sei der Verbindlichkeit als Realschuldnerin beigetreten und habe ihre Liegenschaften verpfändet. Die Klägerin habe aufgrund des Kreditvertrages und ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die aushaftende Forderung samt Zinsen fälliggestellt. Es habe ein Rückstand von mindestens einer Rate in der Dauer von mehr als sechs Wochen bestanden, die Klägerin habe unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen erfolglos gemahnt und nach neuerlicher Mahnung den Kredit aufgekündigt.
Die Beklagten bestritten das Klagsvorbringen, beantragten die Abweisung der Klage und brachten im wesentlichen folgendes vor:
Dem Erstbeklagten sei von einem Prokuristen der Rechtsvorgängerin der Klägerin empfohlen worden, die geplante Geldanlage durch Wertpapierkäufe auf einem anonymen Depot durchzuführen. Es sei dem Erstbeklagten die Möglichkeit eingeräumt worden, Verkaufsaufträge telefonisch zu erteilen und weiters auch angeboten worden, Käufe auf Kredit vorzunehmen. Der Erstbeklagte sei nie darüber belehrt worden, daß der Kauf von Aktien und Optionen auf Kredit eine hoch riskante und überaus gefährliche Anlageform sei, weil den Kreditzinsen und Provisionen in der Regel nicht entsprechende Kursgewinne gegenüberstünden. Ungetreue Bankbeamten hätten auf dem Konto des Erstbeklagten unerlaubte Dispositionen offenbar zu eigenen Spekulationszwecken getroffen. Im September 1991 habe der Prokurist der Bank dem Erstbeklagten eröffnet, daß am Wertpapierverrechnungskonto ein Debetstand von rund S 15 Mill. bestehe. Der Prokurist habe aber den Erstbeklagten wieder beruhigt und gemeint, daß sich die Kurse der Wertpapiere schlecht entwickelt hätten, daß sich aber die Situation wieder bessern werde. Man wolle den Erstbeklagten "nicht umbringen". Die vom Erstbeklagten und seiner Gattin zu unterschreibenden Kreditverträge seien nur eine Formsache wegen einer bevorstehenden Fusion der Bank und der anläßlich dieser Fusion vorzunehmenden Revision. Man werde die Urkunden nur ins Depot legen und davon keinen Gebrauch machen. Die Beklagten seien so naiv gewesen, diesen Äußerungen zu glauben und hätten einige Texte ungelesen unterschrieben. Die Bank habe durch interne Umbuchungen unrechtmäßig das ihr nicht zustehende Guthaben eines Sparbuchs der Beklagten in der Höhe von S 3,8 Mill. im August 1990 umgebucht.
Die auf schriftlichen Kreditverträgen und Pfandbestellungsurkunden aufscheinenden Unterschriften seien mit dem Vorwand herausgelockt worden, die Unterschriften seien nur für die Zwecke der Revision und der damals bevorstehenden Fusionierung der Bank mit einer anderen Bank notwendig.
Die Zweitbeklagte sei der Meinung gewesen, es handle sich bei dem betreffenden Debetsaldo um ihr Privatkonto. Eine listige Irreführung durch die Klägerin sei deswegen gegeben, weil ihr Prokurist den unrichtigen Anschein erweckt hätte, daß bei den über das anonyme Depot laufenden Geschäften nicht nur eine Sachhaftung der Effekten sondern auch eine persönliche Schuld des Erstbeklagten gegeben sei und daß die zur Unterschrift vorgelegten Kreditunterlagen nicht zur tatsächlichen Inanspruchnahme führen würden, weil sich die Werte am Depot ohnehin durch Kursgewinne bald wieder erholen würden.
Die Bank habe ihre Verpflichtung zur Wahrung der Interessen des Kunden verletzt, weil sie mit dem Erstbeklagten eine Geschäftsbeziehung auf der hoch spekulativen Basis der Belehnung eines Aktiendepots zur Ermöglichung der Anschaffung von Effekten im Kreditweg eingegangen sei, ohne den Kunden vor den außergewöhnlichen Gefahren einer solchen Veranlagungsstrategie zu warnen.
Die Pfandbestellungsurkunde trage einen ungültigen Beglaubigungsvermerk, weil sie nicht im notariellen Beisein unterschrieben worden sei. Der Beglaubigungsvermerk sei gesetzwidrig, weil nach § 55 NO Identitätszeugen lediglich nicht am Akt beteiligte Personen sein dürften. Dies sei bei den Identitätszeugen nicht der Fall gewesen. Beide seien Angestellte der Klägerin. Die auf dem Vermerk aufscheinenden Unterschriften der Beklagten seien gefälscht.
Bei den vorliegenden Geschäften handle es sich nicht um ein Depotgeschäft, sondern um ein Depot zu anderen Zwecken im Sinne des § 12 DepotG. Juxtenbons seien für persönlich nicht bestimmte Kunden ausgegeben worden. Nach dem Willen der Vertragspartner sollten lediglich die deponierten Werte als Sachhafung für eine allfällige Kontoüberziehung dienen, es sollte aber nicht eine persönliche Haftung (des Erstbeklagten) begründet werden. Es liege ein Kreditverhältnis sui generis ohne persönlichen Schuldner vor. Die geübte Vorgangsweise sei bis 1990 banküblich, aber rechtswidrig gewesen.
Die Beklagten hätten Schadenersatzansprüche aus dem Verlust des Einsatzes von S 500.000,-- bis S 800.000,--, wobei sich der Erstbeklagte infolge Kursverluste davon 50 % einwenden lasse, sodaß ein Betrag von S 250.000,-- verbleibe. Ein weiterer Schadenersatzanspruch sei im Verlust des Sparguthabens von S 3,870.000,-- begründet sowie darin, daß Einzahlungen, die der Erstbeklagte auf Zinsen auf das Kreditkonto geleistet habe, für welches er persönlich hafte, von der Bank auf das Juxtenkonto gutgeschrieben worden seien, für das keine persönliche Schuld des Erstbeklagten bestanden habe. Die Klägerin habe die Schutz- und Sorgfaltspflichten einer Bank verletzt und es unterlassen, den Erstbeklagten auf das außergewöhnliche Risiko und die Unausgewogenheit der Interessenlage im Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung von Wertpapieren hinzuweisen und davor zu warnen. Die Bank habe den Erstbeklagten nicht aufgeklärt, daß mit der Kontoüberziehung auf den Wertpapierverrechnungskonten keine persönliche Schuld des Erstbeklagten entstanden sei, sondern den falschen Eindruck erweckt, es handle sich um eine persönliche Schuld.
Die Klägerin habe eine besondere Gefahrenlage dadurch geschaffen, daß sie ohne Risikoaufklärung die telefonische Disposition zu Lasten des anonymen Wertpapierverrechnungskontos erlaubt habe, wodurch es geschehen habe können, daß vom Kunden nicht beauftragte Dispositionen erfolgt seien. Tatsächlich habe der Erstbeklagte zwischen 1985 und heute nur ein Kapital bis zu S 800.000,-- investiert, in welchem Betrag allerdings die reinvestierten Erlöse der wiederverkauften Wertpapiere nicht mitgerechnet seien.
Der Erstbeklagte habe lediglich eine ertragsreichere Geldanlage, als es das Sparbuch sei, gesucht. Für beide Parteien sei aber erkennbar gewesen, daß er nicht bereit gewesen sei, über den Einsatz hinaus Verluste in Kauf zu nehmen.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Erstbeklagte habe sich etwa ab 1985 für den Ankauf von Wertpapieren zu interessieren begonnen. Er habe sich an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewandt, weil dort zwei Angestellte Dienst versehen hätten, die dem Beklagten bekannt gewesen seien. Der Erstbeklagte habe sich entschlossen, in Wertpapiere zu investieren, weil er höhere Erträge erzielen habe wollen, als dies bei einer Veranlagung auf einem Sparbuch möglich gewesen wäre. Anfangs habe er mehrmals im Jahr um jeweils ca. S 100.000,-- Wertpapiere angekauft. Er habe in der Folge seinen Einsatz bald gesteigert und die Beträge immer mehr erhöht. Für den Erstbeklagten seien mehrere Wertpapierkonten eröffnet worden. Der Erstbeklagte habe zunehmendes Interesse an Wertpapieren entwickelt und sich entsprechend in Fachzeitschriften und Tageszeitungen informiert. Er habe der Bank exakte Kauf- und Verkaufsaufträge erteilt und jeweils das Limit vorgegeben. Teilweise sei er von einem Angestellten der Rechtsvorgängerin der Klägerin beraten worden. Aufgrund dieser Beratung sowie aufgrund von Informationen in Fachzeitschriften und anderen Medien sei es dem Erstbeklagten klar gewesen, daß Optionen eine hochriskante Anlageform seien. Den Erstbeklagten habe die potentiell hohe Ertragschance von Optionen gereizt, sodaß er ab etwa 1990 überwiegend Optionen gekauft habe. Teilweise sei ihm empfohlen worden, Papiere zu verkaufen, wenn dies durch die Kursentwicklung indiziert gewesen sei. Der Erstbeklagte sei jedoch der Meinung gewesen, sich besser auszukennen und sei nicht den von der Bank erteilten Ratschlägen gefolgt. Er sei der Meinung gewesen, daß die Kurse noch weiter steigen würden, was sich aber nicht bewahrheitet habe. Zunächst seien die Wertpapiertransaktionen des Erstbeklagten erfolgreich gewesen. Er habe den Erlös aus dem Verkauf von Wertpapieren reinvestiert und um immer größere Summen Wertpapiere gekauft. Aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses und aufgrund des Umstandes, daß der Erstbeklagte renommierter Bauunternehmer und seit längerer Zeit Kunde der Klägerin gewesen sei, sei ihm gestattet worden, auch Wertpapiere ohne Bargeldeinsatz anzuschaffen, wobei die anonymen Wertpapierverrechnungskonten mit den Kaufpreisen samt Spesen belastet worden seien. Zunächst sei eine Überdeckung zugunsten der Klägerin gegeben gewesen. Ab etwa Jahresmitte 1989 sei es zu einem abruptem Kursverfall gekommen, was dazu geführt habe, daß der Wert der vom Erstbeklagten gehaltenen Wertpapiere drastisch zurückgegangen sei. Im Herbst 1990 habe der Prokurist der Klägerin dem Erstbeklagten mitgeteilt, daß das Wertpapierkonto einen Sollstand von S 15 Mill. aufweise. Gegen diesen Kontostand habe der Erstbeklagte in keiner Weise protestiert, er sei nur schockiert gewesen. Er habe ein Sparbuch und die Juxten seiner Wertpapierkonten verpfändet. Der Einlagestand des Sparbuchs in der Höhe von S 3,870.000,-- sei von der Klägerin zur teilweisen Abdeckung der Wertpapierkonten verwendet worden. 1991 habe der Angestellte der Klägerin den Erstbeklagten um weitere Sicherheiten ersucht, weil ein weiterer Kursverfall eingetreten sei. Der Erstbeklagte habe einen Blankowechsel unterfertigt. Der Angestellte der Bank habe auf einer hypothekarischen Besicherung bestanden. Der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte hätten mehrere ihnen gehörende Grundstücke verpfändet. Der Erstbeklagte habe weiters einen mit 26.9.1991 datierten Kreditvertrag über S 5 Mill. mit einer Laufzeit bis 31.10.1992 unterschrieben. Die Laufzeit sei bis 31.10.1993 prolongiert worden. Am 13.6.1991 hätten die Schulden auf dem Hauptwertpapierkonto des Erstbeklagten S 10,457,192,64 betragen. Diesem Betrag seien Wertpapiere im Wert von lediglich S 6,950.000,-- gegenübergestanden. Am 4.10.1991 habe der Buchstand auf dem angeführten Konto S 10,976.672,19 im Soll bestanden. Diesem Betrag seien Werte von S 4,254.400,-- gegenübergestanden.
Der Erstbeklagte habe auch Beträge in der Größenordnung von S 150.000,-- bis S 400.000,-- gezahlt, wobei er diese Zahlungen als Zinsenzahlungen aus dem angeführten Kreditvertrag verstanden habe.
Der Erstbeklagte habe die Klägerin ersucht, ihm weiterhin Kredit zum Ankauf von Wertpapieren zu gewähren. Dies sei abgelehnt worden.
Die meisten vorgenommenen Wertpapiertransaktionen seien vom Erstbeklagten telefonisch vorgenommen worden. Dies sei von der Klägerin bei Stammkunden gestattet worden. Wenn der Erstbeklagte bei einem Angestellten der Klägerin bestellt habe, der ihn nicht gekannt habe, habe der Erstbeklagte die Juxtennummer genannt.
Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz hätten aus dem angeführten Kreditvertrag aus September 1991 das Kapital von S 5 Mill. zur Gänze sowie die gesamten Zinsen seit 1.11.1993 ausgehaftet.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß der Erstbeklagte zur Rückzahlung des von ihm aufgenommenen Kredites verpflichtet sei. Die Zweitbeklagte hafte aufgrund ihrer Pfandbestellungserklärung lediglich als Realschuldnerin.
Von einer Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten der Klägerin könne keine Rede sein. Eine besondere Aufklärungspflicht über das Risiko von Wertpapiergeschäften entfalle dann, wenn der Kunde über ausreichende eigene Sachkunde verfüge oder sich zumindest diesen Anschein gebe. Im übrigen stehe fest, daß der Erstbeklagte sich auch wiederholt an Ratschläge der Klägerin nicht gehalten habe. Eine Beratung sei nur in Ausnahmsfällen erfolgt. Ein Interessenkonflikt der Bank liege nicht vor. Ein solcher sei nur dann gegeben, wenn die Bank an einem Unternehmen beteiligt sei oder diesem Kredit gewähre und sodann die Wertpapiere des Unternehmens zum Kauf empfehle. Wenn ein Kunde ausdrücklich bestimmte Wertpapiere ordere, sei eine weitere Belehrung nicht erforderlich. Dies würde einer Entmündigung des Kunden gleichkommen.
Wenn auch die ordnungsgemäße Führung von Bankgeschäften verlange, daß alle Schuldner der Bank persönlich bekannt und aus den Unterlagen ersichtlich seien, habe dies zivilrechtlich für die Wirksamkeit eingegangener Verpflichtungen keinen Einfluß. Selbst bei Teilung des Rechtsstandpunktes der Beklagten würde aber jedenfalls eine Naturalobligation vorliegen, die wirksam anerkannt, bezahlt oder einer Novation zugeführt werden könne. Den vom Erstbeklagten zur teilweisen Abdeckung der auf den Wertpapierkonten aufscheinenden Außenstände unterfertigten Kreditverträgen hafte kein Mangel an. Zur Rechtsfrage, wer für Überziehungen auf einem anonymen Juxtenkonto hafte, sei die Einholung eines Banksachverständigengutachtens nicht notwendig gewesen.
Das Klagebegehren werde auf einen Kreditvertrag gestützt. Selbst wenn im Sinne des Standpunkts der Beklagten eine Beschränkung des Risikos ursprünglich bestanden hätte, so sei vom Erstbeklagten nachträglich freiwillig die Verpflichtung übernommen worden, die auf seine Veranlassung hin entstandenen Debetsalden im Rahmen des Kreditvertrages abzudecken.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht statt. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte rechtlich aus, daß die Aufklärungspflichten eines Kreditinstitutes gegenüber den Kunden nicht überspannt werden dürften. Dem Bankkunden müsse zugemutet werden, daß er seine wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren wisse. Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des Kreditinstitutes, anstelle des Kapitalgebers das jeweilige Beteiligungsrisiko abzuschätzen. Die vom Obersten Gerichtshof in den sogenannten Beteiligungsfällen (SZ 61/148) sowie von Gruber in ecolex 1994/81 f in Anlehnung an Entscheidungen des Bundesgerichtshofes angeführten Fallgruppen der Rollenüberschreitung, des Gefährdungstatbestandes, Wissensvorsprungs und Interessenkonfliktes paßten auf den gegenständlich zu beurteilenden vorliegenden Sachverhalt in keiner Weise. Grundsätzlich habe derjenige das Risiko zu tragen, der Kapital in Form der Beteiligung (an einem Unternehmen) investieren wolle. Er könne nicht erwarten, daß der Nichteintritt seiner geschäftlichen Erwartungen auf den Finanzierer überwält werden. Dessen Haftung käme nur in Betracht, wenn er in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse handle, die einen Fehlschlag der Beteiligung mit größter Wahrscheinlichkeit erwarten ließen. Die Bank als reiner Finanzierer habe nicht über das vom Kreditnehmer finanzierte Geschäft aufzuklären. Aufklärungspflichten bestünden nur in ganz eingeschränktem Umfang, nämlich bei Verschweigung eigenen positiven Wissens. Im übrigen obliege die Risikoprüfung allein dem Anleger.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die (ordentliche) Revision zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes unzulässig, weil zu den anstehenden Rechtsfragen eine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, von der das Berufungsgericht nicht abgewichen ist.
Die Revisionswerber gründen ihre Ansicht über eine Verletzung der Warnpflicht der Bank auf die Umstände einer Kreditgewährung gegen bloße Besicherung des Kredits mit den angeschafften Wertpapieren, der Einräumung eines Kreditrahmens, der mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden nicht im Einklang stehe, der Gewährung eines Lombardkredits im Rahmen anonymer Wertpapierverwahrung und der erkennbaren Verlustträchtigkeit der Anlagenstrategie des Kunden. Mit diesem Revisionsvorbringen gehen die Beklagten nicht vom festgestellten Sachverhalt, an den das Revisionsgericht gebunden ist, aus.
Ob die festgestellte Gewährung eines Kredits in mehrfacher Millionenhöhe mit den Lebensverhältnissen der Beklagten (insbesondere des Erstbeklagten) im Einklang stand und ob ein solcher Umstand der klagenden Bank erkennbar sein mußte, kann nach den getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden, weil es hiezu einer Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse bedurft hätte, die aber weder im Verfahren erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren erfolgte. Auch im Revisionsverfahren wird nicht konkret dargetan, daß der gewährte Kreditrahmen in krassem Mißverhältnis zu den finanziellen Verhältnissen der Beklagten gestanden wäre. Dazu hätte es Behauptungen, über die Einkünfte aus dem Unternehmen des Erstbeklagten, seine Ersparnisse und das sonstige Vermögen der Beklagten, insbesondere über den Wert der Liegenschaften, bedurft. Es braucht daher schon mangels entsprechender Parteibehauptungen zu diesem Thema auf die Rechtsfrage nicht eingegangen werden, ob eine unterlassene Bonitätsprüfung eine Pflichtenverletzung der Bank gegenüber ihrem Kunden überhaupt zu begründen vermag oder ob die Frage der Bonität des den Kredit in Anspruch nehmenden Kunden nur die Sphäre der Bank betrifft, die bei Eintritt des Risikofalls mangels entsprechender Sicherheiten den gewährten Kredit nicht zurückerhält.
Daß der Ankauf von Aktien und vor allem von Optionen auch in hohem Maße risikoträchtig sein kann, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Die Bank trifft jedenfalls dann eine Aufklärungspflicht über dieses allgemeine Risiko, wenn sie auch beratend tätig war. Der Kunde darf darauf vertrauen, daß die Bank über spezifisches Fachwissen verfügt und ihn umfassend berät. Auch die eigene Sachkunde des Kunden schließt seine Schutzbedürftigkeit noch nicht aus (ÖBA 1995/483 mwN). Die Notwendigkeit zur Aufklärung hängt allerdings von der Lage des Einzelfalls ab. Nach den Feststellungen wurde der Erstbeklagte beim Ankauf einzelner Wertpapiere gelegentlich beraten und ganz allgemein auf das besondere Risiko beim Ankauf von Optionen hingewiesen. Dem Erstbeklagten war klar, "daß Optionen eine hochriskante Anlageform sind" (S.8 in ON 15). Auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht beim Ankauf ganz bestimmter Wertpapiere haben sich die Beklagten nicht berufen. Über das allgemeine Risiko wurde der Erstbeklagte aufgeklärt. Der Fall ist somit demjenigen vergleichbar, über den der Oberste Gerichtshof in seiner in ÖBA 1995/483 veröffentlichten Entscheidung zu urteilen hatte. Die auch dort nur allgemein erfolgte Aufklärung über das Risiko beim Ankauf von Optionen und Optionsscheinen wurde für ausreichend erachtet. Eine weitergehende Warn- und Aufklärungspflicht käme einer völligen Bevormundung des spekulierenden Bankkunden gleich. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung wieder abzuweichen.
Der Fall ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die angekauften Wertpapiere auf einem anonymen Wertpapierkonto verwahrt wurden und die Wertpapiere der Bank lombardmäßig als Sicherung dienten. Die Ansicht der Revisionswerber, daß durch die anonyme Kontobezeichnung für den Kunden die Gefahr der Unübersichtlichkeit und eine Unsicherheit über die Rechtszuständigkeit herbeigeführt werde, kann zumindest für den vorliegenden Fall nicht geteilt werden, wo ausschließlich der der Bank persönlich bekannte Erstbeklagte die Wertpapierdepots und die Konten selbst eröffnete und nach den (im Zusammenhalt mit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung zu lesenden) Feststellungen sämtliche Kaufaufträge erteilte, die Aufträge also nicht von einem Dritten, der sich gegenüber der Bank durch die Nennung der Kontennummer und des allenfalls vereinbarten Losungswortes als Verfügungsberechtigter deklariert hätte, erteilt wurden. Eine "Unübersichtlichkeit" könnte für den Erstbeklagten nur durch eigene Nachlässigkeit, nämlich durch Nichteinsicht in die Depot- und Kontenauszüge entstanden sein.
Die Revisionswerber stehen auf dem Standpunkt, daß bei einem anonymen Wertpapierdepot samt dazugehörigem Wertpapierverrechnungskonto und der im Depotgesetz normierten Pfandrechte der Bank an den verwahrten Wertpapieren der anonym geführte Kunde nicht persönlicher Schuldner einer allfälligen Kontoüberziehung werde, daß also nur eine Sachhaftung der verwahrten Papiere bestehe. Die klagende Bank hätte die Beklagten über die mangelnde persönliche Haftung für Debetstände auf dem Wertpapierverrechnungskonto in Irrtum geführt und so die persönliche Haftungserklärung des Erstbeklagten und die Verpfändung ihrer Liegenschaften durch die Zweitbeklagte erwirkt. In der mangelnden Behandlung dieses Themas durch das Berufungsgericht liege eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens. Zu diesem Revisionsvorbringen ist folgendes auszuführen:
Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach die Eröffnung eines anonymen Wertpapierkontos und des dazugehörenden Verrechnungskontos zum Zwecke der Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren, also zur Vornahme von Effektengeschäften (§ 1 Abs.1 Z 5 KWG; nunmehr § 1 Abs.1 Z 7 lit.e BWG) für zulässig erklärt. Aufträge zum Ankauf oder Verkauf von Wertpapieren führen Banken als Kommissionäre in der Regel durch Selbsteintritt aus. Auf die im Wege von Einkaufs- und Verkaufskommissionen angeschafften und veräußerten Wertpapiere findet demnach § 12 DepG Anwendung, weil die Wertpapiere der Bank im Rahmen solcher Kassageschäfte "zu anderen Zwecken als zur Verwahrung anvertraut sind". Die eingelieferten Wertpapiere sind gemäß § 12 Satz 2 DepG nur buchmäßig aufzuzeichen. Daraus folge, daß zum Zwecke der Durchführung von Geschäften gemäß § 12 DepG auch anonyme Wertpapierkonten eröffnet werden können. Bei der Eröffnung anonymer Wertpapierkonten samt zugehöriger Verrechnungskonten sei der Bank die Identität ihres Kunden (Vertragspartners) nicht bekannt. Es werde deshalb ein Legitimationspapier ("Juxten-Bon") ausgestellt, mit dessen Hilfe der anonyme Kontoinhaber Dispositionen entweder selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten treffen könne. Als weiterer Legitimationsakt sei die Nennung eines gewählten Losungswortes erforderlich (ÖBA 1995/467).
An der dargelegten Rechtsansicht ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten. Der der Klägerin persönlich bekannte Erstbeklagte hat die Wertpapierkonten eröffnet. Nach den Feststellungen wurde ihm persönlich - also nicht einem anonymen Kontoinhaber - eine Überziehungsmöglichkeit (Möglichkeit der Anschaffung von Wertpapieren "ohne Einschuß": S.8 in ON 15) eingeräumt. Nur er selbst hat die Kreditmöglichkeit in Anspruch genommen und Kaufaufträge erteilt. Bei dieser Sachlage kann kein Zweifel an der persönlichen Haftung des Erstbeklagten für den entstandenen Debetsaldo des Verrechnungskontos bestehen. Von einer Irreführung über die mangelnde Personalhaftung bei der Kreditaufnahme des Kredits über S 5 Mill. - die Verwendung dieses Betrags zur teilweisen Abdeckung des Debetsaldos ist im Revisionsverfahren nicht strittig - kann daher keine Rede sein.
Daß Effektengeschäfte im Wege der Einkaufs- und Verkaufskommission auch unter Verwendung anonymer Konten vorgenommen werden können, hat der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen (ÖBA 1995/467; 3 Ob 550/94; 1 Ob 622-624/94). Rechtsgrundlage der Haftung des Erstbeklagten für den Kaufpreis der in seinem Auftrag ohne Barzahlung angeschafften Wertpapiere ist im vorliegenden Fall einerseits der Zusatzvertrag (Kreditvertrag) zum Depotvertrag (dieser Zusatzvertrag wurde - wie schon ausgeführt - nach den erstinstanzlichen Feststellungen nicht mit einem anonymen Bankkunden, sondern mit dem Erstbeklagten persönlich abgeschlossen) und andererseits das jeweilige einzelne Wertpapierkommissionsgeschäft, das der Erstbeklagte (zumindest ab 1990) in der Kenntnis oder doch zumindest bei jederzeit möglicher Kenntnis abgeschlossen hatte, daß sein Verrechnungskonto einen Debetsaldo aufgewiesen hatte. Mit dem Kreditvertrag vom September 1991 über S 5 Mill. wurde daher wirtschaftlich nur eine Umschuldung einer schon bestehenden Kreditverbindlichkeit des Erstbeklagten vorgenommen. Die Zweitbeklagte hat zur Sicherung dieser neuen Kreditverbindlichkeit des Erstbeklagten einen Pfandvertrag abgeschlossen und haftet daher als Realschuldnerin. Zu dieser Haftung braucht mangels entsprechender Revisionsausführungen nichts weiter ausgeführt werden.
Da das Berufungsgericht von der zitierten jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen ist, war die Revision der Beklagten mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
Kosten für die Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Klägerin nicht auf die bestehende oberstgerichtliche Judikatur und die darauf beruhende Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.
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