OGH 1Ob599/93

OGH1Ob599/9329.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sparkasse B*****, vertreten durch Dr. Otmar Simma, Dr. Alfons Simma, Dr. Ekkehard Bechtold, Dr. Wolfgang Blum, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. Ing.Johann J*****, 2. Gerlinde J*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, wegen S 299.742,-- s.A., infolge Revisionen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Jänner 1993, GZ 12 R 276/92-39, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau vom 20. August 1992, GZ 4 Cg 200/91-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

„Die Klagsforderung besteht in Ansehung beider beklagter Parteien mit S 299.742,-- s.A. zu Recht.

Die eingewendete Gegenforderung der beklagten Parteien besteht bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht.

Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 299.742,-- samt 9,75 % Zinsen seit 12.4.1991 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 182.501,58 (darin S 26.816,93 Umsatzsteuer, S 21.600,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei gewährte den Beklagten mit Vertrag vom 31.10.1984, ***** einen Kredit in der Höhe von S 256.800,-- zum Erwerb von Immobilienzertifikat-Hausanteilscheinen der Serie 8/Ausgabe II der Bautreuhand-Hausanteil Gesellschaft mbH & Co Immobilien KG. Komplementärin der KG war die Wohnungseigentum-Bautreuhand Hausanteilschein GesmbH & Co OHG, über deren Vermögen zu S 35/90 des Landesgerichtes Salzburg der Konkurs eröffnet wurde, Kommanditistin war die C***** Treuhand- und Verwaltungs-AG. Mit der Zeichnung der Hausanteilscheine war das unwiderrufliche Kaufangebot der Unternehmensgruppe Wohnungseigentum-Bautreuhand Gesellschaft mbH verbunden, welches nach Ablauf der Vertragszeit von zehn Jahren, gerechnet vom Erwerb des Immobilienzertifikats, binnen 60 Tagen vom Inhaber des Hausanteilscheines angenommen werden konnte und zum unwiderruflichen Rückkauf der Beteiligung um 150 % des Ausgabepreises verpflichtete. Über das Vermögen der Unternehmensgruppe Wohnungseigentum-Bautreuhand Gesellschaft mbH wurde zu S 88/89 des Landesgerichtes Salzburg der Konkurs eröffnet.

Der zwischen der klagenden Partei und den Beklagten abgeschlossene Kreditvertrag sah eine Laufzeit von 10 Jahren bei einer Verzinsung von 9,75 % p.a. und einer monatlichen Rückzahlung von S 2.172,-- vor. Laut Punkt 10. des Vertrages übernahm die klagende Partei keinerlei Haftung für die Bonität oder Insolvenz sämtlicher Firmen, mit denen der Kreditnehmer durch den Kauf des (der) Immobilien-Zertifikates/Beteiligung in geschäftliche Beziehung getreten ist bzw. noch treten wird. Die klagende Partei erklärte, keine Überprüfungen der Zahlen und Zusagen vorgenommen zu haben, die von der in dieser Vereinbarung näher bezeichneten Firma oder von der Vertreterfirma genannt werden. Gemäß Punkt 12. des Vertrages erklärte der Kreditnehmer, daß seitens des Beraters oder sonst eines Vertreters keine über die schriftlichen Verträge hinausgehenden Zusagen gemacht wurden.

Zur Besicherung der vertragsgemäßen Rückzahlung des Kredites trat der Erstbeklagte zeitgleich mit dem Kreditvertrag den von ihm gezeichneten Immobilien-Zertifikat-Hausanteilschein Serie 8/Ausgabe II an die klagende Partei ab.

Dr. Edgar M***** war seit 1979 kollektivvertretungsbefugter Vorstandsdirektor der klagenden Partei. Er stellte im Jahre 1984 gemeinsam mit dem der „Bautreuhand Immo“ zuzurechnenden Dr. G***** Anlageberatern aus dem Raum Wien eine Risikokapitalbeteiligung mit Steuervorteilen vor, wobei die Möglichkeit bestand, einen Kredit der klagenden Partei zur Finanzierung eingeräumt zu bekommen. Dr. M***** kündigte für die Finanzierung der Hausanteilscheine der Serie 8/II durch die klagende Partei die Einräumung einer zehnjährigen tilgungsfreien Kreditlaufzeit an, weil die Hausanteilscheine mit einer Rückkaufgarantie von 150 % ausgestattet seien, womit der Kreditbetrag abgedeckt würde. Die laufenden Zinsen sollten einerseits durch Eigenleistungen des Kreditnehmers und andererseits durch Zinsenausschüttungen aus den verpfändeten Hausteilscheinen gedeckt werden. Damit habe der Kunde nur eine sehr niedrige für ihn attraktive monatliche Zahlung zu leisten, zumal die Zinsenbelastung 9 % bzw. 9,75 % sei und die Ausschüttung aus dem Hausanteil 6 % betrage. Ob der Hausanteil gut oder schlecht sei, wurde bei der Präsentation nicht diskutiert. Bei der Präsentation war auch der Geschäftsführer der Anlageberatung A***** anwesend, welcher diese Informationen an seine Mitarbeiter, darunter auch den später mit den Beklagten verhandelnden Helmut S***** weitergab. Die klagende Partei stellte in der Folge der A***** ein Merkblatt über die Voraussetzungen für die Kreditgewährung sowie das Formular Beilage A (Antrag auf Abschluß eines Kreditvertrages) zur Verfügung. Sie wählte diese Vorgangsweise, um Marktvorteile dadurch zu erzielen, daß den Vermögensberatern der Verkauf der Hausanteilscheine unter gleichzeitiger Vermittlung der Kredite erleichtert werde. Die Mitarbeiter der A***** und daher auch Helmut S***** waren von der klagenden Partei autorisiert, unter Verwendung der Formulare Verträge mit den Kunden namens der klagenden Partei abzuschließen. Die klagende Partei verlangte dabei lediglich, daß die Mitarbeiter der A***** die Kunden mittels eines Personalausweises identifizieren müßten.

Am 4. Oktober 1984 suchte S***** den Erstbeklagten, für den er schon früher Geld veranlagt hatte, auf, und bot ihm den Erwerb von Hausanteilscheinen mit Kreditfinanzierung an. Er klärte ihn über die steuerlichen Vorteile aufgrund Verlustzuweisung sowie darüber auf, daß das „Produkt“ aufgrund der Drittfinanzierung günstig angeboten werden könne. Die klagende Partei habe Prüfungen vorgenommen und stehe hinter dem Hausanteilscheinangebot. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Absetzbarkeit der Kreditzinsen ergebe sich kein nennenswerter eigener Aufwand. In Anbetracht der Rückkaufgarantie müßten die Beklagten den Kredit überhaupt nicht selbst zurückzahlen, weil die Endtilgung des Kredites aus der Endfälligkeit der Hausanteilscheine beglichen würde und der 50 %ige Überhang dem Zeichner verbleibe. Der Hausanteilschein sei deswegen „sicher“, da es sich um lastenfreie österreichische Immobilien handle. Der Erstbeklagte nahm an, daß er mit dem „Hausanteilschein“ anteilsmäßiger Eigentümer einer Liegenschaft würde. Die Finanzierung durch die klagende Partei stelle der Sicherheit des Hausanteilscheines ein gutes Zeugnis aus, da die klagende Partei den Hausanteilschein für den gewährten Kredit zu 100 % als Sicherheit annehme. Die Tatsache, daß keine weiteren Sicherheiten von ihm verlangt wurden, nahm der Erstbeklagte als Zeichen für die Bonität der Hausanteilscheine. Da auf den Kreditantragsformularen die Bezeichnung der Immobilienzertifikate bereits vorgedruckt war, ging der Erstbeklagte weiters davon aus, daß die klagende Partei solche Anteilscheine in größerem Rahmen finanziere und nahm daher an, daß die klagende Partei sicher wisse, daß diese Scheine „sicher“ seien. Obwohl der Erstbeklagte bisher Geldanlagen noch nie durch Kredite finanziert hatte, unterfertigten er und seine Gattin daraufhin das in der Folge von der klagenden Partei angenommene Kreditanbot sowie den Abtretungsvertrag. Der Erstbeklagte erhielt einen Zeichnungsschein über die Zeichnung von Immobilienzertifikaten zu einem Ausgabepreis in der Höhe des Kreditbetrages mit einer monatlichen Auszahlung von S 1.200,-- zugunsten des Kreditkontos sowie das unwiderrufliche Kaufangebot über den Rückkauf der Hausanteilscheine nach 10 Jahren zu 150 % des Ausgabepreises.

Mit Schreiben vom 12.4.1991 stellte die klagende Partei den aushaftenden Debetsaldo in der Höhe des Klagsbetrages gegenüber dem Erstbeklagten fällig.

Die klagende Partei brachte vor, daß sie mit dem Vertrieb der Hausanteilscheine nichts zu tun gehabt habe. Sie sei auch an den jeweiligen den Verkauf durchführenden Organisationen weder direkt noch indirekt beteiligt gewesen. Sie hafte daher nicht für - allenfalls unrichtige - Zusicherungen der Leute dieser Vertriebsorganistationen. Die Angaben des Helmut S***** über die Hausanteilscheine seien unrichtig gewesen. Die klagende Partei habe solche Behauptungen nie aufgestellt und auch niemanden dazu ermächtigt. Die Beklagten haben im Kreditantragsformular ausdrücklich erklärt, keine über die schriftlichen Verträge hinausgehenden Zusagen erhalten zu haben. Die Beklagten seien mit den monatlichen Kreditrückzahlungen in Verzug geraten, weshalb der Darlehensbetrag nach erfolgloser qualifizierter Mahnung fällig sei.

Die Beklagten wendeten ein, daß sie durch die klagende Partei sowohl hinsichtlich des Kredit- als auch des Beteiligungsvertrages in Irrtum geführt worden seien. Trotz der im Kreditantragsformular enthaltenen sogenannten Trennungsklausel liege im Hinblick auf die Zusicherung des Helmut S***** ein einheitlicher Vertrag vor. S***** habe den Beklagten zugesichert, daß die klagende Partei das Hausanteilscheinmodell auf Herz und Nieren überprüft habe und es für eine absolut sichere Anlage halte. Diese Zusicherungen seien der klagenden Partei zuzurechnen, da S***** als ihr Vertreter und Vertragsgehilfe anzusehen sei. Die monatliche Kreditrate sei vereinbarungsgemäß durch Barausschüttungen der Bautreuhand sowie durch Steuerrückvergütungen und eine Eigenleistung des Erstbeklagten von S 972,-- zu tilgen gewesen. Diese Eigenleistungen habe der Erstbeklagte erbracht. Die klagende Partei habe ihre Aufklärungspflichten bei Abschluß des Kreditvertrages gröblich verletzt. Der den Beklagten dadurch entstandene Schaden übersteige den Klagsbetrag und werde aufrechnungsweise bis zur Höhe des Klagsbetrages gegen das Klagebegehren eingewendet. Der klagenden Partei sei auch im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die schlechte finanzielle Lage der Unternehmensgruppe Bautreuhand bekannt gewesen.

Das Gericht erster Instanz erkannte mit Zwischenurteil die Ansprüche der klagenden Partei gegen die Beklagten aus dem Kreditvertrag zur ungeteilten Hand dem Grunde nach als zu Recht bestehend. Es traf die eingangs zusammengefaßt wiedergebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, die klagende Partei habe für die Beratertätigkeit des Helmut S***** nicht einzustehen, da diese von der erteilten Bevollmächtigung nicht umfaßt gewesen sei. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, daß die klagende Partei als finanzierende Bank entscheidenden Einfluß auf die Art des Vertriebes genommen habe, scheitere eine analoge Anwendung des § 18 KSchG daran, daß der Kaufpreis der Hausanteilscheine über den im § 16 Abs. 1 KSchG als Gültigkeitsvoraussetzung normierten Gesamtentgelt von S 150.000,-- liege. Die Aufhebung des Vertrages wegen wesentlichen Irrtums komme nicht in Betracht, weil die Anfechtung gemäß § 1487 ABGB verjährt sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil in Ansehung des Erstbeklagten und änderte es darüber hinaus dahin ab, daß es das Klagebegehren in Ansehung der Zweitbeklagten abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, die es rechtlich dahin würdigte, daß die analoge Anwendung des § 18 KSchG auf drittfinanzierte Beteiligungsmodelle nicht an die Voraussetzung geknüpft werden könne, das Entgelt dürfe die Wertgrenze des § 16 KSchG nicht übersteigen. Hieraus sei aber für die Beklagten nichts gewonnen, weil die Interessenlage bei der Finanzierung von stillen Beteiligungen von jener, die § 18 KSchG im Auge hat, weitgehend verschieden sei. Es mangle an der Vorleistungspflicht des Verkäufers, zudem erscheine derjenige, der ein Risikogeschäft eingehe, nicht in gleichem Maße schutzwürdig wie jener Personenkreis, auf den die Bestimmungen des Abschnittes III des Konsumentenschutzgesetzes zugeschnitten seien. Die Beklagten können sich somit nicht auf den Einwendungsdurchgriff des § 18 KSchG berufen, weshalb sich nähere Erörterungen über die „wirtschaftliche Einheit“ zwischen finanziertem und Finanzierungsgeschäft erübrigen würden. Auch die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage lasse sich für den Standpunkt der Beklagten nicht mit Erfolg ins Treffen führen, weil die Zweckverfehlung der Sphäre der Beklagten zuzurechnen sei. Allerdings seien dem Finanzierer Erklärungen der Beteiligungsgesellschaft und deren Leute, die zugleich mit der Beteiligung auch den Kredit vermitteln, zuzurechnen. Helmut S***** komme danach die Stellung eines Verhandlungsgehilfen zu, für dessen Verhalten die klagende Partei einzustehen habe. Allerdings sei ein von diesem möglicherweise hervorgerufener Irrtum in bezug auf den Kreditvertrag lediglich als Motivirrtum zu qualifizieren und daher mangels arglistigen Vorgehens des Irreführenden unbeachtlich. Während somit der Berufung des Erstbeklagten ein Erfolg zu versagen gewesen sei, erweise sich jene der Zweitbeklagten, wenngleich aus anderem Grunde, als berechtigt. Mangels dem Vertragspartner gegenüber offengelegter Vollmacht stelle das lediglich dem Erstbeklagten zugekommene Mahnschreiben keine qualifizierte Mahnung der Zweitbeklagten im Sinne des § 13 KSchG dar. Da nicht gesagt werden könne, daß eine Mahnung der Zweitbeklagten bloß eine von vornherein nutzlose Formalität dargestellt hätte, mangle es in diesem Umfang an der gesetzmäßigen Fälligstellung des Kreditsaldos.

Der dagegen erhobenen Revision der klagenden Partei kommt keine Berechtigung zu. Die Revision des Erstbeklagten ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Da die klagende Partei Ansprüche aus dem mit den Beklagten abgeschlossenen Kreditvertrag geltend macht, ist zunächst zu prüfen, ob ein solcher Vertrag zustande gekommen ist. Nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunden (Beilage 17) richteten die Beklagten an die klagende Partei einen Antrag auf Abschluß eines Kreditvertrages; Helmut S***** unterfertigte auf den ihm von der klagenden Partei ausgefolgten Formularen zum Abschluß eines Kreditvertrages nur als „Berater“, wogegen der Antrag von der klagenden Partei in der Folge firmenmäßig gefertigt wurde. Damit in Übereinstimmung steht die Aussage des Zeugen Helmut S***** (Band I, 155) wonach die von ihm und den Kunden ausgefüllten Kreditanträge der klagenden Partei zur Bewilligung eingereicht werden mußten; es sei ihm nur kein Fall bekannt geworden, daß Kreditanträge abgelehnt worden wären. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 30.6.1993, 7 Ob 546/93 = ecolex 1993, 664 mit Anm. Wilhelm, betreffend die Finanzierung eines Hausanteilscheines, die Auffassung vertreten, daß die mündlichen Erklärungen des Verhandlungsgehilfen der Bank über den Rückzahlungsmodus Inhalt des vom Erwerber des Hausanteilscheins an den Finanzierer gerichteten Anbots zum Abschluß des Kreditvertrages werden und durch (schlüssige) Erklärung gegenüber dem Empfangsboten als der Bank zugegangen gelten. Dieser Auffassung kann jedoch im vorliegenden Fall nicht beigetreten werden. Der erkennende Senat hat schon in der Entscheidung SZ 59/36 = JBl 1986, 784 mit Anm. Wilhelm ausgesprochen, daß die einem Boten des Anerklärten (Empfangsboten) gegenüber abgegebene Erklärung dessen Auftraggeber gegenüber so gilt, wie sie dem Boten gegenüber abgegeben wurde. Der Empfangsbote ist das „Ohr seines Herrn“, eine unrichtige Übermittlung geht zu Lasten des Erklärungsempfängers (so auch 1 Ob 538/82 = SZ 55/75). Stets ist aber zu prüfen, was Inhalt dieser Erklärung geworden ist: Erklärte der Empfangsbote, auf bestimmte Waren einen Rabatt von 25 % einzuräumen, so ist Inhalt des Anbots gewiß, (nur) mit diesem Preisnachlaß kaufen zu wollen (SZ 59/36). Die mit dem Empfangsboten getroffene Vereinbarung über die Möglichkeit der Rückgabe des Kaufgegenstandes nach Ablauf einer Probezeit unter Auflösung des Leasingvertrages wird gleichfalls als Inhalt des Offerts anzusehen sein (SZ 55/75). Im vorliegenden Fall wurde den Kreditnehmern ein Kredit von S 256.800,-- mit einer Laufzeit von 10 Jahren eingeräumt, wobei sie sich nach dem Inhalt des schriftlichen Kreditvertrages verpflichteten, zur Deckung der auflaufenden Zinsen monatliche Zahlungen von S 2.172,-- zu leisten. Ein Teil der Zinsen sollte nach dem Finanzierungskonzept durch Gewinnausschüttungen aus den verpfändeten „Hausanteilscheinen“ abgedeckt werden, die Rückzahlung des Kredits nach 10 Jahren konnte unter Heranziehung der Rückkaufsumme erfolgen. Die Rückzahlung des Kapitalbetrages hätte freilich auch auf andere Weise erfolgen können. Die Erklärungen des Anlageberaters können dann auch nur dahin verstanden werden, die besondere Vorteilhaftigkeit der Anlage zu unterstreichen. Dazu kommt im vorliegenden Fall, daß nach den getroffenen Feststellungen der Erstbeklagte (der auch für die Zweitbeklagte handelnd auftrat) ausdrücklich erklärte, Punkt 12 der Kreditbedingungen, wonach keine über den Inhalt des schriftlichen Antrags hinausgehende Zusagen gemacht wurden, zur Kenntnis genommen zu haben. Dem ist jedenfalls die Bedeutung beizumessen, daß eine „Anreicherung“ des Anbots (Wilhelm aaO 665) auf dem Wege der Einbeziehung von Erklärungen des mit der Entgegennahme des Anbots betrauten Gehilfen nicht in Betracht kommt. Unter diesen Umständen sind alle Erklärungen über den Rückzahlungsmodus nicht Inhalt des Anbotes auf Abschluß des Kreditvertrages geworden, so daß der Kreditvertrag rechtswirksam mit dem Inhalt, wie er sich aus Beilage 17 ergibt, zustande gekommen ist.

Der erkennende Senat kann auch im vorliegenden Fall an die Grundsätze seiner Entscheidung SZ 61/148 = ÖBA 1989, 901 (mit Anm. Aicher) = JBl. 1988, 723 anknüpfen, die mit Ausnahme unqualifizierter Äußerungen eines Universitätsassistenten (ecolex 1994, 81), die nicht Anspruch darauf erheben können, vom Senat eines Höchstgerichtes beachtet zu werden, überwiegend zustimmend aufgenommen wurde (vgl. Aicher aaO; Krejci in Rummel 2 Rz 1 zu §§ 18, 19 KSchG; Koziol in Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II 1/104 FN 408). Der darin vertretenen Auffassung haben sich in der Folge weitere Senate des Obersten Gerichtshofes angeschlossen (ÖBA 1991, 917 mit Anm. Apathy; RdW 1993, 363). Danach kann bei wirtschaftlicher Einheit des Finanzierungs- und des finanzierten Geschäfts ein Einwendungsdurchgriff, sei es zufolge analoger Anwendung der Bestimmung des § 18 KSchG oder unter Heranziehung von Grundsätzen der Lehre von der Geschäftsgrundlage, in Betracht kommen (vgl. auch JBl. 1987,378; JBl. 1986, 307; JBl. 1985, 427; JBl. 1975, 372). Bei Finanzierung risikoträchtiger Beteiligungen lehnte es der erkennende Senat - ungeachtet wirtschaftlicher Einheit zwischen finanziertem Geschäft und Kreditgeschäft - ab, den Einwendungsdurchgriff zu gestatten, weil es bei solchen Geschäften nicht gerechtfertigt sei, das Risiko der Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts den Kreditgeber tragen zu lassen. Der Senat betonte aber, daß dies nur insolange zu gelten habe, als sich das Kreditinstitut auf seine Rolle als Finanzierer beschränke und sich nicht in einer darüber hinausgehenden Weise am finanzierten Geschäft beteilige. Das Risiko einer Beteiligung hat grundsätzlich derjenige zu tragen, der Kapital investieren will; er kann nicht erwarten, daß der Nichteintritt seiner geschäftlichen Erwartungen auf den Finanzierer überwälzt werden kann. Dann freilich, wenn sich das Kreditinstitut in den Vertrieb der Beteiligung einschaltet, an der Konzeption des Projektes beteiligt war oder einen besonderen Vertrauens- sachverhalt schuf, kann eine Risikotragung durch den Finanzierer in Betracht kommen. Dabei wurde in der Entscheidung SZ 61/148 offen gelassen, auf welcher Rechtsgrundlage diese Haftung zu bejahen wäre.

Soweit der Finanzierer nur als solcher tätig wird, kommt freilich eine Haftung, wie auch in diesem Zusammenhang bekräftigt werden soll, nur in Betracht, wenn er Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse hatte, die einen Fehlschlag der Beteiligung mit größter Wahrscheinlichkeit erwarten ließen (SZ 61/148 = JBl 1988, 723 = ÖBA 1989, 901). Treffend formulierte der 6. Senat (ÖBA 1991, 917, 919 mit Anm. Apathy), daß dem Kreditinstitut in einem solchen Fall nicht die Verpflichtung obliege, für die Beklagten die Seriosität der Unternehmerin auch nur kursorisch zu prüfen. Das Kreditinstitut braucht sich in einem solchen Fall daher nicht darum zu kümmern, ob die Renditen einer vom Kreditnehmer gewählten Finanzanlage realistisch sind, ob der Kunde, der sich auf gewagte Finanztransaktionen einläßt, auch die erforderliche Erfahrung auf diesem Gebiet besitzt, oder ob es sich um eine im Anlagegeschäft unerfahrene Person handelt, wie dies Graf ecolex 1991, 591, 593, befürwortet. Die Bank als reiner Finanzierer hat nur über das Kreditgeschäft mit der Sorgfalt des Sachverständigen iS des § 1299 ABGB nicht aber über das vom Kreditnehmer finanzierte Geschäft aufzuklären. Ein Widerspruch zu den vom Obersten Gerichtshof anerkannten Grundsätzen der Haftung für culpa in contrahendo, wie dies Aicher zu ÖBA 1989, 901 und Apathy zu ÖBA 1991, 917 befürchten, erachtet der Senat nicht als gegeben, weil die Bank - bei Beschränkung auf ihre Finanziererfunktion - Aufklärungspflichten von vorneherein nur in einem ganz eingeschränkten Umfang, nämlich bei Verschweigung eigenen positiven Wissens treffen. Im übrigen obliegt die Risikoprüfung allein dem Anleger. Das von den Beklagten behauptete Wissen der Klägerin über die schlechte finanzielle Lage der Unternehmensgruppe Wohnungseigentum-Bautreuhand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist im Verfahren nicht erwiesen worden.

Im vorliegenden Fall erwarben die Beklagten einen „Hausanteilschein“ zum Ausgabepreis von S 256.800,- -, tatsächlich aber eine stille Beteiligung an der C***** Treuhand- und Verwaltungs-AG, die ihrerseits als Kommanditistin an der Bautreuhand-Hausanteilschein Gesellschaft mbH & Co Immobilien KG auftrat und ihre Kommanditbeteiligung im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Zeichner der Hausanteilscheine hielt. Der Erwerb einer stillen Beteiligung ist jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - als typisches Risikogeschäft zu qualifizieren. Zunächst trifft den stillen Gesellschafter im Falle des Konkurses des Geschäftsherrn gemäß § 341 Abs 2 HGB (nunmehr § 187 Abs 2 HGB) die Verpflichtung, die rückständige Einlage einzubezahlen, welcher Fall hier nur deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Beklagten ihre Einlage sofort voll bezahlten und daher wirtschaftlich ihrerseits als Kreditgeber auftraten. Dem stillen Gesellschafter gebührt ein Gewinnanteil auch nur nach Maßgabe des Betriebsergebnisses, mangels Vereinbarung trifft ihn auch eine Verlustbeteiligung (§ 336 Abs 1 HGB, Art. 27 Nr. 23 der 4. EVZHGB; nunmehr §§ 180 Abs 1, 181 Abs 1 und 2 HGB). Dies mußte auch den Beklagten, die über den Erwerb einer stillen Beteiligung, wie dies der Erstbeklagte selbst ausdrücklich deponierte, nicht im Unklaren waren, erkennen und damit vom Risikocharakter des Geschäfts ausgehen. Könnte der stille Gesellschafter das Insolvenzrisiko zur Gänze dem Finanzierer überwälzen, liefe dies, wie Apathy zu ÖBA 1991, 920 zutreffend bemerkt, auf eine Garantie des Finanzierers hinaus, mit der der stille Gesellschafter nicht rechnen kann. Damit ist aber im Sinne der Entscheidung SZ 61/148 sowohl der Einwendungsdurchgriff in analoger Anwendung des § 18 KSchG ausgeschlossen (in diesem Sinne auch Koziol aaO) als auch die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage: Das Risiko einer stillen Beteiligung trägt der stille Gesellschafter, der sich bewußt auf eine solche Beteiligung und damit auch auf ein eventuelles Fehlschlagen des Unternehmens eingelassen hat.

Im gegenständlichen Fall ist die Risikoveranlagung tatsächlich fehlgeschlagen. Die im Zeichnungsschein vereinbarte monatliche Ausschüttung zu Gunsten des Kreditkontos findet nicht mehr statt. Infolge des Konkurses der Unternehmensgruppe Wohnungseigentum-Bautreuhand Gesellschaft mbH ist deren unwiderrufliches Kaufangebot, das die Kreditrückzahlung und den Spekulationsgewinn sichern sollte, nicht mehr bindend (§ 26 Abs.3 KO).

Es ist aber davon auszugehen, daß die klagende Partei ihre Rolle als Kreditgeber überschritten hat und als Anlageberater tätig geworden ist. Sie hat durch ihren Direktor Dr. M***** im Rahmen einer Veranstaltung, an der Anlageberater aus dem Raum Wien teilnahmen, die „Hausanteilscheine“ präsentiert. Direktor Dr. M***** wies nach den getroffenen Feststellungen auf die Einräumung einer 10-jährigen tilgungsfreien Zeit für Kredite mit der Begründung hin, daß der Hausanteilschein mit einer 150%-igen Rückkaufgarantie ausgestattet sei und damit der Kredit abgedeckt werden könne. Durch die Zinsausschüttungen habe der Kunde nur eine sehr niedrige und damit für ihn attraktive monatliche Zahlung zu leisten. Die klagende Partei mußte auch ungeachtet Pkt 12 des Kreditvertrages davon ausgehen, daß diese Informationen von den Anlageberatern, die mit Kreditantragsformularen der klagenden Partei, die auf das in Rede stehende Geschäft zugeschnitten waren, ausgestattet wurden, an die Kunden weitergegeben und entsprechend erläutert werden, weil anders ein erfolgversprechender Vertrieb der „Hausanteilscheine“, an dem ersichtlich auch die klagende Partei interessiert war, nicht möglich gewesen wäre. Die Anlageberater, deren sich die klagende Partei dergestalt zur Vermittlung des Kreditvertrages bediente, sind dann als ihre Verhandlungsgehilfen anzusehen, für deren Erklärungen die klagende Partei im Rahmen des § 1313a ABGB einzustehen hat (ÖBA 1991, 917 und Anm. Apathy mwH). Ob sich die klagende Partei diesbezügliche Zusagen unbeschränkt zurechnen lassen müßte, auch wenn solche ungewöhnlicher Natur sind, muß hier nicht geprüft werden, weil die Erklärungen des Helmut S***** über die von Direktor Dr. M***** gegebenen Erläuterungen nicht wesentlich hinausgingen. Die Einräumung einer 10-jährigen Kreditlaufzeit wegen der 150%-igen Rückkaufgarantie rechtfertigte die Erklärung, daß die klagende Partei Prüfungen vorgenommen habe und „hinter dem Hausanteilscheinangebot stehe“. Jedenfalls konnten die Erklärungen Dris. M***** in diesem Sinne verstanden werden. Die klagende Partei kann sich daher auch nicht auf Pkt. 10 des Kreditvertrages berufen (JBl. 1987, 378).

Vor allem aber fällt ins Gewicht, daß die wahre rechtliche Natur des „Produkts“, dessen Finanzierung die klagende Partei übernahm, verschleiert wurde. Es kann keine Rede davon sein, daß die Beklagten mit dem Erwerb der „Hausanteilscheine“ tatsächlich eine stille Beteiligung mit Anteilen an Grundvermögen erwarben, wie dies die Bezeichnung nahelegt und dies vom Erstbeklagten auch angenommen wurde. In Wahrheit handelte es sich um eine stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, die selbst wieder als Kommanditist auftrat. Eine reale Sicherheit war mit dem Erwerb der stillen Beteiligungen in keiner Weise verbunden. Mag man immerhin davon ausgehen können, daß Anlagespezialisten auf Grund der ihnen übermittelten Unterlagen die wahre Rechtsnatur des Hausanteilscheins erkennen konnten, so traf dies auf die Beklagten keinesfalls zu. Das Sicherheitsmoment, das durch die Art der Finanzierung, insbesondere den Hinweis auf die Rückkaufgarantie und den Anschein einer Immobiliarsicherheit erweckt wurde, war aber, wie der Erstbeklagte bekundete, für ihn wesentliches Moment für den Erwerb der Hausanteilscheine. Für die insgesamt unrichtigen, weil in wesentlichen Punkten unvollständigen Auskünfte Dris. M***** und des Helmut S***** hat die klagende Partei schadenersatzrechtlich einzustehen. Sie hat daher die Beklagten so zu stellen wie sie stünden, wenn die Aufklärung pflichtgemäß, insbesondere unter Darlegung des Risikocharakters der Anlage erteilt worden wäre. Bei hypothetischem Nachvollzug ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Beklagten dann nicht kontrahiert hätten (in diesem Sinn auch Graf, ecolex 1991, 591, 596). Demzufolge erweist sich aber die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes als gerechtfertigt, so daß in Stattgebung der Revision des Erstbeklagten spruchgemäß zu entscheiden ist.

In Ansehung der Zweitbeklagten vermag das vom Gericht zweiter Instanz gebrauchte Argument, es fehle an einer qualifizierten Mahnung gemäß § 13 KSchG, nicht durchzuschlagen. Bei der gegebenen Sachlage mußte es nämlich geradezu als ausgeschlossen erscheinen, die Zweitbeklagte werde die gesetzte Nachfrist zur Nachholung der Erfüllung benützen. Eine Mahnung und Nachfristsetzung hätte daher nur eine nutzlose Formalität dargestellt (EvBl. 1982/95). Allerdings hat auch die Zweitbeklagte gegen den Klagsanspruch Schadenersatzansprüche eingewendet, welchen - wie bereits dargestellt - Berechtigung zukommt. Die Revision der klagenden Partei ist daher - wenngleich aus anderen als vom Berufungsgericht herangezogenen Gründen - nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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